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Nr. 03-04
Notausgabe
5. März 2004

9. Jahrgang online

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Nathan Weinstock
Das Ende Israels?
Herausgegeben und eingeleitet von Eike Geisel und Mario Offenberg

Einleitung der Herausgeber
I

Mit der internationalen Anerkennung der palästinensischen Befrei­ungsbewegung, die in der Einladung von Yassir Arafat, des Vorsitzen­den der PLO, zu einer Vollversammlung der Vereinten Nationen ihren ersten Ausdruck gefunden hat, ist ein Geschichtsabschnitt zu Ende gegangen und gleichzeitig eröffnet worden. Zu Ende gegangen ist ein Stück Geschichte der Sieger. Im Augenblick ihres vermeintlich größten Triumphes, im sogenannten 6-Tage-Krieg, der die imperiali­stische Hegemonie im Mittleren Osten und die Legitimation des zionistischen Staates mittels Expansion und Okkupation endgültig festschreiben sollte [l], wurden auch schon jene Momente sichtbar, welche die künftige Niederlage bestimmen. Mit Gewalt vertrieben und systematisch aus dem Bewußtsein getilgt traten die Palästinenser zu einem Zeitpunkt aus der Ohnmacht bloßer Objekte heraus, als der Schein der zionistischen Übermacht die Verewigung ihrer Lage glau­ben machte. Noch in der gegenwärtigen Weigerung der israelischen Regierung, die PLO als legitimen Repräsentanten des palästinensi­schen Volkes überhaupt nur zur Kenntnis zu nehmen, setzen sich kolonialistische Praxis und ihr adäquates Denken fort. Ein palästi­nensisches Volk hat man nie gekannt, und wo die Sache nicht existiert, wird der Begriff obsolet. Die öffentliche Sprachregelung ist denn auch weniger zimperlich als hierzulande: die feinen Skrupel, ob »Gruppe« ob »Bande«, diesen philologischen Luxus leistet man sich nicht, die palästinensischen Organisationen sind seit je das Letztere. Die Emanzipation des palästinensischen Volkes von Bedingungen, die durch Almosen des schlechten Gewissens nur perpetuiert werden sollten, zum Subjekt des antiimperialistischen Kampfes in Palästina hat sich in einem widerspruchsvollen Prozeß vollzogen, der noch nicht abgeschlossen ist; auch angesichts der Rettungs- und Stabilisie­rungsbemühungen des Imperialismus nach der relativen Niederlage vom Oktober 1973 kamen die unterschiedlichen Momente dieser Bewegung deutlich zum Ausdruck. Während die bürgerlichen Teile der Widerstandsbewegung den Frieden mit den herrschenden Klassen anstreben und mittels der Propagierung eines Balkanisierungsrezepts, nämlich der Schaffung eines selbständigen politischen Staates bei . ansonsten unveränderten regionalem und gesellschaftlichen Status quo, sich mit dem zionistischen Staat vereinbaren wollen, ziehen die in der PLO vertretenen fortschrittlichen Teile des palästinen­sischen Widerstands die Lehren aus dem blutigen Massaker 1970 in Jordanien, das die Voraussetzungen für eine »friedliche Lö­sung« schaffen sollte. Für diese Niederlage gilt, was Marx über die Niederschlagung des französischen Proletariats von 1848 geschrieben hatte: »Was in diesen Niederlagen erlag, war nicht die Revolution. Es waren die vorrevolutionären Anhängsel, Resultate gesellschaftlicher Verhältnisse, die sich noch nicht zu scharfen Klassengegensätzen zugespitzt hatten - Personen, Illusionen, Vorstellungen, Projekte, wovon die revolutionäre Partei . . . nicht frei war, wovon nicht der Sieg sondern nur eine Reihe von Niederlagen sie befreien konnte.« [2] Mit der Niederlage im September 1970 ist endgültig klar geworden, daß sich das palästinensische Volk nicht neben der haschemitischen Monarchie emanzipieren kann. Ähnliches gilt für die Einschätzung der Teilstaatlösung, deren Akzeptierung durch die PLO nur von politischer Ignoranz als »Kapitulation vor dem Imperialismus« de­nunziert werden kann. Denn es ist offensichtlich, daß, ähnlich den Erfolgen der antiimperialistischen Bewegung in Indochina, die gegen­wärtige Schwäche des Gegners geeignet ist, günstige strategische Po­sitionen, autonome befreite Gebiete als Ausgangspunkt der Intensi­vierung des Kampfes auf allen Ebenen zu verschaffen. Ein letzter und sehr wichtiger Punkt betrifft die verstärkte Beschäfti­gung des fortgeschrittensten Teils des palästinensischen Widerstandes mit der nationalen Frage. So absurd die Bestätigung des Rechts auf nationale Selbstbestimmung ist, wenn von der okkupierenden Nation der Okkupierten abverlangt, so wichtig ist andererseits auf Seiten der palästinensischen Organisationen die Überwindung kleinbürgerli­cher Sichtweise, die einen säkularen palästinensischen Staat propa­giert, in dem Juden, Christen und Moslems friedlich zusammen woh­nen sollen. In der Diskussion zwischen der antizionistischen Linken in Israel und dem linken Flügel der Widerstandsbewegung sind die Konturen für die Behandlung der nationalen Frage klar: die israeli­schen Juden sind, ähnlich wie die Kurden im Irak und die Süd-Sudane­sen keine religiöse, sondern eine nicht-arabische nationale Minder­heit. Das Recht auf Selbstbestimmung als Punkt eines revolutionären Programms wird den Verlauf der revolutionären Auseinandersetzung wesentlich beeinflussen. Dies heißt nicht, den Zionismus zu akzeptie­ren und Israel anzuerkennen. »Es bedeutet gerade das Gegenteil. Ein solches Recht kann nur gewährt werden, wird nur sinnvoll werden, wenn der Zionismus und der gegenwärtige israelische Staat gestürzt worden sind.« [3]

Die Sieger von gestern verteidigen nicht nur zäh, was sie in Händen halten. Auch die herrschende Geschichtsschreibung ist die Geschichte der Sieger: »Wir kamen in dieses Land, das bereits von Arabern bewohnt war und errichteten hier einen hebräischen, d. h. jüdischen Staat... Jüdische Dörfer entstanden an der Stelle arabischer Dörfer. Ihr kennt nicht einmal die Namen dieser Dörfer, und ich werfe euch dies auch nicht vor, da die entsprechenden Erdkundebücher nicht mehr existieren. Nicht nur die Bücher existieren nicht, auch die Dör­fer gibt es nicht mehr.« [4] Der israelische Staat ist auf Gedeih und Verderb zwar von außen abhängig, doch es bedarf auch der inneren Legitimation. Der Zionismus muß erst die israelischen Massen beherrschen, damit diese willfähriges Opfer und Exekutor kolonialistischer Politik werden. Sie müssen zuerst besiegt worden sein, ehe sie andere niederhalten können. Der ökonomischen und gesellschaftlichen Entrechtung der israelischen Massen korrespondiert die herrschende Volksgemeinschaftsideologie, die desto aggressiver verabreicht wird, je brüchiger die angebliche Klassenharmonie sich darstellt.

