Geopolitik und Marxismus

von
Benno Teschke

03/02
 
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1. Einführung.

Der Begriff Geopolitik tritt ebenso unbestimmt wie suggestiv auf. Im Kontext seiner internationalen Rehabilitierungsversuche seit den 1970er Jahren soll er fachlich neutralisierend "Machtkonflikte um Territorien zwecks politischer Kontrolle von Raum" bezeichnen (Lacoste 1993), während er ursprünglich mit einem umfassenden Anspruch geprägt wurde, um dem historischen Materialismus die These von der primären Bestimmung des Politischen durch den Raum entgegenzuhalten. Der historische Ort dieser Konzeption der Geopolitik ist die imperialistische Spätphase der europäischen Staatenrivalität.

Als länderübergreifendes Phänomen bildet die Verschränkung von drei Elementen ihren theoretischen Kern: der biologisch-organizistische Staatsbegriff, die sozialdarwinistische Auffassung der Staatenkonkurrenz als Kampf um Lebensraum, die These von der primären Bestimmung des Politischen durch natürliche, primär geographische, klimatische und geologische, Raumdeterminanten. Die deutsche geopolitische Schule um Karl Haushofer (1869-1946) - mit ihrer Zeitschrift für Geopolitik - hat diese Konzeption ausgearbeitet und damit den Begriff dauerhaft geprägt. Als eine sich als ‘spezifisch deutsch’ begreifende Wissenschaft der internationalen Politik verband sie diesen theoretischen Kern mit weiteren charakteristischen Auffassungen: 1. die rückwärtsgewandte Kritik am liberalen ‘mechanischen’ Staats- und Gesellschaftsmodel unter Rekurs auf die ‘Ideen von 1914’, 2. die instinktive Frontstellung gegen Technologie und Industrie als Vektoren der ‘Maschinenwelt’, die auf dem Unverständnis der Kapitalrelation als abstrakter und sich universalisierender Vergesellschaftungsform beruht, 3. die damit einhergehende Affirmation der vor-industriellen, chthonischen und organischen, raum- und bodengebundenen Landwirtschaft, 4. die daraus resultierende Bedeutung des neomalthusianisch interpretierten Bevölkerungswachstums - erfaßt mit Hilfe eines demographischen ‘Druckquotienten’ (Bevölkerungsdichte) -, der als dynamisches Element das Bestimmungsmaß zwischen Raum und Staat festlegt, das auf wirtschaftliche Autarkie zielt, 5. die Bevorzugung des Kontinental-Ländlichen gegenüber dem Ozeanisch-Maritimen - von Landmacht gegen Seemacht -, die in die praktische Programmatik eines eurasiatischen Sicherheits- u. Wirtschaftsblocks unter deutscher Führung mündet, 6. der Kampf für die Aufhebung des im Völkerbund institutionalisierten klassischen Völkerrechts zugunsten einer neuen supranationalen und hierarchischen völkerrechtlichen Großraumordnung, 7. die Kombination und politische Zuspitzung dieser Elemente in der Anglophobie und im Antisemitismus. Zusammenfassend kann die deutsche Geopolitik im kapitalistischen Krisenkontext der Zwischenkriegszeit als Ideologie eines "kontinental deutschen Imperialismus" (Diner 1984, 2) und als theoretisches Sperrfeuer gegenüber den Imperialismustheorien marxistischer Provenienz verstanden werden.

2. Überblick

Die Geopolitik erreicht zwischen 1916-44 im Rahmen des defensiven publizistischen Revisionismus der Versailler Verträge und als offensive Legitimationstheorie nationalsozialistischer Großraumpolitik ihren theoretischen als auch politischen Höhepunkt. In der Bundesrepublik führt der Ausgang des Zweiten Weltkrieges zu ihrer intellektuellen Diskreditierung als auch politischen, wenn schon nicht Tabuisierung, so doch relativen Bedeutungslosigkeit (Grabowsky 1960). Motive der Geopolitik erfahren jedoch wissenschaftlich in der Polemik um das von konservativen Historikern im Historikerstreit (1986) rehabilitierte Mittellagenkonzept ("Mittellagen-Palaver", Wehler 1988, 224; 1983; "geopolitisches Tamtam", Habermas 1987, 75) und durch die Wiedervereinigung politisch und wissenschaftshistorisch (populärwissenschaftlich Brill 1994; apologetisch Ebeling 1994, differenziert Sprengel 1996, umfassend Diekmann/Krüger/Schoeps 2000) eine Renaissance.

Mit Beginn des Kalten Krieges wandern, vermittelt durch die forcierte Emigration deutsch-jüdischer Wissenschaftler, sowohl geopolitische als auch neorankeanische analytische Kategorien und Argumentationsfiguren in den anglo-amerikanischen Diskurs des machtpolitischen Realismus ein (Strausz-Hupé 1943; Morgenthau 1948, Kissinger 1994, Gray 1988). Der (Neo-)Realismus (Waltz 1979), der auf der systemischen Logik des zwischenstaatlichen Naturzustandes, Realpolitik qua staatlicher Machtmaximierung, Sicherheitsdilemma und Gleichgewichtstheorem abhebt, behauptet sich bis in die Gegenwart als hegemonialer Diskurs innerhalb der Disziplin der Internationalen Beziehungen. Dieser spezifisch anglo-amerikanische Diskurs ist geprägt vom naiv-sorgenlosen Umgang mit dem Begriff geopolitics, der sich entweder nicht seiner semantischen Genealogie bewußt ist, sie banalisiert oder aktiv verdrängt. In den romanischen Ländern wird mit Rückgriff auf die géohistoire der Annales-Schule (Braudel 1994) die nouvelle géopolitique (Lacoste 1993) propagiert, die in Zeitschriftsneugründungen in Frankreich (Hérodote) und Italien (liMes – Italiana di Geopolitica) ihren Ausdruck findet. Seit den achtziger Jahren versucht die neuere diskursanalytische critical geopolitics (Ashley 1987, Walker 1993, George 1994, Ó Tuathail 1996, Agnew/Corbridge 1995, Agnew 1998) Geopolitik als diskursives Phänomen der Spatialisierung der internationalen Politik in geopolitische Codices zur Reduktion von Komplexität zu verstehen. Aufgabe der critical geopolitics sei es historisierend der Konstruktion von politischen Raumordnungen und ihren Repräsentationen auf die Spur zu kommen. Geopolitisches Denken, ob analytisch, affirmativ, kritisch oder als Erkenntnisgegenstand, ist damit wieder ein fester Bestandteil des gegenwärtigen politisch-wissenschaftlichen Diskurses geworden.

