www.issa-bonn.org/index.html

Warlords und Waffenhändler
Die politische Ökonomie des Kongokrieges

Wolf-Christian Paes

03/01
trdbook.gif (1270 Byte)
 
trend
online
zeitung
Briefe oder Artikel:
info@trend.partisan.net
ODER per Snail:
trend c/o Anti-Quariat
Oranienstr. 45
D-10969 Berlin
Der Flughafen von Ugandas Hauptstadt Kampala gehört normalerweise nicht zu den wichtigsten Drehkreuzen des Weltluftverkehrs, aber seit dem Ausbruch des Bürgerkrieges in der benachbarten Demokratischen Republik Kongo sind einige neue Flugverbindungen hinzugekommen. Täglich landen mehrere Flüge aus dem Norden des Landes, zumeist aus der kongolesischen Stadt Kisangani, die seit dem Beginn des Krieges zwischen der Regierung des ermordeten Präsidenten Kabila und den verschiedenen Rebellenbewegungen im Norden und Osten des Kongo von ugandischen Truppen gehalten wird.
Die Flugzeuge - zumeist Transportmaschinen russischen Fabrikats und geflogen von osteuropäischen Crews - liefern den Rebellen den wichtigen Nachschub. Sie bringen Waffen und Munition, Nahrungsmittel und Konsumgüter. Auf dem Rückweg transportieren sie Gold und Diamanten nach Uganda, Beute eines Krieges, der meistens ohne eine feste Frontlinie auskommt und in den neben der Regierung in Kinshasa sechs benachbarte afrikanische Staaten sowie mindestens drei Rebellenbewegungen verstrickt sind. Die Provinz Orientale, deren Hauptstadt Kisangani ist, gehört zu einem Teil des zentralafrikanischen Staates, der bereits unter der Regierung Mobutus von der kongolesischen Hauptstadt Kinshasa aus nur per Flugzeug zu erreichen war.
Der Krieg hat diese zentrifugalen Tendenzen weiter verstärkt - heute zerfällt das riesige Land in verschiedene Interessenssphären, die jeweils von einer kongolesischen Gruppierung und ihren ausländischen Verbündeten kontrolliert und ausgebeutet werden. Während der Westen des Landes und seine Hauptstadt Kinshasa von Kabila und seinen angolanischen Verbündeten gehalten wird, kontrollieren die von Uganda unterstützten Rebellenbewegungen Rassemblement Congolais pour la Démocratie (RCD-ML) und Mouvement pour la Libération du Congo (MLC) den Norden des Landes, die Kivu-Provinzen im Osten des Landes werden von einer anderen RCD-Fraktion mit Unterstützung Ruandas gehalten. Die rohstoffreiche Provinz Shaba (Katanga) schließlich wird von Kabilas simbabwischen Verbündeten kontrolliert.

