Betrieb & Gewerkschaft

Lebensgefährliche Batterien

von N.N.

03/07

trend
onlinezeitung
Ende November 2006 wurde in Huizhou ein Gerichtsverfahren gegen den bekannten Batteriehersteller Chaoba eröffnet, nachdem bei Arbeiterinnen dieser Fabrik erhöhte Kadmiumwerte festgestellt worden waren . Dies ist bereits das dritte Mal innerhalb von zwei Jahren, dass die Arbeiterinnen vor Gericht gehen. Unverständlich dabei ist, dass die Stadtregierung von Huizhou schon im August 2004 bei einer Pressekonferenz bekannt gab, mit dem Batteriehersteller vier Vereinbarungen getroffen zu haben. Danach sollen zukünftig, wenn nötig bis zu dreißig Jahre, die Rechte der Arbeiterinnen mit erhöhten Kadmiumwerten oder mit Kadmiumvergiftungen geschützt sein. Viele der Arbeiterinnen glauben jedoch, dass der Batteriehersteller sich nicht an diese Vereinbarungen halte. 

Veranstaltungshinweis

Von Cadmium Vergiftungen, Überstunden und Kampf um Menschenwürde

Zwei Arbeiterinnen aus China berichten über Arbeitsbedingungen und Gegenwehr in einer Batteriefabrik  Batterien für den Weltmarkt stellen die GP-Fabriken in Südchina her, wo die zwei Arbeiterinnen, Hu Xiaoping (30 Jahre) und Guo Meili (32 Jahre), gearbeitet und sich ihre Gesundheit ruiniert haben. Sie berichten über
• die Arbeitsbedingungen dort, über den Umgang mit giftigen Stoffen wie Cadmium, was in Deutschland nicht mehr verarbeitet werden darf,
• das Leben von Industriearbeiterinnen in den südchinesischen Weltmarktfabriken, die in die Städte kommen mit der Hoffnung auf ein besseres Leben und einen Anteil am wachsenden Wohlstand, der ihnen in ihrer ländlichen Heimat bisher verwehrt geblieben ist,
• und über den Kampf für Menschenwürde und Entschädigung.


Informations- und Diskussionsveranstaltungen in

Braunschweig: Montag den 12.März 2007, um 19.00 Uhr im Altgebäude der Technischen Universität in der Pockelstraße Hörsaal SN 19.1
Hamburg: Mittwoch den 14. März 2007 um 18 Uhr 30 im Verdi-Center Gewerkschaftshaus Hamburg, Besenbinderhof 58
Düsseldorf: Freitag den 16. März 2007 um 19:00 Uhr im Haus der Kirche, Bastionsstrasse 6, Altstadt

1. Der Tod einer Arbeiterin
 
Im Januar 2006 verstarb die Fabrikarbeiterin Fu Hongqin in ihrem Heimatdorf in Sichuan. Die letzten Worte kurz vor ihrem Tod gegenüber ihrer Mutter lauteten: Ich hätte nie in diese Fabrik gehen sollen, es war so unbeschreiblich schmerzhaft dort.
 
Nachdem die damals 19jährige Fu Hongqin ihr Heimatdorf mit großen Hoffnungen und Erwartungen verlassen hatte, fing sie in Huizhou als Arbeiterin in einer Batteriefabrik an. Wie hoffnungsvoll sie damals noch war, wird aus einen Brief deutlich, den sie an die Fabrikleitung schrieb: ich bin ein Glückskind, dass ich in dieser Fabrik arbeiten kann. Ich hoffe, die Fabrikleitung gibt mir die Gelegenheit, mich weiter zu entwickeln. Ich werde mein bestes geben, jede Tätigkeit zufriedenstellend auszuführen.
 
Fu Hongqin ging voll in ihrer Arbeit auf, sie machte häufig Überstunden ohne zu klagen. Um sich bei der Stadt, die ihr die Möglichkeit zu arbeiten gegeben hatte, zu bedanken, war sie sogar heimlich Blut spenden gegangen.
 
