Betrieb & Gewerkschaft
Streik auf den Werften von Tuzla

von MLKP-Nachrichtendienst

03/08

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Die Werften, wo in den letzten 8 Monaten 18 Arbeiter ums Leben kamen, wurden von einem Streik gegen die tödlichen Arbeitsunfälle erschüttert. Tausende von Arbeitern legten unter der Führung der Gewerkschaft Limter-Is, Teil der Konföderation der Revolutionären Arbeitergewerkschaften (DISK), die zu einem aktiven zweitägigen Streik gegen die steigende Zahl der tödlichen Arbeitsunfälle auf den Werften von Tuzla, dem Herz des Schiffsbausektor, aufgerufen hatte, die Arbeit nieder. Dies ist der erste Streik, der ein ganzes, derart desorganisiertes und in Zeitarbeitsfirmen zersplittertes Industriegebiet umfasst. 

Streik trotz Festnahmen
Als Limter-Is, die seit Jahren eine militante und kämpferische Klassenlinie gegen die Werftenbosse und die gelben Gewerkschaften verfolgt, ankündigte, dass sie streiken werde, wurden die Bosse nervös und verlegten die Arbeitsaufnahme für die Frühschicht auf 6.30 Uhr vor. Daraufhin begannen die Arbeiter zusammen mit den Führern von Limter-Is am 27. Februar um 6.00 Uhr früh mit dem Streik sperrten alle zu dem Industriegebiet der Werften führenden Wege und riefen zur Teilnahme an dem Streik auf. Die sich auf dem Streikplatz vor der Firma Tuzla Gemi versammelnden Arbeiter entlarvten die Bosse der Werften in ihren Reden.

Die Gewerkschaftsführer und Werftarbeiter entrollten ein Transparent mit der Aufschrift: „Verurteilung der für die tödlichen Arbeitsunfälle Verantwortlichen, Ergreifung von Sicherheitsmaßnahmen und Sicherstellung der Gesundheit der Arbeiter, Bereitstellung von angemessenen Unterbringungen, Umkleideräumen und gesunder Verpflegung für auswärtige Arbeiter, Abschaffung des Leiharbeitssystems und die Anerkennung des Rechtes auf Vertretungsstellen unserer Gewerkschaft auf den Werften / Limter-Is".
Die Arbeiter, die die zu den Werften führenden Straßen blockierten, wurden von der Polizei angegriffen. Nach dem Angriff führten die Arbeiter eine Sitzaktion durch, um gegen den Verhaftungsterror der Polizei Widerstand zu leisten. In den darauf folgenden Auseinandersetzungen wurden 75 Arbeiter und Gewerkschaften verhaftet, unter ihnen auch der Vorsitzende der Gewerkschaft Limter-Is Cem Dinc, der Generalsekretär der Gewerkschaft Kamber Saygili, der stellvertretende Vorsitzende Hakki Demiral, die Vorsitzende der Gewerkschaft Tekstil-Sen Ayse Yumli Yeter und der Gewerkschaftsführer Ali Riza Atik von TÜMTIS.

Die Verhaftungen, die am Morgen stattfanden, konnten den Streik nicht aufhalten. Gegen Mittag hatte die Zahl der Arbeiter, die eine Sitzaktion durchführten, Parolen wie: „Wir wollen nicht länger sterben", „Wir sind Arbeiter, wir sind im Recht, mit Limter-Is sind wir stark" riefen und die Freilassung der Verhafteten Arbeiter und Gewerkschafter forderten, 5000 erreicht.

Etwa 60% der gesamten Werften beteiligten sich an dem Streik und die Produktion musste auf vielen Werften eingestellt werden.

Es lebe die Klassensolidarität

Die streikenden Arbeiter wurden von an der Kocaeli Universität beschäftigten Arbeitern, und Arcelik Arbeitern unterstützt, die sich mit ihren Plakaten und Fahnen den Aktionen anschlossen. Darüber hinaus unterstützten zahlreiche Organisationen die Aktionen ebenfalls, darunter die Konföderation der Revolutionären Arbeitergewerkschaften (DISK), die Konföderation der Gewerkschaften der Angestellten des Öffentlichen Dienstes (KESK), die Ingenieurskammer, die Ärztekammer und Arbeitergewerkschaften aus den Sektoren Textil, Leder, Gesundheit, Petrochemie, Transport, Glas und viele weitere sowie zahlreiche Organisationen wie die Sozialistische Plattform der Unterdrückten (ESP), die Partei für Freiheit und Solidarität (ÖDP) und die Türkische Kommunistische Partei (TKP).
 

Um 11.00 Uhr begann DISK eine 24stündige Sitzaktion im Industriegebiet der Werften unter dem Motto: "Entweder Gewerkschaft oder Tod". Der Vorsitzende von DISK, Süleyman Celebi hielt eine Rede auf dem Streik und rief die Arbeiter dazu auf, sich in Limter-Is zu organisieren. Celebi verurteilte auch die Verhaftung der Führer von Limter-Is und sagte: „Diese Frage ist heute zu dem Hauptproblem der Türkei geworden. Die tödlichen Arbeitsunfälle sind durch den Kampf von DISK und Limter-Is auf die Tagesordnung gesetzt worden." Der Vorsitzende von KESK, Ismail Hakki Tombul erklärte, dass sie nicht aus Solidarität zu den Streikposten gekommen seien, sondern um selber unmittelbar am Streik teilzunehmen. Der Vorsitzende der ÖDP und Abgeordnete von Istanbul Ufuk Aras versicherte den Werftarbeitern ebenfalls seine Unterstützung. Vertreter von Arbeitergewerkschaften aus den Sektoren Luftfahrt, Petrochemie, Transport, Leder, Gesundheit und vielen weiteren hielten ebenfalls Reden auf der Aktion, in denen sie ihre Solidarität ausdrückten.