Historische Wurzeln der Ausbeutung

Kriege werden seit jeher auch um Ressourcen geführt - Ideologie und Bereicherung gehen seit der Antike Hand in Hand. Selten wurde dies so deutlich wie während der Kolonialperiode. Die drei großen Cs der Kolonialpolitik - civilization, christianity and commerce - beschreiben die Haltung aller europäischen Kolonialmächte gegenüber ihren neuen Besitzungen, wobei die Erschließung neuer Rohstoffquellen und Absatzmärkte für europäische Produkte sicher die wichtigste Motivation für den europäischen Wettlauf um Macht und Einfluss in Afrika gewesen sein dürfte.
Nirgendwo wurde dies so deutlich wie im Kongo - im späten neunzehnten Jahrhundert wurde das Gebiet von dem britischen Abenteurer Henry Stanley im Auftrage des belgischen Königs Leopold II. in Besitz genommen. Im Gegensatz zu den Besitzungen der anderen europäischen Mächte wurde der Kongo jedoch nicht belgische Kolonie, sondern - getarnt unter dem Mäntelchen einer philantrophischen Gesellschaft - zum Privatbesitz des ehrgeizigen Königs.
Der sogenannte Kongo-Freistaat - ein Gebiet von der mehrfachen Größe des Königreichs Belgien - wurde in den wenigen Jahrzehnten seiner Existenz zu einem Beispiel für Ausbeutung und Unterdrückung. Um das notwendige Kapital für die Erschließung des Hinterlandes aufzubringen, vergab Leopold Konzessionen für riesige Landesteile an private Geldgeber. Eine Söldnertruppe - die Force Publique - hatte die Aufgabe, die Wirtschaftsinteressen der Kolonialherren zu verteidigen, und die Administratoren der Kongogesellschaft waren darauf angewiesen, die einheimische Bevölkerung auszubeuten, um ihre mageren Gehälter aufzustocken. Die Situation der einheimischen Bevölkerung - deren Zahl sich zur Zeit des Freistaats durch Auswanderung und Todesfälle nahezu halbierte - war selbst gemessen an den Standards jener Epoche so miserabel, dass sie internationale Proteste hervorrief.
Auch nachdem der Kongo schließlich zu Beginn des neunzehnten Jahrhunderts vom Privatbesitz Leopolds in die Verwaltung des belgischen Staates überging, verbesserte sich die Situation für die kongolesische Bevölkerung nur graduell. Zwar wurde jetzt vermehrt in die Infrastruktur investiert und die belgische Kolonialverwaltung beendete die schlimmsten Auswüchse des Konzessionssystems, aber im Vordergrund stand weiterhin die Ausbeutung der Rohstoffe, insbesondere der Kupfervorräte in der südlichen Katangaprovinz. Als der Kongo schließlich 1960 unabhängig wurde, hatte die Kolonialregierung wenig getan, um die junge Nation auf die neuen Herausforderungen vorzubereiten - gerade siebzehn Kongolesen hatten zu diesem Zeitpunkt einen Hochschulabschluss.

Das System Mobutu

Nach dem Ende der Kolonialherrschaft veränderte sich wenig an den ökonomischen Machtstrukturen im Kongo. Nachdem die von Belgien betriebenen Sezessionsbemühungen des kupferreichen Südens mit Hilfe der Vereinten Nationen ein Ende fanden, etablierte der neue starke Mann im Kongo/Zaire - Mobutu Sese Seko - ein System von politischer Herrschaft, das auf einer Mischung von militärischer Macht und Klientelwirtschaft basierte. Korruption wurde gewissermaßen zur Grundphilosophie des Systems Mobutu, die Plünderung des Staates diente dabei sowohl der Bereicherung der kleinen politischen Elite als auch der Machtsicherung des autokratischen Präsidenten.
Opponenten wurden dabei zumeist mit Posten in der Verwaltung oder in Staatsunternehmen abgefunden, die ihnen ebenfalls einen Zugang zu staatlichen Ressourcen boten. Dieses System des divide et impera erlaubte es Mobutu immerhin, sich drei Jahrzehnte lang in Kinshasa an der Macht zu halten. Dank der Unterstützung seiner Verbündeten in Belgien und den USA konnte er ernsthafte Bedrohungen militärisch abwehren - mehr als einmal mussten belgische Fallschirmjäger sein Regime gegen meuternde Truppen verteidigen.
Während das Straßennetz Kongos zusehends zerfiel, erbaute Mobutu in seiner Heimatstadt Gbadolite einen Marmorpalast und ließ seinen Friseur im Präsidentenjet aus Frankreich einfliegen. Während die jährliche Förderleistung der staatlichen Gécamines von 470.000 Tonnen Kupfer in den siebziger Jahren auf 30.600 Tonnen im Jahre 1994 sank, floss weiterhin eine jährliche Summe von 100 bis 400 Mio. US$ aus den Exporterlösen auf Nummernkonten im Ausland.
Angesichts des Ausmaßes der Korruption in den höchsten Rängen wundert es kaum, dass sich unterbezahlte Staatsangestellte selbst bedienten, um ihr Überleben zu sichern. In den letzten Jahren des Systems Mobutu wurde fast ein Drittel der Produktion von Gécamines illegal aus dem Lande geschmuggelt; Ausrüstungsteile, Fahrzeuge, ja selbst 30 Kilometer Starkstromkabel wurden auf diesem Wege privatisiert. Am internationalen Flughafen von Kinshasa konkurrierten zeitweise sieben unterschiedliche Sicherheitsdienste um das Privileg, die Fluggäste kontrollieren und auf diesem Wege um einige Dollarscheine erleichtern zu können.
Die zairische Armee - von der Regierung nur selten bezahlt und unzureichend versorgt - war in der Endphase der Regierung Mobutu mehr Unruhefaktor als Garant der öffentlichen Ordnung. Von der Regierung alleine gelassen, mussten sich die Soldaten selbst versorgen - auf Kosten der örtlichen Bevölkerung. Selbst die Hauptstadt Kinshasa blieb von den plündernden Soldaten nicht verschont - mehrfach legten meuternde Truppen die Innenstadt in Schutt und Asche. In Ermangelung anderer Einkünfte wurde die Kalaschnikow zum Produktionsmittel.

