In zahlreichen europäischen
Ländern hat es am 15.Februar Kundgebungen vor
iranischen Konsulaten und Botschaften gegeben. Auch vor
der iranischen Botschaft in Berlin haben
sich einige Menschen, zum größten Teil Exiliraner,
zum Protest eingefunden. Weitere Kundgebungen gab es vor
iranischen Konsulaten in Frankfurt/Main,
Köln und Hamburg. Dieses Mal ging es aber
nicht um iranische Atomprogramme oder Kriegsdrohungen. Den 15.
Februar hatten zahlreiche Gewerkschaften
und politische Organisationen zum
Internationalen Solidaritätstag mit den iranischen Arbeitern
aufgerufen. Zu den Unterstützern des
Aktionstages gehörte unter anderem die Internationale
Konföderation der Freien Gewerkschaften (ICFTU) und die
Internationale Föderation der
Gewerkschaften aber auch das „Koordinationskomitee der
Studentenbewegung für Demokratie im Iran“ und andere
liberale Organisationen.
Mit dem Aktionstag wollten sie an
den noch immer andauernden Arbeitskampf
der mittlerweile illegalen Teheraner Busfahrergewerkschaft
erinnern. Das iranische Regime ging seit
Jahren mit starken Repressionen gegen unabhängige
Gewerkschaften vor. Vor mehr als 25 Jahren wurden alle
Gewerkschaften aufgelöst. Nur noch die
regimetreuen islamischen Räte, die in der
Bevölkerung keinerlei Vertrauen haben, sind zugelassen.
Im letzten Jahr regte sich unter
den iranischen Arbeitern wieder verstärkter
Widerstand. Es kam zu Arbeitsniederlegungen. Die
Teheraner Busfahrer traten bald an die
Spitze des neuen Kampfzyklus. Entsprechend rigide ging das
Regime dagegen vor. Seit Mai 2005 wurden mehrere
Betriebsversammlungen durch
gewalttätige Angriffe von Geheimpolizisten, Sicherheitskräften,
und regimetreuen Arbeitern behindert. Der
Vorsitzende der Busfahrergewerkschaft
Mansour Ossanlou wurde bei einer Auseinandersetzung durch
zahlreiche Messerstiche verletzt. Im
Dezember wurden mehrere Führungsmitglieder der
Gewerkschaft, darunter Ossanlou. verhaftet. Ende Januar
2006 eskalierte schließlich die
Auseinandersetzung, als es der Busfahrergewerkschaft gelang,
mit ihren Streikaufruf den Nahverkehr in Teheran lahm
zulegen. Zu den Forderungen der
Streikenden gehörte die Freilassung der inhaftierten
Gewerkschaftler, die Anerkennung als Gewerkschaft und der
Abschluss eines Manteltarifvertrags. Das
Regime reagierte wie gewohnt mit Repression. Ein
riesiges Polizeiaufgebot erstickte den Streik im Keim.
Zahlreiche Arbeiter wurden bei
Polizeiangriffen verletzt.. Es kam zu Hausdurchsuchungen,
Wohnungen von Gewerkschaftern wurden gestürmt,
Familienangehörige verhaftet. Ein Teil
der aktiven Gewerkschaftler musste
untertauchen. Oppositionsgruppen sprechen
von bis zu 1200 Verhafteten in diesen
Tagen. Ein Teil ist mittlerweile wieder
freigelassen Gegen führende Gewerkschafter, wie
den Vorsitzenden der Busfahrergewerkschaft Ossanlou
hingegen will das Regime durch hohe
Strafen ein Exempel statuieren. Mit den Aktionstag soll
gerade in einer Zeit, in der der Iran im Mittelpunkt des
Weltinteresses steht, auf die Situation
der Arbeiter des Landes gelenkt werden. Dabei
wurde auch die Rolle des Deutschen Gewerkschaftsbundes
(DGB) kritisiert. Schon am 8.
