Kein Krieg im Irak, kein Frieden mit dem kapitalistischen System!

03/03
 
 
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Der Irak-Krieg ist in aller Munde und hat in den letzten Monaten ungeahnt heftigen Widerstand provoziert. Millionen Menschen waren allein am 15 Februar auf den Straßen, wobei sich allerorten Linke, AntimilitaristInnen und KommunistInnen in schlechter Ge-sellschaft wiederfanden. Dominierend bei den breiten Protesten gegen den Bush-Krieg sind inzwischen ausgerechnet jene rot-grünen Kriegstreiber, die noch vor drei Jahren mit den absurdesten Begründungen bis hin zu infamen Auschwitz-Vergleichen die Bombardierung Jugoslawiens legitimiert und KritikerInnen ihres Kriegskurses als Spinner, Extremisten und Milosevic-Fans verleumdet haben. Und es sind die selben, von Schrö-der und Fischer bis Thierse und Vollmer, die vor etwas mehr als einem Jahr keine Bedenken hatten, im "Anti-Terror-Krieg" gegen Afghanistan kräftig mitzumischen und
gleichzeitig die Erfassung und Bespitzelung aller potentiell Verdächtigen, Abweichler und Querulanten, von MigrantInnen aus arabischen Ländern über "GlobalisierungsgegnerInnen" bis hin zum skeptische Fragen stellenden Realschullehrer durch die Schnüffeldienste Verfassungsschutz, Staatsschutz und BKA voranzutreiben. Und zugleich auch die selben rot-grünen Modernisierer, die, während sie nach außen hin Kriegsgegnerschaft demonstrieren, im Inneren mit Hartz-Gesetzen und Aushebelung von Kündigungsschutz und Gesundheitssystem den Krieg gegen die ArbeiterInnenklasse intensivieren um die Ware Arbeitskraft jederzeit, an
jedem Ort und zu den denkbar bescheidensten Bedingungen verfügbar zu machen und ihren Preis spürbar zu senken. Wenn also heute auch in Deutschland Millionen Menschen gegen den Krieg demonstrieren, dann muß auch gefragt werden, warum sie es ausgerechnet jetzt und gegen diesen Krieg tun, so als bräuchten sie erst das Einverständnis und den Rückenwind der Anti-Kriegs-Haltung der Bundesregierung.

Daß da etwas nicht stimmt, konnte man schon im Herbst denken. Doch ist es nicht Heuchelei allein was dahinter steckt, so wie mensch auch endlich aufhören sollte, SPD und Grünen in tiefer Empörung bei jeder Gelegenheit aufs Neue ihren vermeintlichen Verrat vorzuwerfen sondern sich darüber im Klaren werden sollte, dass es sich bei diesen Parteien wie auch bei der PDS so sie an der Regierung beteiligt ist, um nichts anderes als ein normales kapitalistisches Modernisierungsregime bürgerlich-demokratischen Zu-schnitts handelt. Dessen Aufgabe ist nichts anderes als: den breitestmöglichen Konsens mit den bestehenden Ausbeutungs- und Unterdrückungsverhältnissen zu organisieren während sie die Umstrukturierung der Arbeitsorganisation und des bürgerlichen Staates sowie den Wiederaufstieg des deutschen Imperialismus im Rahmen der Europäischen Union zu bewerkstelligen haben eine Aufgabe an der ihre Vorgänger von CDU/CSU und FDP gescheitert sind, wie man jetzt auch wieder an deren unzeitgemäßen Treuebekundungen zu den "amerikanischen Freunden" nur zu deutlich erkennen kann. Ob frei-lich die Zeit für eine eigenständige Rolle der EU (bzw. Deutschlands und Frankreichs) im Kampf um den Weltmarkt bereits reif ist oder eventuell die Leisetreterpolitik der Union die erfolgversprechendere Variante ist, um dem deutschen Kapital seinen Anteil an der Beute zu sichern, ist damit noch nicht geklärt. Schröder und Fischer haben hoch gepokert und der Ausgang ist ungewiß.