Diamonds Are A Guerillero's Best Friend

Noch zu Zeiten Mobutus gehörte der Handel mit ungeschliffenen Diamanten zu den einträglichsten Wirtschaftszweigen im Kongo. Sowohl in Kinshasa als auch in verschiedenen anderen Städten im Osten des Landes existieren Diamantenbörsen, welche die wertvollen Steine direkt von den Produzenten aufkaufen. Im Kongo - ebenso wie im benachbarten Angola - existieren große Diamantenvorkommen, die mit einfachen Mitteln in Flussbetten abgebaut werden können. Unter diesen Bedingungen ist die Suche nach Edelsteinen zwar harte Arbeit, kommt jedoch mit einem Minimum an Kapitalinvestitionen aus. Zwischenhändler kaufen diese Steine dann bei den Produzenten auf und geben sie an Großhändler weiter, die sie in Antwerpen, Tel Aviv oder auch in London weiterverkaufen.
Die lokalen Kriegsherren kontrollieren zumindest mittelbar den Handel und den Zugang zu den Diamantengebieten, sie profitieren so direkt von der Diamantenproduktion. In einigen Fällen - etwa bei der angolanischen Rebellenbewegung Unita - sind bewaffnete Gruppen sogar direkt in den Diamantenhandel eingestiegen und nutzen Diamanten als Reservewährung für Waffenkäufe im Ausland und zur Bestechung von einflussreichen Politikern in den Nachbarländern.
Die Diamantenproduktion im Kongo und in Angola ist ein typisches Beispiel für eine funktionierende Enklavenwirtschaft. Diese kommt weitgehend ohne Gerät aus und ist - etwa im Gegensatz zur Landwirtschaft - nicht auf die Existenz von Transportmitteln und Infrastruktur angewiesen. Da die wichtigsten Märkte für Diamanten im Ausland liegen, kann eine solche Enklavenwirtschaft durchaus auch unter Kriegsbedingungen funktionieren, solange die Produktionsgebiete selbst sicher sind. Das geringe Gewicht und die hohen Gewinnspannen im Diamantenhandel sorgen dafür, dass sich das Geschäft auch in einem riskanten Umfeld lohnt.
Nachdem die angolanische Unita schon zu Zeiten Mobutus den Kongo als Drehscheibe für ihre Diamantenexporte und Waffenimporte nutzte, mehren sich seit dem Beginn des zweiten Kongokrieges die Anzeichen, dass auch andere Kriegsparteien auf Gewinne aus dem Diamantenhandel aus sind. Ein sicheres Zeichen für die Bedeutung dieses Wirtschaftszweigs sind die gestiegenen Diamantenexporte aus Ländern, die selbst keine Diamanten fördern, aber mit Soldaten im Kongo involviert sind. So hat etwa Ruanda im ersten Halbjahr 1999 Diamanten im Wert von 1.500 Karat nach Belgien exportiert. Es sprechen viele Anzeichen dafür, dass die Diamanten von ruandischen Soldaten aus dem Kongo geschmuggelt wurden. Auch Uganda - ebenfalls ein Land ohne eigene Diamantenproduktion - exportierte im ersten Halbjahr 1999 über 11.000 Karat nach Antwerpen.
Natürlich profitiert auch die Regierung in Kinshasa vom Geschäft mit den wertvollen Steinen - so finanzierte Kabila einen wesentlichen Anteil seiner Rüstungsausgaben mit dem Export von Rohdiamanten. Etwa 80 Prozent der Staatsausgaben fließen direkt in die Verteidigungsausgaben, nur etwa zwei Prozent fließen dagegen in das Gesundheitswesen und weniger als ein Prozent in das Bildungswesen. Trotz dieser enormen Verteidigungsausgaben ist die Moral der Regierungstruppen schlecht, die Gehälter sind niedrig und werden nur selten pünktlich ausgezahlt.
Vor diesem Hintergrund ist die Regierung auf Hilfe aus dem Ausland angewiesen - im September 2000 kursierten Gerüchte in den internationalen Medien, dass die israelische Armee die Regierungstruppen im Austausch für ein Monopol zur Vermarktung der kongolesischen Diamanten ausbilden solle. Zwar wurde die Existenz eines solchen Vertrags in Israel dementiert, aber bereits unter Mobutu trainierten israelische Söldner die Leibgarde des Präsidenten, so dass ein solches Arrangement zumindest nicht gänzlich ausgeschlossen erscheint.

