Wohin treibt die Wahlalternative?

von
Alexander Dirmeier
02/05

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Nachdem bereits die Mitglieder des Vereins Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit e.V. der Gründung einer eigenständigen Partei zugestimmt haben, wurde dieser Schritt am 22. Januar 2005 in Göttingen offiziell vollzogen. Aus dem Verein wird nun die "Partei Arbeit und soziale Gerechtigkeit - die Wahlalternative (AsG)".

Ihrer Natur nach ist die AsG ein Krisenphänomen. Wir haben schon an anderer Stelle analysiert, dass es im Zuge der Krise des Reformismus im allgemeinen und der SPD im speziellen, immer wieder zu rechten oder linken Abspaltungen kommen kann. Dazu kam es nun schneller als gedacht. Trotzdem ist es der AsG gelungen, innerhalb weniger Monate auf über 6000 Mitglieder anzuwachsen, was ein respektabler Erfolg ist. Dieses Wachstum hat eine materielle Grundlage: Die Politik der Schröder-Regierung durch Agenda 2010 und Hartz IV hat vielen Menschen wieder vor Augen geführt, dass diese SPD-Regierung nicht in ihrem Interesse, sondern in dem des Kapitals Politik macht. Die Bewegung im Spätsommer und Herbst 2004 war Ausdruck einer Politisierung und Radikalisierung bei vielen Arbeitern, Jugendlichen und Gewerkschaftern. Aus diesen zwei Entwicklungen konnte sich auch die AsG nähren.

Zurück zum Keynesianismus?

Andererseits haben aber die Initiatoren weder den eigenen Mitgliedern, noch der gesamten Arbeiterbewegung ein vernünftiges Programm im Kampf gegen die neoliberalen Angriffe auf die sozialen Errungenschaften der Vergangenheit anzubieten. Von einer Perspektive für eine bessere Zukunft ganz zu schweigen. Einerseits soll mit der AsG eine "völlig neuartige" Partei geschaffen werden, andererseits werden teilweise bereits ähnliche bürokratische Methoden angewandt wie diejenigen, mit denen AsG-Initatoren aus der SPD ausgeschlossen wurden. Vielfach trifft man auch auf die Idee, man könne wieder zum Reformismus der 1960er und 1970er Jahre zurückkehren, als sich der Kapitalismus in einer langen Phase des Aufschwungs befand und größere und kleinere Zugeständnisse an die Arbeiterklasse möglich waren. Diese werden nun, bedingt durch die Strukturkrise des Kapitalismus, von der herrschenden Klasse angegriffen und abgebaut. Reformen sind heute ein Synonym für die Verschlechterung der Lebensbedingungen. Reformen für, und nicht gegen den großen Teil der Bevölkerung, sind heutzutage nicht mehr möglich ohne sofort an die Grenzen des kapitalistischen Gesellschaftssystems zu stoßen.

Historische Parallelen?

Auch in der Geschichte gab es zahlreiche linke Abspaltungen von der SPD, die mehr oder weniger erfolglos verliefen. 1982 gründeten sich die Demokratischen Sozialisten (DS) in Opposition zur Politik von Helmut Schmidt. Es gelang ihnen aber nie eine Massenbasis und eine Verankerung in der Arbeiterbewegung aufzubauen und sie gingen nach dem Regierungswechsel, als in der SPD wieder linkere Kräfte nach oben kamen, sang- und klanglos unter.

Ein anderes historisches Beispiel ist die Spaltung der SPD in MSPD und USPD während des Ersten Weltkriegs. Dies war eine Folge der Bewilligung der Kriegskredite durch den größten Teil der SPD-Fraktion im Reichstag. Die USPD war eine zentristische Partei; d.h. marxistisch in Worten, aber reformistisch in Taten. Unter dem Eindruck der russischen Revolution 1917 und der deutschen Revolution 1918 gelang es der USPD zu wachsen und an Einfluss zu gewinnen. Durch die Vereinigung der Mehrheit der USPD mit der neu gegründeten KPD entstand eine neue revolutionäre Massenpartei, die mehr als einmal die Chance gehabt hätte die revolutionären Kämpfe für die Seite der Arbeiterklasse zu entscheiden. Neue Massenparteien entstehen nur unter dem Eindruck von Massenbewegungen und – kämpfen. Die AsG ist weit davon entfernt, die neue Arbeiterpartei zu werden, für die sie von sektiererischen linken Gruppen gehalten wird.

Feuerprobe in NRW

Die Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen (NRW) werden zur sofortigen Feuerprobe und auch zu einer riesigen Kraftanstrengung für die neue Partei werden. In Ostdeutschland konnte die AsG bis jetzt, mit Ausnahme von Berlin, nur wenig Zuwachs verzeichnen. Dies hat überwiegend damit zu tun, dass die ostdeutsche Arbeiterbewegung eine ganz andere jüngere Geschichte hat und die SPD eben nicht die traditionelle Massenpartei ist. Diese Rolle wird hier eher von der PDS ausgefüllt, auch wenn SPD und PDS in vielen Bereichen natürlich nicht gleichzusetzen sind. Aufgrund dessen wäre eine Kooperation zwischen AsG und PDS eigentlich eine logische Folge. Insgesamt ist es, ausgehend vom heutigen Kenntnisstand, unwahrscheinlich, dass aus der AsG eine Partei mit größerem Einfluss hervorgeht. Wir sehen uns aber kurz- und mittelfristig mit starken gesellschaftlichen Verwerfungen und Massenbewegungen konfrontiert, deren Folgen heute niemand vorhersagen kann.

Welche Rolle die AsG darin spielen wird und welchen Nutzen sie daraus ziehen kann, bleibt abzuwarten und zu beobachten.

Für uns gilt weiterhin das erklärte Ziel des Aufbaus einer marxistischen Strömung innnerhalb der Arbeiterbewegung und lernenden Jugend.

Editorische Anmerkungen

Der vorliegende Text  erschien in DER FUNKE Marxistischer Standpunkt in der Arbeiterbewegung, Januar 2005 und ist eine Spiegelung von
http://www.derfunke.de/rubrik/sozialdemokratie/wasg2005.html

Das Programm der WASG ist als PDF-File im Internet unter
http://www.wahlalternative-asg.de/uploads/media/gruendungsprogramm_20050122.pdf
zu lesen.