Die Regierung Schröder hat sich seit 1998 an drei Kriegen beteiligt. Deutschlands imperialistisches Interesse kann dank Außenminister Fischer endlich auch wieder auf militärischer Ebene durchgesetzt werden. Doch die Interessen des deutschen Kapitals im Irak oder Iran (was vermutlich eines der nächsten Kriegsländer sein könnte) benötigen im Gegensatz zu amerikanischen Interessen zumindest in dieser Region keine militärische Lösung. Im Gegenteil: Die deutsche Industrie konnte während des jahrelangen US-Embargos ihre 1991 schlagartig eingefrorenen Geschäftsbeziehungen mit dem Irak gewinnbringend genug wieder
aufbauen - allein in den ersten drei Monaten 2002 stieg der deutsche Export in den Irak um 46,6%.

Mit dem Wiedererstarken Deutschlands und dem Eintritt ins offizielle Kriegsgeschehen seit dem Angriffskrieg auf Jugoslawien werden auch die unterschiedlichen Interessen zwischen den einzelnen Machtblöcken Deutschland/EU, USA/NAFTA, Japan/ASIAN - und zukünftig evtl. Russland/China/Indien mehr Präsenz bekommen, zumindest auf politischer Ebene, militärisch werden diese Auseinandersetzungen zumindest in den nächsten Jahren höchstens über Stellvertreterkriege ausgeführt werden. Im Moment mangelt es der deutschen Bundeswehr noch an genügend hochgerüsteten und einsatz-bereiten Krisenreaktionskräften. Nichtsdestotrotz wird auch eine 60.000-köpfige EU-Interventionstruppe, die im Laufe diesen Jahres fertig aufgebaut und in einem Interven-tionsradius von 4.000 km rund um Brüssel innerhalb von 60 Tagen einsatzbereit sein soll, von einem deutschen Oberbefehlshaber angeführt werden.

Auch ist den Regierenden offensichtlich nicht ganz klar, ob die Bevölkerung diese neue, agressivere Militärpolitik bereits so weit verinnerlicht hat, daß sie im Zweifelsfall als Plünder- und Raubkollektiv im Kriegskapitalismus zur Verfügung steht. Darum werden auch ideologisch die Bemühungen verstärkt, Kriege als normales politisches Mittel, als ";humanitäre Interventionen" oder "Polizeieinsätze" darzustellen. Erst wenn in überwiegenden Teilen einer immer noch mißtrauischen Öffentlichkeit diese geistige Haltung fest verankert ist, das völkerrechtlich legitim immer das ist was den Interessen des deutschen Kapitals und seines geschäftsführenden Ausschusses dient, werden Kriege unter führender Beteiligung deutscher Truppen wieder uneingeschränkt möglich sein.

Die Anti-Kriegshaltung der deutschen wie auch der französischen Regierung ist also Bestandteil eines Formierungsprozesses dessen strategisches Ziel die Etablierung ei-nes europäischen Rivalen zum US-Imperialismus ist. Dass diese imperialistische Block-bildung nicht ganz ungestört über die Bühne geht sondern durch das Ränkespiel der US-Diplomatie so weit wie möglich behindert wird (wie die Erklärung der acht mittel- und osteuropäischen Regierungschefs zeigt)
ist dabei völlig klar. Kein Grund ist dies jedoch, sich im Kleinkrieg der verfeindeten kapitalistischen Brüder auf die Seite eines dieser im-perialistischen Blöcke zu stellen. Kein Grund übrigens auch, das dabei unter die Räder gekommene irakische Regime zu verteidigen, das genauso wenig eine
emanzipatori-sche Note aufweist wie irgend eine andere staatliche Entwicklungs- und Modenisie-rungsdiktatur. Daher ist auch jenen Kräften eine Absage zu erteilen, die in einer Volksfront mit arabischen Nationalisten eine irgendwie geartete fortschrittliche Komponenete sehen.

