"Wir danken den Alliierten
für die militärische Zerschlagung Nazideutschlands"

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13. Februar, Dresden: Vor 57 Jahren haben die Royal Air Force und die US Air Force mit der Bombardierung deutscher Städte das militärische Niederringen Nazi-Deutschlands unterstützt. Die offizielle Poltik hat bisher die Berechtigung der Bombenangriffe nicht in Frage gestellt. 1985 hat der damalige Bundespräsident Weizäcker von der "Befreiung vom NS-Regime" gesprochen. Die Deutschen als Opfer der Hitler-Clique zwar, der Sieg über Nazi-Deutschland aber o.k. Schon das zu sagen, wäre in Dresden am 13. Februar eine Provokation. Die Im Rahmen der Inszenierung "Zerstörung und Wiederaufbau der Frauenkirche", wird ein neuer, ein offensiverer Umgang mit "der Vergangenheit" Konsens. Die Akteure: die Deutschen.

„Dass auf wehrlose flüchtende Menschen auch noch geschossen wurde - wie auf Hasen - gehört zu den Kriegsverbrechen wie auch speziell dieser Bombenangriff überhaupt.“
Dresdner Bürgerin in einem Leserbrief an die „Dresdner Neuesten Nachrichten“ (Ostern 2000) - Anlässlich der öffentlichen Widerlegung des Mythos Tieffliegerangriffe am 13./14. Februar in Dresden

Bürgermob, Kerzen, Geschichtsrevisonismus im grossen Stil

Ein großer Teil der BürgerInnen pilgert jährlich am 13. Februar mit Kerzen bewaffnet auf den Platz vor der Baustelle der Frauenkirche. Ihre Würden- und Funktionsträger sprechen am liebsten von der Frauenkirche als Symbol der Mahnung zum Frieden. Spätestens seit 1995 hat die Floskel "Brücken bauen - Versöhnung leben" an Bedeutung gewonnen. Die Dresdner mussten sich erst dazu durchringen, den Alliierten Versöhnung anzubieten, und wurden dafür im Jahre 2000 mit der Anerkennung ihres Opferstatus und dem Turmkreuz als Geschenk durch die Vereinigung "The Dresden Trust" aus England belohnt. Durch die Teilnahme einer Delegation hoher Repräsentanten des Bundes wurde die wieder einmal gelungene Täter-Opfer-Verdrehung zum nationalen Event.

Offensives Trauern

Die Trauerfeierlichkeiten variieren von Mal zu Mal. Glühweinstände, Bühnen für Reden, traditionelle Musik und Geschichten der Erlebnisgeneration, und für das Volk die Möglichkeit, seine Meinung auf Zettelchen zu schreiben, in Klarsichthüllen zu stecken und mittels kleiner vorbereiteter Drahtstückchen an den Bauzaun zu heften. Der/die gemeine BürgerIn kann einen abwechslungsreichen Nachmittag in generationenübergreifender Harmonie verbringen, je nach Geschmack einen Gedenkgottesdienst oder mit der Gewerkschaft "Kerzen aufstellen spielen". Am Ende des Tages treffen sich alle vor der Frauenkirche: Der Höhepunkt ist eine Gedenkminute um 18.00 Uhr, bei der Tausende untermalt vom Konzert der Dresdner Kirchenglocken um deutsche Opfer trauern.
Konsens Dresdner Geschichtsschreibung ist dabei die militärische Sinnlosigkeit des Bombardments sowie die Ausblendung jeglichen Bezugs zum deutschen totalen Vernichtungskrieg. Allerdings spinnen sich um jenen 13. allerhand Mythen. Hier wird sich nicht auf Fakten bezogen, sondern jedeR hat ihre eigene tragische Geschichte, so die des Angriffes amerikanischer Tiefflieger auf fliehende Menschen, welche noch das Grinsen der Piloten sehen konnten. Wenn DresdnerInnen allerdings Solidarität für ihr Schicksal erhalten, greifen sie auch gern auf David Irving zurück, der die "verbrecherischen Angriffe der Royal Airforce" gegen den "fairen Luftkrieg der Deutschen Luftwaffe" stellt.
Seine Ausführungen, Zahlen und "Fakten" finden sich in den meisten Touristenführern zu Dresden. Die Stadtbibliothek lobt diesen sogar wegen seines Buches über den "Wiederstandskämpfer" Rommel.

[siehe auch Text zu David Irving im a.n.d.
>> Das Dorf, der Mann und andere schlechte Dinge
]

Neo-Nazis - sind die Bürgerinnen noch zu toppen? ...