Im Mai 2004 schwollen Fu Hongqin die Beine an. Das örtliche Krankenhaus diagnostizierte eine akute Nierenentzündung und eine Fehlfunktion der Nieren. Sie bat daher um Urlaub, um in ihre Heimat in Sichuan zurückkehren zu können. Bald konnte sie nur noch schwer gehen, zusätzlich stellte sich noch heraus, dass sich ihre Knochensubstanz auflöste. Die Giftstoffe, die ihr Körper nicht mehr ausscheiden konnte, begannen ihre Haut und andere Organe anzugreifen.
 
Liu Hongmei, Arbeiterin in der Xianjin Batteriefabrik, hat viele Arbeiterinnen mit geschwollenen Beinen gesehen. Seit fast 10 Jahren arbeitet sie schon in dieser Fabrik und erinnert sich, dass die Beine von den Füßen bis zu den Oberschenkeln dick waren.
 
Die Nachricht von Fu Hongqins Tod gelangte Anfang 2006 nach Guangzhou, seit dem sind bis August 2006 zwei weitere Arbeiterinnen gestorben. Liu Hongmei und ihre Kolleginnen waren darüber sehr bestürzt. Sie berichtet: „Nun sind drei Menschen gestorben. Wir fühlen uns bedroht...wir haben Angst, dass wir bald schon die nächsten sein könnten...!“
 
Während sich die Arbeiterinnen der Xianjin Batteriefabrik nicht mehr sicher fühlten, wurden bei Tan Ling, Arbeiterin in einer anderen bekannten Batteriefabrik in Huizhou -- der Chaoba Batteriefabrik,  während einer Routineuntersuchung ebenfalls Nierenschäden festgestellt.
„Die Eiweiß- und Blutwerte in meinem Urin waren zu hoch. Der Arzt sagte, wenn das weiterhin nicht behandelt würde, müsste ich sterben,“ berichtet Tan Ling. Ihr wurde gesagt, die Tatsache, dass ihre Niere beginne, sich zu verhärten, sei ein deutliches Anzeichen für eine Harnvergiftung.
 
Tan Ling arbeitete ebenfalls schon fast 10 Jahre in der Chaoba Batteriefabrik, daher sprach sich diese Nachricht schnell herum. Die anderen Fabrikarbeiterinnen machten sich Sorgen, sie könnte wie Fu Hongqin auch bald sterben.
 
Wer schließlich die nächste sein wird, bei der Nierenversagen festgestellt wird, ist nicht vorhersehbar. Tatsache ist aber, dass bei mehr und mehr Arbeiterinnen ungewöhnliche Krankheitssymptome auftreten. Eine weitere Arbeiterin der Chaoba Batteriefabrik, die unerkannt bleiben möchte, ließ sich im Krankenhaus untersuchen. Auch bei wurden rote Blutkörperchen im Urin gefunden.
 
 
2. Die Tochter einer Fabrikarbeiterin wird mit dunkler Haut am ganzen Körper geboren
 
Zhou Huaqiong, ebenfalls eine Arbeiterin in der Batteriefabrik, war im vierten und fünften Monat schwanger, als Fu Hongqin und ihre Kolleginnen der Reihe nach krank wurden. Nachdem ihre Tochter Rourou auf der Welt war, entdeckte sie überrascht, dass ihr Baby ganz anders als die anderen aussah: es war am ganzen Körper schwarz und hatte im Gesicht einen Blutschwamm. Zhou Huaqiong berichtet: „Schon gleich nach der Geburt war sie schwarz, nur noch am Bauch ist sie weiß, der Rest des Körpers ist schwarz.“ Betrachtet man die Haut des nun schon zwei Jahre alten Mädchens, erinnert die Farbe an braunen Schlamm. Die Mutter hat sie schon zu vielen Ärzten gebracht, aber keiner von ihnen konnte sagen, warum die Haut so dunkel ist. Inzwischen mag Ruoruo nicht mehr von anderen betrachtet werden oder Diskussionen, um ihr Aussehen anhören. 
 