Wer sich ernsthaft mit der Problematik im Mittleren Osten auseinan­dersetzen will, wird nicht nur modellhaft die Formveränderungen imperialistischer Politik studieren können, sondern sich auch immer wieder mit der Frage des Zionismus konfrontiert sehen. Der Zionismus gibt vor, die angeblich ewige jüdische Frage mit der Emigration nach Palästina zu lösen. In Wirklichkeit hat er für die Juden dort nichts zu bieten als das »größte jüdische Ghetto der Geschichte«. [5] Um den Widrigkeiten der eigenen Gesellschaft zu entgehen, empfiehlt der Zionismus den Juden, sich zwischen den Fronten der globalen Auseinandersetzung von Imperialismus und unterdrückten Völkern zurechtzufinden. Die Durchsetzung des zioni­stischen Programms erlaubt aber nur Unterordnung unter die impe­rialistische Dominanz, und diese hatte ihre Totengräber schon in der noch diffusen entstehenden arabischen nationalen Bewegung gefun­den. Die bei Strafe der Nichterfüllung des zionistischen Programms unerläßliche Bindung an imperialistische Interessen verpflanzt die jüdische Frage nur und spitzt sie unter sich weiter verschärfenden Bedingungen erneut zu. Israel dürfte dank imperialistischer und zioni­stischer Anstrengung gegenwärtig der einzige Ort auf der Welt sein, wo Juden unter Lebensgefahr ihre Zukunft einrichten müssen. Nathan Weinstock untersucht die Realisierung der zionistischen Aspirationen nicht allein in ihrer notwendigen Verflechtung mit und Abhängigkeit von imperialistischer Politik - das ist die eine Seite. Er stellt auch die illusionäre Politik der zionistischen Bewegung heraus, die, mittels ihres postulierten Alleinvertretungsrechts für alle Juden, die Juden in ihren Heimatländern dem Klassenkampf und dem darin eingeschlossenen Kampf gegen den Antisemitismus zu entfremden und ihnen - heute nur noch wider besseres Wissen - die Selbstver­wirklichung in Israel als einzig gangbaren Weg einzureden versucht.

2

Abraham Leon hatte in seiner Anfang der 40er Jahre verfaßten Unter­suchung zur Judenfrage darauf hingewiesen, daß sich die wissen­schaftliche Betrachtung der Geschichte der Juden noch immer im »Stadium idealistischer Improvisation« befände. Mit seiner (unvoll­endeten) Analyse hat Leon den methodischen Rahmen einer materia­listischen Untersuchung entwickelt und die Grundlinien bezeichnet, entlang derer allein eine Klärung der jüdischen Frage sich als wissen­schaftlich ausweisen kann.

Weinstock, der biografisch mit Leon die Erfahrung teilt, sich aus dem widerspruchsvollen Konglomerat kleinbürgerlicher und sozialisti­scher Elemente einer linkszionistischen Orientierung befreit zu haben [6], führt die grundlegenden Vorarbeiten Leons fort. Er rekonstruiert unter Heranziehung einer Fülle weiteren historischen Materials Leons marxistischen Zugang zur Analyse der Geschichte der Juden und weitet die Untersuchung im Hauptteil seiner Arbeit auf ein Gebiet aus, das, von den Nazis zum Verstummen gebracht, Leon nicht mehr Gelegenheit hatte, in seinen Einzelheiten zu studieren: die Verwirkli­chung zionistischer Theorie und Praxis, Palästina. In der Kritik zen­traler Aspekte des Zionismus und dessen praktischer Politik in Palä­stina war die künftige Existenz eines vom Imperialismus vollständig abhängigen Staates Israel zwar schon mitgedacht, aber der materielle Niederschlag der »zionistischen Lösung« war in der Mannigfaltigkeit ihrer konkreten Voraussetzungen und Implikationen damals schwer­lich zu untersuchen, weil noch Tendenz und nicht schon Resultat. Die Darstellung dieses Prozesses bleibt Weinstock vorbehalten. Er ent­mystifiziert nicht allein die zionistische Geschichtsrevision, welche die Situation der Juden allein unter dem Aspekt der Unaufhebbarkeit des Antisemitismus betrachtet, wobei hinzuzufügen wäre, daß, was in der zionistischen Antisemitismusinterpretation als Konsequenz erscheint - nämlich die nationale Aspiration, das zionistische Programm - eher Voraussetzung darstellt: die nationalistische Ambition produziert das Theorem des geschichtslosen Antisemitismus. Indem Weinstock auf der Analyse gerade der Ideologie und Politik der sog. sozialistischen Zionisten insistiert, weist er schlüssig den unver­söhnlichen Gegensatz von Zionismus und Sozialismus auf. Die prak­tische Negation des palästinensischen Volkes läßt die postulierte in­ternationale Solidarität im Munde der sozialistischen Zionisten zur Phrase verkommen, und die zionistische Politik in Palästina kann, im Unterschied etwa zu Rhodesien oder Südafrika, als eingelöste Forde­rung der sozialchauvinistischen Teile der Arbeiterbewegung der I. Internationale gelten, die den Ruf nach »positiver Kolonialpolitik« erhoben hatten.

Die so gern beschworene Tragik der »sozialistischen Pioniergenera­tion« , - in Wahrheit der Versuch, den gesellschaftlichen Auseinander­setzungen des morschen Kapitalismus in Europa .entgehen zu kön­nen-, liegt darin, daß selbst der letzte Winkel der Erde vom Imperialismus in einen mehrwertheckenden Fleck verwandelt worden war; daß auch in Palästina der historischen Dynamik der Auseinanderset­zung von Kolonialherrschaft und unterdrückten Völkern nicht zu entrinnen war.

Weinstock zerstört durch die Analyse des subjektiven Faktors der zionistischen Kolonisation nicht nur die Legende vom sozialistishen Übergewicht, die fortwirkt im Verratsvorwurf subjektivistischer Geschichtsmterpretation und jungzionistischer Neubesinnung auf »sozialistische Vorfahren«, sondern auch die demselben Denken geschuldete Gegenlegende, die nur eine reaktionäre Masse sieht. Wenn Weinstock die vergeblichen Versuche aufzeigt, Zionismus und Sozialismus ohne Verluste des letzten zu integrieren, enthüllt er ein Zweifaches: einmal das der zumeist kleinbürgerlichen Lage ent­sprungene verzerrte Bewußtsein der eigenen gesellschaftlichen Si­tuation; zum anderen den Prozeß des schrittweisen Abbaus des sub­jektiv Intendierten, in der Praxis wie im nachvollziehenden Bewußtsein. Mochte der sozialistische Zionist in Palästina noch so sehr vom erneuerten jüdischen Gemeinwesen träumen und sich aufs kollektive Wirtschaften und Kindererziehen stürzen, irgendwann war er gezwungen, der Logik der Situation den Pieis zu entrichten. Der palästinensische Arbeiter oder Bauer wurde mit ökonomischer und physischer Gewalt von seinen Existenzmitteln getrennt, schließ­lich vertrieben. Der Gegensatz Zionismus-Sozialismus ist siegreich nach einer Seite hin gelöst worden und integriert noch deformierend die andere. Die Gewerkschaft Histadrut als Kolonisationsinstrument vereinigt und trennt die Lohnarbeiter, schafft Arbeitsmöglichkeiten und Arbeitslosigkeit, letzteres das Schicksal der einheimischen Bevölkerung.

