Gegen den Strich gelesen
Peter Nowak bespricht "Andreas H. Apelt: Die Opposition in der DDR und die deutsche Frage 1989/90."

02/10

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Andreas H. Apelt ist ein bekennender Deutschnationaler, der am rechten Rand der Union steht und sich positiv auf die selbstbewusste deutsche Nation beruft. Auch historisch bezieht er sich völlig kritiklos auf die antifranzösische Mobilisierung gegen Napoleon Anfang des 19. Jahrhunderts und deren Ideologen Ernst Moritz Arndt . Mit keinem Wort geht er auf dessen Antisemitismus ein.

Wenn ein solcher Autor ein Buch über die DDR-Opposition und ihre Rolle zur „deutschen Frage“ vorlegt, ist von Vornherein klar, dass er alle, die vor 1989 andere Probleme als die deutsche Wiedervereinigung hatten, scharf aburteilt. Trotzdem ist die Lektüre des im Christoph Links Verlag erschienenen Buches interessant, wenn man sich auf das konzentriert, was der Autor schreibt und nicht, was er bezwecken will. Denn er mag noch so oft postulieren, dass sich die Mehrheit der DDR-Bevölkerung immer für die Wiedervereinigung einsetzte, seine Quellen sprechen eine andere Sprache. Danach gab es noch bis im Dezember 1989 eine Mehrheit für eine eigenständige DDR. Erst die massive Einmischung aus der Bundesregierung brachte das Verhältnis zum Kippen. Damit muss der Deutschnationale Arpelt wider seine Überzeugung bestätigen, was auch linke DDR-Oppositionelle immer wieder anführten. Die fanden sich vor allem im linken Flügel des Neue Forums, der Grünen, und der von Arpelt nur am Rande behandelten Vereinigten Linken. Arpelt mag wichtige ProtagonistInnen der DDR-Opposition, besonders häufig Bärbel Bohley, wegen ihrem Bekenntnis zu einer eigenständigen DDR, kritisieren. Seine These, dass die Mehrheit der Bevölkerung in dieser Frage so völlig anders dachte, kann er nicht belegen.

Dass Arpelt die massive Einmischung der Westparteien und Institutionen in die innenpolitische Szene der DDR im Herbst begrüßt, ist nicht verwunderlich. Er gehörte selbst als Aktivist des Demokratischen Aufbruchs zu den führenden Protagonisten des rechten Flügels der Bewegung Mit der Deutschen Gesellschaft , den Neuen Deutschen Nationalverein und den Deutschen Kreis stellt der Autor, drei bisher wenig beachtete rechte Denkfabriken vor, die nach 1989 aktiv wurden und die ihre selbstgestellte Aufgabe, die Förderung eines deutschen Nationalismus, noch immer fortsetzen. Weil sich dort der rechte Rand in und außerhalb der Union trifft, wäre es auch wichtig, von linker Seite das Treiben dieser wenig bekannten Organisationen genauer unter die Lupe zu nehmen. So wie es Anfang der 80er Jahre Linke in der BRD gemacht haben, die sich kritisch mit nationalistischen Positionen in Teilen der mit der DDR-Dissidentenszene verbandelten Altenativbewegung auseinandergesetzt haben. Ein wichtiges Stichwort ist der Havemann-Aufruf, der eine deutschnationale Stoßrichtung hatte. Bei Arpelt finden diese Aktivitäten eine ausführliche Würdigung. Dort finden sich von westdeutscher Seite Figuren wie Alfred Mechtersheimer, Rolf Stolz, Herbert Ammon und Theodor Schweisfurth, die nicht nur als Autoren der rechten Wochenzeitung Junge Freiheit fest im rechten Lager verankert sind.

Es wäre zu hoffen, dass sich die GenossInnen aus der linken DDR-Opposition einmal zu Wort melden. Denn die Geschichte der DDR-Opposition sollte nicht denen überlassen, werden, die wie Apelt ihre Staatsnähe zum BRD-Staat in fast jeder Zeile betonen. Ob auch ein kritisches Buch, das keine Lobpreisung der aktuellen Zustände ist, im Christoph Links Verlag erscheinen könnte? Staatsferne sollte doch schließlich nicht nur für die DDR gelten.

 

Andreas H. Apelt
Die Opposition in der DDR und die deutsche Frage 1989/90.

Christoph Links Verlag, Berlin 2009
344 Seiten, 34,90 EUR, ISBN 978-3-86153-538-6