3. Der erste Prozess wegen Kadmiumvergiftungen am Arbeitsplatz in China

Fu Hongqin, Tan Ling und Zhou Huaqiong kamen alle aus verschiedenen Dörfern nach Huizhou, um in der Batteriefabrik zu arbeiten. Da an ihren Arbeitsplätzen Nickel-Kadmium Batterien produziert werden, kamen sie die ganzen Jahre, mit dem feinen pinken Kadmiumstaub in Kontakt, ohne dass sie wussten, wie gefährlich dieser Stoff für den Menschen ist.
 
Liu Hongmei berichtet: „Wenn neue Arbeiter die Fabrik betraten, dauerte es etwa ein halbes Jahr, bis sie sich an den beißenden Geruch in der Fabrikhalle gewöhnt hatten. Die Maschinen fallen mit einem lauten Knall aufeinander, der dadurch aufgewirbelte Staub kann dann sofort in die Atemwege gelangen. Betrat jemand die Werkshalle, hatte er in der Regel Atemprobleme.“ Damals trugen die Arbeiterinnen eigentlich einen Mundschutz, aber sobald sie ihn nach der Arbeit abnahmen, war der Staub in ihren Nasen. Sie atmeten aber nicht nur Jahr um Jahr während der Arbeit den Kadmiumstaub ein, sondern auch das Essen und Trinken fand in der verschlossenen Werkshalle statt.
 
Kadmium ist ein Schwermetall, das – gelangt es über die Atemwege oder die Nahrung in den menschlichen Körper – chronische Schäden an den Nieren und den Knochen verursacht.
 
Im Sommer 2004 stellte das Amt zur Verhütung und Bekämpfung von Berufskrankheiten der Provinz Guangzhou bei 177 Arbeiterinnen der Batteriefabrik erhöhte Kadmiumwerte, bei einigen sogar um das 10fache gestiegene Werte und bei 2 Arbeiterinnen eine Kadmiumvergiftung fest. Im Nachhinein mussten diese Zahlen sogar noch nach oben korrigiert werden. Da es gegenwärtig noch keine wirkungsvollen Medikamente zum schnelleren Abbau des Kadmiums im Körper gibt, leiden viele der Arbeiterinnen an Kopf- und Knochenschmerzen. Besonders die Frauen, die im Alter von 18 bis 25 angefangen hatten, in der Fabrik zu arbeiten, klagen: „Unsere ganze Jugend haben wir dieser Fabrik geopfert. Was haben wir dafür zurück bekommen? Nichts außer einer Krankheit!“
 
Aus einer Liste mit den Namen der Arbeiterinnen, bei denen erhöhte Kadmiumwerte festgestellt wurden, kann man anhand ihres Alters ablesen, dass sie 10, 12, 15 Jahre in der Batteriefabrik gearbeitet haben...
 
Zur Zeit verschärft sich der Konflikt zwischen den Arbeiterinnen und der Leitung der
Batteriefabrik.
 
 
4. Ist die Vereinbarung zwischen der Fabrikleitung und der Stadtregierung eine
Hinhaltetaktik?

 
In den Batteriefabriken Chaoba und Xianjin in Huizhou sowie in der Jieba Fabrik in Shenzhen sind der Reihe nach Steitigkeiten wegen Schädigungen durch Kadmium bei Arbeitern ausgebrochen.
 
Diese drei Fabriken sind Investitionen eines HongKonger Unternehmens*, ihr rechtlicher Vertreter heißt Xu Youxin. Auf der Gewerbelizenz einer dieser drei Fabriken steht, dass ausnahmslos alle der dort produzierten Nickel-Kadmium Batterien ins Ausland verkauft werden. Weil die Produktion von Nickel-Kadmium Batterien sehr niedrig ist, werden auf dem chinesischen Festland sehr viele hergestellt.
 