Aber Weinstock unterstellt dem linkszionistischen Bewußtsein nicht dogmatisch eine dauerhafte Immunität gegen die palästinensische Realität oder eine eherne Anpassungstendenz zur bloß noch kolonia­listischen Seite hin, auch wenn sich die vermeintlich sozialistischen Errungenschaften (wie Histadrut oder Kibbuz) nicht nur als koexi­stenzfähig, sondern geradezu als Hebel der zionistischen Ambitionen erwiesen haben.

Am notwendigen Scheitern parasozialistischer Konzeptionen zeigt Weinstock auf, daß die Juden in Palästina es innerhalb des Gegensat­zes von Herrschaft und Knechtschaft im Mittleren Osten allenfalls zur höheren Knechtschaft des Staates Israel haben bringen können, daß ihre wirklichen Bedürfnisse nur in der gesamtregionalen gesellschaft­lichen Umwälzung, d.h. im Sturz imperialistischer Herrschaft/reali­siert werden können. In einem Kampf, den Juden und Araber schon gemeinsam geführt haben, den die israelischen und palästinensischen Massen gemeinsam führen müssen. Mit der historischen Dimension dieses gemeinsamen Kampfes, der als wirkliche Alternative, wenn auch ständig unterdrückt und diffamiert, aus der praktischen Kritik der realen Verhältnisse in Palästina dem zionistischen Unternehmen 'von Anbeginn als Gegner erwachsen ist, legt Weinstock einen Teil der vom Zionismus okkupierten Geschichte frei. Man muß daran erin­nern, daß sich unter den ersten von der zionistischen Politik in Palästina Vertriebenen auch jüdische Gegner der Kolonisation befunden haben, Kommunisten, »die sich dadurch, daß sie unter den Arabern eine kommunistische Gruppe zu bilden und sie gegen den imperiali­stischem Zionismus zu hetzen suchten, trotz ihrer geringen Zahl sehr unangenehm bemerkbar machten; ihre Mitglieder wurden schließlich fast alle sukzessive von der (Mandats-) Regierung ausgewiesen.« [7] Weinstocks Untersuchung der Palästinafrage zeigt die aus der konkre­ten Wirklichkeit, der sozial-ökonomischen und politischen Entwick­lung selbst hervortretende historische Alternative zum gesellschaftli­chen Status quo auf und belegt damit die letztlich selbstmörderische Komplizität zionistischer Politik mit dem Imperialismus. Die zionistische Reaktion auf Weinstocks Untersuchung läßt sich vorwegnehmen, sie ist in der Diffamierung jüdischer Kommunisten und Sozialisten schon hundertfach vorgezeichnet. Ähnlich dem absur­den Tatbestand in der BRD und Westberlin, daß von Politikern und Publizisten, die mit dem Faschismus allzuviel gemein haben, der irrwitzige Faschismusvorwurf erhoben wird, verhält es sich mit der Behandlung des »jüdischen Antizionismus«. Erfährt schon die assimi­latorische Haltung, die mit zionistischen Ambitionen nichts im Sinn hat, eine moralische Verurteilung, so wird der jüdische Sozialist, der bewußt auch gegen den Zionismus auftritt, vollends zum »Verräter an der jüdischen Sache« oder zum Psychopathen gestempelt: »Sie sind ein typischer Ausdruck jenes gegen das eigene Volk gerichteten Selbst­hasses . . . (und haben) ... zu ihrem eigenen Judentum nur noch ein gebrochenes Verhältnis.« [8]

Noch in der Trennung in jüdischen und nichtjüdischen Antizionis­mus, letzterer wird demagogisch gleichgesetzt mit Antisemitismus, versucht die zionistische Ideologie ihrer rassistischen Doktrin zur Geltung zu verhelfen. Der zionistische Hegemonieanspruch trifft die angeblich Dazugehörigen, die sich nicht fügen, so ein zweites Mal und in besonderer Schärfe. Von den ideologischen Repräsentanten der zionistischen Bewegung oder des Staates Israel wird jede Kritik der westdeutschen Linken [9] als Wiederauf- und Fortleben antisemi­tischer Tendenzen bezeichnet. Mit mittelalterlichen Erbschuld­behauptungen versuchen sie, eines der wichtigsten Bildungsmomen­te junger Deutscher nach dem 2. Weltkrieg, nämlich die tiefe Abscheu vor dem Antisemitismus, in Kritiklosigkeit gegenüber Zio­nismus und Israel zu verkehren.

Das herrschende Kalkül in der BRD und Westberlin hat seine eigenen Gründe, die Formel Antizionismus = Antisemitismus zu benutzen. Die gesellschaftliche und politische Entwicklung überließ gerade dort, wo eine klärende Untersuchung dieser Fragen am meisten erforderlich war, weil sie zu Hauptwaffen der Resraurationsideologie umgemünzt wurden, nämlich in der BRD, den Denkern der herrschenden Klasse und mythologisierenden Theologen kampflos das Feld. Einzig dem vom Stalinismus nicht deformierten unabhängigen marxistischen Denken hätte eine derartige Darstellung entspringen können, und, eingedenk der großartigen Formulierung Blochs »Ubi Lenin, ibi Jeru­salem«, in der seine Kritik des Zionismus im »Prinzip Hoffnung« mündet, muß man rückblickend Gerhard Zwerenz zustimmen:

»Bloch wäre wie kein anderer (dazu) in der Lage gewesen . . . Das hätte eine furchtlose Analyse gebraucht mit den Komplexen: Deut­sche Juden, Israel und der Imperialismus, Selbstaufgabe des liberalen Judentums, Rechtsschwenkung. Gerade in der nachkriegsdeutschen Hysterie und Umkehrmanie, da Faschisten zu Philosemiten werden und die emanzipatorischen Energien des früheren Judentums sich in staatserhaltende Unterdrückungstechniken des Zionismus verwan­deln, wäre die nüchterne marxistische Klärung bitter notwendig ge­wesen.« [10]

Doch was folgte, war nur der langsame Rückzug des alten Bloch vor sich selbst. Die systematische Darstellung der Entwicklung der Bezie­hungen BRD - Israel als eines Lehrstücks der spätkapitalistischen Gesellschaft über die Integration selbst ihrer grausamsten Verbrechen zur Rettung und Verlängerung ihrer historischen Legitimation steht noch aus. An dieser Stelle können nur einige Momente dieses Prozes­ses beleuchtet werden im Bewußtsein der Mängel einer solchen S kizze:

Die bürgerliche Gesellschaft in der Krise versichert sich in der Schaffung des zionistischen Staates auf zynische Weise ihrer Grundlagen. Die positive Manier verrät nicht nur allzusehr ihre Affinität zum Vergangenen, denn in der philosemitischen Maske ist nur die erneute Besonderung des Juden ins Werk gesetzt worden. Die Unfähigkeit der bürgerlichen Gesellschaft, die jüdische Frage anders denn durch die Verlängerung der Schmach zu lösen wird nur schlecht durch Bewun­derung kaschiert. Noch in ihrer »positiven Verachtung« des Juden, die in der Unterstützung des zionistischen Unternehmens in Palästina mündet, ist die Absurdität, zu der es die kapitalistische Ordnung gebracht hat, nicht auf die Spitze getrieben. Die Verkehrungen der faschistischen Gesellschaft müssen noch einmal verkehrt werden: man ist sie los und hat sie doch wieder, indem man sie integriert, hat man sie schon abgesondert.