3. Vorläufer

Elemente der Geopolitik lassen sich bis auf die anti-vertragstheoretischen politischen Philosophien des bürgerlichen geographischen Materialismus (Bodin, Montesquieu) und der Physiokraten im 18.Jh. zurückführen. Der politische Naturalismus gliedert sich in den biologisch-rassischen Determinismus menschlicher und den geographischen Determinimus (Klima, Boden, Lage, Topographie) nicht-menschlicher Natur in seinen Folgen für die regionale Spezifik politischer Vergesellschaftung. Die Kritik am mechanistischen und universalen Staatsbegriff des Rationalismus und Liberalismus wird im Kontext der deutschen Reichsgründung und der sich verschärfenden imperialistischen Staatenkonkurrenz zuerst systematisch von Friedrich Ratzel (1846-1911), Mitbegründer des ‘Alldeutschen Verbandes’, im Rahmen der politischen Geographie formuliert (Faber 1982). Die Auffassung vom Staat als organischer Totalität und der über Ernst Haeckel (1834-1909) rezipierte Sozialdarwinismus verdichten sich zum "Gesetz der wachsenden politischen Räume" (Ratzel 1882, 116ff). Der Kampf ums Dasein im Pflanzen- und Tierreich, der Adaptation, Selektion und Spezialisierung treibt, wendet sich zum Kampf um Raum und Ressourcen, der nur Expansion und Selektion, nicht aber Spezialisierung, kennt. Das Mißverhältnis zwischen der Fruchtbarkeit des Bodens und dem Bevölkerungswachstum (Ratzel 1897, 174ff) bildet die vorkapitalistisch-agrikole und somit neomalthusianische Legitimationsbasis für staatliche Expansion. Der politische Großraum wird als Lebensraum (Ratzel 1901) zum terminus ad quem. In seiner Funktion als Selektionsprinzip wird Krieg als natürlicher Regulationsmodus zwischenstaatlicher Beziehungen sanktioniert. Staaten werden geboren, wachsen und sterben im bodengebunden Kampf um Raum.

Die Boden, Gesellschaft und Staat vermittelnden Kategorien von Arbeit, Klassen und sozialen Interessen werden weitestgehend ausgeblendet. Im Rahmen der publizistischen Propaganda der Vorkriegszeit um Flotten- und Kolonialpolitik kommt es durchaus zu Differenzen zwischen der von der politischen Romantik und dem herderschen Begriff der Sprach- und Kulturnation beeinflußten ethnozentrischen Perspektive (Oscar Peschel, Robert Sieger), die für eine sich selbst begrenzende Kongruenz zwischen Volksausdehnung und staatlicher Territorialität eintritt, und der geozentrischen Richtung, die die territoriale Entgrenzung der ethnischen Homogenität vorzieht (Ratzel, Alfred Kirchhoff). Volksnation und Staatsnation sind nicht synonym (Faber 1982, 394ff). Motive dieser Spannung zwischen Raum und Rasse treten später zwischen der klasssichen deutschen Geopolitik und Hitlers Rassenideologie wieder auf (vgl. Bassin 1987).

Zeitgleich zur und in Wechselwirkung mit der deutschen politischen Geographie entwickelt sich der anti-isolationistische amerikanische Navalismus Alfred T. Mahans (1840-1914) und die Herzlandtheorie des britischen Geographen und Direktors der ‘London School of Economics and Political Science’ Halford Mackinder (1861-1947). Admiral Mahans aquatologische geostrategische Theorie (Mahan 1890, 1897), die - ausgehend von der zivilisatorischen Funktion der Meere als Kommunikationsmedium - den entscheidenden Machtfaktor in der flottengestützten Beherrschung der Meere sieht, kontrastiert mit Mackinders Auffassung der Überlegenheit der Landmacht über der Seemacht im "post-kolumbianischen" Zeitalter (Mackinder 1904). Die konträren Positionen belegen sowohl den Übergang vom kosmopolitischen Freihandelsimperialismus zum protektionistischen Neomerkantilismus als auch den Übergang von der britischen zur amerikanischen Hegemonialperiode (Semmel 1960, 171ff). Nach Mackinders trizonaler Weltsicht wird das geostrategisch immune Herzland im Inneren Eurasiens – dem Drehpunkt der Geschichte – von einem inneren Halbmond, der sich von Europa über den Nahen/Mittleren Osten nach Indien und China erstreckt, umlagert. Dieser wird wiederum von einem äußeren Halbmond umgeben, der England, die beiden Amerikas, Afrika, Australien, Ozeanien und Japan umfaßt. Während die Beherrschung der Meere im kolumbianischen Zeitalter (ca.1500 – ca.1900) den entscheidenden Faktor in der Mächtekonstellation darstellt, wird mit der technischen Durchdringung der pivot area (Zentralasien/Rußland) durch ein transkontinentales Eisenbahnnetz die Mobilisierungsfähigkeit Rußlands und damit die globale Mächtebalance entscheidend verändert. Einer Allianz zwischen dem deutschen Kaiserreich und Rußland, das im Kern für Seemächte unangreifbar bleibt, gehöre die Zukunft. Nur eine bipolare Balance zwischen einer Koalition aus Seemächten gegen die Landmächte stehe der eurasiatischen Weltherrschaft entgegen (Mackinder 1904, 436).