Bündnispartner - Geschäftspartner

Zu den wichtigsten Verbündeten Kabilas gehören Angola und Simbabwe. Während Angola sein aktives Engagement im Kongo im letzten Jahr reduziert hat (allerdings wesentlich zur Luftüberlegenheit von Kabilas Truppen beiträgt), bilden simbabwische Bodentruppen den Kern der alliierten Streitkräfte im Süden des Landes.
Das Engagement von Angola, Ruanda und Uganda im Kongo kann durch eigene Sicherheitsinteressen ("der Feind meines Feindes ist mein Freund") erklärt werden, doch die Motive des simbabwischen Präsidenten Mugabe für eine Intervention im Kongo sind nicht so leicht ersichtlich. Simbabwe hat keine gemeinsame Grenze mit dem Kongo und es gibt auch keine ethnischen Verbindungen zwischen den beiden Ländern. Vor dem Amtsantritt Kabilas beschränkten sich die wirtschaftlichen Kontakte im Wesentlichen auf eine Eisenbahnverbindung, die von Lubumbashi im äußersten Süden des Kongo über Sambia und Simbabwe zu den Häfen des Südlichen Afrikas verläuft.
Ursprünglich waren es sicher politische Motive, die Robert Mugabe zu einer aktiven Rolle im Kongo bewogen - angesichts der Überwindung der Apartheid in Südafrika hatte Harare seine wichtige Rolle als Stabilitätsfaktor in der Region an Pretoria verloren. In der Bedrohung Kabilas durch von Uganda und Ruanda unterstützte Rebellenbewegungen sah Mugabe eine Möglichkeit, seine Statur auf internationalem Parkett zu stärken.
Allerdings unterschätzte Harare die sozialen und materiellen Kosten der militärischen Intervention im Kongo. Mit einer Truppenstärke von etwa 11.000 Mann sind über ein Drittel der simbabwischen Streitkräfte im Kongo stationiert, dazu kommen Panzer, Flugzeuge und Artillerie. Die Kosten für dieses militärische Abenteuer sind enorm - der simbabwische Finanzminister hat Ausgaben in Höhe von 200 Mio. US$ seit August 1998 zugegeben, aber die tatsächlichen Kosten dürften sehr viel höher liegen und werden von der Weltbank auf 27 Mio. US$ pro Monat geschätzt.
Vor dem Hintergrund einer schweren Wirtschaftskrise im Heimatland sind diese Ausgaben umso unverständlicher. Sollte Mugabe gehofft haben, dass mit der Intervention im Kongo der innenpolitische Druck auf seine Regierung im Inland abnehmen würde, so scheint er sich geirrt zu haben. Obwohl die simbabwischen Truppen im Kongo gut ausgerüstet und ausgebildet sind, waren die militärischen Erfolge in jüngster Zeit eher mager. Im Dezember 2000 wurden die alliierten Streitkräfte bei Pweto vernichtend geschlagen und eine Reihe von simbabwischen Soldaten geriet in Gefangenschaft oder musste auf sambisches Territorium fliehen.
Vor diesem Hintergrund wächst der Druck auf die simbabwischen Streitkräfte, zumindest einen Teil der Kosten selbst aufzubringen. Schon vor Kriegsbeginn schlossen die Regierungen in Harare und in Kinshasa ein Abkommen über die Versorgung der kongolesischen Streitkräfte mit Waffen und Munition. Eine zentrale Rolle spielt die Rüstungsfirma Zimbabwe Defense Industries (ZDI) in Harare, die Munition und Ausrüstung für den regionalen Markt produziert. Aufgrund der Devisenknappheit der kongolesischen Regierung zahlte Kabila mit Rohstoffen - das simbabwische Minenunternehmen Ridgepointe übernahm 37,5 Prozent der Anteile der staatlichen Gécamines und der Simbabwer Billy Rautenbach übernahm zeitweise das Management der Firma.
Hoffnungen auf kurzfristige Einnahmen aus den Investitionen im Kongo scheinen jedoch mittlerweile weitgehend verflogen zu sein. Angesichts des Devisenmangels auf beiden Seiten greifen die Regierungen nun auch auf Tauschgeschäfte zurück. So zahlt der Kongo zur Zeit etwa einen Teil seiner Schulden in Elektrizität aus dem Inga-Damm an das unter chronischem Energiemangel leidende Simbabwe. Allerdings benötigt die Kupfer- und Kobaltförderung der Gécamines - im Gegensatz etwa zur Diamantenförderung - eine existierende Infrastruktur. Zur Zeit verfügt Harare jedoch nicht über die 50 Mio. US$, die notwendig wären, um die Förderanlagen zu modernisieren. Daher produzieren die riesigen Minenanlagen zur Zeit auch nur zwischen 10 und 20 Prozent der Fördermenge, die in den siebziger und achtziger Jahren gefördert wurde.
Vor dem Hintergrund dieser Probleme im Kupferbereich haben sich auch die simbabwischen Streitkräfte dem Diamantenhandel zugewandt. Zu diesem Zweck gründete Harare die Firma Osleg ("Operation Sovereign Legitimacy"), die zusammen mit dem kommerziellen Arm der kongolesischen Streitkräfte, der Firma Comiex, ein Joint-Venture mit dem Namen Cosleg bildet. Diese Firma soll mit der Produktion und dem Handel mit Gold und Edelsteinen zur Finanzierung der simbabwischen Intervention beitragen.
Mit Hilfe von wahrscheinlich omanischen Kapitalgebern plant dieses Armeekonsortium den Betrieb von Diamantenminen in der Nähe von Mbuji Mayi unter dem Firmennamen Oryx Diamonds. Der Wert dieser Konzession wird mit etwa einer Milliarde US$ angegeben, wobei natürlich das politische Risiko und die Kosten der Erschließung abgezogen werden müssen. Nach Angaben des Belgischen Diamond Office exportierte Simbabwe im ersten Halbjahr 1999 19.000 Karat Diamanten nach Antwerpen - da Simbabwe selbst kaum Edelsteinvorkommen aufweist, kann davon ausgegangen werden, dass auch in diesem Fall ein wesentlicher Teil der Steine aus dem Kongo stammt.
Auch auf anderen Wirtschaftsgebieten - etwa im Energiesektor und im Agrarbereich - suchen die beiden Staaten eine enge Kooperation. So plant etwa die simbabwische Eisenbahngesellschaft den Ausbau der Schienenverbindung, um den Kupferexport zu erleichtern, und staatliche Agrargesellschaften aus Simbabwe haben 500.000 Hektar Farmland in der Provinz Katanga erworben.