Doch nicht genug damit. Die Realisierung dieses Prozesses geschieht in einem Übermaß an Assimilation in der Vertreibung der palästi­nensischen einheimischen Bevölkerung. Sie zahlt den Preis für die Verbrechen des Westens. Der Sachverhalt läßt sich nur noch paradox formulieren: Die Araber Palästinas müssen erst die Juden der Juden geworden sein, nur so kommt die bürgerliche Gesellschaft mit ihrer Irrationalität zurande. Sie tilgt ein Schandmal ihrer eigenen Geschich­te, indem sie es an anderer Stelle wieder einbrennt. Im Rollentausch der ehemaligen Opfer ist noch das Stigma des Anderen gegenwärtig, und so wenig die zionistische Insel an der Lage der Juden in der Welt etwas ändert, so groß ist die Möglichkeit, daß der Imperialismus die vermeintlich Gesicherten fallenläßt. In Wahrheit hat man mit der scheinheiligen Umarmung sie in ein neues Ghetto gepfercht, das gegen die palästinensischen Araber aufgerichtet worden ist. Die Metamorphose vom Judenvernichter zum Philosemiten fiel der an der Aufrechterhaltung ihrer sozialen und Wiedererrichtung ihrer politischen Herrschaft interessierten westdeutschen Bourgeoisie leicht: die vorübergehende Wiederbelebung der sog. freien Marktwirtschaft fand in der »kommunistischen Bedrohung aus dem Osten« erneut einen Gegner, der die Funktion des die ge­samte Ordnung bedrohenden Feindes übernehmen konnte. Und im zionistischen Unternehmen erschien dem deutschen Bourgeois der Jude so, als hätte er die Lehren der bürgerlichen Gesellschaft endgül­tig begriffen und sich zum begeisterten Interessenverfechter seiner Sieger gewandelt. Über Hans-Martin Schleyer (ein alter Nationalso­zialist und SS-Führer), den Präsidenten des BDA und Aufsichtsratvorsitzenden von Daimler-Benz berichtet einer seiner Mitarbeiter: »Er hat eine ehrliche Bewunderung für die Pionier-Typen in Israel, für den jüdischen Nationalismus, für die militärischen Leistungen.« [11] Die >Wiedergutmachungsleistungen< der Bundesrepublik an den Staat Israel, die, neben der individuellen Entschädigung der jüdischen Op­fer des faschistischen Terrors, vertraglich auf 3,45 Milliarden DM festgelegt worden waren, signalisieren den Beginn einer außen­politischen Allianz gegen die Interessen der jeweiligen Völker. Die Ablehnung des Luxemburger Abkommens über Wiedergutma­chungszahlungen begründete die KPD 1953 in der 2. Lesung im Bundestag folgendermaßen: »Unter dem Namen der Wiedergutma­chung erhalten also die Industriellen Israels aus Westdeutschland alles, was sie zum Ausbau ihrer Grundindustrien benötigen. Die Tatsachen beweisen, daß dieses Abkommen mit einer Wieder­gutmachung auch nicht das geringste zu tun hat ... daß die einzelnen Verfolgten in Israel von den drei Milliarden DM auch nicht einen einzigen Pfennig erhalten, die Industriellen dagegen ein glänzen­des Geschäft machen. Aber nicht nur diese sind die Nutznießer aus diesem Abkommen, sondern vor allem die Herren aus der amerikani­schen Rüstungsindustrie und Hochfinanz . . . nicht aus Gründen der Humanität und Menschenfreundlichkeit. Es sind sehr reale Gründe für diese Politik maßgebend. Es sind die amerikanischen Imperiali­sten, die sich im Vorderen Orient einen starken strategischen und militärischen Stützpunkt verschaffen . . . Mit Hilfe der Industrieaus­rüstungen aus Westdeutschland wollen die Amerikaner also den in ihren Händen befindlichen Staat Israel zur rüstungsmäßigen und operativen Basis . . . ausbauen .../... Wir fordern, daß hier im Bundesgebiet endlich die Mittel bereitgestellt werden, damit für alle Verfolgten des Naziregimes die Ansprüche befriedigt werden, die ihnen als Wiedergutmachung zustehen.« [12] Mit diesen ersten Zahlungen begann nicht nur die BRD im westlichen Lager salonfähig zu werden und den ersten Abschlag auf die Absolu­tion von der faschistischen Vergangenheit einzustreichen, ebenso wichtig war der durch dieses Abkommen wechselseitig akzeptierte Alleinvertretungsanspruch: Der völkerrechtswidrige Gesamtvertretungsanspruch der Regierung Adenauer und die vom Zionismus postulierte Alleinvertretung aller Juden durch das Israel Ben Gurions. Gegenüber der demokratischen und antifaschistischen Öffentlichkeit modelte die mit der Wiedereinstellung früherer Nationalsozialisten in den öffentlichen Dienst (Generäle, Richter, Lehrer, Politiker) und dem Wiederaufstieg des westdeutschen Kapitalismus beschäftigte Bourgeoisie die Wiedergutmachungszahlungen in tätige Reue um. Die Verurteilung des Antisemitismus und die Reduktion der faschisti­schen Terrorherrschaft auf die Vernichtung der Juden ergab den Schein eines prinzipiellen Wandels und eliminierte gleichzeitig alle anderen Verbrechen des Faschismus aus dem Bewußtsein. »Das war sozialpsychologisch manipulierbar, wenn es erstens gelang, den Antisemitismus durch eine dem Scheine nach projüdische, philosemitische Stimmungswelle zu ersetzen, und wenn es sich zweitens als möglich erwies, Judentum und Israel als identische Größen darzustel­len. Damit war das Gesamtproblem dem für die Bevölkerung eventu­ell noch durchschaubaren innenpolitischen Fragenkreis entzogen und gleichsam in die Außenpolitik transponiert.« [13] Diese »außenpolitische Vergangenheitsbewältigung« lag im Interesse der herrschenden Klasse in beiden Ländern. Nach einer enormen Anleihe für Israel erklärt Ben Gurion das Adenauer-Globke-Regime für »nazirein« und versieht die Integration der Bundeswehr in die NATO mit moralischer Reputation. Seine Krönung erfährt dieser Prozeß im symbolischen Händedruck zwischen Adenauer und Ben Gurion im New Yorker Waldorf-Astoria-Hotel 1960, mit dem die Bourgeoisie Westdeutschlands für »koscher« erklärt wird. Gleichzei­tig erfolgen Geheimabsprachen über umfangreiche Rüstungslieferun­gen an Israel. Mit der Zusicherung, die erneut zu Amt und Würden gekommenen Naziverbrecher (wie z.B. den Kanzleramtschef Globke, der durch den Kommentar zu den berüchtigten Nürnberger Rassege­setzen sich schon einen Namen gemacht hatte) im Zusammenhang mit dem bevorstehenden Eichmannprozeß nicht als Zeugen laden zu lassen oder zu belangen, verzichtete in dieser wechselseitigen Interes­senverflechtung der zionistische Staat als angeblicher Vertreter aller Juden, also auch der durch den Faschismus ermordeten Millionen, darauf, vor der Weltöffentlichkeit genau jene gesellschaftlichen und politischen Verhältnisse (sowie deren Repräsentanten) anzuprangern, die die Restitution jener Ordnung bedeuteten, welche zur faschisti­schen Barbarei geführt hatte. Ja selbst die Opfer werden in die Legiti­mation dieser Politik einbezogen: »Ich habe im vergangenen Sommer vor der Kenesseth, dem Parlament von Israel, gesagt, das Deutsch­land von heute sei nicht das Deutschland von gestern.« [14] »Nur ein Blinder sieht nicht, welch große Bedeutung die Bundes­republik im allgemeinen Kräfteverhältnis in Europa hat. Ich bin überzeugt, daß die 6 Millionen umgebrachter Juden, wenn man sie nach ihrer Ansicht fragte, meinen Standpunkt unterstützen würden.« [15]