Chaoba Batterien stellen in ganz China eine bekannte Marke dar, in Huizhou ist die Fabrik ein wichtiger Teil der Elektronikbranche und ein großer Steuerzahler. Diese Vorfälle hat die Huizhouer Stadtregierung aufgeschreckt, so dass sie eine Pressekonferenz einberief. Während dieser Konferenz wurde der amtierende Vize-Bürgermeister Xu Guang gefragt : „Es kann
sehr lange dauern, bis das Kadmium im Körper wieder abgebaut ist, manchmal sogar bis zu
30 Jahre. Werden die Arbeiterinnen auch so lange weiter versorgt?“ Xu Guang erwiderte: „Ja. Egal wie lange es dauert, die Stadtregierung wird dafür sogen, dass die Arbeiterinnen so lange wie nötig von den Unternehmen versorgt werden.“ Der rechtliche Vertreter der drei Batteriefabriken, Xu Youxin, machte ebenfalls deutlich: „Wir nehmen die volle gesetzliche Verantwortung auf uns.“
 
Schließlich hat die Leitung der beiden Fabriken aus Huizhou mit der Huizhouer
Stadtregierung ein 4-Punkte Abkommen erzielt, das auch Fu Hongqins Vater beschwichtigte. „Es beruhigt uns. Die Regierung musste handeln. Sie veranlasste das Gesundheitsamt, uns ins Krankenhaus zu begleiten.“ Als Fu Hongqin im Gesundheitsamt war, zeigte der Leiter persönlich Interesse an ihrem Fall und begleitete sie zur Untersuchung ins Krankenhaus in Huizhou.
 
Bald nach der Pressekonferenz wurde die Xianjin Batteriefabrik geschlossen und die Chaoba- Fabrik stellte die Produktion von Nickel-Kadmium Batterien ein. Heute ist die Werkshalle relativ gut durchlüftet und es wurden viele Maßnahmen zur Überwachung der Sicherheit am Arbeitsplatz eingerichtet. Seit der Umstellung der Produktion hat die Batteriefabrik wieder begonnen, eine große Anzahl von Arbeiterinnen einzustellen. Viele von ihnen waren genauso junge Mädchen wie Fu Hongqin damals und kamen aus dem ganzen Land. Alle dachten der Konflikt um die Vergiftungen der Arbeiterinnen sei beigelegt worden.
 
Aber im Gegenteil, nach der Pressekonferenz spitzte sich der Konflikt zwischen den Arbeiterinnen und der Fabrik weiter zu. „Diese Vereinbarung ist ein Betrug! Uns Arbeiterinnen wird vorgegaukelt, wir seien nach Verlassen der Fabrik versorgt,“ schimpft Liu Hongmei.
 
Der erste Punkt der Vereinbarung zwischen der Stadtregierung und der Leitung der Batteriefabrik besagt, dass Arbeiterinnen mit erhöhten Kadmiumwerten so lange nicht gekündigt werden darf, bis die Werte wieder sinken. Die Arbeiterinnen haben aber die Möglichkeit, das Arbeitsverhältnis aufzulösen und eine Entschädigung zu verlangen. Der Großteil der Arbeiterinnen, auch Liu Hongmei, kündigten bei der Fabrik.
 
Liu Hongmei erzählt, dass die Arbeiterinnen große Angst hatten, als sie damals wieder arbeiten gegangen sind. „Nachdem wir von dem Kadmium gehört hatten, haben wir alle geweint. Wir glaubten, einige Hundert Menschen könnten sofort sterben, weil die Ärzte sagten, dass es keine Medikamente gebe.“
 
Die Arbeiterinnen waren entsetzt, als die Fabrikleitung forderte, dass sie sich innerhalb von drei bis 15 Tagen entscheiden müssten, ob sie weiter arbeiten oder lieber eine Entschädigung bekommen wollten. Der Großteil der Arbeiterinnen entschied sich schließlich, den Arbeitsvertrag zu kündigen. Sie erhielten einmalig unterschiedliche Abfindungen von 3.000, 8.000 oder 20.000 Renminbi. Damals glaubten sie, die Fabrikleitung würde ihre Unsicherheit ausnutzen. Auch Zhou Huaqiong kündigte und nahm die 8.000 Renminbi.
 
