Jetzt oder nie
Solidarität mit den Gewerkschaften und den Massenkämpfen in der Republik Guinea

von Bernard Schmid

02/07

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Frankreich lässt Kriegsschiff auslaufen – Aufständische Bewegung fordert Einfrieren von Exporten, die der Bevölkerung keinen Nutzen bringen – Brutale Repression folgt auf den Generalstreik

 

Nie war sie so wertvoll wie heute: die internationale Solidarität. In der westafrikanischen Republik Guinea finden seit Anfang dieses Jahres heftige Massenkämpfe statt, auf die inzwischen eine ebenso heftige und gnadenlose Repression antwortet. Die Anzahl der Toten seit Beginn des jüngsten Generalstreiks hat inzwischen mindestens 112 (laut dem Wochenmagazin ‚Valeurs actuelles’) bzw. 113 Opfer (laut ‚Libération’ vom Dienstag, 20. Februar) erreicht.

 

Am 10. Januar 2007 hat der dritte Generalstreik binnen zwölf Monaten begonnen. Ab dem Wochenende des 27./28. Januar war der unbefristete Generalstreik (nach zweieinhalb Wochen und bis dahin 59 Toten) zeitweise ausgesetzt worden,  nachdem die federführenden Gewerkschaften CNTG und USTG auf wichtigen Themenfeldern Verhandlungserfolge erzielt hatten. Ja, zeitweise schien es bereits so, als seien die entscheidenden Durchbrüche geschafft worden. Das betrifft die ökonomischen Forderungen: die Preise für Transportmittel und Grundnahrungsmittel, insbesondere Reis, sollten abgesenkt werden. Bereits bei den beiden Generalstreiks im März und im Juni 2006 waren Lohnerhöhungen in zweistelliger Prozenthöhe erkämpft worden (die freilich angesichts des Ausmabes der Armut in Guinea, einem der rohstoffreichsten Länder der Rede, absolut unzureichend blieben). Das betrifft aber auch die politischen Forderungen: Die DemonstrantantInnen hatten eine weitgehende Entmachtung des 72-, bald 73jährigen Präsidenten Lansana Conté und die Einsetzung eines Premierministers mit echten Machtbefugnissen gefordert. Bis dahin gab es diesen Posten nicht, sondern nur einen „Minister für Präsidialangelegenheiten“, was bereits ganz ungeschminkt darauf hindeutete, dass die vollen Machtbefugnisse in Wahrheit allein beim Präsidenten lagen. Die letzte Marionette dieser Art war Fodé Bangoura gewesen, doch dieser hatte sich mit seinen Sprüchen ein bisschen übernommen (er hatte öffentlich erklärt, er werde „die Gewerkschaften zermalmen“), so dass der altender Machthaber ihn abservieren musste.  

 

Von wegen Machtübergabe „im Konsens“...

 

Nunmehr sollte, so sah es das Abkommen vom 26. Januar vor, ein „Premierminister des Konsenses“ bestimmt werden. Viele glaubten, damit sei ein schrittweiser Übergang der Macht aus den Händen des Präsidenten auf eine kollegiale Regierung – die ihrerseits unter dem Druck der Gewerkschaften und sozialen Bewegung stünde, welchen sie ja ihre Ernennung zu verdanken hätte – de facto besiegelt worden. Doch dann kam alles anders.

 

Am Freitag, den 9. Februar ernannte der seit 1984 ohne Unterbrechung amtierende Präsident und alte Militär Lansana Conté dann ein Angehörigen seiner eigenen Clique, seinen Günstling Eugène Camara, zum neuen Premierminister. Sofort flammten erneut Auseinandersetzungen und Kämpfe aus. An jenem Freitag kurz nach 14 Uhr vermeldete die Nachrichtenagentur AFP bereits heftige Zwischenfälle bei einer Demonstration in Dinguiraye (400 Kilometer nordöstlich der Hauptstadt Conakry), wo eine Polizeistation und eine Gendarmeriekaserne in Brand gesteckt worden waren. Allgemein wurde nunmehr der sofortige Rücktritt von Präsident Lansana Conté gefordert, von einem allmählichen Übergang der Macht wollen die aufgebrachten Demonstranten – zu Recht misstrauisch geworden – nun nichts mehr wissen. Allein am Wochenende des 10./11. Februar starben laut Angeben der Pariser Tageszeitung ‚Libération’ „23 Personen, darunter zwei Soldaten“, laut der Nachrichtenagentur Reuters (Meldung in beiden Fällen vom 12. Februar) hingegen „29 Menschen“. In Sangarédi im Nordwesten der Republik Guinea errichteten Jugendliche in der Nacht vom Sonntag zum Montag Barrikaden, um die Arbeiter der Guineeischen Bauxitgesellschaft (CGB) – des wichtigsten Exportmotors des total vom westlichen Kapital abhängigen Landes – daran zu hindern, sich an den Ort ihrer Ausbeutung zu begeben.