Die Reduktion des Faschismus auf den Antisemitismus, die in der philosemitischen Ausrichtung ihr Mittel findet, um gegenüber dem Nationalsozialismus einen prinzipiellen Wandel zu suggerieren, nimmt eine zentrale Stelle ein in den Veröffentlichungen der ideologi­schen Repräsentanten der frühen BRD. Erst nach langem peinlichen Schweigen und nachdem man sich der Unversehrtheit der prekären Ordnung versichert hatte, äußerte man sich, wenn auch nicht frei­willig. Wissenschaftler und Publizisten beschäftigen sich erst nach einer erneuten antisemitischen Hetze in der BRD und nur auf den Druck der Studentenschaft hin mit Fragen des Faschismus und des Antisemitismus.

Die wissenschaftlich relevante Literatur, etwa die Arbeiten von Horkheimer und Adorno waren im Ausland entstanden und wurden hier­zulande ignoriert. Für die Beiträge westdeutscher Wissenschaftler und Publizisten zu Fragen des Antisemitismus, der Geschichte des Juden­tums, des Zionismus und des Staates Israel, läßt sich bis Ende der 60er Jahre, mit geringfügigen Ausnahmen, festhalten, was Haug in seiner Untersuchung »Der hilflose Antifaschismus« über das Geschichtsbild einiger zum Faschismus befragter Hochschullehrer formuliert:

»Überall korreliert der Mangel eines kritischen Begriffs vom Kapitalismus mit blinder Ideologieproduktion.« [16] Der offiziell propagierte Philosemitismus stellt die komprimierte und für den Tagesgebrauch gedachte Betrachtung des Zusammenhangs von faschistischer Barbarei und Geschichte des Judentums durch Historiker, Theologen und Publizisten dar. Beide, politische Fassung und »wissenschaftliche« Darstellung besorgen das Geschäft der Exkulpation. Und Technik und Inhalt der Entschuldigung verraten allzu deutlich, »daß die gesellschaftlichen Voraussetzungen fortbestehen, die den Faschismus zeitigten.« [17] Die Übernahme zionistischer Geschichtsbilder durch westdeutsche Wissenschaftler kann auch nicht einfach mit dem technischen Hin­weis erklärt werden, die Kenntnis über Antisemitismus, Zionismus und Israel sei einer - gewiß vorhandenen - regen Veröffentlichungstätigkeit zionistischer Autoren geschuldet. Man bedient sich dieser Geschichtsrevision der jüdischen Frage deshalb gerne, weil sie an einem entscheidenden Punkt die Legitimation bürgerlicher Klassen­herrschaft nicht infrage stellt, und nur darum geht es nach der Nieder­lage des Faschismus.

Das Eingeständnis des Judenmordes, zur Verdrängung aller anderen faschistischen Verbrechen gedacht, wurde selbst wieder einer redu­zierten und manipulativ verwertbaren Faschismuserklärung entzogen. Der Reduktion des Faschismus auf den Antisemitismus korre­spondiert in der Betrachtung der Geschichte der Juden so eine merk­würdige Indifferenz gegenüber dem Faschismus. Nach Auschwitz erscheint die Geschichte der Juden wieder als langer Leidensweg, der nachgezeichnet wird von der Zerstörung des Tempels in Jerusalem bis in die Konzentrationslager.

Die Verfolgung wird zum roten Faden jüdischer Geschichte, sie wird gar mit historischer Sinnfälligkeit begabt, wenn schließlich die Errich­tung des Staates Israel als angeblicher Zweck dieser Kontinuität der Unterdrückung fungiert: »Hier in Israel findet die Geschichte dieses schwer geschlagenen Volkes in besonderer, einmaliger Weise ihre Fortsetzung.« [18]

Von Palästina führt der Weg wieder nach Palästina, als habe es keine Geschichte gegeben. Der alte emanzipationsfeindliche Satz: Sie sind trotz aller Geschichte Juden geblieben, kulminiert nach den Vernich­tungslagern in der Konstruktion einer makabren Teleologie, in der die Verfolgung schon beschlossen liegt. Der Genocid wird damit zum Problem jüdischer Geschichte.

Diese Vorbestimmung eines »jüdischen Schicksals« integriert beden­kenlos den Scherbenhaufen gegenaufklärerischer Geschichtsklitterung und gibt ihm noch eine geschichtsphilosophische Wendung zum Positiven (Weinstock belegt en detail die analogen Techniken zionisti­scher Geschichtsrevision): die angebliche Kontinuität eines jüdischen Volkes oder einer jüdischen Nation, oder gar »der Juden« schlecht­hin, die Verachtung der Assimilation usw. bis zur schließlichen Rechtfertigung des zionistischen Unternehmens. Indem die Geschichte der Juden in Deutschland aus dem historischen und gesellschaftlichen Kontext hinauskatapultiert und einer von me­taphysischen Prinzipien gelenkten besonderen jüdischen Geschichte zugeordnet wird, ja selbst noch Auschwitz als Prüfstein einer Odys­see, als Fegefeuer auf einem heilsgeschichtlichen Weg begriffen und damit gerechtfertigt wird, erreicht die vorherrschende Interpretation der Geschichte ein Zweifaches: die gesellschaftlichen Bedingungen, die zur faschistischen »Lösung der Judenfrage« geführt haben, sind nicht Gegenstand der Auseinandersetzung, und die Protagonisten des 1000jährigen Reichs können sich, mit der Absolution von Wissen­schaft und Publizistik versehen, wieder häuslich einrichten. Der Verdrängung aller anderen Verbrechen folgt damit noch die Freispre­chung der Henker nach.

Der »hilflose Philosemitismus« besorgt so die ideologische Absi­cherung des besonderen westdeutschen Weges zur Restauration. Die nachfaschistische Betrachtung der Judenfrage in den vorherrschen­den Publikationsorganen der BRD, den Büchern der Historiker, Theologen u. a. weist aber ein allgemeineres Moment noch hin. Auch aus den Eingeweiden, kann man in Anlehnung an Marxens berühmtes Diktum formulieren, die vornehmlich dazu bestimmt sind, die Wirklichkeit begrifflich zu verdauen, produziert die bürgerliche Gesell­schaft fortwährend den Juden.

