Der „Rot-Braune“, frühere Linke und antisemitische Hetzer Alain
Soral hat den Front National verlassen. Türe knallend. Am
Montag, den 2. Februar kündigte Alain Soral den Austritt aus der
rechtsextremen Partei an. Zuvor hatte der FN in der
Hauptstadtregion Île-de-France (Grobraum
Paris) entschieden, ihn nicht als Spitzenkandidat in der Region
zur Europaparlamentswahl am 7. Juni 2009 zu nominieren.
Die Spitzenkandidatur ging stattdessen an Jean-Michel Dubois,
einen langjährigen FN-Politiker, der schon 1984 als Leiter des
damaligen parteinahen Unternehmerverbands – der Struktur
‚Entreprise moderne et liberté’ (FNEML) – in Erscheinung
getreten war. Das politische und ideologische Profil der beiden
Herren ist durchaus sehr unterschiedlich: Dubois steht eher für
eine mittelstandsorientierte und tendenziell
wirtschaftsliberale, klassisch-reaktionäre Linie. Der
Berufsprovokateur Alain Soral, der 1993 der französischen KP den
Rücken kehrte, ist hingegen stark um ein Verwischen der Grenzen
zwischen Links und Rechts bemüht.
Er
tritt für ein hohes Ausmab
an Sozialdemagogie, einen unverhohlenen Antisemitismus und eine
stark von aubenpolitischen
Themen (mit einer eher „antiwestlichen“ Stobrichtung,
besonders gegen die USA und Israel) dominierte
Profilierungsstrategie ein. Alain Soral soufflierte der
FN-Führung aber im Präsidentschaftswahlkampf 2006/07 auch eine
Orientierung, die auf die Integration von Franzosen
migrantischer Herkunft in die beschworene nationale
Schicksalsgemeinschaft abzielte. Alain Soral leitete dieses
Herangehen aus seinem eigenen Erfolg dabei, den Komiker,
Theatermacher und früheren Antirassisten Dieudonné M’bala M’bala
an den FN heranzuführen, ab. Der schwarze Franzose Dieudonné,
der früher zeitweise bei den Grünen hospiziert und sich gegen
den FN engagiert hatte, hat sich seit 2003 in einen wüsten
Antisemitismus – vor dem Hintergrund einer „Opferkonkurrenz“
zwischen „Nachfahren der Opfer der Sklaverei“ und Juden, die an
den Holocaust erinnern – hineingesteigert. Alain Soral ist es
gelungen, Dieudonné von November 2006 bis Januar 2009 zu
mehreren gemeinsamen Auftritten mit Spitzenpolitikern des FN
(unter ihnen Jean-Marie Le Pen) zu bewegen. Jean-Marie Le Pen
ist seit Juli vergangenen Jahres auch der Taufpate von
Dieudonnés kleiner Tochter, Plume. Das Auftreten des Gespanns
Alain Soral/Dieudonné hat aber viele traditionelle FN-Wähler,
die ihre Partei mit diesem (aus ihrer Sicht „linken“) Profil
nicht wieder erkennen konnten, abgeschreckt und bei den Wahlen
von 2007 zur Stimmabgabe für den „zuverlässigeren“ Sarkozy
veranlasst.
Seinen Austritt gab Alain Soral auch in Anwesenheit von
Dieudonné, der ihn am Abend des 2. Februar als Stargast in sein
Theater im 11. Pariser Bezirk einlud, bekannt. Seinen
siegreichen Rivalen Dubois, der ihn beim Ringen um die
Spitzenkandidatur in der Ile-de-France ausgestochen hat,
bezeichnete Soral als „Schwachkopf, Stotterer und
‚Atlanto-sioniste’ (Anm.: also Unterstützer der
US-amerikanischen und israelischen Politik)“. Er griff zugleich
auch Marine Le Pen, die „unfähig zur Eroberung und Ausübung der
Macht“ sei, scharf an. Zur Durchsetzung ihrer Linie habe sie
„alle wahren Systemoppositionellen, ob sie nun zur
wertverbundenen Rechten oder zur wahren sozialen Linken zählen,
ausschalten müssen“. Jean-Marie Le Pen hingegen warf Soral vor,
er sei nur sauer, weil er sich vergeblich um einen „Platz am
Fressnapf“ – in Gestalt eines lukrativen Mandats im
Europaparlament – bemüht habe.
Einen französischen Rechtsextremen, der tatsächlich für eine
Annäherung an die US-amerikanische und israelische Rechte
eintritt, hat unterdessen die „Dissidentenfraktion“ des FN in
der Ile-de-France neu integriert. Es handelt sich um
Jean-François Touzé, der seit September 2008 seinen eigenen
Verein unter dem Namen ‚Nouvelle Droite Républicaine’ (NDR, Neue
Republikanische Rechte) gegründet hatte. Die NDR unterstützte
die Kandidatur von John McCain bei den US-Präsidentschaftswahlen
und zollte den israelischen militärischen Angriffen auf Gaza
Applaus.
In
der letzten Januarwoche spaltete sich die Fraktion des FN im
Regionalparlament der Hauptstadtregion, aufgrund der Opposition
vieler alter Kader gegen die „Modernisiererin“ Marine LePen.
Unter Anführung der uralten FN-Funktionärin Martine Lehidieux
(Witwe eines früheren hohen Vichy-Regimefunktionärs) und des
Mittvierzigers Martial Bild – bis vor kurzem Leiter der
Parteisektion Paris des FN – gründete sich Ende Januar die
Parlamentariergruppe ‚Nationaux et indépendants’ (National und
unabhängig) neu, als Abspaltung von der FN-Fraktion. Ihr gehören
sechs Abgeordnete an, dadurch verbleiben der bisher 15köpfigen
FN-Fraktion noch neun. In ihre Reihen wurde auch Jean-François
Touzé aufgenommen. Dies führte zu heftigen Angriffen auf ihn auf
der Webpage der „Nationalisten für Carl Lang“ – dieser frühere
Generalsekretär des FN bemüht sich darum, Listen von
rechtsextremen „Dissidenten“ gegen jene des FN in Nordfrankreihc
und auch in der Ile-de-France aufzustellen. Dort wird „Touzé,
der Zionist“ für seine ideologischen und aubenpolitischen
Positionen attackiert.
Editorische Anmerkungen
Den Text erhielten wir vom Autor
zur Veröffentlichung in dieser Ausgabe.
|