"Kommunismus. Was sonst." unter diesem Motto feierte der TREND sein 10jähriges Bestehen  am 20. und 21. Januar im Berliner Mehringhof
03/06

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In der Onlinezeitung Telepolis berichtete Peter Nowak am 22.1.2006 über das TREND-Jubileum.

Geburtshelfer für eine linke Internetpräsenz

Die Politische Praxis muss immer noch in der realen Welt stattfinden: 10 Jahre "Trend"

Wer vor 10 Jahren eine Onlinezeitung produzierte, die auch noch den programmatischen Titel "Trend" trägt, muss wohl die Zeichen der Zeit richtig erkannt haben. Kurz bevor der PC zur Massenware wurde und politische Gruppen sich statt mit Flugblättern und Plakaten mit Webseiten der Öffentlichkeit präsentieren, waren Trend-Herausgeber selbigen ein gehöriges Stück voraus.


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So könnte die Geschichte der linken Onlinezeitung  Trend erzählt werden, die am Wochenende in Berlin das 10 jährige Jubiläum begeht.

Doch die Wirklichkeit ist wie immer banaler. Der Name stammt noch aus den frühen 80er Jahren und schmückte die Mitgliederzeitung der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft in Berlin-Kreuzberg.

Wir wollten uns nicht einfach Gewerkschaftsinfo nennen. Uns fiel aber auch kein origineller Name ein und so nannten wir die Publikation einfach Trend.

So Mitbegründer Karl-Heinz Schubert zum Geheimnis um den Namen. 1995 wollte die Gewerkschaftsbürokratie die politisch unbequeme Zeitung loswerden. Artikel über Rassismus bei Berliner Schulräten und über antifaschistische Gegenwehr von Schülern in Ostberlin waren der Gewerkschaft wohl zu politisch.
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Die Gewerkschaftsvorstände waren sich sicher, dass sie mit ihren Sanktionsmaßnahmen die Zeitung beerdigen. Denn es war klar, dass es dem kleinen Herausgeberkreis aus zeitlichen und finanziellen Gründen auf die Dauer nicht möglich sein würde, den "Trend" in Eigenregie herauszugeben und zu verbreiten. Auf diese Weise sind immer wieder von den Gewerkschaftsvorständen inkriminierte Publikationen eingegangen.

Dass es den Trend heute noch gibt, verdankt er einer Verbreitungsmöglichkeit, die 1995 noch vielen als Zukunftsvision galt, dem Internet. Selbst die Trend-Herausgeber wurden dazu vor allem über die ersten computerkundigen Freunde animiert. Schnell mussten die Trend-Macher erkennen, dass die Probleme an Berliner Schulen im weltweiten Netz nur auf begrenztes Interesse stießen.

Daher konzentrierten sie sich bald auf die Vernetzung linker Gruppen im Internet. Ziel war die Etablierung einer Internetplattform, auf der sich Ende der 90er Jahre mehr als 20 politische und gesellschaftliche Gruppen präsentierten. "Wir waren die Geburtshelfer für eine linke Internetpräsenz", fasst Schubert heute diese Phase zusammen.

Doch der Vernetzungsgedanke stieß schnell an Grenzen. Immer mehr politische Initiativen richteten sich eine eigene Homepage ein und mussten deshalb nicht mehr auf einer Internetplattform gehostet werden. Für eine Zusammenarbeit über diesen technischen Bereich hinaus aber fehlte die gemeinsame Grundlage. Gruppen, die im realen Leben wenig miteinander zu tun haben, schließen sich auch im Internet nicht zusammen.

Diese Erfahrung musste der Trend Ende der 90er Jahre angesichts einer sich mehr und mehr zersplitternden Linken machen. Für die Herausgeber bedingte diese Erfahrung eine Konzeptänderung. Der Trend wurde zu einer virtuellen Bibliothek ausgebaut und gewann damit in den letzten Jahren zunehmend Anerkennung bei den Internetnutzern.

Jeder kann dort auf Archive, Quellensammlungen, Datenbanken und aktuelle Diskussionspapiere zugreifen oder selber solche Texte ins Netz stellen. Schubert sieht hier vor auch eine neue Art von Dienstleistung für politische Gruppen. Die haben heute in der Regel weniger Probleme, Aufrufe und tagesaktuelle Meldungen ins Netz zu stellen, als theoretische Grundlagentexte zu finden, die auch für die aktuelle politische Debatte interessant sind

So dokumentiert der Trend zahlreiche nicht mehr im Handel erhältliche  Artikel,  Bücher oder Broschüren, die von politischen Initiativen oft in langer Arbeit erstellt wurden und doch meist nur einen begrenzten Kreis an Lesern erreichten. So kann es vorkommen, dass die oft namentlich nicht bekannten Verfasser erstaunt feststellen, dass ihre Texte jetzt im Internet einem viel größeren Kreis von Menschen zugänglich sind.

Häufig genutzt werden auch die thematisch geordneten Zusammenstellungen von Texten So findet man beispielsweise zum Bereich  Antisemitismus wichtige Grundlagentexte. Ein Ende der 60er Jahre von dem Historiker Nathan Weinstock herausgegebenes, aber vom Autor seither nicht wieder aufgelegtes Buch über die Historie des Nahostkonfliktes liefert Grundlageninformationen zur Genese einer alten Auseinandersetzung. Schubert warnt aber auch vor überzogenen Erwartungen an das Internet.

Hier geht´s zur Diskussion des Telepolis-Artikels.