Nachdem das
griechische Parlament am 29. Dezember nicht in der Lage war,
einen neuen Staatspräsidenten zu wählen, kam es zu Neuwahlen.
Das kam nicht von ungefähr sondern war ein langer Prozess des
Bröckelns innerhalb des Regierungslagers aber auch dem Verlust
der Hegemonie desselben. Dem folgte ein kurzer aber aufgeladener
Wahlkampf, nicht nur in Griechenland. Auch in Europa und
insbesondere Deutschland dachten die politischen Eliten man
könne sich in den griechischen Wahlkampf einmischen. Die Palette
reichte von Beschwichtigungen bis hin zu Drohungen.
Beispielsweise sagte der Präsident der EU-Kommission Jean-Claude
Junker wörtlich: „Ich denke, die Griechen wissen sehr genau, was
ein falsches Wahlergebnis für Griechenland und die Euro-Zone
bedeuten würde”. Die Bundesregierung sprach offen über die
“Verkraftbarkeit” des Ausstiegs Griechenlands aus der Euro-Zone
und das Wort Grexit wurde zum neuen Debattengegenstand.
Am Ende des kurzen aber heftigen
Wahlkampfes siegte doch die Demokratie. Allen Versuchen der
europäischen politischen Kaste, sich in die griechischen
Wahlkampf einzumischen, zum Trotz, siegte das Linksbündnis
SYRIZA klar. Die einzige Frage bestand darin ob SYRIZA es
schafft, die absolute Mehrheit in Parlament zu erringen. Nach
einer höchst spannenden und emotionsgeladenen Wahlnacht stand
fest, dass sie keine absolute Mehrheit erreicht hat. Ab diesem
Zeitpunkt waren Koalitionsverhandlungen für SYRIZA die einzige
Möglichkeit, um in Griechenland eine Regierung zu stellen.
Keine Koalition mit den
Austeritätsparteien
Der naheliegendste Koalitionspartner
für SYRIZA, die Kommunistische Partei Griechenlands (KKE), fiel
von vornherein aus. Was nicht nur mit den tagespolitischen
Auseinandersetzungen seit Anfang der Krise und dem Kurs Tsipras
in der EU und damit auch im Euro-Raum bleiben zu wollen zu tun
hat, sondern vor allem mit der Geschichte der beiden Parteien
seit dem Ende der Militärdiktatur in Griechenland 1974. Ebenso
ausgeschlossen war die Zusammenarbeit mit der Goldenen
Morgenröte, einer neonazistischen, Partei die von einem
großhellenischen Reich träumt und sich positiv auf das deutsche
NS Regime bezieht. Außerdem steht die Goldene Morgenröte
felsenfest auf der Seite der griechischen ReedereibesitzerInnen,
die von der bisherigen Privatisierung der Reedereien stark
profitiert haben.
Von vornherein konnte auch eine
Koalition mit den sogenannten Memorandumsparteien seitens SYRIZA
ausgeschlossen werden. Zu diesen zählen die konservative Nea
Demokratia und die sozialdemokratische PASOK. Da SYRIZA als
Partei und Bewegung die Austeritätspolitik stets ablehnte, war
eine Koalition mit den Vertretern eben dieser Politik undenkbar.
To Potami (Der Fluss) ist eine Partei, die in Deutschland
weitläufig als „linksliberal“ oder „mittig“ gilt. Die Partei
wurde von einem konservativen Journalisten gegründet und hat
einen klaren pro-Austeritätskurs in ihrem Programm. Sie hat zwar
SYIRZA die Zusammenarbeit angeboten, jedoch nur unter der
Bedingung, dass SYRIZA von ihrem anti-Austeritätskurs abweicht.
Da SYRIZA erst durch die Anti-Austeritäts-Bewegung groß geworden
ist, wäre eine Koalition mit To Potami ein Affront für die
SYRIZA-WählerInnen.
Kein Wunschpartner, aber der einzig
mögliche
Als einzige Partei die sowohl gegen
die Austeritätspolitik ist, als auch die Zusammenarbeit mit
SYRIZA nicht von vornherein ausgeschlossen hat, blieb die
rechts-populistische ANEL. Die im Februar 2012 gegründete Partei
entstand aus einer Abspaltung der Nea Demokratia, vor allem in
der Opposition zur Sparpolitik der Nea Demokratia. Ihr Programm
bleibt in vielen Punkten vage und geht lediglich auf
Migrations-, Sozial- und Austeritätspolitik ein.
Die Entscheidung fiel letzten Endes
auf ANEL, was aufgrund ihres Programms und der ideologischen
Ausrichtung zu verurteilen ist. Der Blick auf die Regierung muss
dennoch ein kritisch-solidarischer sein. Der Koalitionsvertrag
von SYRIZA und ANEL beschränkt sich im Wesentlichen auf eine
Vereinbarung zur Beendigung der von der Troika verordneten
Sparpolitik in Griechenland. Außerdem bekam ANEL ein Ministerium
und drei Unterministerien. Von den insgesamt 41
MinisterInnenposten gingen lediglich drei an ANEL. Die Posten
sind, mit Ausnahme des unbeliebten Verteidigungsministeriums,
eher unbedeutend. In Fragen der Sozial- und Migrationspolitik
aber auch anderen Politikfeldern hat SYRIZA angekündigt, mit
anderen Parteien zusammen zu arbeiten. Angesichts der
Verhältnisse in der Koalition von 149 Sitzen von SYRIZA zu 13
Sitzen von ANEL, ist ANEL ein äußerst unangenehmes Übel, das im
Hinblick auf die katastrophale Situation in Griechenland dennoch
das kleinste ist.
Kritische Solidarität ist das Gebot
der Stunde
Im Gegensatz zu vielen europäischen
Ländern genießt SYRIZA derzeit eine linke Hegemonie in
Griechenland und hat endlich die historische Chance, der
verheerenden Sparpolitik der Troika ein Ende zu bereiten. Wie
ernst es SYRIZA ist, wird anhand der ersten Sofortmaßnahmen der
Regierung deutlich. Was die Regierungskoalition in den nächsten
vier Jahren real verändern wird, wird sich zeigen. Aber an
dieser Stelle, noch bevor der zarte Keim der Veränderung in
Griechenland überhaupt angefangen hat zu blühen, wären voreilige
Urteile zu schnell. In vier Jahren werden sich SYRIZA und die
Regierung daran messen lassen müssen, was sie erreicht haben.
Bis dahin gilt es, dieses Projekt kritisch-solidarisch zu
begleiten. Denn ein Neuanfang in Griechenland ist eine Hoffnung
für ganz Europa!
Julius Zukowski-Krebs ist Bundessprecher der Linksjugend
['solid] und Executiv Secretary von ENDYL, dem European Network
of Democratic Young Left. Er hat enge Kontakte zur Jugend von
SYRIZA.
Quelle:
Critica online, hrg.v. Die Linke.SDS,
2.2.2015
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