Imperialistische Kriege sind nicht einfach ein Systemfehler, ein zufällig auftretendes Ereignis, das sich aus widerstreitenden Interessen von Staaten und Konzernen und der Gier nach Öl entwickelt. Sie sind Ausdruck der Krise des kapitalistischen Weltsystems Ein erfolgversprechender Ausweg aus dieser ökonomischen Krise, wie sie momentan alle Industriestaaten erleben, liegt im Krieg. Dies ist der Weg, den momentan die USA wählen. Die Krisenanfälligkeit des Kapitalismus macht die gewaltsame Zerstörung von Waren und Kapital, die Neuaufteilung von Märkten, Ressourcen und Einflusssphären - also Krieg zu einer zyklischen Notwendigkeit. Die "friedlichen" Wege der Kapitalmaximierung, wie sie uns durch Massenentlassungen, Radikalisierung der Ausbeutungsverhältnisse, Sozialabbau und feindliche Übernahmen beständig begegnen, reichen an dieser Stelle zu einer ausreichenden langfristigen Profitmaximierung nicht mehr aus. Diese Notwendigkeit des Krieges im Imperialismus macht eines klar: es gibt keine richtige Seite, keinen friedlicheren, demokratischeren, menschenfreundlicheren Part dabei, ob Bush, ob Schröder, immer werden wir für das Kapital zur Schlachtbank geführt, sei es in den bewaffneten Auseinandersetzungen der Staaten oder in den Produktionsschlachten der Konzerne um die Vorherrschaft auf dem Weltmarkt. Der Widerstand ge-gen jeden imperialistischen Krieg ist Grundlage einer internationalistischen Position. Es kann KommunistInnen und anderen revolutionären Linken jedoch im Kern nicht nur um Krieg ODER Frieden gehen sondern um die Umkehrung des letztlich immer gegen die ArbeiterInnenklasse geführten imperialistischen Krieges in den globalen Klassenkrieg des Proletariats gegen die Bourgeoisie. Diese Revolutionierung der unseren Alltag bestimmenden gesellschaftlichen Produktions- und Reproduktionsverhältnisse, auch jen-seits dessen was uns in der Regel medial vermittelt als "Politik" verkauft wird, kann dabei nicht durch den subjektiven Willen einiger kleiner, sich als revolutionär verstehender Minderheiten in Gang gebracht werden, sondern nur durch die ArbeiterInnen selbst. Deshalb kann die einzige Position die wir, vor die Wahl gestellt, beziehen können, nur die derjenigen sein, die schon immer für irgendwelche Fahnen, Ideen und herrschende Klassen ihren Kopf hinhalten und die Zeche zahlen mußten und der einzige Kampf den wir unterstützen, ist der internationale Kampf der Proletarisierten gegen jede Art von Unterdrückung und Ausbeutung. Die Ursachen des Krieges liegen im kapitalistischen System und die Beseitigung dieses Systems sowie seiner Nationen und Staatsmaschinerien ist folglich das einzige probate Mittel dagegen.

Gegen imperialistischen Krieg und Frieden - No war but the class war!

Proletarischer Zirkel, Frankfurt am Main

Kontakt: proletarischer-zirkel-ffm@gmx.de  oder  rotes-infonetz@gmx.de
 

Editorische Anmerkungen

Der Text wurde uns mit folgendem Hinweis zugeschickt: "Folgendes Flugblatt des Proletarischen Zirkels (Frankfurt am Main) möchten wir Euch zur Kenntnis bringen. Stellungnahmen, Kritiken etc. können gerne an die Absenderadresse gerichtet werden, wir sehen unsere Position nicht als Doktrin und sind für sachliche und inhaltliche Debatten offen."