Freitagabend ist die Gegend um den
S-und U-Bahnhof Warschauer Straße voller Menschen in Partylaune.
Da fällt eine Gruppe von ca. 50 Menschen, die ein Soundsystem
mitführen aus der Technomusik wummert, gar nicht auf. Doch sie
verteilen Flyer mit der Überschrift „Streik ist sexy“. Dieses
Motto prangte auch auf einem Transparent, auf dem ein
schlafender Mensch dargestellt wird. Streik soll ja eigentlich
nicht unbedingt heißen, länger auszuschlafen.
Während die Partypeople rund um die
Warschauer Straße eher desinteressiert auf die politischen
Aussagen reagieren, ist die Stimmung in der S-Bahn Richtung
Lichtenberg entspannt. Die Musik und auch die Flyer werden von
den Fahrgästen mit Wohlwollen auf- und angenommen. Dann geht es
zu m Betriebshof der Berliner Verkehrsbetriebe in
Berlin-Lichtenberg. Dort bezogen ab 21 Uhr die Streikposten von
ver.di Position. Ihnen galt der solidarische Besuch der
FreundInnen des Streiks. Mitgebracht hatten sie nicht nur das
Sound-System, aus dem am Ziel angekommen, neben Techno auch Punk
und ArbeiterInnenlieder zu hören waren. Auch Bier, Blumen und
Schmalzbrote wurde den Streikenden präsentiert.
Die waren zunächst sichtlich erstaunt und
überrascht, fragen nach dem Ziel der Aktion. Doch bald ließen
sie sich überzeugen, dass es wirklich um eine Solidaritätsaktion
ging. Bald entspannen sich zwischen Streikenden und
SolidarisierInnen lebhafte Gespräche über die soziale Lage im
Allgemeinen. Über die Einschätzung von Politik und Staat war man
sich bald schnell einig. Wir könnten ja unsere Forderungen mal
den Diätenerhöhungen der Abgeordneten anpassen, meinte ein
Kollege. Auch das Wort Generalstreik fiel häufiger auf Seiten
der Streikenden. Als immer weitere FreundInnen des Streiks
eintrafen, kam sogar eine Art Partystimmung auf, Die war aber
anders, als rund um Warschauer Bahnhof und anderswo nicht von
Konkurrenz und dem Jedem gegen Jeden geprägt war.
Verdi-Streikwesten über Thor-Steinar-Pullis
Eine rund um gelungene Begegnung also. Das
gilt auch dann, wenn man auch einen weniger positiven Aspekt
anspricht. Zwei Frauen, die zu den Streikenden gehörten, trugen
Kapuzenpullis mit der rechten Marke Thor Steinar und wurden von
einigen Menschen der Solidaritätsgruppen darauf angesprochen.
Sie reagierten mit den Ausflüchten, dass es sich nur um eine
Modemarke handele. Doch unterschwellig vielen mehrmals Sätze,
die deutlich machten, dass es sich bei den
Thor-Steinar-Trägerinnen um Überzeugungstäterinnen handelt. Die
Auseinandersetzung wurde dann damit gelöst, dass die beiden
Frauen verdi-Streikwesten über ihre Kapuzenpullis mit den
Thor-Steinar-Pullis zogen. Das ist sicher im antifaschistischen
Sinne keine befriedigende Lösung. Aber wer schon mal von der
Studie über rechtsextremistisches Gedankengut auch unter
Gewerkschaftsmitgliedern gehört hat, kann sich nicht wundern,
dass bei solchen Streiks auch Rechte aktiv teilnehmen.
Was heißt dass für die Linke?
Auf keinen Fall sollte sie sich aus der
Solidaritätsarbeit zurückziehen, sondern die noch verstärken.
Aber eben auch die Widersprüche nicht aussparen. Deswegen war es
richtig, die Auseinandersetzung um die Thor-Steinar-Pullis zu
führen, auch wenn sie von Teilen der verdi-Leute wohl eher mit
Unverständnis betrachtet wurde.
Es soll im Laufe der nächsten Woche eine
weitere „We like Streik“-Aktion zu einem der BVG-Streikposten
geben, vielleicht zum Betriebsbahnhof Indira-Gandhi-Straße in
Berlin-Weißensee. Auch eine Kundgebung vor dem Roten Rathaus
wurde mit den KollegInnen vor Ort diskutiert. Eine solche
Unterstützung wurde durch die Streikenden dort positiv
aufgenommen. Doch ob sich diese Vorschläge umsetzen lassen,
hängt von der Frage ab, ob sich noch mehr Linke an den
Solidaritätsaktionen beteiligen.
Editorische
Anmerkungen
Peter Nowak
schickte uns am 08.
03. 2008 den Artikel zur
Veröffentlichung.