Buchbesprechung
Hannes Hofbauer: Die Diktatur des Kapitals

von  Michael Pröbsting

02-2015

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Der Promedia Verlag veröffentlichte kürzlich ein Buch von Hannes Hofbauer mit dem Titel „Die Diktatur des Kapitals“. Darin setzt sich der Autor kritisch mit der Aushöhlung der Demokratie durch die wachsende Macht der global agierenden Märkte auseinander.

Im ersten Kapitel gibt er einen Überblick über die Entwicklung des Begriffs der „Demokratie“ sowie ihrer unterschiedlichen Interpretationen in der Zeit der Sklavenhaltergesellschaft im antiken Griechenland, im Europa des 19. Jahrhundert und schließlich die moderne Demokratie seit dem Zweiten Weltkrieg. Hofbauer verweist dabei auch auf die Kritik an der liberalen Demokratie durch sich als marxistisch verstehende Autoren wie Jaques Rancière oder Alain Badiou sowie auf deren Alternative des Kommunismus.

Der Hauptteil des Buches besteht in einer faktenreich untermauerten Kritik der liberalen Demokratie wie sie sich in den vergangenen Jahrzehnten in Europa und insbesondere der Europäischen Union herausgebildet hat. Hofbauer zeigt anhand einer Reihe von Fallbeispielen, wie sich die Banken und Konzerne unter dem Deckmantel des freien Marktes und der liberalen Demokratie Osteuropa nach der Wende 1989-91 unterwarfen und plünderten.

Ebenso arbeitet er heraus, wie die verschiedenen Abkommen und Verträge – wie z.B. die sogenannten „Investitionsschutzabkommen“, der EU-Fiskalpakt, der „Europäische Stabilitätsmechanismus“ oder neuerdings das zwischen EU und der USA geplante Freihandelsabkommen TTIP – alle nur zu einer extremen Machterweiterung der Banken und Konzerne führen. Die nationalen Regierungen – insbesondere in den wirtschaftlich schwächeren Ländern des Ostens oder des Südens – verkommen dabei immer mehr zu kolonialen Exekutionsorganen.

Für österreichische Leserinnen und Leser interessant ist auch Hofbauers kurzer Exkurs über den Zusammenbruch der Hypo Alpe Adria Bank. Diese Bank ist zu einem Symbol für den korrupten und bankrotten Kapitalismus geworden. Zuerst bezogen die Eigentümer und Aktionäre große Profite aus Ostgeschäften während die Bank gleichzeitig als Selbstbedienungsladen für die Kärntner Freiheitlichen und befreundete Geschäftemacher fungierte. Schließlich, als das Kartenhaus zusammenbrach, kam es zu einer für den Steuerzahler extrem kostspieligen Notverstaatlichung.

Ein anderes von Hofbauer behandeltes Fallbeispiel für die neoliberale Kolonialisierung der wirtschaftlich schwächeren Länder ist Zypern. Der Autor zeigt auf, wie die EU-Troika – ähnlich wie bei Griechenland – das Land mit allen erdenklichen Druckmitteln ausplünderte und erpreßte.

Im letzten Teil widmet sich Hofbauer den Schlußfolgerungen seiner Analyse. Er stellt zu Recht fest, daß die liberale Demokratie in Wirklichkeit immer mehr eine Diktatur des Kapitals darstellt und im Gegensatz zu einer tatsächlichen Volkssouveränität, der Mitbestimmung durch die einfache Bevölkerung, steht.

Sollte man eine Schwäche des Buches ausmachen, so würde ich darauf hinweisen, daß die empirisch reichlich fundierte Studie der neoliberalen Globalisierung nicht mit einer ähnlich klaren und scharfen theoretischen Fundierung einhergeht. Der Autor kokettiert zwar wiederholt mit der marxistischen Theorie, aber dieser Flirt mündet nicht in eine dauerhafte und innige Beziehung. Dieser Mangel sollte aber nicht allzusehr dem Autor angelastet werden, denn er spiegelt einen heute unter kritischen Intellektuellen allgemein vorherrschenden Zeitgeist auf ideologischer Ebene wieder. So haben sich die vergangenen zweieinhalb Jahrzehnte auf der Ebene der Weltanschauung durch ein außergewöhnliches Voranschreiten des post-modernistischen Skeptizismus ausgezeichnet, der sich von einem eklektischen, von-der-Hand-in-den-Mund-lebenden Subjektivismus ernährt. Diese Entwicklung verkörpert eine Art ideologische Reflexion des im Verfall begriffenen Kapitalismus.

Dieser Mangel beeinträchtigt jedoch nicht den Wert des Buches als eine Bereicherung für jeden und jede, der sich ein genaueres, auf Fakten stützendes Wissen über das Voranschreiten der neoliberalen Globalisierung sowie die immer weiter ausartende Korruption und Verfall der liberalen Demokratie verschaffen möchte.

Hannes Hofbauer
Die Diktatur des Kapitals. Souveränitätsverlust im postdemokratischen Zeitalter

Promedia Verlagsgesellschaft
(Wien) 2014.
240 Seiten.
ISBN 978-3-85371-376-1.
D: 17,90 EUR, A: 17,90 EUR, CH: 25,90 sFr.

Editorische Hinweise

Wir erhielten den Artikel vom Autor für diese Ausgabe.
Homepage: http://www.great-robbery-of-the-south.net/