 

Allein am Montag, 12. Februar starben weitere 18 Menschen in der Hauptstadt Conakry und in mehreren „Provinzstädten“. Ein Korrespondentenbericht der Pariser Abendzeitung ‚Le Monde’, der einen Mitarbeiter einer humanitären Hilfsorganisation in Conakry zitiert: „Dieses Mal ist die Menge bewaffnet. Sie beantwortet die von den Militärs abgegebenen Schüsse und zerstört öffentliche Gebäude, Gefängnisse, Präfekturen oder Polizeiwachen.“ Die mittlerweile einzige Forderung der Protestierenden und Aufrührer: der sofortige Rücktritt von Präsident Lansance Conté. ‚Le Monde’ berichtet am Mittwoch vergangener Woche, dass die Soldaten eines Militärcamps in der Hauptstadt Conakry mitsamt ihren Waffen zu den Aufständischen der Massenbewegung übergelaufen waren: „Am Montag um die Mittagszeit haben die Soldaten des Armeecamps von Alpha Yaya, in der Nähe des Flughafens (von Conakry), gegen ihre Hierarchie gemeutert. Diese hatte ihnen soeben angekündigt, dass der Präsident Unterstützung von der ehemaligen Guerialla in (dem benachbarten Ex-Bürgerkriegsland) Liberia angefordert hatte. Die Meuterer brachen daraufhin die Tür des Waffen- und Munitionslagers auf, um sich zu bedienen, bevor sie hinausgingen und mit der Menge fraternisierten (sich verbrüderten).“

 

Am Abend desselben Tages (Montag, den 12. Februar) verkündete Präsident Conté in einer kurzen Fernsehansprache die Verhängung  des Kriegsrechts. Der Armee werden weitgehende Machtbefugnisse einräumt. Zugleich trat ab dem Dienstag Vormittag (13. Februar) eine allgemeine Ausgangssperre in Kraft. Zunächst war es den Einwohnern der Hauptstadt Conakry nur erlaubt, von 12 bis 16 Uhr auber Haus zu gehen, um die lebensnotwendigsten Einkäufe zu erledigen. Dem harten Kern des Regimes ging es vor allem darum, neue Demonstrationen und öffentliche Versammlungen oder „Zusammenrottungen“ jeglicher Art im Keim zu ersticken.  

 

Allerjüngste Entwicklung

 

Die neueste Entwicklung zeigt eine gewisse scheinbare Beruhigung der Lage in der Hauptstadt  Conakry, da es den Repressionskräften zunächst gelungen ist, öffentliche Versammlungen und Ansätze zu Demonstrationen zu unterbinden. Doch dies ist nur die Fassade. Am Sonntag Abend (18. Februar) ist die Ausgangssperre gelockert worden, sie gilt nunmehr von 18 Uhr bis 6 Uhr früh. In Conakry hat tagsüber scheinbar eine gewisse Normalität wieder Einzug gehalten, da der Verkehr wieder aufgenommen worden ist. „Es sind vor allem die Frauen, die sich (wieder) fortbewegen. Sobald sich eine Gruppe von Männer bildet, interveniert die Polizei, um sie mit Stockschlägen auseinander zu treiben“ liest man in einem Augenzeugenbericht in ‚Libération’ (Paris) vom 20. Februar. Die meisten Geschäfte sind demnach noch immer geschlossen.

 

Unterdessen hat die Dampfwalze der Repression zu rollen begonnen, vor allem in Gestalt nächtlicher Verhaftungswellen.  Eine AFP-Meldung vom vergangenen Wochenende zitiert den Präsidenten der guineeischen Menschenrechtsliga, Thierno Maadjou Sow, mit den Worten, es habe „hunderte von Festnahmen“ gegeben. Dieselbe Quelle zitiert den Generalsekretär einer Oppositionspartei, Mohammed Diané von der Assemblée populaire de Guinée, mit der Zahl von „278 Verhaftungen seit der Verhängung des Kriegsrechts“. Fraglich ist allerdings, ob diese Angaben sich vorwiegend auf Verhaftungen im Milieu dieser Oppositionspartei oder aber auf alle Festgenommenen beziehen. In ihrer Ausgabe vom Dienstag dieser Woche veröffentlicht ‚Libération’ weit höhere Angaben. Unter Berufung auf die guineeische Menschenrechtsliga von Thierno Sow ist dort von 300 Verhaftungen allein in der Region von Macenta (im Südosten der Republik Guinea) die Rede. Die Festgenommenen seien in ein Armeecamp transportiert worden. Anderswo dürften mindestens Hunderte weiterer Verhaftungen hinzu kommen. Die internationale Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch berichtet ihrerseits von nächtlichen Durchsuchungen, bei denen Eliteeinheiten der Armee, besonders die Präsidentengarde, von Haus zu Haus die Türen eitnreten und die wenigen Wertgegenstände der Einwohner (Mobiltelefone, Fotoapparate) und Geld rauben. Mindestens vier Fälle von Vergewaltigungen durch Militärs sind bekannt geworden, aber in der Mehrzahl der Fälle dürften sich die Opfer schamhaft verstecken.

