Tunesien/Algerien
Verankerung von Al-Qaïda im Maghreb?

von Bernard Schmid

02/07

trend
onlinezeitung

Drogenhändler? Mitglieder einer kriminellen Bande? Oder doch politisch-ideologisch motivierter Terrorismus? Die Darstellungen wechseln. Doch die dritte Version könnte die richtige sein. Am Ende der zweiten Januarwoche 2007 änderte die tunesische Presse ihre Faktenschilderung an einem entscheidenden Punkt. Nunmehr spricht sie plötzlich doch von einer „salafistischen Gruppe“, die in den vergangenen drei Wochen der tunesische Staatsmacht militante Zusammenstöbe geliefert habe. So die regimenahe Tageszeitung Eschourouk vom 11. Januar, die sich auf „gewöhnlich gut unterrichtete Quellen“ beruft. Ähnlich berichtet mittlerweile auch die Wochenzeitung Réalités.  

Was ist Salafismus?

Der Begriff des „Salafismus“ stammt von dem arabischen Woret ‚as-salaf’, das „die rechtgläubigen Vorgänger“ bezeichnet, womit die „Begleiter des Propheten Mohammed“ zu dessen Lebzeiten (im 7. Jahrhundert christlischer Zeitrechnung) gemeint sind. Die salafistische Strömung gibt an, zum leuchtenden Vorbild dieser Vorgänger zurückkehren zu wollen, während sämtliche politischen und gesellschaftlichen Hervorbringungen des Islam seit jener Zeit von Abweichlertum, Dekadenz und Verrat geprägt seien. Insbesondere seien auch die modernen Nationalstaaten, die im arabischen Raum im 20. Jahrhundert christlicher Zeitrechnung entstanden sind, als dem Islam fremde politische Gebilde abzulehnen. 

Bei den Salafisten handelt es sich um einen der radikalisten Flügel des – aus heterogenen Strömungen bestehenden – politischen Islam, der die bestehenden nationalen Gesellschaften nicht anerkannt und oftmals transnational agiert. Seine Anhänger sind innerhalb des islamistischen Lagers eine kleine Minderheit, aber oftmals äuberst aktivistisch ausgerichtet. In ihren Augen gibt es einen weltweiten Krieg zwischen den Anhängern des Islam und den Kräften des Bösen, wobei die einzelnen Staaten seine Schauplätze sein können, dabei aber auf die jeweiligen nationalen Gesellschaften und ihre Interessen im Notfall keine Rücksicht genommen werden muss. Im radikalen Islamismus in Algerien etwa gab es in den neunziger Jahren heftige Auseinandersetzung zwischen den kleinen, aber sehr militanten salafistischen Strömungen und der Mehrheitsströmung des „Djazaïrismus“ – vom arabischen Landesnamen el-Djazaïr. Letztere versuchten, algerischen Nationalismus und politischen Islam miteinander zu verquicken, und schafften damit den Sprung zur Massenpartei. Innerhalb der „Islamischen Rettungsfront“ (FIS) gab es aber beide Strömungen, die sich heftige ideologische Kämpfe lieferten – wobei die Salafisten klar in der Minderheit blieben -, wie auch später innerhalb der autonom agierenden bewaffneten Gruppen.

Das Netzwerk Al-Qaïda, das inzwischen den transnationalen, hyperaktivistischen islamistischen Extremismus weltweit symbolisiert, ist zwar nicht im engeren Sinne salafistischen Ursprungs (sondern entspringt einer radikalisierten Variante des Wahhabitismus). Beide Spielarten des „internationalistischen“ radikalen Islamismus scheinen aber miteinander kompatibel, in dem Sinne, dass eine Zusammenarbeit möglich ist.

Der Begriff des Salafismus wird mitunter falsch benutzt, um sehr unterschiedliche Phänomene des (radikalen) politischen Islam zu bezeichnen. Und erst recht von AutorInnen, die eine Mischung aus blankem Hass auf alles Moslemische in Verbindung mit tiefer Unkenntnis zu Blindheit und offenkundiger politischer Dummheit verleitet (vgl. die völlig falsche Verwendung des Begriffs „Salafismus“, etwa um den europäischen Reform-Islamisten Tariq Ramadan zu bezeichnen, an dieser Stelle: http://www.eussner.net/schaf_2007-02-01_14-23-04.html ) Das ist ungefähr so intelligent, als würde man in einer Darstellung unserer Gegner auf der politischen Rechten irgendeinen rechten Christdemokraten als „militanten Stiefelnazi“ bezeichnen. Dies würde zu Recht als unwissenschaftlich und dumm angegriffen werden. Genauso grob sind aber auch die Unterschiede innerhalb des Spektrums des politischen Islam. 