"Who rules East Europe commands the Heartland: Who rules the Heartland commands the World-Island: Who commands the World-Island commands the World." (Mackinder 1919, 150).

Freilich verschiebt sich die geostrategische Analyse auf der Grundlage von Raumdeterminanten ("geographical causation in universal history", Mackinder 1904, 422) durch ihre technologische Vermittlung. Inwieweit sowohl Mackinder und Mahan einer "angelsächsisch-demokratischen" (Sprengel 1996, 25) geopolitischen Tradition zuzurechnen sind, bleibt zweifelhaft. Beide bedienen sich der darwinistischen Formel des ‘struggle for existence’ als auch der Metapher des Staatsorganismus. Mackinder plädiert sowohl für eine sozial-imperialistische Rassen- und Erziehungspolitik, als auch für die Unterordnung der Menschen unter die Belange des militarisierten imperialistischen Handelsstaates (Mackinder 1919; vgl. Semmel 1960, 174-5). Die fundamentalontologischen Dichotomien zwischen Land und Meer, dem Tellurischen und dem Aquatologischen, Leviathan und Behemoth werden später von Carl Schmitt (Schmitt 1950) als mythische Metaphern aufgegriffen.

4. Klassische Geopolitik.

Im Rahmen des politischen Revisionismus der Versailler Verträge radikalisiert sich die publizistische Propaganda der politischen Geographie zur praxisorientierten Raumtheorie der Geopolitik. Sie wird nach der Machtergreifung (1933) zur deutschen Staatswissenschaft.

Begriffsbegründer und direkter Vorläufer der Geopolitik ist der schwedische Staatsrechtler und Politiker Rudolf Kjellén (1864-1922). Gegen die Wirkungsmächtigkeit des Normativen im herrschenden Rechtspositivismus (Bluntschli, Jellinek) der Weimarer Republik setzt er in Der Staat als Lebensform (Kjellén 1916) die "empirische" Betrachtung des Staates, deren fünf Komponenten die Geo-, die Krato-, die Ethno/Demo-, die Wirtschafts- und die Sozialpolitik sind. Geopolitik meint "die Lehre vom Staat als geographischer Organismus oder als Erscheinung im Raume […]" (Kjellén 1916, 45). Aufgabe des neuen Systems der Staatslehre sei es, die fünf Teilbereiche nach dem "Gesetz der Harmonie" zu ordnen (Kjellén 1916, 42): Geopolitik verfolgt Raumharmonie, Kratopolitik Loyalität, Ethnopolitik völkische Homogenität, Wirtschaftspolitik Autarkie und Sozialpolitik Socialität. Mit der Erweiterung des Staatsbegriffes vom innenpolitischen Rechtssubjekt zum Primat des außenpolitischen Machtsubjektes wird die Geopolitik explizit zur Hilfswissenschaft der Politik im existentiellen Überlebenskampf der Staaten. Biologische Staatsorganologie und geopolitischer Imperialdarwinismus stehen unter dem Zwang naturwissenschaftlicher Gesetze.

"Lebenskräftige Staaten, deren Raum begrenzt ist, stehen unter dem kategorischen politischen Imperativ, ihren Raum durch Kolonisation, Zusammenschluß oder Eroberung verschiedener Art zu erweitern." (Kjellén 1916, 75)

Unter dem Einfluß der territorialen Neuorganisation des Staatensystems und des Überganges vom alt-europäischen Konzertsystem der Pentarchie zur Weltpolitik im "planetarischen Zeitalter" (Kjellén 1918a) mit den neuen Flügelmächten USA und Sowjetunion kommt es zur breiten Rezeption der kjellénschen Lehre (Kjellén 1918a, 1918b) im Nachkriegs-Deutschland. Die Gründungen des ‘Geopolitischen Seminars’ an der ‘Deutschen Hochschule für Politik’ (1924), der vom Nationalsozialisten Kurt Vowinckel verlegten auflagenstarken Zeitschrift für Geopolitik unter der Herausgeberschaft von Haushofer, Erich Obst, Hermann Lautensach und Fritz Termer (ab 1925 Otto Maull) und der ‘Arbeitsgemeinschaft für Geopolitik’ (1932) markieren die institutionallen Etappen im Aufstieg des geopolitischen Diskurses in den zwanziger und frühen dreißiger Jahren (Sprengel 1996, 33). Als enger Vertrauter und Lehrer Rudolf Heß’ wird Haushofer zum Professor für Geographie (1921-39) an der Universität München und zum Präsidenten der Deutschen Akademie (1934-7) ernannt.

