75 Jahre Befreiung KZ Auschwitz
Zweierlei Gedenken an die Opfer des Hitler-Faschismus

Ein Rote Fahne Kommentar von "gof"

02/2020

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Heute vor 75 Jahren, am 27. Januar 1945, befreiten Truppen der sowjetischen Roten Armee das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz–Birkenau aus den Händen der Hitler-Faschisten. Sie trafen dort nur noch etwa 7.000 Häftlinge, Kranke und Erschöpfte, von denen viele in den kommenden Tagen starben. Die meisten Lagerinsassen wurden zuvor auf Todesmärsche Richtung Westen getrieben.  

Auschwitz steht in besonderer Weise für die abgrundtiefe Menschenverachtung und Bestialität des Hitler-Faschismus. Das Lager in der Nähe der polnischen Stadt Oswiecim war das größte deutsche Vernichtungslager während des Faschismus. In dem Lagerkomplex wurden 1,1 Millionen Menschen von den SS-Schergen systematisch ermordet.

Mahnung, wozu der Faschismus fähig ist

Neben etwa einer Million jüdischer Opfer auch rund 160.000 weitere: Polen, Sinti und Roma, Gegner der Hitler-Faschisten wie Kommunisten und Sozialdemokraten, tausende sowjetische Kriegsgefangene und Gefangene zahlreicher anderer Nationalitäten. Viele weitere kamen durch Zwangsarbeit, Krankheiten, medizinische „Versuche“ von Nazi-Ärzten oder Unterernährung ums Leben.

Gerade für den Kampf gegen die Rechtsentwicklung der Regierungen, der bürgerlichen Parteien, Medien und Kultur sowie unter einem Teil der Massen ist es dringend notwendig, sich durch die Erinnerung daran vor Augen zu führen, wozu der Faschismus fähig ist und welch unermessliches Leid er anrichtete.

Gedenken wird instrumentalisiert

Im Vorfeld der bürgerlichen Gedenkfeiern entbrannte darüber ein Streit zwischen den Vertretern verschiedener Regierungen - insbesondere Polens und Russlands. Die ultrareaktionäre, faschistoide Duda-Regierung in Polen weigert sich, die Rote Armee überhaupt als Befreier vom Hitler-Faschismus anzuerkennen. Kleinlich stritten sich Andrzej Duda und der russische Präsident Wladimir Putin, welches ihrer Völker mehr Opfer des Faschismus zu beklagen hatte. 

Putin verteidigte die entscheidende Rolle der Roten Armee, um sich gleichzeitig als Bewahrer ihrer antifaschistischen Tradition auszugeben. Auch seine Rede bei der zentralen internationalen Gedenkfeier in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vaschem in Jerusalem am 23. Januar war in diesem Tenor gehalten.

Rücksicht auf antifaschistische Tradition

Putin konnte sich angesichts des nach wie vor großen Rückhalts des heldenhaften Verteidigungskriegs der damals noch sozialistischen Sowjetunion unter der russischen Bevölkerung auch nichts anderes erlauben. Wie geheuchelt das von ihm ist, zeigt seine Unterstützung ultrareaktionärer bis faschistischer Kräfte in Russland und vielen anderen Ländern im Interesse der eigenen neuimperialistischen Ziele. Während Putin bei den Gedenkfeiern im polnischen Oswiecim ausgeladen war, durfte der polnische Präsident in Jerusalem nicht sprechen. 

Der israelische Historiker Shlomo Sand kritisiert die Art „Gedenken“, wie sie in Yad Vashem stattfand und wie sie insbesondere auch von Israels Regierung betrieben wird: "Der industrielle Mord wurde ausschließlich zur jüdischen Tragödie. Die westliche Erinnerung an die Konzentrations- und Vernichtungslager entledigte sich fast gänzlich aller anderen Opfer, darunter geistig Behinderte, Sinti und Roma, Angehörige des kommunistischen und sozialistischen Untergrunds, Zeugen Jehovas, polnische Intellektuelle und sowjetische Kommissare und Offiziere." (Mehr dazu)

Steinmeier warnt vor dem "Bösen"

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier mahnte in seiner Rede in Yad Vaschem, dass sich "antisemitisches, ... völkisches, ... autoritäres Denken" heute in "neuem Gewand" zeige. Doch auch er betrieb Spurenverwischung im Sinne des bürgerlichen Antifaschismus. Es sei heute "dasselbe Böse" wie damals, das für faschistische, antisemitische Attentate wie gegen die Synagoge von Halle verantwortlich sei. 

Dieses „Böse“ ist keine mystische Größe, es hat Namen, Gesichter und Organisationen - gerade vermelden Pressemitteilungen 550 faschistische Verdachtsfälle in der Bundeswehr. Und es hat einen Klassencharakter. Faschistische Terrorgruppen werden vom Kapital aufgebaut, gefördert und geduldet als Stoßtrupps gegen die Revolutionierung der Arbeiterbewegung und der breiten Massen. Es waren die führenden deutschen Konzerne, die Hitler zur Regierungsübernahme verhalfen.

Darüber mag Steinmeier nicht reden, weil er selbst mit Haut und Haaren der Diktatur der Monopole dient, die sich heute noch der Herrschaftsform der bürgerlichen Demokratie bedient.

Amthor macht Stimmung gegen Muslime

Eine andere Variante der Spurenverwischung kommt vom CDU-Bundestagsabgeordneten Philipp Amthor. In einem Interview zum Auschwitz-Gedenktag behauptet er allen Ernstes, "dass Antisemitismus natürlich vor allem in muslimisch geprägten Kulturkreisen besonders stark vertreten ist". Eine rassistische Provokation unter dem Vorwand des "Kampfs gegen Antisemitismus".

Faschistoide und faschistische Kräfte - und dazu gehören auch die islamisch verbrämten Faschisten - als reale Hauptträger aller Formen des Rassismus sollen so aus dem Schussfeld genommen werden.

Kampf gegen faschistische Tendenz statt Spurenverwischung

Solcher Spurenverwischung halten MLPD und REBELL eine konsequente antifaschistische Aufklärungsarbeit entgegen - gerade auch an Gedenktagen wie dem heutigen. Sie verbinden das mit der Förderung des aktiven Widerstands gegen Faschisten und faschistoide Kräfte und dem entschiedenen Eintreten für das sofortige Verbot aller faschistischen Organisationen und ihrer Propaganda.

Eine breite, überparteiliche Einheitsfront auf Augenhöhe gegen Faschismus, Imperialismus und Krieg ist das Gebot der Stunde. Diese Vorschläge wird die MLPD auch dem kommenden Bundeskongress des Internationalistischen Bündnisses unterbreiten.

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