Quelle:  SoZ - Sozialistische Zeitung Nr.6 vom 16.03.2000, Seite 2

Dresdner-Bank-Übernahme
NS-Sprache

von WINFRIED WOLF

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Die deutsche Wirtschaftsgeschichte weist die Deutschbanker als ausgesprochen klassenbewusste und politische Strategen aus. Der OMGUS-Bericht (der US-Besatzungsmacht) stellte 1947 fest, Emil Georg von Stauss, damaliger Chef der Deutschen Bank, habe Anfang der 30er Jahre "mit bemerkenswerter Weitsicht eine frühzeitige Wiederaufrüstung und den Krieg stets vor Augen" die "Reorganisation" von Daimler-Benz und BMW betrieben und dort die Weichen gestellt, damit frühzeitig statt ziviler Produktion Rüstungsgüter gefertigt würden. Erinnert das nicht an die "Weitsicht", mit der die Deutsche Bank unter Herrhausen den Umbau von Daimler-Benz zu einem Rüstungsunternehmen betrieb, indem AEG, MTU, MBB und Dornier übernommen wurden? Seither wurde die "Politik" derart gesteuert, dass gewaltige Rüstungsgroßaufträge wie der Eurofighter trotz Wegfall des Warschauer Pakts realisiert werden.

Und wenn der Deutschbanker Breuer auf der Pressekonferenz zur Vorstellung der Dresdner-Übernahme sagte: "Wir wollen Führer dieser Bewegung sein und nicht die Getriebenen werden!" - kann da angesichts der Geschichte dieses Instituts jemand darüber hinwegsehen, dass dies NS-Sprache ist? Selbst wenn letzteres als eine typische Übertreibung eines "dogmatischen Linken" betrachtet werden sollte - die neue Deutsche Bank wird alles sprengen, was es an Wirtschaftsmacht bisher in Nachkriegsdeutschland gegeben hat. Allein die Rolle der IG Farben im NS-Staat weist vergleichbare Dimensionen aus. Die neue-alte Deutsche Bank wird direkten und massiven Einfluss auf die Politik nehmen. Betrachten wir nur einen "zivilen" Bereich: Der Welt am Sonntag (12.3.) war die folgende Passage zu entnehmen: "Wenn die Strategen [der Deutschen Bank] in die Zukunft dieser Branche blicken, bekommen sie feuchte Augen. In den meisten Industriestaaten brechen die Rentensysteme unter dem Druck der demografischen Logik zusammen. Folge: Der Bedarf an privater Vorsorge steigt exponenziell … Investmentbanker schätzen, dass allein aus diesem Grund auf die Vermögensverwalter ein Geschäft zwischen 3 und 5 Billionen Dollar wartet." Ob Rüstung oder Renten, die Deutschbanker werden das "Warten" auf diese gigantischen Geschäfte abzukürzen wissen. Uns droht eine Gesellschaft von Deutschbankers Gnaden, in der der direkte, undemokratische, Einfluss des Kapitals auf die Politik Verhältnisse, wie wir sie in der geFLICKten Republik der 80er und in der BIMBESrepublik der 90er Jahre erlebten, bei weitem in den Schatten stellt.

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