2.2.2016
Wir haben soeben das Bonner
Ausländeramt (Oxfordstraße 19) im Rahmen der
Demonstration des heutigen “Refugee Schul- und
Uni-Streiks” besetzt. Es handelt sich, wie die
EU-Kommission, vor der die Kundgebung stattfand, um
Zweigstellen von staatlichen Institutionen die
maßgeblich verantwortlich sind für die Situation der
Flüchtlinge. Deshalb haben wir sie als Ziel für unsere
Aktionen des zivilen Ungehorsams gewählt.
Wir haben zwei Anliegen:
1.) Wir wollen auf
die unhaltbaren Zustände und die machbaren Lösungen der
Flüchtlingskrise aufmerksam machen.
Die Kriege und
Wirtschaftspolitik von NATO, EU und Deutschland haben
millionenfach Fluchtgründe geschaffen. Zwei Drittel der
Flüchtlinge kamen 2015 aus Syrien, Irak und
Afghanistan. Die Abschottung von Europas Grenzen treibt
immer mehr Flüchtlinge in die Arme von Schleppern und
in den Tod durch Kälte, Hunger und Ertrinken. Gemeinsam
mit Folterregimen und Diktatoren wollen
CDU-SPD-Regierung und EU die Abschottung nun weiter
verstärken (Türkei, Marokko, Algerien usw.) und
Familien anerkannter Flüchtlinge sollen nun mindestens
zwei Jahre in Krieg und Hunger verbleiben.
Ankommende Flüchtlinge
werden entweder in rechtswidrigen Schnellverfahren
abgefertigt (z.B. Balkan) oder monatelang in quälender
Ungewissheit gelassen. Die Asylrechtsverschärfung macht
den Schwebezustand zur Regel für syrische Flüchtlinge
und höhlt das Recht auf Asyl weiter aus.
Flüchtlinge werden mit
einem Arbeits- und Studienverbot in Lager eingesperrt.
Statt den millionenfachen Leerstand bezugsfertiger
Wohnungen für Flüchtlinge und Einheimische in
Deutschland zu nutzen, können Wohnungskonzerne legal
mit Immobilien spekulieren und sich bereichern. Auch in
Bonn gibt es mit mehr als 4000 leerstehenden Wohnungen
mehr als genug Platz, um Flüchtlinge menschenwürdig
unterzubringen und gleichzeitig den Bonner
Sportvereinen den Zugang zu Turnhallen zu sichern.
Statt Sozialwohnungen für Flüchtlinge und Einheimische
zu bauen, nutzt der deutsche Staat seine historischen
Rekordsteuereinnahmen und seinen Haushaltsüberschuss
für weitere Aufrüstung. Wir fordern:
- Die neue
Asylrechtsverschärfung stoppen!
- Umfassende kostenlose
medizinisch-psychologische Betreuung und
Intensiv-Sprachkurse!
- Legale Fluchtwege für
Familien nach Europa! Weg mit der “Festung Europa”
als Grundlage des Schleppersystems!
Bewegungsfreiheit, bundesweit!
- Schnelle Anerkennung
und Hilfe statt Bürokratie und Hinhaltetaktik!
- Abschiebungen
stoppen! Kein Mensch ist illegal – egal ob aus
Syrien, Afghanistan oder dem Balkan.
- Flüchtlinge in
leerstehende Wohnungen statt menschenunwürdige
Massenlager! Flüchtlinge, Sport und Museen schützen,
auf Kosten der Wohnungskonzerne!
- Sozialwohnungsbau
statt Aufrüstung!
2.) 7 Monate Warten
sind zu viel! Im Asylverfahren der Flüchtlinge aus dem
Lager in Troisdorf-Sieglar bestehen wir auf die
öffentlichen Vergabe eines ersten Anhörungstermins, und
zwar heute!