Der Kampf wird bis zum Sieg geführt

Der Gewerkschaftsführer von Limter-Is Levent Akhan hielt eine Rede im Namen seiner Gewerkschaft. Er betonte, dass die Bosse versucht hatten, die Gewerkschaft und den Streik als illegal hinzustellen und sagte: „Wir fragen: Auf welchen Werften werden die Gesetze angewendet? Welche Werft wendet das Gesetz für Schwerarbeitssektoren an? Welche Werft hat irgendeine Sicherheitsmaßnahme getroffen?" Akhan benannte die Forderungen der Arbeiter und rief sie dazu auf, sich zu organisieren.

Im Laufe des Tages wurden die 75 Arbeiter und Gewerkschaftsführer wieder freigelassen. Sie gingen direkt zu dem Ort des Streikes und wurden von den Massen stürmisch empfangen. Der Vorsitzende von Limter-Is Cem Dinc hielt daraufhin eine Rede vor den Arbeitern und erklärte, dass die Ursache von tödlichen Arbeitsunfällen das Leiharbeitssystem sei. Er betonte, dass: „Wenn sie uns auch verhaften, oder sogar ins Gefängnis werfen und töten, wir werden weiterhin bis zum Sieg kämpfen." Dinc gab außerdem bekannt, dass die Gewerkschaft am 28. Februar eine Demonstration zu dem Büro von GISBIR (Organisation der Bosse der Werften) in dem Industriegebiet der Werften organisieren werde. Auch der Generalsekretär von Limter-Is, Kamber Saygili, der Ortsvorsitzende von TÜMTIS, Cayan Dursun und die Vorsitzende von Tekstil-Sen, Ayse Yumli Yeter hielten nach ihrer Entlassung aus der Haft Ansprachen an den Streikposten.
Der Streik der Werftarbeiter hat nicht nur die Bosse nervös gemacht, sondern auch den Minister für Arbeit und Sozialversicherung Faruk Celik, der behauptete, dass die streikenden Arbeiter „ideologische Ziele" hätten.

Während viele demokratische und revolutionäre Organisationen die Angriffe auf die Werftarbeiter in Erklärungen verurteilten schlossen die Ladenbesitzer im Istanbuler Bezirk Gazi aus Solidarität mit dem Streik ihre Läden.

Der Streik geht auch am zweiten Tag weiter

Trotz aller Versuche den Streik zu verhindern wurde dieser auch am 28. Februar fortgesetzt. Am frühen Morgen versammelten die Arbeiter sich im Streikgebiet und riefen Parolen wie: "Streik, Streik, Streik", „Die Werftarbeiter sind keine Sklaven" und „Es lebe unser Widerstand in Tuzla". Die Gewerkschaftsführer von Limter-Is sagten in ihren Reden vor Ort: "Wenn es ideologische Gewerkschaftsarbeit ist, die versklavenden Arbeitsbedingungen abzulehnen und ein menschenwürdiges Leben zu fordern, dann werden wir weiterhin ideologische Gewerkschaftsarbeit betreiben." Und gaben dem Minister Faruk Celik so eine Antwort.  

Die Forderungen von Limter-Is wurden erfüllt

Die Organisation der Bosse GISBIR, die noch am Vortag auf die Forderung von Limter-Is nach Verhandlungen geantwortet hatten: „wir akzeptieren ein Treffen mit DISK nur, wenn der Vorsitzende von Limter-Is Cem Dinc nicht daran teilnimmt", sah sich gezwungen angesichts der Entschlossenheit zum Streik und der Erklärung von DISK: „Limter-Is ist unsere Gewerkschaft auf den organisierte Werften. Wir akzeptieren ein Gespräch nur, wenn der Vorsitzende von Limter-Is daran teilnimmt." Einen Schritt zurück zu machen. Schließlich musste GISBIR die Delegation, bestehend aus dem Vorsitzenden von Süleyman Celebi, dem Vorsitzenden von Limter-Is Cem Dinc, dem Generalsekretär von DISK Tayfun Görgün und dem Gewerkschaftsführer von DISK Ali Riza Kücükosmanoglu, empfangen. Sie teilten GISBIR ihre Forderungen mit: die Bildung eines Werftrates von Tuzla mit Beteiligung von Vertretern der Organisationen der Arbeiter und der Bosse, der Kammern der Ärzte, Architekten und Ingenieure. Außerdem forderten sie, dass dieser Rat befugt ist, die Gesundheits- und Sicherheitsbedingungen für die Arbeiter, internationale Standards der Arbeitsbedingungen für alle Arbeiter der Haupt- und outgesourcten Unternehmen, das Recht der Arbeiter auf Organisierung in der Gewerkschaft und die Anwendung des Gesetzes für Schwerarbeitsbedingungen zu schaffen. GISBIR sagte, dass die Forderungen der Arbeiter akzeptabel wären und bat um eine Woche Zeit. Nach Ablauf dieser Frist wird ein weiteres Verhandlungsgespräch stattfinden, wo die Einzelheiten festgelegt werden sollen.

Als die Delegation den Werftarbeitern das Ergebnis der Verhandlungen mit GISBIR mitteilte unterbrachen die Arbeiter ihre Aktionen und sammelten sich zu einer Demonstration in Istanbul-Kadiköy, die mit der Forderung der Abschaffung des Gesetzentwurfes der Sozialversicherung und der Allgemeinen Gesundheitsversicherung (SSGSS) organisiert wurde.

Editorische Anmerkungen
Wir spiegelten den Text von der MLKP-Website.