Sie erzählt, dass sie nicht sicher gewesen sei, ob diese Zahlung wirklich als eine
Entschädigung gelte. „Sollte sich die Krankheit weiterentwickeln, wie viel wären dann die
8.000 Renminbi wert? Wenn ich im Krankenhaus bin, was kann man dann mit 8.000
Renminbi erreichen?“
 
Langsam wurde den Arbeiterinnen bewusst, dass die überstürzte Kündigung des
Arbeitsvertrages keine sehr kluge Entscheidung war. 2005 wendeten sich erstmals 65
Arbeiterinnen gemeinsam an ein Gericht und forderten die Wiederherstellung des
Arbeitsverhältnisses, aber das Gericht nahm ihre Klage nicht an.
 
Ein anderer Punkt der Vereinbarung zwischen der Stadt Huizhou und der Fabrikleitung besagt, dass das Arbeitsgesetz strikt eingehalten werde und dem entsprechend die Arbeiterinnen vor dem Kadmium geschützt werden müssen.
 
Tan Ling war anfangs auch eine Arbeiterin mit erhöhten Kadmiumwerten, bis sie sich bei einem Arbeitsunfall eine Verletzung am Arm zuzog. Laut Arbeitsgesetz durfte ihr nun nicht gekündigt werden. Um vorzusorgen, unterzeichnete sie mit der Chaoba Batteriefabrik eine gesonderte Vereinbarung, die besagte, dass ihr so lange nicht gekündigt werden dürfe, bis ihr Arm verheilt ist.
 
Man kann sagen, dass Tan Ling damit eine dreifache Absicherung genoss: durch das Arbeitsrecht, durch die Vereinbarung zwischen der Stadt und der Fabrikleitung sowie durch ihre persönliche Vereinbarung mit der Fabrik. Im Mai diesen Jahres bekam sie jedoch schwere gesundheitliche Probleme durch eine Nierenentzündung. Nachdem die Leitung der Chaoba Batteriefabrik davon erfahren hatte, kündigte sie Tan Ling sofort.
 
Tan Ling erzählt: „Ich habe den Arbeitsvertrag mit der Chaoba Fabrik nicht gekündigt, es war die Fabrikleitung selbst, die mich gezwungen hat, zu gehen. Wer hätte gedacht, dass ich mir beim Arbeiten so den Arm verletze. Wie soll ich jetzt weiter leben, jetzt, wo ich auch noch krank bin.“
 
Tan Ling wandte sich sofort an ein Arbeitsschiedsgericht, aber die Kündigung wurde für wirksam erklärt. Sie habe das Gefühl, die Schiedsrichter hätten, sobald sie hörten, dass es sich um die Chaoba Fabrik handelte, sofort ihre Haltung geändert. Zu Beginn hätten die Richter noch Verständnis für sie gezeigt, doch nachdem sie von der Fabrik gehört hätten, habe sich ihre Einstellung gewandelt.
 
Obwohl sie das Arbeitsverhältnis einseitig gekündigt hatte, zahlte die Fabrik einmalig 50.000
Renminbi auf Tan Lings Sparbuch ein. Sie erklärte, dass sie dieses ohne jede Erklärung erhaltene Geld nicht gebrauchen könne, denn die Probleme, die sie durch den Arbeitsunfall und die Krankheit habe, könnten nicht mit 50.000 Renminbi gelöst werden.
 
Die Arbeiterinnen der Batteriefabrik haben nicht aufgegeben. Da sie wussten, dass das
Arbeitsverhältnis nicht wieder hergestellt werden konnte, beschlossen sie eine angemessene
Entschädigung für ihre gesundheitlichen Schäden zu fordern. Mitte 2006 schlossen sich 224
Arbeiterinnen zusammen, um die Batteriefabrik erneut vor Gericht zu bringen. Sie verlangten, das jede Arbeiterin mit 25.000 Renminbi entschädigt werden sollte. Das Gericht meinte, dass es kein Gesetz gebe, das Entschädigungen für möglicherweise auftretende Krankheiten verlange und entschied gegen die Arbeiterinnen. Aber trotz dieser beiden Niederlagen,
wollten die Frauen ein drittes mal vor Gericht ziehen, erzählt Liu Hongmei. „Weil wir nicht überzeugt sind ... Obwohl gesagt wird, uns fehlten zur Zeit noch die Beweise, werden wir trotzdem weiter machen ...
 