 

Unterdessen erhalten die Gewerkschaften ihren Aufruf zum unbefristeten Generalstreik allen Widrigkeiten zum Trotz aufrecht. Am Donnerstag, 15. Februar hatten sie noch kurzzeitig die Einladung der Regierung zu Verhandlungen angenommen. Die bürgerliche Pariser Tageszeitung ‚Le Figaro’ vom vorigen Wochenende berichtete darüber, als handele es sich um einen möglichen Ausweg. Sie zitierte einen (namentlich nicht näher bezeichneten) Gewerkschafter mit den Worten: „Wir können nicht die Leute auf die Strabe gegen die Panzer schicken.“ Am vorigen Samstag war daraufhin ein weiteres Zusammentreffen mit den Vertretern des Regimes anberaumt worden. Aber am selben Tag erklärten die Gewerkschaften die Verhandlungsrunde für gescheitert und „unterbrochen“, um gegen die Ausgangssperre und das Kriegsrecht zu protestieren. Am Dienstag galten die Verhandlungen als „am toten Punkt“ angekommen.

 

Ein Augenzeuge war unterdessen der Auffassung, die Verhängung des Kriegsrechts habe nur „einen Deckel auf den Dampfkopftoch“ gesetzt, was bekanntlich bei genügendem Druck eine Explosion nicht verhindern kann (sondern eher befördert). Die Entfaltung neuen Drucks wird nunmehr vor allem von der jungen Generation erwartet.               

 

Warum diese Verhärtung seitens der Machthaber?  

 

Warum aber muss eine solche Verhärtung des Regimes konstatiert werden? Ist sie nicht, längerfristig, als irrationale Flucht in eine Sackgasse zu betrachtet? Erklärt die persönliche Verfassung des alternden Präsidenten (der unter Leukämie und Diabetes leiden soll), wirklich das Verhalten seines Regimes?

 

Bislang hatte Lansana Conté eher durch seinen schwankenden Kurs auf sich aufmerksam gemacht: Nachdem die führenden GewekerschafterInnen am 22. Januar durch ein Elitekommando der Armee (unter persönlicher Anführung des Präsidentensohns) verhaftet und misshandelt worden waren, erklärte ihnen der Präsident persönlich im Armeecamp Samory, die Soldaten hätten „ohne Anordnung gehandelt“. Der Präsident fügte sogar hinzu: „Die Arbeiter haben das Recht, Forderungen zu stellen. Ich bin selbst auch Staatsangestellter, ich trete auch in den Streik!“ Sprach es aus und verschränkte die Arme vor der Brust... Diese Winkelzüge des alten Staatsoberhaupts sind  wohl eher unter Kasperltheater zu verbuchen. Aber die Frage bleibt intakt, was eine solche drastische Verhärtung erklären mag, nachdem der Präsident allem Anschein nach einen „ehrenhaften“ Abgang hätte einläuten können, hätte er denn das Spiel mitgespielt und einen „Premierminister des Konsenses“ ernannt. An Kandidaten, die vielleicht die Lage beruhigt und zugleich die so genannte „internationale Gemeinschaft“ wohlgesonnen gestimmt hätten, wäre wohl kein Mangel gewesen. Denn so manche ehemalige „Minister für Präsidentenangelegenheiten“, die von Conté in der Vergangenheiten abgesetzt worden sind (und deshalb politisch auf eine gewisse „Jungfräulichkeit“ hinweisen können) sind gleichzeitig bei den internationalen Finanzinstitutionen und in westlichen Hauptstädten sehr beliebt. Wie etwa Sydia Touré, oberster Minister von 1996 bis 1999. Warum also nicht einen „Konsens“ ausrufen und versuchen, die Wogen zu glätten?