Waffenhändler und Schmuggler

Bei der Betrachtung von bewaffneten Konflikten kommt man nicht umhin, nach der Herkunft der eingesetzten Waffen zu fragen. Der Bürgerkrieg im Kongo wird - wie die meisten bewaffneten Konflikte in Afrika - vor allem mit Kleinwaffen, d.h. automatischen Gewehren, Granatwerfern und Maschinengewehren, ausgefochten. Die Geographie des Landes setzt dem Einsatz von schweren Waffen enge Grenzen und die meisten Guerillabewegungen verfügen nur über wenige schwere Waffen.
Der Bestand an Kleinwaffen wird weltweit auf etwa 500 Millionen geschätzt, der größte Teil stammt dabei aus westlicher oder osteuropäischer Produktion und gelangte zu Zeiten des Kalten Krieges als Militärhilfe auf die Schlachtfelder der "Dritten Welt". Der Kongo und seine Nachbarn spielen im internationalen Waffenhandel bereits seit Jahrzehnten eine wichtige Rolle, sowohl als Drehscheibe als auch als Abnehmer.
Der Zusammenbruch des Warschauer Pakts hat auch den internationalen Waffenhandel grundsätzlich verändert - während zuvor Waffen zumeist von Regierungen an Verbündete abgegeben wurden, sind es heute primär private Waffenhändler, die an Guerillabewegungen liefern. Nach dem Ende des Kalten Krieges sind große Bestände an nun überflüssigen Waffen - zumeist aus den osteuropäischen Reformstaaten - auf den Markt gelangt, die ihren Weg auch nach Afrika finden. Ein Netz von Frachtfluggesellschaften bringt diese Rüstungsgüter in die Transitstaaten, von wo aus sie mit kleineren Flugzeugen weiter verteilt werden. Gefälschte "end-user-certificates" sind in Afrika leicht zu erhalten, Zollkontrollen gibt es häufig nicht oder sie können durch Bestechung umgangen werden. Eine Reihe von kleinen Fluggesellschaften hat sich in Afrika darauf spezialisiert, die entlegenen Flugpisten der Region mit alten russischen Transportmaschinen anzufliegen.
Waffenhändler und Transporteure haben nicht selten sehr gute Verbindungen zu den Regierungen der Transitstaaten - so wird etwa die Fluggesellschaft Air Alexander mit der Familie des ugandischen Präsidenten in Verbindung gebracht.