Die ideologische Verzerrung der Faschismus- und Antisemitismusfra­ge und die praktische prozionistische Ausrichtung der Politik der Restaurationsregierungen in Westdeutschland verhinderten von An­beginn an eine kritische Auseinandersetzung mit dem Zionismus und Israel. Die philosemitische Stimmungswelle fand in der Beschäftigung mit dem »jüdischen« Staat eher noch zusätzliche Nahrung, schien es doch, als hätten die Zionisten in vielen Punkten das erreicht, was als historische Aufgabe in der BRD anzugehen gewesen wäre. Neben der offiziellen Verherrlichung Israels durch die Massenkommunikations­mittel, die bis vor kurzem anhielt und die gängigen Stereotypen ver­abreichte, konnten selbst Kritiker und Gegner der postfaschistischen Gesellschaft und ihrer politischen Ordnung sich mit den zionistischen Errungenschaften identifizieren. Sie boten geradezu die auswärtige empirische Basis, von der aus man die innenpolitischen Verhältnisse einer Kritik unterzog.

Mittlerweile hat sich der Schein von ohnehin nur deformierten soziali­stischen Momenten verflüchtigt, und die ehemals in der demokratischen Bewegung gegen Remilitarisierung, Notstandsverfassung und Vietnamkrieg mit in vorderster Reihe gestanden haben, finden sich als Unterzeichner von proisraelischen Proklamationen in der Gesell­schaft der Wortführer gegen den gesellschaftlichen Fortschritt wieder. Die dem herrschenden Interesse genehme falsche Identität von Zionis­mus-Judentum setzt sich in ihren Stellungnahmen ungebrochen fort, heute allerdings mit andrer Funktion: nämlich gegen die sozialistische Kritik. Aber dieses falsche Bewußtsein war jahrelang so selbstver­ständlich, daß es in der westdeutschen Linken, die immer wieder in die Kibbuzim gewallfahrtet ist, noch in der Bewegung der Studenten, Lehrlinge und Schüler fortwirkte. Ja, noch in den Zerfalls- und dog-matisierten Nachfahrprodukten der Protestbewegung leben Momen­te fort, die von der Mächtigkeit der herrschenden Anschauung zeu­gen. Davon soll im Folgenden die Rede sein. 

4

Das heimliche Einverständnis von Antisemitismus und Zionismus ist oft genug auch unheimlich aufgetreten. Im zionistischen Konzept ist die Legitimation des alten Geschreis Juden raus< positiv anerkannt. Aber nur eine höchst vereinfachende und dadurch falsche Darstellung erhebt diese feindselige Freundschaft zum Springpunkt für den Erfolg des zionistischen Unternehmens in Palästina und für die Durch­schlagskraft zionistischer Propaganda in den kapitalistischen Ländern. Die Geschichte kennt Beispiele, in denen die latente Kollaboration aus der Anschauung in praktisches Einverständnis umschlägt. Der zioni­stische Sozialdarwinist Ruppin faßt dieses wechselseitige Interesse 1920 folgendermaßen zusammen: »Der Niedergang des Antisemitismus würde den Niedergang des Zionismus im Gefolge haben . .. Der Antisemitismus ist der stärkste Agitator für den Zionis­mus.« [19] Einige eifrige Verfechter waren selbst angesichts der drohenden faschistischen Barbarei nicht an einer bedingungslosen Rettung der Betroffenen interessiert: »Der Zionismus ist das ewige Leben, demgegenüber ist die Rettung von tausenden von Juden lediglich Leben auf Zeit« — so charakterisiert ein israelischer Historiker das Selbstverständnis der zionistischen Führung vor dem Hintergrund der drängenden Flüchtlingsfrage. [20] An antifaschisti­schen Maßnahmen ohnehin nicht interessiert, widersprach auch Hilfe sans phrase für die bedrohten Juden einem zionistischen Essential: man betrachtet die sogenannte Diaspora, d. h. die Juden außerhalb Palästinas nur als Reservoir menschlichen Rohstoffs für das zionistische Unterfangen.

Und dort, wo die Behauptung für den angeblich ewigen Antisemitismus keine Nahrung vorfindet, arbeitet das zionistische Interesse mitunter mit Gewalt als Hebamme seiner eigenen Voraussetzun­gen: Bombenanschläge auf jüdische Einrichtungen im Irak Anfang der 50er Jahre sollten der mangelnden »Sehnsucht nach Eretz Israel« auf die Sprünge helfen. Hierin drückt sich nur gewaltsam die schlechte Unversöhnlichkeit von Antisemitismus und Zionismus aus.

Das Sartresche Diktum: »Der Antisemit macht den Juden« gewinnt in seiner zionistischen Verzerrung eine erschreckende Wahrheit. Doch die innere Verwandschaft der scheinbaren Kontrahenten zur Trieb­kraft zionistischer Erfolge zu erklären, das hieße, ideologische Affini­täten zu geschichtsbewegenden Kräften zu erheben. Die von der herrschenden Ideologie im Einklang mit einem zentralen zionistischen Postulat verbreitete Identität von Zionismus und Juden­tum, der Ineinssetzung zionistischer Interessen mit den Bedürfnissen der Juden in der Welt klingt noch mißtönend in der Kritik von manchen Linken nach, die subjektiv ernsthaft die anti-imperialisti­sche Bewegung unterstützen wollen. Sie gipfelt noch häufig genug in der vulgärmaterialistischen Plattheit, den Zionismus aus den Interes­sen eines angeblich jüdischen Großkapitals zu erklären. Wenn jede Phantom-Maschine, die in Israel eintrifft, als Abschlag auf den Druck zionistischer Organisationen, die Haltung der jüdischen Gemeinden, vor allem in den USA, als Politik einer »zionistischen Lobby« und in der Auflistung jüdischer Politiker und einflußreicher Unternehmer wesentliche Momente der imperialistischen Nahostpo­litik begriffen werden, dann gibt dies dem herrschenden Mythendenken allzuviel vor. Die britische Nahostpolitik vor dem 2. Weltkrieg und danach die der USA, haben »zionistische Entscheidungen« deshalb getroffen, weil beide insgesamt imperialistische Strategie ver­folgen.