 

Jenseits persönlicher Eitel- oder Verrücktheiten spielt offenkundig die internationale Dimension der Ereignisse eine sehr erhebliche Rolle. Und deswegen wäre es auch falsch, die vermeintliche oder tatsächliche Irrationalität des Präsidenten allein für die Entwicklung verantwortlich zu machen. „Es ist fest damit zu rechnen, dass diese aktuelle Bewegung niedergeworfen und mit massiver Repression unter Kontrolle gehalten wird. International steht viel zu viel auf dem Spiel, angesichts des erheblichen Rohstoffreichtums, der unter dem Boden Guineas liegt“. Dies war etwa die Auffassung, die die Referentin über Guinea beim französisch-afrikanischen Bürgerrechtsforum in Saint-Denis bei Paris am 11. Februar (aus Anlass des 24. Gipfels „France-Afrique“ in Cannes in der vergangenen Woche) vertrat. Ihre Prognose fiel dabei, dies sei nicht verheimlicht, aus den genannten Gründen ziemlich pessimistisch aus.

 

Eine Studiengruppe der International Crisis Group (ICG) kommt unterdessen zu dem Ergebnis: „Die charakteristischen Züge des Conté-Systems – Korruption, Clanwirtschaft und Repression – haben aus Guinea ein Land mit einer Sondersituation gemacht. Das Ausmab der Armut, der verrottete Zustand der Infrastruktur, die Unfähigkeit des Staates, der Bevölkerung grundlegende soziale Dienstleistungen zur Verfügung zu stellen, lassen an ein Land am Ausgang eines Bürgerkrieges denken.“ Im Falle eines „Scheiterns des Dialogs“ (welchen Dialogs?) sagt die ICG „ein Blutbad dramatischen Ausmabes“ voraus. Sie sagt „eine dauerhafte und blutige Machtübernahme durch die Armee, als Vorstufe für den Abstieg in eine Höllensituation“ vorher. (Zitiert nach ‚Le Figaro’ vom vergangenen Wochenende.)

 

Andere Beobachter unterstreichen vor allem das Risiko einer Aufladung „ethnischer“ Spannungen, die in Guinea im Jahr 1977 bei Zusammenstöben rund 1.000 Tote gefordert hatten. Zur Zeit wird in Guinea durch die Machthaber das Gerücht gestreut, sowohl hinter „den Spekulanten“, die für das Elend verantwortlich seien, als auch hinter den Aufrührern steckten die Peul. Diese Volksgruppe, die früher einmal eine nomadische Lebensweise hatte, gilt bei Vielen als „nicht national gesinnt“. Unter der Hand schüren die Machthaber so potenziell explosive „ethnische“ Spannungen. Zugleich wird von ihnen das Gerücht gestreut,  die Hand des Auslands in Gestalt der ehemaligen Kolonialmacht Frankreich stecke hinter den Aufrührern. Noch überwiegt allerdings in der Bevölkerung allgemein der Wunsch nach Zusammenhalt aller Guineer, und das kollektive Bewusstsein wird auch dadurch bestärkt, dass Guinea in der Vergangenheit der früheres Kolonialmacht Frankreich als einziges frisch unabhängig gewordenes Land der Region offen getrotzt hat.

 

Die internationale Dimension

 

Die Republik Guinea ist aktuell der zweitgröbte Produzent und Exporteur von Bauxit (Aluminium-Erz, benannt nach der südfranzösischen Stadt Les-Baux-de-Provence), hinter Australien und ungefähr auf gleicher Höhe mit Brasilien. Vor allem lagern unter dem Boden Guineas rund zwei Drittel der bekannten Vorräte des Planeten an Bauxit. Die jüngsten Ereignisse in Guinea haben bereits den Aluminiumpreis an den Börsen etwa in Shanghai (die VR China hat aufgrund ihres rasenden Industrialisierungstempos einen immensen Bedarf an Aluminium) in die Höhe schnellen lassen, vgl. die Meldung in Labournet vom 16. Februar 2007 dazu.

 