Wege aus der Krise

Der Mord an Laurent Kabila hat an der komplizierten Interessenlage im Kongo erst einmal wenig geändert - die ausländischen Mächte, die sowohl die Regierung in Kinshasa als auch die Rebellenbewegungen kontrollieren, sind durch eine Mischung aus politischen und ökonomischen Interessen in den Krieg verstrickt.
Mugabe kann sich unter den jetzigen Umständen einen Abzug seiner Truppen kaum leisten - er hat bereits soviel politisches Prestige in die Unterstützung Kabilas investiert, dass ein Abzug ohne umfassende Friedenslösung einer Niederlage gleichkommen würden. Auch garantiert nur die militärische Präsenz Simbabwes im Kongo die bestehenden wirtschaftlichen Interessen, die zwar die Kosten des Feldzugs nicht decken, aber zumindest einige Individuen in Harare sehr wohlhabend gemacht haben dürften.
Die Weltgemeinschaft hat den Krieg im Kongo fast vergessen - die verschiedenen Friedensverträge sind bislang wirkungslos geblieben und der Einsatz von 5.000 Blauhelmen - deren Finanzierung weiterhin unklar ist - wird angesichts der Größe des Kongos eher bedeutungslos bleiben. Ein Handelsembargo gegen die Kriegsparteien könnte möglicherweise helfen, den Konflikt zu beenden, würde aber eine Kooperation der Nachbarstaaten und ein viel stärkeres Engagement des Westens erfordern.
Solange sich an der Ignoranz der Weltgemeinschaft gegenüber einem Konflikt, der bereits 1,7 Millionen Menschen das Leben gekostet und mehrere Hunderttausend Menschen aus ihrer Heimat vertrieben hat, nichts ändert, wird die Plünderung des Kongo durch eine kleine politische Elite weitergehen.

Der Autor arbeitet als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Bonn International Center for Conversion (BICC) zum Thema Bürgerkriegsökonomien

Literaturhinweise:
Michaela Wrong: In the Footsteps of Mr Kurtz - Living on the Brink of Disaster in the Congo, London 2000. Einer der besten Texte zur Endphase der Ära Mobutu

International Crisis Group: Scramble for the Congo - The Anatomy of an Ugly War, Nairobi/Brussels 2000 (ICG Africa Report No. 26)

Aktuelle Studie zum Bürgerkrieg - kostenlos per Internet zu beziehen: www.intl-crisis-group.org 

Brian Wood/Johan Peleman: The Arms Fixers - Controlling the Brokers and Shipping Agents, Oslo 1999 (PRIO Report 3/99) Hintergrundinformationen zum internationalen Waffenhandel


afrika süd, gegr. 1972 als informationsdienst südliches afrika, erscheint alle zwei Monate

Bezugsbedingungen:
Einzelheft DM 10,- zzgl. Porto; Jahresabonnement DM 60,-, Institutionen und Förderer DM 80,-; Ausland DM 60,-, Institutionen DM 85,-, Luftpostzuschlag DM 15,- Herausgeber:
informationsstelle südliches afrika e.V. (issa),
Königswinterer Str. 116
D-53227 Bonn
Tel.: 0228 - 464369
Fax: 0228 - 468177
E-Mail: issa@comlink.org