Nach Haushofer bezeichnet Geopolitik die "Wissenschaft von der politischen Lebensform im Lebensraum, in ihrer Erdgebundenheit und Bedingtheit durch geschichtliche Bewegung" (Haushofer 1928c, 54), oder auch den Versuch, "aus den wissenschaftlich erfaßbaren, erdbestimmten und bodengewachsenen Zügen, wie sie sich im Ablaufe des geschichtlichen Geschehens erprobt haben, für die Kunst der Politik eine Brücke […] zu bauen" (Haushofer 1928b, 30). Die pädagogischen und politischen Zielvorstellungen werden schärfer gefaßt als bei Ratzel und Kjellén. "Die Geopolitik will und muß zum geographischen Gewissen des Staates werden." (Haushofer 1928a, 27) Die "suggestive Karte" avanciert zum propagandistischen Hilfsmittel in der Volkserziehung "im Kampf ums Dasein auf der Erde" (Haushofer 1928d, 346). Wie bei Ratzel rechtfertigt das "gesteigerte Mißverhältnis zwischen Ernährungsgrundlage und Volksdichte" (Haushofer, 1928c, 60) die Forderung "nach den Grundsätzen höchster Demokratie" für "gerechte Verteilung des Lebens- und Atemraumes auf der Erde, nach der Arbeitsfähigkeit und Kulturleistung der Völker, nicht nach den Gewaltdiktaten eines geschickt zusammengebrachten Konzerns zur Aufrechterhaltung einer ungerechten Raumverteilung auf Erden, die nur durch Kriege und Gewalt erlistet und errafft wurde" (Haushofer, 1928b, 41). Bei finitem Raum und dem Theorem der optimalen Funktionalität zwischen Territorium und fluktuierender Bevölkerungsdichte sind Staatenkonflikte freilich unvermeidlich. Die Argumentationsstrategie von demokratischer Raumverteilungsgerechtigkeit (Haushofer 1934) fällt stets in den neo-malthusianisch untermauerten Sozialdarwinismus zurück. Die organische Dynamik vom Wachstum der Staaten verweigert sich der rechtlichen Konsolidierung von Grenzen. Damit wandelt sich der Raum vom bestimmenden zum bestimmten Faktor. Die Überwindung von objektiven Raumgesetzen und vernünftigem Interessenausgleich scheitert.

Gemeinsam ist den Schriften der Geopolitik in den zwanziger Jahren ihre "objektivierende Sicht" (Sprengel 1996, 31) auf die Kriegsursachen des Ersten Weltkrieges, die sich blind gegenüber strukturellen Ursachen interessegeleiteter Politik als auch gegenüber diplomatischen und individuellen Versagen der verantwortlichen Politiker zeigt. Geopolitischer Zwang und Apologie der deutschen Kriegsschuld sind zwei Seiten derselben Medaille. Aus Zwang wird Sinn. Dies benennt den Kern der ideologischen Funktion der Geopolitik.

In der politischen Auseinandersetzung mit der ‘liberalen’ Kleinstaaterei Europas, den Verrechtlichungstendenzen internationaler Politik durch den Genfer Völkerbund und den außenpolitischen Erfolgen des NS-Regimes intensiviert sich in den dreißiger Jahren der Rückgriff auf das "Gesetz der wachsenden Räume". Dieses geht quasi-teleologisch von einer Vergrößerung des Raummaßes zwischen Territorium und Staat in der historischen Bewegung aus. Raumordnungseinheit ist nicht mehr der klassische Nationalstaat des 19. Jhs., sondern der "politische Großraum", bzw. das "Reich" (Maull 1934; Obst 1941). In seiner territorialen Ausdehnung lehnt sich der Großraumgedanke sowohl an die mittelalterliche Reichsidee als auch an das von Friedrich Naumann (1860-1919) entwickelte Mitteleuropa-Konzept an. Da die Juridifizierung der internationalen Beziehungen auf der Grundlage von formal gleichberechtigten Staaten die realen Machtverhältnisse kaschiere, sei der Großraumbegriff als völkerrechtliche Kategorie adäquater als die Fiktion des souveränen Nationalstaates (vgl. Schmitt 1939). Anstatt eines universellen Völkerrechtes redet Schmitt der Pluralisierung und Regionalisierung von Völkerrechten das Wort. Theorie und Praxis der Monroedoktrin sollen diese Forderung exemplarisch belegen. Lebensraum, Großraum und Reich bilden die Ordnungsbegriffe für eine - zwischen dem sowjetischen Block und den Interessensphären der Westmächte gelagerten - von Deutschland geführte supranationale Hegemonialordnung in Mittelost-Europa. Schmitts Forderung nach Revision des Völkerrechts auf quasi-naturrechtlicher Basis verklausuliert den "Rechtsanspruch auf Grundrente im internationalen Kontext" (Diner 1984, 23/4). Haushofer selbst plädiert mit Hinweis auf Mackinders Herzlandtheorie für einen Deutschland, die Sowjetunion und Japan umfassenden Kontinentalblock (Haushofer 1940). Der deutsch-japanische Antikominternpakt (1936) und der deutsch-sowjetische Nichtangriffspakt (1939) stehen im Banne dieser Denkfigur. Der Widerspruch zwischen Haushofers Anti-Bolschewismus und den Postulaten eines eurasiatischen Blocks läßt sich nicht auflösen. Im Laufe der späten dreißiger Jahre kommt es zur zunehmenden Andienung der Geopolitik an und Aneignung durch die NS-Ideologie bei zeitgleicher Aufladung der Geopolitik durch völkische Termini (Sandner 1994, 10). Geopolitik wird der Rassenpolitik untergeordnet (vgl. Bassin 1987).

5. Marxismus und Geopolitik.

Das Verhältnis zwischen Marxismus und Geopolitik steht sowohl im Banne der Ideologiekonkurrenz der Zwischenkriegszeit, als auch im Zeichen unvereinbarer Grundbegriffe. Nach ihrem eigenen Selbstverständnis begreift sich die Geopolitik in bewußter Abgrenzung vom liberalen Staatsbegriff sowie vom Marxismus-Leninimus als "nationale Staatswissenschaft" (Denkschrift 1933). Die Geopolitik und die politische Geographie erfahren in der marxistischen Literatur eine relativ schwache Rezeption. Den Höhepunkt der Kontroverse stellt Karl August Wittfogels Kritik am Kautsky-Schüler Georg Engelbert Graf dar, der die These vertritt, Marx habe "die primären, naturgegebenen Tatsachen vernachlässigt" (Graf 1919, 29; vgl 1924). Grafs Vorwurf wird in Wittfogels ausführlicher und brillanter Kritik der Geopolitik zurückgewiesen, indem er auf die entscheidende methodologische Differenz zum Marxismus hinweist.