Im November 2006 zogen 146 Arbeiterinnen zum dritten Mal vor ein Gericht. Dieses Mal hatten sie eine Expertin für Rechtshilfe gefunden: Professorin Lu Ying vom Zentrum für Rechtshilfe für Frauen von der Sun Yatsen Universität.
 
5. Arbeitsbeziehung und gesellschaftliche Harmonie
 
Lu Ying ist eine der ersten Professorinnen in China für die Rechte von Arbeiterinnen. Schon seit 20 Jahren arbeitet sie auf diesem Gebiet.
 
Sie sagt: „Da sich die beiden Seiten gegenseitig schon nicht mehr vertrauen, spiele ich, meiner Meinung nach, weder die Rolle eines Anwalts, noch die eines Professors, sondern ich vertrete viel mehr die Öffentlichkeit. Ich hoffe, dass sich die beiden Seiten am Ende eine bessere Möglichkeit finden, ihren Konflikt zu schlichten.“
 
Während ihrer Untersuchung des Falls stellte Lu Ying fest, dass der entscheidende Punkt des angespannten Verhältnises zwischen den Arbeiterinnen und der Fabrik seien die Untersuchungen der Arbeiterinnen auf erhöhte Kadmiumwerte hin. Die Batteriefabrik hielt von Anfang an die Untersuchungsrechte fest in den eigenen Händen, sie erkannte nur Ergebnisse an, die ihr eigenes Messsystem festgestellt hatte. Fu Hongqin z. B. wurde entsprechend der Anordnung der Fabrikleitung untersucht. Das Ergebnis war, dass ihre Kadmiumwerte überraschenderweise sogar unter denen eines gesunden Menschen lagen. Fu Hongqins Vater glaubte, dass es bei der Untersuchung nicht mit rechten Dingen zugegangen sei. Denn seine Tochter war Nieren krank, wie konnte das nicht mit dem Kadmium zusammen hängen. Er wollte seine Tochter selber zu einer Untersuchung bringen, musste aber feststellen, dass ein solcher Test keine Bedeutung haben würde, da die Firma keine Testergebnisse akzeptierte, die nicht von ihr selbst durchgeführt worden waren. Nachdem die Fabrikleitung davon überzeugt war, dass Fu Hongqin keine erhöhten Kadmiumwerte habe, bekam Fu Hongqin im Huizhouer Krankenhaus keine weitere
Behandlung. Fus Vater holte seine Tochter aus dem Krankenhaus und suchte überall Ärzte auf, mit dem Ergebnis, dass Fu Hongqin ein Jahr später in ihrem Heimatort starb.
 
Dies ist kein Einzelfall, wie eine Arbeiterin der Chaoba Fabrik berichtet. Sie hat Beweise dafür, dass  die Ergebnisse der von der Fabrik durchgeführten Untersuchungen nicht vertrauenswürdig sind. Die schriftlich festgehaltenen Ergebnisse einer Untersuchung, die sie selber durchführen lassen hat, ergaben einen Kadmiumwert in ihrem Körper von 5,9. Dagegen hatte die von der Fabrik durchgeführte Untersuchung ergeben, dass ihre Kadmiumwerte bei 0,17 lägen. Zwischen den beiden Messungen lag nur ein Tag. Diese Arbeiterin meldete diese unterschiedlichen Ergebnisse beim Gesundheitsamt, das jedoch die Diskrepanzen mit möglichen Druckfehlern abtat. Da die Fabrik nur ihre eigenen Messergebnisse akzeptierte, wurde auch der erhöhte Wert dieser Arbeiterin nicht angenommen. Zwei Jahre später wurde jedoch auch bei ihr Blut im Urin festgestellt. Sie war sich sicher, dass ihre Kadmiumwerte erhöht und ihre Nieren schon geschädigt waren.
 