Schusswechsel mit der tunesischen Polizei 

Dass von bewaffnet agierenden Salafisten in Tunesien die Rede ist, ist neu. Eine Schieberei zwischen der Polizei und „Drogenhändlern“ habe es gegeben, hieb es zunächst Ende Dezember 2006 in dieser Presse, die – wesentlich stärker als die der Nachbarländer Marokko oder Algerien – unter enger Kontrolle des Regimes und seiner Zensur steht. Es handele sich um Mitglieder einer „kriminellen Bande“, und diese „gefährlichen Kriminellen“ seien nun durch die Sicherheitskräfte gestellt und aufgerieben worden, hieb es dann Anfang Januar 2007. Von einem eventuellen politischen oder ideologischen Hintergrund war damals zu keinem Zeitpunkt die Rede. 

Die internationale Presse hatte damals aber längst gemutmabt, dass es sich bei den Schusswechseln um Zusammenstöbe mit bewaffneten Islamisten handele. Schon 24 Stunden nach dem Grobeinsatz von Polizei, Gendarmerie und Armee gegen die „bewaffnete Bande“, der am 3. Januar in einem Wald in der Nähe von Solimane -- rund 25 Kilometer südlich der Hauptstadt Tunis -- stattfand, hatten al-Hayat in London und die französische Tageszeitung Libération in diesem Sinne berichtet. In einer Meldung der Nachrichtenagentur Reuters, die sich auf eine Quelle „im Umfeld des tunesischen Innenministeriums“ berief, war zunächst von 25 Toten infolge der Feuergefechte bei diesem Einsatz die Rede. Später hieb es dann offiziell aus dem Innenministerium, zwölf „Kriminelle“ seien getötet und 15 weitere verhaftet worden. Nicht näher genannte Quellen in Tunesien, die durch Libération vom 5. Januar zitiert werden, sollen freilich die erste Angabe bestätigen. 

Tunesien zwischen Tourismus und Terrorismus  

Aus den reinen „Kriminellen“ sind nun inzwischen, auch quasi-offiziell, radikale Islamisten geworden. Bis dahin hatte die Rücksichtnahme auf die tunesischen Staats- und Wirtschaftsinteressen im Hinblick auf den Tourismus, der neben der Landwirtschaft den gröbten Wirtschaftszweig des Landes darstellt, wohl den Anlass für Zurückhaltung gegeben. Sechs Millionen Touristen besuchten im vergangenen Jahr Tunesien, deutlich mehr als die beiden Nachbarländer Marokko und Algerien zusammengenommen. Nur lieb sich nach den internationalen Presseberichten nicht mehr vertuschen, dass hinter den beruhigend gemeinten offiziellen Meldungen eine andere Realität stehen könnte. 

Schiebereien dürfen im Polizeistaat Tunesien, wo das gesellschaftliche Leben äuberst überwacht ist, als äuberste Seltenheit gelten. Und Kriminalität gibt es zwar, aber die mafiaähnlichen Gruppen gedeihen alle im Umfeld des Regimes - und versuchen eher, dort an der Aufteilung des groben Kuchens teilzuhaben, als sich auf ein Kräftemessen mit dem Staat einzulassen. Die wichtigsten mafiös organisierten Strukturen im Land ranken sich um die Grobfamilien des Generals-Präsidenten Zine Ben Abidine Ben Ali und seiner Gattin, also die beiden Sippschaften Ben Ali und Trabelzi. Auch deshalb dürfte die These, dass bei einem Feuergefecht ohne politische Hintergründe ein Dutzend und vielleicht sogar doppelt so viele Personen getötet worden sein, kaum plausibel erscheinen. 

Im April 2002 hatte das letzte radikal-islamistische Attentat in Tunesien stattgefunden, bei dem ein mit Gas gefüllter Lkw gegen die Synagoge auf der Ferieninsel Djerba prallte. Dabei starben 21 Menschen, unter ihnen 14 deutsche Urlauber. Auch damals hatte die tunesische Staatsmacht zunächst die politische Dimension vertuscht, ja von einem „Unfall“ gesprochen. Das deutsche Innenministerium unter Otto Schilly hatte jedoch daraufhin heftigen Druck ausgeübt. Seinerseits bekannte sich das transnationale djihadistische Netzwerk Al-Qaïda zu dem Anschlag. Der Attentäter am Steuer des LkW selbst war ein 25jähriger Sohn tunesischer Immigranten aus Frankreich, der in seiner Jugend nie einen Fub nach Tunesien gesetzt hatte, sich aber zwei Jahre vor dem Attentat dort niederlieb. 