Februar forderten ca. 20 Demonstranten vor der Berliner
DGB-Zentrale die Solidarität mit den verfolgten Arbeitern
im Iran ein Im Unterschied zu anderen
europäischen Gewerkschaften habe sich der DGB bisher
jeder Stellungnahme zu den Verfolgungen der iranischen
Gewerkschaftler enthaltne, lautete die
Kritik. Diese Haltung hat sch geändert. Jürgen Eckl
von der "Internationalen Abteilung“ des DGB erklärte,
dass man sich nun den Protesten der
übrigen europäischen Gewerkschafter gegen die Repression im
Iran anschließen wolle.. In einer Erklärung
solidarisierte sich der DGB mit dem
Aktionstag für die Busfahrer. Darin wurde darauf verwiesen, dass
der Iran die Konventionen der
Internationalen Arbeitsorganisation über
Gewerkschaftsfreiheit und Tarifverhandlungen nicht ratifiziert
habe. An die Respektierung dieser
Kernarbeitsnormen sei die Islamische Republik trotzdem
gebunden.
Über den Tag hinaus
Der Aktionstag könnte über den
15.Februar hinaus Bedeutung für eine eigene
Position der Linken zum Iran haben. Während die
verschiedenen Imperialismen mehr oder
weniger offen drohen, dem Iran mit militärischen Mitteln an der
Fortsetzung seines Atomprogramms zu hindern, droht für
die linke wieder eine Sackgasse. Ein Teil
der Linken stimmt in Sorge um Israel einer solchen
Politik zu. Ein anderer Teil der Linken will in der Zeit
der Drohungen gegen den Iran, das Land
möglichst nicht kritisieren, weil das angeblich den
Kriegsbefürwortern nutzten könnte. Diese fatale Logik
können wir auch aus anderen Konflikten.
Jetzt könnte die Linke eine ganz eigene Position einnehmen.
Solidarität mit allen
klassenkämpferischen Kräften im Land, die sich für eine
emanzipatorische Lösung einsetzen. Das können
GewerkschaftlerInnen genau so sein, wie
KommunistInnen, Feministinnen, studentische AktivistInnen, auch
durchaus Bürgerliche. Denn im Iran wäre die Einführung
einer bürgerlichen Republik mit Parteien
- und Gewerkschaftsfreiheit schon ein Fortschritt zur
gegenwärtigen Mullahdiktatur.
Denn die Linke sollte nie
vergessen, dieses iranische Regime hat Zigtausend
politische AktivistInnen, DemokratInnen, Linke der
unterschiedlichsten Couleur ermordet.
1988 gab es in den Gefängnissen Massaker am laufenden
Band. Jegliche Selbstorganisation der Lohnabhängigen wird
blutig unterdrückt. Die aktuelle
Repression gegen die Busfahrer in Teheran ist nur
der aktuelle Höhepunkt der iranischen
Unterdrückungspolitik gegen Linke,
gegen ArbeiterInnen, gegen Jugendliche, gegen Frauen, die sich
nicht beugen wollen.
Diese Wahrheiten sind immer
wieder zu betonen. 1979 konnte eine Linke
vielleicht noch so naiv sein und die islamische Revolution zu
verherrlichen oder zumindest zu
verharmlosen. Von Foucault bis Joschka Fischer gibt es
dazu genügend Beispiele. 2006 wäre eine solche Haltung
schlicht und einfach antiemanzipatorisch.
Sie würde auch gegen vielen ExilirakerInnen in den
Rücken fallen, die in Deutschland für ein Irak ohne
Mullahs und ohne ausländische Einmischung
kämpfen.
Dann kommt manchmal noch das
Argument, der Iran möge zwar innenpolitisch
repressiv sein, doch er ist objektiv antiimperialistisch.
Es ist schon schlimm, dass die
Chavez-Regierung solche Argumente auf diplomatische
Tableau bringt. Es ist aber überhaupt nicht akzeptabel,
wenn auch unter Linken so argumentiert
wird. Der Iran ist weder objektiv noch subjektiv
antiimperialistisch, sondern strebt selber an in der
Region eine imperialistische
Regionalmacht zu werden. Jenseits aller Anti-USA-Rhetorik
lief in der Iran-Contra-Affäre die Zusammenarbeit
zwischen den USA und dem Mullah-Regime
hervorragend.
Die Zusammenarbeit mit der
iranischen Linken im Land und im Exil muss von
uns forciert werden. Da könnten die Aktionen aus
Solidarität mit den streikenden
Busfahrern ein guter Anfang sein.
Editorische Anmerkungen
Der Artikel wurde uns vom Autor
am 19.02.2006
zur Verfügung gestellt.
|