Kommentare zum Zeitgeschehen
Klassenkämpfe nur systemimmanent? Quark!

von Peter Trotzig
02/05

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Es ist noch nicht lange her, da hat die Bochumer Opel-Belegschaft eine Woche lang keine Autos produziert und sich „gut informiert“, über das was das Management mit ihr vor hat und was mensch dagegen tun könnte.

Wir verdanken es tiefschürfender, fundamental wertkritischer Erkenntnis, dass Kämpfe, wie diese „lang anhaltende Informationsveranstaltung“ nicht zur Abschaffung von Ware und Geld führen können. Was unsere Neunmalklugen bei ihren Wirklichkeitsverbiegungen gern übersehen ist unter anderem folgendes:

  1. Ca. eine Woche lang wurde die Ware Opelauto nicht produziert und folglich konnte Opel diese nicht produzierte Ware auch nicht verhökern und in Geld umwandeln.
  2. Der so oft nichts sagend strapazierte „abstrakte Sachzwang von Ware und Geld“, der die „Warensubjekte“ angeblich unterschiedslos und vollständig beherrscht, versagte für eine Woche seinen Dienst. Sie taten nicht, wie ihnen geheißen!
  3. Damit stockte und stoppte für ca. eine Woche die Verwertung eines Einzelkapitals, das ökonomische Gesetz der Verwertung von Wert war einen Moment lang und an einem Ort außer Kraft gesetzt.
  4. Die Menschen verweigerten einen Moment lang nicht nur dem abstrakten, ökonomischen Sachzwang ihre Gefolgschaft, sondern auch den Funktionären des Kapitals. Sie folgten nicht dem fremden Kommando über ihre Arbeitskraft. Sie wurden „vertragsbrüchig“ und stellten damit das Rechtsgefüge der kapitalistischen Warenproduktion in Frage.

Das alles sind sehr bedeutsame Ereignisse, vor allem für diejenigen, die daran beteiligt waren. In solchen Auseinandersetzungen wird soziales Lernen unter Lohnabhängigen möglich, wie sonst nirgends. Es wird möglich, weil durch das Verhalten der Menschen der abstrakte ökonomische Sachzwang durchbrochen und für einen Moment aufgehoben wurde. Ohne solche Kämpfe wird die Überwindung des Kapitalismus allenfalls eingebildete Fiktion der selbsternannten „Weisen des Abendlandes“ bleiben.

Es geht hier nicht darum, eine hohes Lied auf eine nicht vorhandene revolutionäre Arbeiterbewegung anzustimmen, etwas in einen Streik hinein zu interpretieren, was er nicht ist und nicht sein kann, aber es geht darum, dass Sozialrevolutionäre eine angemessen positive Einstellung zu den angeblich bloß „systemimmanenten Klassenkämpfen“ wieder gewinnen und erkennen, welche Potenzen in solchen Auseinandersetzungen schlummern. Wer den Systembruch, den ein solcher Streik bedeutet, nicht erkennen kann, der weiß nicht, was das System ist!

Editorische Anmerkungen

Peter Trotzig schreibt ab der Nr. 1-05 in unregelmäßigen Abständen seine Kommentare zum Zeitgeschehen. Dieser wurde am 25.1.2005 erstellt.