Portrait einer Gruppe mit internationalen Kontakten 

Dieses Mal scheint es tatsächlich eine Basis für die radikalen Islamisten innerhalb des Landes gegeben zu haben. Aus den inzwischen zahlreichen Presseberichten lässt sich das Bild einer circa 30köpfigen Gruppe zusammen, deren Angehörige dem Pariser Figaro zufolge überwiegend zwischen 18 und 25 Jahre alt waren. Ihr Chef, Lassad Sassi, war ein 35jähriger ehemaliger Offizier der tunesischen Gendarermie. Er ist heute tot. Nach seinem Rücktritt vom Job vor zehn Jahren soll er sich in Afghanistan und eventuell in Tschetschenien aufgehalten haben. Sein rechter Arm, Rabia Bacha, 22 Jahre, soll an seiner Hochschule für Landwirtschaft rekrutiert worden sein und mehrere Aufenthalte in Camps der algerischen Salafistengruppe GSPC in den Bergen Nordostalgeriens verbracht haben.  

Die Gruppenmitglieder waren überwiegend tunesischer Nationalität, mit Ausnahme eines Mauritaniers. Sie hatte ihren Rückzugsraum im „Djebal Resas“ (Bleiernes Gebirge), einem bewaldeten Höhenrücken etwa 30 Kilometer südlich von Tunis. Ihr Hauptquartier, an dem die erste Schieberei kurz vor Weihnachten stattfand, war eine nicht fertig gebaute Villa am Ortseingang von Solimane. Dort waren die Aktivisten einem Bäcker aufgefallen, der es verdächtig gefunden hatte, dass ein junger Mann täglich rund 40 Brote bei ihm kaufte – er hatte die Polizei benachrichtigt. In ihrem Versteck wurden Schusswaffen, Sprengstoff und grobe Mengen an Verpflegung beschlagnahmt. Die Gruppe soll Anschläge auf US-amerikanische und britische Interessen sowie die französische Supermarktkette Carrefour geplant haben.

„Aus Algerien eingesickert“ sei die Gruppe, schreibt nun Eschourouk. Das ist insofern plausibel, als der GSPC tatsächlich nach verbreiteter Ansicht die Betreuung und Rekrutierung von radikalen Islamisten in den Nachbarstaaten Marokko und Tunesien übernommen hat. Der GSPC wiederum steht in Verbindung – als verbündete Gruppe, nicht als organisatorischer Ableger – mit dem transnationalen Netzwerk Al-Qaïda. Jahrelang hatte die algerischen Salafistengruppe sich um seine Anerkennung bemüht, und möglicherweise auch finanzielle Unterstützung erhalten. Aber in seiner Videobotschaft zum 11. September 2006 hat der Chefideologe von Al-Qaïda, Ayman al-Zawahiri, den GSPC in Nordafrika erstmals ausdrücklich erwähnt und dazu ermuntert, gegen französische und US-amerikanische Interessen aktiv zu werden. 

Der GSPC: Überrest des islamistischen Terrorismus im Nachbarland Algerien 

Der GSPC ist die letzte verbliebene bewaffnete Islamistengruppe in Algerien, mit derzeit schätzungsweise 500 Mann unter Waffen. Das Ende des Bürgerkriegs um 1999/2000, das auch eine sichtbare Niederlage für den radikalen Islamismus in Algerien bedeutete, hat die Gruppierung zu einer Umorientierung gezwungen. Sie spaltete sich ab 1998 von den „Bewaffneten islamischen Gruppen“ (GIA), die heute restlos zerschlagen sind, ab und warf ihnen eine allgemeine, enthemmte Gewalttätigkeit vor. Letztere diente im Falle der GIA oft auch Bereicherungszwecken, oder bisweilen schlicht dem Überleben von Untergrundaktivisten, die mittlerweile in der Bevölkerung isoliert waren und daher – statt wie anfänglich von Unterstützung – von Raub und Plünderung lebten.  Die Gründer des GSPC dagegen propagierten, man müsse sich wieder auf politisch-ideologische Ziele besinnen.  