"Die geographischen Faktoren [...] wirken nicht direkt auf die politische Lebenssphäre, sondern vermittelt; es ist über den Produktionsprozeß, dem sie entweder als allgemeine natürliche Bedingungen zugrunde liegen, oder in den sie als Produktivkräfte eingehen, daß sich die "primären naturgegebenen Elemente" (Graf) geltend machen. Und auch so noch ist ihre Wirkung keine direkte. Die aus der Eigenart des jeweiligen Produktionsprozesses hervorwachsende gesellschaftliche Ordnung ist das Zwischenglied, durch das hindurch erst sich die Einflüsse der Natursphäre auf die Art und Entwicklung des politischen Lebens auswirken." (Wittfogel 1929, 22)

Ähnlich fällt Heinrich Cunows Würdigung des marxistischen dialektischen Naturbegriffs aus, demgegenüber die Konzeptionalisierung der Geographie bei Ratzel einseitig sei (Cunow 1921, 167). Andere Marxisten beschränken sich auf die historische und ideologische Verortung der Geopolitik. Nach Karl Korsch, der freundliche Worte für das Werk Mackinders findet, repräsentiert die deutsche Geopolitik "the expression as well as the weapon of a desperate attempt to solve the revolutionary problems of our times in a different way - through the cataclysm of a world-wide counter-revolution." (Korsch 1942, 14). Nach Heyden ist sie "ein pseudowissenschaftliches Produkt des imperialistischen Entwicklungsstadiums des Kapitalismus" (Heyden 1953, 483).

Wenn auch die Geopolitik unter einer einseitigen, weil undialektischen, Betonung der Kategorien Boden, Raum und Macht leidet, so ist das Problem der Naturseite des Staates im Raum und der territorialen Distribution staatlicher Macht von diversen Strömungen des Marxismus vernachlässigt worden. Geopolitik hat im klassischen Marxismus keinen systematischen Raum, da er, prinzipiell und mit bedeutenden Ausnahmen als Wissenschaftstyp geschichtsphilosophisch die Kategorie der universalhistorischen Zeit über die des konkreten, politisch je verschieden, konstituierten als auch geographisch ko-determinierten Raumes stellt. Historisch-gesellschaftliche als auch gattungsspezifische Entwicklung werden im klassischen Marxismus auf Grundlage des Produktionsparadigmas am verallgemeinerbaren Modell einer geschlossenen, von geographischen, geostrategischen und internationalen Faktoren isolierten Gesellschaft konzeptionalisiert. So entwickeln sich Geopolitik und Marxismus über lange Strecken sowohl theoretisch wie auch politisch als Gegensatz.

Seit den 70er Jahren versuchen weltsystemtheoretisch (Wallerstein 1974), neogramscianisch (Cox 1987, 1996, Gill 1990, 1993, Rupert 1995, 2000) und marxistisch (Hardt/Negri 2000, Van der Pijl 1998, Bromley 1999, Rosenberg 1994, Teschke 1998, 2002) inspirierte Arbeiten die Vermittlung von Reproduktionsstrategien, Territorialität und Weltpolitik neu auf den Begriff zu bringen. Während erstere primär auf das durch Arbeitsteilung und Zirkulation vermittelte Verhältnis von Metropole und Peripherie abzielen, und zweitere auf das Verhältnis von sukzessiven Arbeitsregimen, Ideologiekonstruktion und weltordnungschaffenden Hegemonialblöcken rekurrieren, konzentrieren sich letztere auf das Problem der historischen Relationen zwischen dem Politischen und Ökonomischen in seinen Folgen für Klassenkampf, Formen politischer Territorialität und internationalen Beziehungen in der universalgeschichtlichen Perspektive von geopolitisch kombinierter und gesellschaftlich ungleicher Entwicklung.

6. Internationale Beziehungen bei Marx und Engels.

Geopolitik hat als Begriff bei Marx und Engels keinen systematisch-theoretischen Ort. Dieses Fehlen ist im Marxschen Theorietypus notwendig angelegt. Der Erkenntnisanspruch einer auf dem Prinzip der vermittelten Totalität gründenden und geschichtsphilosophisch universalhistorisch konzipierten, auf der Dialektik von Produktionsverhältnisen und Klassenkämpfen basierenden, Theorie gesellschaftlicher Entwicklung kann der Geopolitik weder als geographischem Raumdeterminismus noch als Großmachtkonkurrenz eine entscheidendede Bedeutung im Prozeß der gesamtgesellschaftlichen Reproduktion einräumen. Andererseits liegt bei Marx und Engels, gemessen an ihrem eigenen Erkenntnisanspruch, keine theoretisch kontrollierte und historisch fundierte Erklärung der Vermittlung von Wirtschaft und Staat, Klassenkampf und Revolutionsstrategie, Weltmarkt und Staatensystem vor. Vielmehr muß man von einer Unterbewertung der Rolle der Geopolitik im engeren und der internationalen Beziehungen im weiteren Sinn für den Geschichtsverlauf bei den Begründern des Marxismus ausgehen. Andererseits sollte gesehen werden, daß beide gegen die Versuchung der Geopolitik als Abstraktion zumindest die methodologischen Grundlagen für die Historisierung und Soziologisierung der politischen Konstruktion von Raum als auch von Außenpolitik und internationalen Beziehungen gelegt haben. Geschichte wird nicht nur verräumlicht, sondern Raum wird historisiert. Natur und Geographie bleiben nicht vorgesellschaftliche Konstanten, sondern unterliegen dem Wandel in ihrer Vermittlung durch Arbeit (Schmidt 1962; Wittfogel 1929, 500-22, 698-735). Allerdings bleibt es fraglich, inwiefern diese methodologischen Postulate substantiell eingelöst wurden. Bezeichnend für das Scheitern der Vermittlung von internationalen Beziehungen und geschichtlicher Bewegung bei Marx und Engels ist die publizistische Trennung von wissenschaftlicher Fundamentalanalyse und den umfangreichen tagespolitisch-journalistischen Interventionen zu Fragen der Weltpolitik. Letztere stehen im Banne des revolutionsstrategischen Kalküls und eignen sich deshalb nur bedingt für die Rekonstruktion einer kohärenten Theorie des Internationalen bei den Begründern des Marxismus.