Auf paradoxe Weise tendieren manche linke Antizionisten dazu, den Zionismus genauso unhistorisch und als unveränderbare politische Kraft zu bezeichnen. Indem sie die zionistische Hegemonie über die Jüdischen Gemeinden als Identität von Zionismus und Judentum ausgeben, denken und handeln sie politisch so, als ob sie mit wesentli­chen zionistischen Postulaten einverstanden seien. Schließlich halten sie den Zionismus für ein jüdisches Problem. Sie sehen nicht, daß er dies weniger als je zuvor ist. Der insgesamt konservative Charakter der Führung jüdischer Organisationen und Gemeinden der BRD mag durch den Zionismus verstärkt worden sein, verursacht hat er ihn nicht. Die zionistische Attitüde vieler Juden in den kapitalistischen Ländern ist nunmehr die besondere Form der säkularen Assimila­tionstendenz, einer Assimilation an die gesellschaftlichen und politi­schen Verhältnisse ihrer Heimatländer. So wenig sie Ausdruck der Emanzipation der Juden ist, so sehr bringt sie die imperialistische Verfassung ihrer Umwelt zum Vorschein. Ihr Verhalten unterscheidet sich nicht vom Verhalten eines Amerikaners, Deutschen oder Franzo­sen in vergleichbarer gesellschaftlicher Lage. Was sich einer verzerr­ten Optik als »zionistische Politik« sagen wir der BRD oder als »Jewish Vote« der USA Politik darstellt, ist in Wirklichkeit nur Resul­tat und Ausdruck der neokolonialen Gesamtstrategie dieser Länder. Man muß hinzufügen, daß das zionistische Engagement der Juden in den kapitalistischen Ländern dort endet, wo die Selbstverwirklichung des Zionismus erst beginnt: die Frage der Auswanderung nach Israel reduziert sich auf touristische Abstecher. Der amerikanische Zionist hat sein »jüdisches Disneyland«. Dem Mythos vom Einfluß zionistischer Organisationen auf die Poli­tik der kapitalistischen Länder korrespondiert der Schein der Interes­senidentität von Juden und Zionisten. Man kann diese aufpolierten Legenden schon vorab als verwertbare ideologische Waffen der Zu­kunft ins Manipulationsarsenal der Bourgeoisie einreihen. Die sich anbahnende Niederlage imperialistischer Politik im Weltmaßstab hat für den Zusammenbruch ihrer Bastionen im Nahen Osten und ihre innere Fäulnis sich damit schon den Sündenbock aufgezogen. Das be­kannte: »Der Jude ist schuld« wird dann ertönen, wenn der nicht nur sprichwörtliche, sondern der wirkliche Ofen, die Ölheizung aus ist. Dem Zionismus kommt dieser Schein ebenfalls gelegen, belegt er doch seinen jüdischen Alleinvertretungsanspruch, und er versucht, das oh­nehin innerhalb der jüdischen Gemeinschaften des Westens vorherr­schende Bewußtsein an seine besonderen Interessen zu binden. Die Erfahrungen mit der Barbarei des Faschismus und die aus ihrem Bewußtsein nicht zu tilgende Ahnung vom zwieschlächtigen Charak­ter ihrer Assimilation an die bürgerliche Gesellschaft, die sie plötzlich mit verräterischer Herzlichkeit willkommen heißt, das unterdrückte Mißtrauen, gewonnen aus der kollektiven historischen Erfahrung -diese besonderen Momente bewirken sicherlich die subjektive Bereit­schaft, sich mit zionistischen Ideologemen zu identifizieren. Wer die Jüdischen Gemeinden als »Agenturen des Zionismus« be­zeichnet, reproduziert nur blind die von der herrschenden Ideologie produzierten Mythen. Der pauschale Antisemitismusvorwurf gegen die Linke, den seit einiger Zeit auch die liberalen Sympathisanten der Protestbewegung erheben, nährt sich unter anderem von den in der antizionistischen Kritik selbst wieder zum Vorschein kommenden Resten zionistischer Ideologie.

Am Beispiel der Berliner Jüdischen Gemeinden und der Zionismuskri­tik einiger selbsternannter Vorbeter des Proletariats sei die Hilfestel­lung für die Reaktion beschrieben, die aus der teilweisen Übernahme herrschender Anschauungen resultiert: Der Vorsitzende der Jüdi­schen Gemeinde in Westberlin hat in Briefen an den Senat, in der bür­gerlichen Presse und in an die beiden Universitäten gerichteten Auf­forderungen wiederholt und in gewohnter Form (verglichen mit frü­heren Stellungnahmen zu anderen Fragen, die auch nur die Position von konservativen klerikalen Bourgeois zum Ausdruck bringen) [21] gegen Solidaritätsveranstaltungen für den Kampf des palästinensi­schen Volkes in der Technischen Universität Berlin protestiert und strafrechtliche Maßnahmen gegen die Initiatoren gefordert, weil es sich um antisemitische Propagandaveranstaltungen handle. Das mag sich noch einfügen in die ohnehin vorhandene Dominanz »zionisti­scher« Ideologeme in der Westberliner Öffentlichkeit. Was die Sache aber prekär macht, das ist die Reaktion der Angegriffenen: sie reagie­ren genau so, als wäre die Jüdische Gemeinde in Wahrheit eine Filiale des Staates Israel (»Agentur des Zionismus«), als wären ihre Mitglie­der Zionisten sans phrase und behaupten damit die von der zionisti­schen Ideologie phantasierte Identität von Judentum und Zionismus. Sie treiben mit ihren Angriffen gegen die Jüdische Gemeinde deren Mitglieder geradewegs in die Arme des Zionismus und verstärken damit, indem sie die Zionismusdiskussion zu einer jüdischen hyposta­sieren, die Anstrengungen der zionistischen Organisationen zur ideo­logischen Unterwerfung aller Juden unter die Herrschaft des Imperialismus.

So unsinnig der den Linken zugedachte Antisemitismusvorwurf auch ist, in seiner Falschheit bewahrt er doch noch ein richtiges Moment, und nur aus philosemitischer Schamhaftigkeit weigern sich seine Verfasser, es gegen die eigentlichen Adressaten zu richten, denn es enthält in nuce den rassistischen Springpunkt der bürgerlichen Betrachtung der jüdischen Frage. Besser also, man wendet es gegen die Linke, das falsche Schamgefühl bleibt intakt, und außerdem bietet dieser Vor­wurf eine besonders infame Legitimationshilfe für die Exekutoren der fortschreitenden Entdemokratisierung. Die Logik ist bestechend einfach; wenn die antiimperialistische Kritik der Linken antisemitisch ist, dann schlägt man mit der Linken die faschistische Gefahr. Die oben beschriebene Verkürzung des Faschis­mus auf die Vernichtung der Juden, die in der Restaurationsperiode gute Dienste geleistet hat, findet nun neuerliche Verwendung. Aus ihrer defensiven Funktion schlägt sie um in eine offene Waffe zur Diskriminierung aller Kritik. Der Funktionswandel des »hilflosen Antifaschismus« zeigt eine neue Erscheinung in der politischen Aus­einandersetzung in der BRD an: die umfassende Einengung oder Zerstörung demokratischer Rechte und der forcierte Ausbau staatli­cher Unterdrückungsinstrumente, die auf dem Verordnungswege er­lassene Gesinnungsschnüffelei und die Willkürmaßnahmen selbst der physischen Einschüchterung - diese Elemente markieren den Wendepunkt des politischen Rückbildungsprozesses zum wiederum offen autoritären Staat.

Was nach der Niederlage des Faschismus an demokratischen Bestre­bungen im Namen der Demokratie herrschaftsfunktional ausgebeutet und kanalisiert wurde, das wird heute in einem neuerlichen Transformationsprozeß vollends weggefegt. Der unbestreitbare Nachholbe­darf der westdeutschen Bourgeoisie an antifaschistischem Wider­stand wird angesichts der Krise zynisch so eingelöst, daß sich deren Vollstrecker und Nutznießer ein antifaschistisches Mäntelchen um­hängen im Kampf gegen die Linke. 

Anmerkungen 

1) Weniger zivil und der eigenen Absicht mehr angemessen äußerte sich der israeli­sche Generalmajor yariv am 8.10.73 auf einer Pressekonferenz: »We are going to press and we are going to push and we are going to bomb and we are going to punish as much and as long as we can, until the other side understands the mies of the game.« (the times, 10.10.1973)

2) MARX, Die Klassenkämpfe in Frankreich, MEW 7, Berlin 1971, S. 11.

3) SAID/MACHNOVER, Arabische Revolution und nationale Probleme im arabischen Osten, in: die internationale 3/1974, S. 92.