Da aber auch sie von der allgemeinen Niederlage des bewaffneten Islamismus betroffen waren, reagierten sie mit einer räumlichen Ausdehnung ihres Bezugsrahmens. Statt der Machtübernahme im nationalen Rahmen, die auf längere Sicht hin gescheitert erschien, bezog der  GSPC sich nunmehr auf einen internationalen Horizont. Dies kann man auch als Flucht nach vorne werten, verspricht ihm jedoch zugleich eine erhöhte Wahrnehmung.  

Transnationalisierung als Flucht aus der Isolation 

Die Pariser Tageszeitung Le Figaro schreibt zu Recht: „Ohne wirkliche Unterstützung in der Bevölkerung ist der GSPC nicht in der Lage, dem Staatsapparat (in Algerien) gefährlich zu werden. Um zu überleben, muss er seine Isolierung durchbrechen. Er holt sich bei Gruppen im Umfeld von Al-Qaïda Inspiration und sucht eine Präsenz im Internet. Dies erlaubt ihm, sich zu spektakulären Aktionen zu bekennen, wie zu den Attentaten der letzten Monate im Raum Algier, und Propagandabilder zu zeigen. Er rekrutiert Marokkaner, Tunesier und Mauritanier.“ Die Passage über Attentate in der Nähe der algerischen Hauptstadt bezieht sich vor allem auf einen Angriff auf einen Bus mit Mitarbeitern einer US-amerikanischen Ölfirma, der sich am 10. Dezember in der Nähe von Algier ereignete. Dabei wurde der Chauffeur getötet, neun Personen wurden verletzt. Die US-amerikanischen, kanadischen, britischen, libanesischen und algerischen Beschäftigten waren auf dem Weg zum Sheraton-Hotel im Nobelvorort Club des Pins. In dieser Luxusresidenz halten sich üblicherweise algerische Generäle und hohe Würdenträger auf. Auch während des Bürgerkriegs war der Club des Pins weitgehend unberührt – da hervorragend abgeschirmt – geblieben. Auch waren im Bürgerkrieg der neunziger Jahre nie US-Interessen angegriffen worden. Was auch damit zusammenhing, dass die US-Administration von 1992 bis circa 1995 noch die „Islamische Rettungsfront“ (FIS) unterstützte, in der (falschen) Annahme, diese werde es schaffen, in Algier die Macht zu übernehmen. 

Das Attentat vom Dezember 2006 markiert vor allem den endgültigen Übergang der algerischen Salafisten von Kampfformen des früheren Bürgerkriegs – gegen politische Gegner, oder auch zum Zweck der Einschüchterung von Teilen der Bevölkerung – zu solchen des internationalen Terrorismus. Ein Anschlag wie dieser hätte mit identischem Ziel auch in Südostasien, Saudi-Arabien oder anderswo stattfinden können. Die Reste des algerischen radikalen Islamismus sind damit offenbar im transnationalen Terrorismus aufgegangen. 

Deshalb zeigte sich auch die französische Politik gegen Ende des vergangenen Jahres besorgt über die Umtriebe der Salafistengruppe im algerischen Untergrund. Die Pariser Abendzeitung ‚Le Monde’ widmete diesem Thema, und den Unmutsäuberungen aus französischen Regierungskreisen über die Freilassung ehemaliger bewaffneter Islamisten in Algerien (im Rahmen der „nationalen Aussöhnungspolitik“ im Laufe des Jahres 2006), in ihrer Ausgabe vom 09. Dezember 06 eine volle Seite.  

Zudem wird die Rekrutierung von Kandidaten für Selbstmordattentate auf dem Kriegsschauplatz Iraq zu einem der Hauptbetätigungsfelder des algerischen GSPC. Die französische Tageszeitung gibt an, derzeit befänden sich 600 Algerier im besetzten Irak, das sei ein Fünftel der dort aktiven internationalen Djihadisten. Dagegen spricht die algerische Tageszeitung Liberté vom 09. Januar von 3.000 dort kämpfenden Algeriern, unter Berufung auf eine Webpage. Dabei könnte sie jedoch auch der Grobsprecherei der Salafisten auf den Leim gegangen sein.  

„Mehrere hundert“ tunesische Djihad-Kandidaten sollen wiederum, so die Pariser Libération, ins Nachbarland Algerien gegangen sein, um von dort aus (und wohl über den dortigen salafistischen Untergrund) den Anschluss an das internationale Geschehen – etwa im Iraq - zu finden. Die Behörden in Algier haben im übrigen am 30. Dezember 2006 abgekündigt, zwei Tunesier festgenommen zu haben, die einem „internationalen terroristischen Netzwerk“ angehört hätten. 