Die Fabrikleitung wies jedoch alle Vorwürfe, bei den Messungen getrickst zu haben, zurück.

Entsprechend den Vereinbarungen mit der Stadtregierung muss die Fabrik jährlich eine Kontrolluntersuchung bei den Arbeiterinnen durchführen. Die Fabrik hat tatsächlich entsprechende Maßnahmen getroffen. Aber 2005 weigerten sich ein Großteil der Arbeiterinnen an der Untersuchung teilzunehmen, lediglich weniger als 10% ließen sich testen.
 
Lan Jian, Leiter der Personalabteilung der Chaoba Batteriefabrik erzählt: „Wir hatten geplant, die Arbeiterinnen zu untersuchen, aber sie stellten die Kompetenz des Zentrums für Prävention von Krankheiten der Stadt Huizhou in Frage. Was sollten wir da machen? Unsere Fabrik liegt nun mal in Huizhou, da können wir nur schwer nach Peking gehen, um die Untersuchung durchzuführen.“
 
Die Arbeiterinnen berichten die Geschichte etwas anders: „Es war vorgesehen, dass wir alle in ein Gästehaus gehen, uns ausziehen und unsere Kleidung einigen Menschen zum
Durchsuchen geben sollten. Wir wussten nicht wer diese Leute waren, sie weigerten sich aber, uns ihre Arbeitserlaubnis zu zeigen,“ erzählt Liu Hongmei.
 
Ursprünglich sollten sich die Arbeiterinnen bei der Untersuchung erst nackt ausziehen, der Reihe nach kalt duschen und anschließend eine erneute Urinprobe abgeben. Zhou Huaqiong meint, die Fabrik habe die Untersuchung deshalb so organisiert, weil sie fürchtete, die Arbeiterinnen könnten das Ergebnis z. B. durch mitgebrachtes Kadmiumpulver verfälschen. Da die Untersuchung in einem Gasthaus durchgeführt wurde, hatten die Mitarbeiter des Zentrums für Prävention von Krankheiten keine gültigen Papiere über ihre Qualifikation dabei.  Lu Ying glaubt, für diesen dritten Prozess sei die wichtigste Durchführungsvereinbarung, dass die Arbeiterinnen eine gesundheitliche Untersuchung bekommen, um so das gegenseitige Vertrauen zwischen ihnen und der Fabrikleitung wieder aufzubauen.
 
Lu Ying sagt: „2005 war die Gesundheitskontrolle erfolglos.  Meiner Meinung nach hat die Fabrikleitung eine einmalige Chance vergeben, die Arbeiterinnen entsprechend dem Gesetz zur Prävention von Berufskrankheiten, den Methoden zur Feststellung von Berufskrankheiten und anderen einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen gesundheitlich zu untersuchen.
 
Im November 2006 vertrat die 62 Jahre alte Lu Ying 164 Arbeiterinnen vor Gericht mit der Forderung, die 2004 getroffenen Vereinbarungen einzuhalten. Sie glaubt jedoch, dass dieser Prozess eigentlich gar nicht notwendig sei. „ Denn das Gesetz bestimmt eigentlich schon, welche Rechte die Arbeiterinnen haben. Dennoch können sie erst ihre Rechte erst durch derartige Gerichtsprozesse durchsetzen. Daher werde ich es nicht als ein Erfolg empfinden, wenn wir diesen Prozess gewinnen sollten. Ich bin sicher, wenn sich diese Gesellschaft, die Personalabteilungen an das Gesetz hielten und bei den Arbeitern das Rechtsbewusstsein genügend ausgeprägt ist, dann wird es viel weniger derartige Gerichtsprozesse geben.“ 
 

Editorische Anmerkungen

Aus dem Chinesischem von Elisabeth Inhester, Januar 2007

Übersetzung eines Textes von CCTV vom 10.12.2006
(Original siehe http://www.cctv.com/program/jjbxs/20061210/101815.shtml )

Weitere Informationen unter China und Asienhaus ( www.asienhaus.de  ) unter aktuell Kontakt: Peter Franke, Asienhaus peter.franke@asienhaus.de