Nach monatelangem
Hinhaltespiel der Behörden haben freiwillige Helfer die
Flüchtlinge zu Amtsgesprächen begleitet. Egal, wo sie
vorsprachen, wurden sie abgewiesen. Niemand war
zuständig, weder beim Amt in Troisdorf, noch in
Düsseldorf (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge).
Sogar ein Hungerstreik, den die Troisdorfer Flüchtlinge
in der Folge organisierten, wurde von den Behörden
ignoriert. Die Perspektivlosigkeit und Ungewissheit
über Abschiebung oder Asyl ist aber unerträglich,
verletzt die Menschenwürde und muss beendet werden. Ein
erster Anhörungstermin ist das Mindeste. Er muss noch
heute – öffentlich – vergeben werden.
Wir bieten Ihnen gerne
Interviews und Statements vor Ort an. Alternativ:
Pressetelefon:
015737911253
O-Töne:
Ayshe C. (17 Jahre):
„Wir sind nicht hier um den Betrieb zu stören oder die
Beamten zu belästigen. Ganz im Gegenteil. Uns geht es
bei der Besetzung darum, dass die Flüchtlinge ihre
Asylanträge schneller bearbeitet kriegen, damit sie
endlich in Deutschland ankommen können. Wir sind hier
um dieses Recht auch für die Troisdorfer Flüchtlinge
durchzusetzen, die vor Kurzem sogar einen Hungerstreik
für diese Forderung organisiert haben. Sogar das wurde
von Stadt und Land ignoriert. So kann es nicht
weitergehen.“
Sabine W. (22 Jahre)
sagt: “Die Ungewissheit muss nach 7 Monaten enden! Wir
wollen das Spiel der Behörden mit den Zuständigkeiten
nicht länger mitspielen. Jetzt sind alle zuständig!
Natürlich ist es für die Behörden möglich, den
Troisdorfer Flüchtlingen jetzt einen Termin für ihre
Anhörung zu geben. Ob das von der Stadt Troisdorf oder
Bonn kommt, vom Land oder vom Bund, ist völlig egal!
Überhaupt brauchen wir unbürokratische Schnellverfahren
zur Anerkennung statt unmenschlichen Schnellverfahren
zur Abschiebung!”
Max F. (19 Jahre)
ergänzt: “Ein Mensch, der vor Terror, Krieg, Hunger
oder Verfolgung hierher flieht, hat unseren Schutz
verdient. Das ist das Mindeste. Das müsste
selbstverständlich sein. Warum lässt man die Menschen
nicht auf den normalen Verkehrswegen einreisen? Warum
zwingt man sie auf Schlepperrouten?”
Irmgard J. (60 Jahre)
sagt: “Im zweiten Weltkrieg haben die Länder der Welt,
auch die ganz armen, auch die europäischen Flüchtlinge
zu Millionen aufgenommen. Es ist einfach unerträglich,
dass wir jetzt den Ärmsten der Welt die Tür
verschließen. Die 23.000 toten Flüchtlinge auf dem
Grund des Mittelmeeres sind eine historische Schuld,
besonders für Deutschland! Ich will nicht das morgen in
den Geschichtsbüchern steht, wir hätten wieder nichts
dagegen getan.”
Peter S. (26 Jahre)
sagt: “Ich kann dem stummen Massenmord an Europas
Grenzen nicht länger tatenlos zusehen. Deshalb habe ich
mich entschlossen, heute bei dieser Aktion zivilen
Ungehorsams teilzunehmen und verantwortliche Behörden
mit zu besetzen.”
Sven W. (18 Jahre): „An
der Schule von meinem Freund sind Flüchtlinge in der
Turnhalle untergebracht. Es ist schonmal gut, dass sie
nicht draußen in Zelten in der Kälte bleiben müssen.
Doch diesen Menschen sollte auch eine richtige Wohnung
zustehen, gerade bei so vielen leerstehenden Wohnungen
wie in Bonn! Dann könnten wir auch wieder in der Halle
trainieren, nebenbei gesagt...“
Quelle:
linksunten.indymedia.org 2.2.2016 |