6.1. Die Äußerungen Marx’ und Engels’ im Vormärz stehen noch stark im Zeichen des Universalismus der westlichen liberalen Geschichtstheorie und des auf Arbeitsteilung und Freihandel beruhenden handelspolitischen Kosmopolitanismus der klassischen politischen Ökonomie, wenn auch unter Ablehnung der pazifizierenden Rolle von Welthandel. In dem Brief vom 28.12.1846 an P.W. Annenkow heißt es:

"Was sind die ganze innere Organisation der Völker, alle ihre internationalen Beziehungen anderes als der Ausdruck einer bestimmten Arbeitsteilung?" (MEW 4, 550).

Durch Tausch rekonstituiert sich die national beschränkte bürgerliche Gesellschaft als quasi grenzenlose bürgerlicher Weltgesellschaft in der Sphäre der Zirkulation. Mit der Absage an die Beschränkung der traditionellen Historiographie auf "hochtönende Haupt- und Staatsaktionen" (MEW 3, 36), bleibt die Bestimmung der politischen internationalen Beziehungen jedoch ambivalent. Die bürgerliche Gesellschaft "umfaßt das gesamte kommerzielle und industrielle Leben einer Stufe und geht insofern über den Staat und die Nation hinaus, obwohl sie andrerseits wieder nach Außen hin als Nationalität sich geltend machen, nach Innen als Staat sich gliedern muß." (MEW 3, 36). Grundlegend für die Rezeption der liberalen Geschichtstheorie und der klassischen politischen Ökonomie ist die Aussicht auf die Bildung des Proletariats als universaler Klasse in Folge der Universalisierung des kapitalistischen Weltmarktes durch allgemeinen freien Warenaustausch. Dies ist Voraussetzung für die proletarische Revolution und den Kommunismus im Weltmaßstab:

"Der Kommunismus ist empirisch nur als die Tat der herrschenden Völker „auf einmal" und gleichzeitig möglich, was die universelle Entwicklung der Produktivkraft und den mit ihm zusammenhängenden Weltverkehr voraussetzt." (MEW 3, 35; modifiziert in Engels in MEW 4, 374; anders Marx und Engels im Manifest, MEW 4, 473).

Das Problem der staatlichen Vermittlung von Tausch durch Handelspolitik wird zwar im Rahmen der Debatte um Freihandel und Schutzzoll erwähnt (MEW 4, 53, 308), nicht aber in die Geschichtskonzeption integriert. Ähnlich wird zwar das Problem der Ungleichzeitigkeit der ökonomischen, sozialen und politischen nationalstaatlichen Entwicklung im Kontext eines geopolitisch vermittelten Staatensystems besonders von Engels registriert (MEW 2, 578), der sich von der bürgerlichen Revolution in Deutschland die Sprengung der Heiligen Allianz und damit eine Verschiebung des Mächtegleichgewichts zugunsten der progressiveren Westmächte erhofft (MEW 4, 35/36), ohne daß es jedoch zu einer Revision des universalhistorischen Entwurfs kommt. Klassisch faßt das Manifest diese Perspektive zusammen:

"Das Bedürfnis nach einem stets ausgedehnteren Absatz für ihre Produkte jagt die Bourgeosie über die ganze Erdkugel [...]. Die Bourgeosie hat durch ihre Exploitation des Weltmarkts die Produktion und Konsumtion aller Länder kosmopolitisch gestaltet [...]. An die Stelle der alten lokalen und nationalen Selbstgenügsamkeit und Abgeschlossenheit tritt ein allseitiger Verkehr, eine allseitige Abhängigkeit der Nationen voneinander [...]. Die Bourgeosie reißt durch die rasche Verbesserung aller Produktionsinstrumente, durch die unendlich erleichterte Kommunikationen alle, auch die barbarischsten Nationen in die Zivilisation. Die wohlfeilen Preise ihrer Waren sind die schwere Artillerie, mit der sie alle chinesischen Mauern in den Grund schießt, mit der sie den hartnäckigsten Fremdenhaß der Barbaren zur Kapitulation zwingt. Sie zwingt alle Nationen, die Produktionsweise der Bourgeosie sich anzueignen, wenn sie nicht zugrunde gehen wollen; sie zwingt sie, die sogenannte Zivilisation bei sich selbst einzuführen, d.h. Bourgeois zu werden. Mit einem Wort, sie schafft sich eine Welt nach ihrem eigenen Bilde." (MEW 4, 465-6).

