Wir sind
AutorInnen der jungen Welt. Wir kommen aus unterschiedlichen Spektren der Linken
und vertreten in manchen Fragen divergierende Standpunkte. Dennoch haben wir uns
entschlossen, diese kurze gemeinsame Intervention zu verfassen.
Die
Blattlinie der jungen Welt folgt an vielen Punkten einer antiimperialistischen
Hauptfeind USA-und -Israel-Linie.
In
letzter Zeit ergehen sich Kommentatoren der jW in einer unerträglichen
Verniedlichung des offen antisemitischen Staatschefs des Iran, was nicht selten
wie eine Legitimation dessen Politik wirkt. So kommt Werner Pirker zu
Ahmadi-Nejads Holocaust-Leugnereien auf den Einfall, dass dieser möglicherweise
"wenig Ahnung von europäischer Geschichte zu haben" scheine (jW vom 16.12.05),
und findet, dass dessen Anti-Israel-Tiraden in irgendeiner Form eine Spielart
von legitimem Antizionismus sei (jW vom 29.10.05). Wir fragen uns, wie man in
Zukunft ähnlichen "Überlegungen" von Neonazis argumentativ entgegen treten will.
Diese Relativierung der deutschen Massenmordgeschichte und Ignoranz gegenüber
Antisemitismus verbieten sich für eine linke Zeitung von selbst, ganz abgesehen
davon, dass dieses Regime jede fortschrittliche linke Opposition mörderisch
unterdrückt.
Wir sind
mit dieser inhaltlichen Ausrichtung, die sich in einer derart vereinfachenden
Position ausdrückt, wonach der
Feind-meines-Feindes-irgendwie-auch-mein-Freund-sei, nicht einverstanden. Ebenso
entschieden wie wir den Kriegsplänen gegen den Iran entgegentreten, lehnen wir
ein Kleinschreiben eines virulenten und aggressiven Antisemitismus ab.
Gerhard Hanloser alias Walter Hanser (Freiburg) / Markus Mohr (Hamburg) /
Matthias Reichelt (Berlin) / Franz Schandl (Wien) / Ralf Streck (Donostia) /
Maike Dimar und Michael Liebler (Nürnberg)
Editorische Anmerkungen
Diesen Brief
erhielten wir am 14.3.2006 von den VerfasserInnen zugeschickt.
|