4) MOSAHE DAYAN in einer Rede vor Studenten der Technischen Hochschule in Haifa, in: Ha'aretz, (hebr.) 4.4.1969.

5) aus einem Flugblatt der Israelischen Sozialistischen Organisation »Matzpen« zu einer Tagung des Zionistischen Weltkongresses in Jerusalem, Januar 1972.

6) Wie LEON war auch WEINSTOCK aktiv in der Haschomer Hatzair Bewegung tätig. Zu dieser Tendenz innerhalb des Zionismus vgl. die Ausführungen von WEINSTOCK .

7) ADOLF BÖHM, Die zionistische Bewegung. Bd. II, Berlin 1937, S. 78. Wer sich der Entrüstung israelischer Politiker und Publizisten darüber erinnert, daß in einem politischen Prozeß Ende 1972 antizionistische Juden und Araber als angebliche Spione gemeinsam vor Gericht gestellt wurden, vernimmt in der Sprache der Ent­rüstung nicht nur den deutlich artikulierten Rassismus, sondern auch die geheime Angst der Herrschenden. Um so drakonischer das Strafmaß.

8) MICHAEL LANDMANN, Das Israelpseudos der Pseudolinken, Berlin 1971, S. 36 (betrifft hier Isaac Deutscher) Drastischer drückt sich Ben-Gurion aus: »Diese vom Haß zu jeder jüdischen Sache durchsetzten Psychopathen und Sadisten werden in ihrer Verkommenheit und Häßlichkeit verderben und in ihrem eigenen Dreck ersticken« (Memoiren, Teil I, Tel Aviv (hebr.) 1971, S. 245. Der frühere israelische Botschafter in der BRD, Ben Nathan, äußerte sich bei einer Auseinandersetzung in Frankfurt am Main über die israelischen Sozialisten der Gruppe »Matzpen«: »Ich würde sagen, das ist eher ein pathologischer Auswuchs als eine Partei. . . eine Erscheinung des Selbsthasses ... zum Teil pathologische Fälle .. . und ich bin bereit, es auch klinisch zu beweisen.« (Hessischer Rundfunk, 9.6.1969). Die israelischen Behörden haben denn auch tatsächlich versucht, in einem bekanntgewordenen Fall, »es klinisch zu bewei­sen,«; das Opfer: der junge Sozialist Eytan Grosfeld (»Go«) aus Jerusalem.

9) Die Jungsozialisten sind hier nicht ausgenommen. Zur Nahost-Erklärung auf dem  Bundeskongreß der Jusos 1973 (den eine offizielle israelische Delegation unter Protest verlassen hatte) sagt Jechiel Lekket, Generalsekretär der Jugendorganisation der israelischen Arbeiterpartei, es sei »erstaunlich, daß es nur 30 Jahre nach der schrecklichen Katastrophe, die Hitler über das jüdische Volk brachte, deutsche Jugendliche gibt, die sich »sozialistische nennen und gleichzeitig Organisationen unterstützen und ermuntern, deren wiederholt erklärte Absicht es ist, den Staat Israel zu vernichten.« (Allgemeine unabhängige jüdische Wochenzeitung, Düsseldorf,16.3.1973)

10 GERHRAD ZWERENZ, Kopf und Bauch. Die Geschichte eines Arbeiters, der unter die Intellektuellen gefallen ist. Frankfurt/M. 1971, S. 137.

11) Stern, Nr. 51,12.12.1974.

12) zit. nach ROLF VOGEL, Deutschlands Weg nach Israel, Stuttgart 1967, S. 94. (Hervorhebungen d. U.)

13) WOLFGANG ABENDROTH, Zur Entwicklung der Beziehungen BRD-Israel, in:

Internationales Israel-Hearing, Protokoll, hrsg. vom Antiimperialistischen Solidaritätskomitee für Asien, Afrika und Lateinamerika, (o. Or.) 1973, S. 8.

14) BEN GURION am 14.3.60 im Gespräch mit Adenauer, zit. nach vogel, a.a.Q Si.134.

15) BEN GURION am 23.6.1964, zit. nach Kol Ha'am vom 26.6.1964.

16) W. F. HAUG, Der hilflose Antifaschismus, 2. Aufl., Frankfurt/M., 1968, S. 100.

17) Zu Technik und Inhalt des philosemitischen Denkens vgl. die Studie von H. T. BIEBER, Zur bürgerlichen Geschichtsschreibung und Publizistik über Antisemitis­mus, Zionismus und den Staat Israel, in: Das Argument, 75/1972, S. 231—274 Dort wird materialreich belegt, was hier nur angedeutet werden kann. ADORNO, Erziehung nach Auschwitz, in: VDS (Hrsg.) Deutschland und Israel Berlin 1964, S. 55.

18) ROLF RENDTDORFF, Deutschland und Israel — Zur Aufnahme diplomatischer Be­ziehungen, in: VDS (Hrsg.) a. a. 0. S. 146.

19) ARTUR RUPPIN, Die Juden der Gegenwart. Eine sozialpolitische Studie. Berlin 1920, S. 246.

20) YIGAL ELAM, Einführung in eine andere zionistische Geschichte, Tel Aviv (hebr.) 1972, S. 111.— Hier zitierter Chaim Weizmann.

21) Über die Integration der jüdischen Gemeinden in und ihre Alibifunktion für die herrschende Ordnung in der BRD vgl. JAEL BOTSCH, Zum politischen Engagement der jüdischen Jugend, in: Diskussion 26/1968, S. 42 ff. Auf eine — allerdings marginal geblichene — Kritik am Selbstverständnis der jüdi­schen Gemeinden weisen die Aktivitäten des Jüdischen Arbeitskreises für Politik (JAP), vergleichbar der Politisierung innerhalb anderer Konfessionen. Ende der 60er Jahre. Müßig zu sagen, daß derartiger Kritik begegnet wurde mit den Diffamierungen, der die studentische Protestbewegung insgesamt ausgesetzt war: ange­reichert und zugespitzt mit dem irrwitzigen Verdikt: »Verrat am Judentum«.

22 »Über die Palästinafrage, hier und heute«, (hebr.), in MATZPEN (Organ der ISO), Nr. 72, Tel Aviv Dezember 1974, S. 9 f. Matzpen veröffentlichte als einzige Zei­tung Israels den Wortlaut der Rede Yassir Arafats vor der UNO vom 13. Nov. 1974 und das 10-Punkte-Aktionsprogramm der PLO, das auf der 12. Sitzung des Palästinensischen Nationalrates beschlossen wurde, der vom 1.—8. Juni 1974 in Kairo tagte. Im Punkt 2. wird für die zu befreienden Gebiete die Errichtung einer »Kämpfenden unabhängigen nationalen Volksadministration« angekündigt. Unbeschadet der grundsätzlichen Solidarität von MATZPEN mit dem arabisch­palästinensischen Volk bestehen zwischen der PLO und der ISO tiefgreifende Meinungsunterschiede in Fragen von Theorie und Praxis.

 


Editorische Anmerkungen

OCR-Scan by red trend  nach der Vorlage:

Weinstock, Nathan; Das Ende Israels? Nahostkonflikt und Geschichte des Zionismus,  Westberlin, 1975, Seite 9-24

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