Freier Welthandel auf der Grundlage von sich intensivierender internationaler Arbeitsteilung, nicht die Ungleichzeitigkeit und relative politische Resistenz regional je verschieden politisch institutionalisierter Klasseninteressen auf der Grundlage von divergierenden Eigentums- und Produktionsverhältnissen im Rahmen eines territorial verfaßten Staatensystems, bildet hier das Agens der Weltmarktformierung und damit der Weltgesellschaft. Zentral ist das Theorem der "gleichzeitigen Entwicklung im Weltmaßstab" (Soell 1972, 112.). So ergibt sich eine relativ unproblematische, weil depolitisierte, Hoffnung auf eine schnelle zeitliche und geographische Vereinheitlichung der bis dato regional verschiedenen Klassenlagen und ergo politischen Regime als Folge der Expansion des kapitalistischen Warenverkehrs. Die Ungleichmäßigkeit und Ungleichzeitigkeit historischer Entwicklung, und damit die Rolle der staatlichen Vermittlung internationaler Beziehungen, bleiben beim frühen Marx und Engels unterbelichtet.

6.2. Diese optimistische Position wird mit Beginn der Vorarbeiten zum Kapital und unter dem Einfluß der gescheiterten 1848er Revolution modifiziert, problematisiert und schließlich revidiert. Im programmatischen Entwurf des 5-Punkte-Forschungsplans in der Einleitung zu den Grundrissen heißt es:

"3) Zusammenfassung der bürgerlichen Gesellschaft in der Form des Staats. In Beziehung zu sich selbst betrachtet. Die „unproductiven" Klassen. Steuern. Staatsschuld. Oeffentlicher Credit. Die Bevölkerung. Die Colonien. Auswanderung. 4) Internationales Verhältniß der Production. Internationale Theilung der Arbeit. Internationaler Austausch. Aus- und Einfuhr. Wechselkurs. 5) Der Weltmarkt und die Crisen." (MEGA II.1.1, 43).

Bekanntlich ist Marx nicht nur nicht über Punkt 2 hinausgekommen, Punkt 6, nämlich das Moment der (politischen) Beziehungen von Staaten untereinander und die viel grundsätzlichere Frage, warum politisch-öffentliche Macht sich territorial konstituiert und in Form eines Weltsystems politisch souveräner Staaten als ein machtstaatliches Pluriversum erscheint, während - wie Marx richtig erkennt - der Weltmarkt als Sphäre des Tausches unter Privatleuten universalen Charakter trägt, erscheint nicht als Forschungsproblem. Dennoch wandelt sich mit der sich seit Mitte der 1850er Jahre vollziehenden Umstellung von dem auf Arbeitsteilung beruhenden Zirkulationsparadigma auf das auf Eigentumsverhältnissen und Klassenkämpfen beruhende Produktionsparadigma (Brenner 1989) auch die Einschätzung der Vermittlung von internationalen Beziehungen und universalhistorischer Entwicklung. Drei Fragenkomplexe rücken in das Zentrum der Analyse. Erstens, wenn man von der sowohl europäischen als auch außereuropäischen Ungleichzeitigkeit regional verschiedener Entwicklungen (‘Sonderwege’) ausgeht und damit das Problem der historischen Spezifik von Klassenkampf, Krise und Revolution regionalisiert, welche Wirkung hat dann der post-revolutionäre Staat auf das Staatensystem? Zweitens, welche Wirkung haben klassische zwischenstaatliche Kriege auf die soziale Struktur und politische Ordnung der kriegführenden Staaten? Drittens, welche Rolle spielt die geopolitische Vermittlung internationaler Krisen durch multilaterale Diplomatie für die Stabilisierung internationaler Ordnung? Diese Fragen sind allerdings nicht in der Form des am Kapital geschulten Theorietypus zu beantworten, sondern bedürfen einer theoretisch kontrollierten Durcharbeitung des historischen Materials. Dies mag der Grund sein, warum es bei Marx und Engels trotz geänderter theoretischer Perspektive nicht zu einer ausgearbeiteten und integrierten Theorie der internationalen Beziehungen kommt, sondern nur zu punktuellen und schwer zu systematisierenden Interventionen im Rahmen ihrer journalistischen und praktisch-politischen Tätigkeit, die das Problem in seiner ganzen Komplexität andeuten, aber nicht klären. Sowohl Marx als auch Engels gingen während der primär endogen verursachten und zunächst erfolgreichen 1848er Revolutionen davon aus, daß Revolutionskriege zwischen einem demokratisch verfaßten und geeinten Deutschland und spätabsolutistischen Fürstenstaaten (Preußen, Dänemark, Rußland, Österreich) Europa in ein revolutionäres und ein gegenrevolutionäres Lager teilen würden (MEW 5, 105, 202, 393, 334). Die Internationalisierung der Revolution vollzieht sich qua "Weltkrieg" (MEW 5, 457; MEW 6, 150, 515, 382, 397 f.) zwischen den staatenübergreifenden Prinzipien Freiheit und Despotismus. Schon hier stellt sich allerdings das Problem der Doppelrolle Englands, dem, nach Marx, "Fels, an dem die Revolutionswogen" zerschellen. Seine Befürchtung, daß sich England als die den Weltmarkt beherrschende Weltmacht "wie zu Napoleons Zeiten an die Spitze der konterrevolutionären Armeen" stellen würde, wird dahingehend aufgelöst, daß die siegreiche proletarische Revolution in Frankreich England durch einen Weltkrieg besiegen und revolutionieren würde (MEW 6, 148-50). Nach dem Scheitern der 1848er Revolution verkehrt sich bei Marx und Engels in den 1850er und 1860er Jahren der Nexus Revolution-Krieg in den Nexus Krieg-Revolution. Von jedem zwischenstaatlichen Krieg - Anlaß ist der Krimkrieg (1853) -, sofern er nicht durch das verhaßte britische Gleichgewichtsstratagem gehegt und begrenzt wird (CW 12, 557f.; CW 13, 228; MEW 28, 601; MEW 21, 412), werden nun, besonders beim geschlagenen Land, Destabilisierungen der sozialen und politischen Ordnung erwartet und Revolutionshoffnungen geschürt (CW 12, 106; CW 12, 174; CW 12, 282). Allerdings deuten schon hier Marx’ Tiraden gegen die palmerstonsche "Geheimpolitik" (MEW 28, 306; MEW 7, 441-2), die trotz siegreichem Krimkrieg auf Grund von Gleichgewichtsüberlegungen das zaristische Rußland intakt ließ, darauf hin, daß der ganze Bereich von Diplomatie und den Allianzsystemen des 19. Jahrhunderts - also bewußter multilateraler politischer Gestaltung der Konfliktpotentiale zwischen den Mächten - in seiner wirklichkeitskonstitutiven Bedeutung, revolutionsstrategisch als auch theoretisch, stark unterschätzt wurde. Soviel konzediert Marx selbst: "Wir hatten diesen Punkt [die auswärtige Politik] zu sehr vernachlässigt" (MEW 28, 306). In der Folge sind Marx’ und Engels’ Aussagen zur Weltpolitik geprägt von der doppelten und widersprüchlichen Sorge um die geostrategische Sicherung eines künftigen national geeinten Deutschlands einerseits - besonders Engels nimmt hier schon die Zweifrontenproblematik auf und antizipiert die Geostrategie des Schlieffen-Plans (MEW 13, 251f.) -, und um das revolutionsstrategische Kalkül der Möglichkeit der innenpolitisch revolutionären Folgen einer militärischen Niederlage des Deutschen Bundes und Preußens andererseits (MEW 13, 604; MEW 30, 60). Das theoretische Dilemma drückt sich in der dialektischen Bewertung der potentiell progressiven Außenpolitik innenpolitisch reaktionärer Staaten aus. In einem Brief Engels an Marx vom 31.5.1860 heißt es unter Bezug auf Lasalle:

