Besatzung und „Widerstand“ im Irak. Zwei Seiten einer reaktionären Medaille

von Max Brym

02/04

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Im Irak kämpft der so genannte „Widerstand“ bewaffnet gegen die Besatzungstruppen. In Deutschland und Österreich sammeln „Linke“ unter der Federführung der AIK aus Wien Geld für den irakischen „Widerstand“. Die Gurus der „10 Euro Kampagne für den irakischen Widerstand“, stellen islamistische Kräfte und Reste der Baath Partei als fortschrittlich und „antiimperialistisch“ hin. Die Herrschaften liefern keinerlei Belege um den progressiven Inhalt des „Widerstandes“ zu belegen. Der einzige Beleg den sie liefern ist, dass der „Widerstand“ Amerikaner tötet. Das ist allerdings ein Grund der viele „treudeutsche“ Gemüter befriedigen kann. Den Herrn Pirker und Langthaler geht es wie man ihrem Buch (Ami GO Home) entnehmen kann darum, die gegebene Massenbefindlichkeit in „Kerneuropa“ zu bedienen. Objektiv soll die „Linke“ in Übereinstimmung mit der herrschenden Schröder und Chirac Linie den kerneuropäischen Konfrontationskurs gegen die USA unterlegen. Der Feind ist für die selbsternannten „Antiimperialisten“ die USA und Israel. Genauso wie 1914 für die deutsche Sozialdemokratie der Hauptfeind der russische Zarismus war. Für die russischen Menschewiki galt umgekehrt der preußische Militarismus als Hauptgegner. Beide landeten sie aufgrund dieser Position im Lager ihrer eigenen herrschenden Klasse. Im Unterschied zu den damaligen Sozialdemokraten hat die Argumentation der aktuellen völkischen „Antiimperialisten“ keinerlei Wahrheitsgehalt. Die deutsche Sozialdemokratie hatte damals im Rahmen ihrer Bündnispolitik mit dem deutschen Imperialismus noch einige zutreffende Argumente gegen den reaktionären Zarismus. Auch die russischen Menschewiki hatten gute Argumente gegen das deutsche Kaiserreich. Ihr Verrat bestand darin, das Schlechte nur beim Gegner der eigenen Bourgeoisie  auszumachen.

Die Esoterik deutscher „Widerständler“ 

Die Gegnerschaft gegen den US- Imperialismus führt bundesdeutsche „Antiimperialisten“ zu durchgeknallter Esoterik, analytischer Kaffeesatzleserei und zum Bündnis mit faschistoiden Kräften. Der „Widerstand“ im Irak hat nichts „mit der Zärtlichkeit der Völker“ und mit emanzipatiorischen  Zielstellungen am Hut. Das Baath Regime ermordete tausende Kommunisten Gewerkschafter und hunderttausende Oppositionelle. Besonderes Haßobjekt des Saddam Regimes waren Frauen sowie bestimmte nationale Gruppen. Saddam, die ehem. Kreatur der herrschenden kapitalistischen Weltordnung, benützte das Embargo gegen den Irak um die katastrophale soziale Situation zu erklären und die eigenen Privilegien zu wahren. Als Saddam, die gewesene Bulldogge des Imperialismus merkte, dass ihn seine gewesenen Brötchengeber nicht mehr tolerieren würden, versuchte das faschistoide Baath Regime das System mit fundamentalistischen Islamismus zu unterlegen. Fast über Nacht katapultierte die irakische Propaganda den laizistischen Diktator Saddam in die Blutlinie des Propheten Mohammed. Im Jahr 2000 anläßlich einer Demonstration der „Frömmigkeit“, organisierten Saddams Spießgesellen die Ermordung von 200 angeblichen Prostituierten im ganzen Land. Sie wurden geköpft, vor ihren Häusern nackt aufgehängt oder hingeworfen mit einem Schild welches sagte, „Das Böse muss weg aus dieser Gesellschaft“. Der jetzige „Widerstand“ stellt ein Bündnis dar aus ehemaligen Baathisten und fundamentalistischen Islamisten. Die Fundamentalisten geben in dieser Konstellation den Ton an. Wer diesem „Widerstand“ irgendwelche progressiven Absichten unterstellt hat jeden Realitätsbezug verloren.  

Die Übergangsverwaltung und die politische Reaktion.

Es gibt Kräfte, die sich positiv auf die Verwaltung unter Herrn Brenner beziehen und an einer „Übergangsregierung“ teilnehmen. Jene Kräfte spiegeln die zweite Seite der Reaktion im Irak wieder. Am besten wird das an der Behandlung der Frauen im neuen Irak deutlich. Neuerdings sieht man an der Universität in Bagdad Plakate mit folgendem Spruch: „Frauen ohne Schleier sind gefallene Frauen“. Im Irak werden Frauen entführt, verkauft und vergewaltigt. Jene die es schaffen zu ihren Familien zurückzukehren, werden oftmals der „Ehrentötung“ zugeführt. Der reaktionäre politische Islamismus ( sowohl der pro wie der antiamerikanische Flügel) tobt sich aus. Die Situation ist für Frauen seit dem Krieg schwieriger geworden. Einst stellten Frauen 40% der Arbeiterschaft in den öffentlichen Sektoren, jetzt hat fast keine Frau mehr eine Arbeitsstelle. Die CPA ( Coalition Provisional Authoroity) lehnt jede Zahlung an die Frauen ab. Demonstrationen für Frauenrechte und soziale Rechte sind oft unmöglich. Solche Demonstrationen werden vom islamischen Fundamentalismus und Baathisten benützt und angegriffen. Die Besatzungstruppen schießen daraufhin rücksichtslos auf Arbeiter und Frauen, das Ganze nennt sich „Kampf gegen den Terrorismus“. Objektiv spielen sich die zwei Seiten einer reaktionären Medaille, die Besatzung und der „Widerstand“ die Bälle zu, um jede selbständige Regung der Zivilgesellschaft und der Arbeiterbewegung zu unterdrücken. Die US- Imperialisten setzen offen auf den reaktionären Islamismus. In der Resolution NR. 137 des „ Regierenden Rates“ vom 29. Dezember 2003 wurde kundgetan, „das islamische Sharia Recht anzuwenden in Bezug auf Ehe, Verlobung, Ehevertrag, Wählbarkeit der Ehe, Registrierung der Ehe, Unterhaltszahlungen, Scheidung“ usw. Die Frauen sollen demzufolge aus dem öffentlichen Leben verschwinden und das Dasein von Sklavinnen führen. Es ist geplant für die „eine Hälfte des Himmels“ ( Mao) das Elend der Frauen in Afghanistan, Iran und Sudan zu wiederholen. Davon haben die Frauen nicht geträumt in ihrem Kampf gegen den Baath- Faschismus. Grundlegende Arbeiter und Gewerkschaftsrechte interessieren weder die USA noch die Kräfte des „Widerstandes“. Ihr schmutziger Krieg gegeneinander, hauptsächlich auf Kosten der Zivilisten, verhindert eine öffentlich tätige Selbstorganisation der Massen. In einem Meer von Blut und Tränen soll jeder soziale und demokratische Protest erstickt werden.

Editorische Anmerkungen

Max Brym stellte uns diesen Artikel zur Veröffentlichung zur Verfügung. Er lebt als freier Journalist in München. Im Partisan.net hat er seine Homepage.