Hochinteressant ist in diesem Zusammenhang, was in einem Artikel der französischen linksalternativen Monatszeitung ‚CQFD’ (vgl. http://www.cequilfautdetruire.org/ )in ihrer Ausgabe vom 15. Februar 2007 berichtet wird. Dort heibt es unter anderem: „Am 10. Januar beginnt der dritte Generalstreik binnen eines Jahres (...). Die Züge, die das Bauxit zum Hafen von Conakry transportieren, werden mit Steinen beworfen. Neben der Senkung des Preises für Transportmittel und für Güter des täglichen Bedarfs fordert die Bewegung den Stopp der Exporte, solange die Bedürfnisse der Bevölkerung nicht abgedeckt werden. Arroganter Pöbel aber auch, der glaubt, die Ökonomie solle ihm dienen!“ (Vorsicht Ironie!) Und weiter liest man, über das vorläufige Abkommen vom 26. Januar – dessen Bruch durch Präsident Lansana Conté nach Redaktionsschluss des Artikels in ‚CQFD’ erfolgte – in dem Artikel: „Alle wirtschaftlichen Forderungen werden erfüllt. Substantielle Erhöhung der Renten, Senkung der Preise für Benzin und für Reis und, vor allem, Einfrieren der Exporte, bis überhaupt wieder ein (nennenswerter) Binnenkonsum hergestellt worden ist.“ Da hätten wir eine Bevölkerung, die offenkundig nicht mehr an die Märchen von der segensreichen Wirkung von Marktöffnung und Ankurbelung der Exporte glaubt... (Der Artikel in ‚CQFD’, vgl. den Link: http://www.cequilfautdetruire.org/article.php3?id_article=1305 , ist leider nicht im Volltext über das Netz zugänglich, sondern nur über die Papierausgabe.)

 

Das Bauxit in Guinea wird vor allem durch ein Konsortium aus US-amerikanischen und japanischen Firmen abgebaut, das dafür Fördermittel durch die Weltbank erhält. Die Aluminium-Giganten Alcan und Alcoan (beide sind auch in Deutschland mit gröberen Werken vertreten) sind neben dem guineeischen Staat, welch letzterer sich jedoch mit einigen Krümeln für die korrupte Clique an der Macht abspeisen lässt, die Hauptaktionäre an der Bergbaugesellschaft CGB, Compagnie guinéenne de bauxit.

 

Dem französischen Aluminiumindustrie-Konzern Pechiney Frankreich ist der Zugriff auf den Bauxit-Abbau in Guinea zwar nicht gelungen, die anderen Geier waren ihm zuvorgekommen. Dennoch hat auch Frankreich mächtige Interessen in dem westafrikanischen Land. Französische Unternehmen kontrollieren etwa die Häfen und Transportwege. Bei der Schürfung nach vermuteten Ölverkommen ist der französische Erdöl-Multi Total äuberst präsent. Bislang hat sich Frankreich zwar nicht von allen Exzessen der Clique des Präsidenten Conté begeistert gezeigt, aber den manifesten Wahlbetrug des Regimes und andere Manipulationen auf internationaler politischer Ebene stets gedeckt.

 

Am Mittwoch Abend (14. Februar) lief das Kriegsschiff ‚Sirocco’ vom südfranzösischen Marinehafen Toulon aus in Richtung Guinea aus. Das Schiff ist mit Landebrücken ausgestattet und wurde zuletzt im Juli 2006 zur Evakuierung flüchtender französischer Staatsbürger aus dem Libanon, während des israelischen Überfalls auf das Land, eingesetzt. (Davon, dass auch vor dem Bombenhagel fliehende Libanesinnen und Libanesen evakuiert worden wären, ist nichts bekannt.) Eine Landung französischer Soldaten in Guinea könnte durch die Notwendigkeit zur Evakuierung von Staatsbürgern des Landes, von denen rund 2.900 in Guinea leben, legitimiert werden. Bislang gibt es allerdings keinen Evakuierungsplan für diese Franzosen. Am Dienstag und Donnerstag voriger Woche landeten allerdings Flugzeuge von Air France in Conakry, um ausreisewilligen Franzosen einen freiwilligen Abgang zu ermöglichen. Die US-Administration kündigte gleichzeitig den Einsatz einer Maschine zur Evakuierung ihrer Staatsbürger an. Die Pariser Abendzeitung ‚Le Monde’ fügt in ihrer Ausgabe vom vorigen Donnerstag hinzu: „Falls die Situation sich verschlimmern sollte, könnten die französischen Soldaten, die in Abidjan (Côte d’Ivoire) und in Dakar (Senegal) stationiert sind, intervenieren.“ Natürlich immer unter dem kommoden Vorwand, französische Staatsbürger zu evakuieren. 

 

Aufrufe zur Solidarität

 

An Solidaritätserklärungen besteht im französischen Sprachraum inzwischen kein Mangel. Was man vom deutschen Sprachraum bislang jedenfalls nicht behaupten kann...

 

„Demnächst in diesem Theater“ werden wir an dieser Stelle eine Sammlung von französischsprachigen Reaktionen seitens von Gewerkschaften (aus Frankreich und vom afrikanischen Kontinent) sowie verschiedenen Linkskräften, in Auszügen übersetzt, dokumentieren.

 

Editorische Anmerkung

Den Artikel erhielten wir vom Autor zur Veröffentlichung.