"Übrigens ist ja auf diesem Separatgebiet der foreign policy eine so hübsche spekulative Trennung von der inneren Politik möglich, daß Du Dir gewiß den Spaß machen wirst, das Subjektiv-Reaktionäre als das in auswärtiger Politik Objektiv-Revolutionäre ihm klarzumachen." (MEW, 30, 59)

Auch wenn es revolutionsstrategisch infolge der europäischen Kriege zwischen 1853 und 1870 (unter partieller Ausnahme der kurzlebigen Pariser Kommune) nicht zu den gewünschten Resultaten kam, so stellt sich theoretisch doch die viel grundsätzlichere Frage der Begründung von Kriegsursachen, Krieg und Kriegsfolgen als Momenten geschichtlicher Entwicklung. Die Logik von nationalen und internationalen Klassenkämpfen wird nicht überzeugend mit der Logik geopolitischer Staatenkonkurrenz im Rahmen des Staatensystems vermittelt, obwohl die Problematik Marx bewußt ist. In der Kritik des Gothaer Programms schreibt er:

"Es versteht sich ganz von selbst, daß, um überhaupt kämpfen zu können, die Arbeiterklasse sich bei sich zu Haus organisieren muß als Klasse, und daß das Inland der unmittelbare Schauplatz ihres Kampfes. Insofern ist ihr Klassenkampf, nicht dem Inhalt, sondern, wie das „Kommunistische Manifest" sagt, „der Form nach" national. Aber der „Rahmen des heutigen nationalen Staats", z.B. des Deutschen Reichs, steht selbst wieder ökonomisch „im Rahmen des Weltmarkts", politisch „im Rahmen des Staatensystems". Der erste beste Kaufmann weiß, daß der deutsche Handel zugleich ausländischer Handel ist, und die Größe des Herrn Bismarck besteht ja eben in seiner Art internationaler Politik." (MEW 19, 23/24).

Engels war durchaus bereit, der Außenpolitik im Rahmen der Staatenkonkurrenz ein transitorisches Primat einzuräumen. Militärsoziologisch argumentiert er: "Die für einen Großstaat erforderliche Armeestärke richtet sich nicht nach der größeren oder geringeren Aussicht auf Staatstreich, sondern nach der Größe der Armeen der anderen Großstaaten." (MEW, 16, 61). Wenn hier auch sicherlich weder dem Genie individueller Staatskunst großer Staatsmänner noch der Eigenlogik geopolitischer Konkurrenz das Wort geredet werden soll, so finden sich doch immer wieder Gedankengänge bei Marx und Engels, die andeuten, daß die Konzeptionalisierung der internationalen Beziehungen am Problem der national diachronen aber international synchron verlaufenden und diplomatisch vermittelten Entwicklung gescheitert ist.

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Editoriale Anmerkungen:

Der Artikel ist eine Spiegelung von http://www.theglobalsite.ac.uk/librarytexts/201teschke.htm. Dort finden sich folgende Hinweise:

Benno Teschke, Lecturer in International Relations, Department of Politics and International Relations, University of Wales Swansea, b.g.teschke@swansea.ac.uk

This article was first published as ‘Geopolitik’, in Historisch-Kritisches Wörterbuch des Marxismus (Historical-Critical Dictionary of Marxism), Band 5: Gegenöffentlichkeit bis Hegemonialapparat, edited by Wolfgang-Fritz Haug (Hamburg/ Berlin: Argument Verlag 2001), pp. 322-34. The HKWM is edited by the Berliner Institut für Kritische Theorie, www.hkwm.de