Bernard Schmid berichtet aus Frankreich

Continental wegen gewerkschaftsfeindlicher Gesetzesverletzung verurteilt

02-2014

trend
onlinezeitung

In der dritten Januarwoche 2014 wurde der deutsche Reifenhersteller Continental zum wiederholten Male in Frankreich verurteilt, dieses Mal wegen rechtswidriger gewerkschaftsfeindlicher Diskriminierung. Der ,Public ennemi number one’ und Gottseibeiuns des Konzerns, der CGT-Gewerkschafter Xavier Mathieu, erhält 5.000 Euro Schadensersatz plus 25.000 Euro Nachzahlung von ihm noch geschuldeten Löhnen. Zusätzlich muss Continental 1.500 Euro Anwalts- und Justizkosten unternehmen.

Eine kleine Rückblende ist erforderlich: Vor nunmehr fünf Jahren, im Frühjahr 2009, hielten die insgesamt 1.700 Beschäftigten von Continental in Clairoix (rund 50 Kilometer nordöstlich von Paris) die französische Öffentlichkeit in Atem. In ihre Fabrik hatten sie zuvor Lohnverzicht geübt und den Aufbau eines „Modellstandorts“ mitgetragen. Doch dann entschied die Konzernzentrale in Hannover, dass sie nunmehr die in Clairoix erprobten neuen Produktionstechnologien hinreichend getestet habe und die dortige Produktion nach Rumänien transferieren können. Trotz schwarzer Zahlen verkündete die Direktion die Schlieung des Werks in Clairoix und die Entlassung der abhängig Beschäftigten. Diese lieen sich das jedoch nicht gefallen, sondern zogen vor Gericht, um den Erlass einer Einstweiligen Verfügung zu erreichen - wo sie allerdings verloren. Und zerlegten daraufhin im April 2009 das Gebäude der Unterpräfektur in Compiègne (einer zentralstaatlichen Behörde auf Bezirksebene) in Kleinholz. Diese Aktion sorgte damals für immens viele Schlagzeilen.

Zurück in die Gegenwart: Im Nachhinein wurde Continental am 30. August 2013 vom Arbeitsgericht in Compiègne dazu verurteilt, den 1.700 ehemaligen Beschäftigten – denen Anfang 2010 definitiv gekündigt worden war – Schadensersatzzahlungen zu leisten. Und zwar wegen „sozial ungerechtfertigter Kündigungen“ (licenciements sans cause réelle et sérieuse), weil die vorgeschobenen „betriebsbedingten Gründe“ nicht existiert hätten. Der Konzern hat jedoch Berufung eingelegt.

Zuvor hatte ein Verwaltungsgericht in Amiens am 22. Februar 2013 die Wiedereinstellung von insgesamt 22 Beschäftigten, die Mandatsträger (gewerkschaftliche oder im Betrieb gewählte Vertrauensleute) waren, angeordnet. Denn Mandatsträger/innen besitzen einen gesetzlichen Sonderstatus, der einen auerordentlichen Kündigungsschutz beinhaltet: Ihnen darf nur mit Zustimmung der Arbeitsinspektion – eine Art Gewerbeaufsicht, welche auf die Einhaltung der Arbeitsgesetze zu wachen hat – gekündigt werden. Deswegen sind (weil die Kündigung also letztlich einen Verwaltungsakt beinhaltet, da die Behörde eine Genehmigung erteilen muss) die Verwaltungsgerichte für die Kontrolle solcher Kündigungen zuständig.

Das Verwaltungsgericht verurteilte also Continental zur Weiterbeschäftigung der 22 Mandatsträger, unter ihnen Xavier Mathieu, da ihre Kündigung nicht auf gerechtfertigten Gründen beruhe. Der Konzern weigerte sich jedoch schlicht bzw. berief sich darauf, da das Werk von Clairoix inzwischen geschlossen sei, sei es nun eben leider nicht möglich, ihnen noch Beschäftigung zu geben.

Dies ist jedoch das Problem des Arbeitgebers, sofern die ursprünglich von ihm vorgeschützten „betriebsbedingten Kündigungsgründe“ inexistent sind. Es liegt an ihm, den Betroffenen etwas tun zu geben, oder andernfalls zumindest ihre Löhne fortzuzahlen.

Dazu wurde Continental nun, am 10. Januar 14 in Compiègne, im Falle des Klägers Xavier Mathieu per Einstweilige Verfügung verurteilt.
 

Vgl. zur aktuellen Berichterstattung u.a.:

° http://www.leparisien.fr/oise-60/continental-condamne-pour-discrimination-syndicale-envers-xavier-mathieu-10-01-2014-3481129.php

° http://www.liberation.fr/economie/2014/01/10/continental-condamne-aux-prud-hommes_972058

° http://lexpansion.lexpress.fr/entreprise/continental-condamne-pour-avoir-discrimine-le-syndicaliste-xavier-mathieu_423333.html

Editorische Hinweise

Wir bekamen den Artikel vom Autor für diese Ausgabe.