Namensänderung: Vom GSPC zu Al-Qaïda? 

Nach Auffassung des marokkanischen Professors für Politologie und Djihadismus-Spezialisten Mohammed Darfi, den Le Figaro am 8. Januar 07 zitierte, könne in naher Zukunft mit der Gründung einer „Al-Qaïda im Maghreb“ gerechnet werden. Unterdessen hat am selben Tag eine bis dato unbekannte „Gruppe für die Vereinigung des Heiligen Krieges“ im Internet ein Kommuniqué veröffentlicht, wo sie sich mit den in Tunesien erschossenen Kämpfern solidarisiert. Es kann sich jedoch bei solchen Schreiben um das Werk von Trittbrettfahrern handeln. 

Am 28. Januar war einer Kurzmeldung der Nachrichtenagentur AFP in der Pariser Abendzeitung ‚Le Monde’ zu entnehmen, dass die algerische Salafistenkombo nunmehr ihren Namen abgeändert habe: „Dubai. - Die ‚Salafistische Gruppe für Predigt und Kampf’ (GSPC) hat am Freitag, den 26. Januar auf einer islamistischen Webpage angekündigt,  dass sie auf <Befehl/Anweisung> von Ossama Bin Laden hin ihren Namen geändert habe, <um die Wahrhaftigkeit der Verbindung der Mujjahedin (Anm.: dieser Begriff bezeichnet im ursprünglichen Wortsinne jene, die den Djihad durchführen) in Algerien mit ihren Brüdern von Al-Qaïda zu zeigen>. Der GSPC versichert, nunmehr die <Orgeanisation Al-Qaïda im Land des islamischen Maghreb> zu heiben, laut einem Kommuniqué, das als glaubwürdig beurteilt wird und das Datum des 24. Januar trägt. (AFP)“ 

Seitdem war von dieser Angelegenheit bislang nichts zu hören oder zu lesen. Nähere Informationen dazu oder eine Bestätigung der oben zitierten Informationen aus anderen Quellen stehen insofern noch aus. 

Ausblick 

Stärker noch als in Algerien, wo ein Grobteil der Bevölkerung der radikalen Islamisten und ihrer reaktionären Utopien  - nach den Erfahrungen des Bürgerkriegs – müde geworden ist, könnten sie in Tunesien Aussichten auf Rekrutierung neuer Kämpfer haben. Das Land, das neben Ägypten den effizientesten Polizeistaat in Nordafrika bildet, lässt keinerlei offene Diskussion und freie politische Meinungsbildung zu. Gleichzeitig wurde die starke Repression der neunziger Jahre vom Regime meist mit der „islamistischen Gefahr“ gerechtfertigt – in Gestalt der Partei En-Nahdah (Wiedergeburt), die relativ moderat auftrat und in ihrer Strategie eher der türkischen jetzigen Regierungspartei AKP ähnelte. Ihre Mitglieder wurden massenhaft inhaftiert, oft auch gefoltert und misshandelt. Dadurch erhielten die Islamisten aber langfristig einen Märtyrer-Bonus. Ihre Ideen können zugleich in der politisch „keimfreien“ Atmosphäre besser gedeihen, als jene einer linken oder demokratischen Opposition: Ihre Ideologie benötigt keine Diskussion oder Erörterung, sondern ihre Anhänger brauchen lediglich an die „muslimische Identität“ zu appellieren und dieses identitäre Gefühl zu radikalisieren. Derzeit gedeiht das Gefühl, diese muslimische Identität werde unterdrückt, sogar besonders gut. Nachdem im vorigen Jahr konstatiert wurde, dass die Zahl von Kopftuchträgerinnen stark zugenommen hatte, reagiert das Regime jetzt mit Verbotsmabnahmen und Repressalien.  

Auch innerhalb des aufgeblähten Sicherheitsapparats könnte diese Ideologie ihre  Anhänger haben. Der Chef der ausgehobenen Gruppe etwa war ein ehemaliger Gendarmerieoffizier. Vielleicht erklären auch Komplizenschaften in den bewaffneten Staatsorganen, dass die Gruppe ihr Waffenarsenal von Algerien aus über die Grenze schmuggeln konnte.  

Editorische Anmerkung

Wir erhielten den Text am 3.2.2007 vom Autor.