Fast in den Hintergrund gerät dabei, dass der 13. Februar seit 3 Jahren ein fester Termin für Naziaufmärsche ist. In der Größe haben diese stetig zugenommen. Schon die Jahre zuvor veranstaltete die Junge Landsmannschaft Ostpreußen Kranzniederlegungen an der Frauenkirche. 1998 versuchten dann einige - vorwiegend NPD-Mitglieder - einen Aufmarsch zur Frauenkirche, der allerdings recht schnell von der Polizei aufgehalten worden ist. Um im Jahr darauf ein solches Desaster zu vermeiden, meldete 1999 die JLO, die durch ihren Landesvorsitzenden Alexander Kleber gute Kontakte zu rechtsextremen Kreisen pflegte, offiziell einen Trauermarsch an. Die Stadtverwaltung sah darin kein Problem. Marschiert sind dann ca. 150 Nazis - überwiegend NPD und Umfeld.
Ebenso im Jahr 2000: die JLO, meldete den Trauermarsch an, marschiert sind reichlich 500 Nazis, allen voran Horst Mahler, Schönhuber und Gerd Sudholt. Inzwischen hat sich die Landsmannschaft Ostpreußen von ihrer Jugendorganisation getrennt, wegen extrem rechten Tendenzen einiger Landesverbände, z.B. Sachsen. So meldete 2001 die Landsmannschaft Schlesien/Landesgruppe Sachsen an. Knapp 800 Nazis sind zu dem Trauermarsch angereist, die verschiedensten Vertriebenenverbände mit Tracht und Fahnen, NPD und Freie Kameradschaften. Auch zunehmend internationale Neo-Nazis interessieren sich für den Aufmarsch am 13. Februar. Die Bedingungen in Dresden zum 13. Februar sind optimal für ein jährliches Großereignis zu dem sich dieser anfänglich noch kleine Trauermarsch Jahr für Jahr entwickelt. Die Stadt verliert kein Wort über dieses jährliche Ereignis. Die Bürger sind größtenteils mit ihrer Trauer beschäftigt, und wenn sie den Nazizug doch mal entdecken, nicken sie den Transparenten "Es war kein Krieg, es war Mord" zustimmend zu.

Reaktionen auf Neo-Nazi-Grossaufmärsche? ...

Wenn sich die Bürger schon nicht von den Neo-Nazis abgrenzen, so versuchen die Neo-Nazis selbst, die Bürger zu toppen, und verzichten auf das Gelaber von Versöhnung. Das Transparent, das schon bei der Störung der Einweihungsveranstaltung der Dresdner Synagoge am 9. November 2001 und in Berlin bei der Demonstration gegen die Auststellung "Verbrechen der Wehrmacht-Dimension des Vernichtungskriegs" seine Dienste tat - "Vor der Versöhnung kommt die Wahrheit" - wird wohl auch dort wieder zu lesen sein.
In der Presse ist weder im Vorfeld noch danach etwas erwähnenswertes über einen Naziaufmarsch zu lesen. Erwähnt wurde die Demonstration letztes Jahr mit den Worten "800 Bürger führten einen Schweigemarsch durch. Die Polizeipräsenz ist nicht gerade gross an diesem Tag. Da grössere Gegenaktivitäten in Dresden seit längerem ausbleiben, werden Nazidemonstrationen kaum mehr geschützt. Also, die Nazis haben die nötige Ruhe für ihren Schweigemarsch und können dieses Jahr über 1000 sein und es würde sich in dieser Stadt trotzdem niemanden interessieren, weil sich im Grunde alle einig sind, spätestens mit der Kerze in der Hand vor der Frauenkirche.
Im übrigen interessieren sich auch zunehmend internationale Neo-Nazis für den Aufmarsch am 13. Februar. Es ist zu erwarten das solche Events der Opferstilisierung auch für andere ein Problem werden. So fanden schon im vergangenen Jahr von freien Kameradschaften vorallem im Norden Kranzniederlegungen und ein Fackelmarsch zu diesem Thema statt. In diesem Jahr soll es erstmals auch zum Jahrestag der Bombardierung Magdeburgs einen Trauermarsch geben.

13. Februar - Tag der Bewegung für Frieden...

Um das Bild komplett zu machen, gibt es dann noch ein paar deutsche Friedensbewegte, die sich selbst als "links" bezeichnen. Anscheinend wollen sie am 13. Februar aber lieber sogenannte "eigene Inhalte" kundtun, um mit der Volksgemeinschaft mitzujaulen. Besonders prekär ist, dass eben diese zu den wenigen gehören, die in Dresden gelegentlich zu Aktivitäten gegen Nazis zu bewegen sind. So werden sie im Bezug auf Afghanistan gegen den Krieg demonstrieren. "Dresdner wissen, was die Bombardierung ziviler Ziele bedeutet" meinte ein ähnliches Spektrum schon zum Kosovokrieg bemerken zu müssen. Die Friedensbewegten verstecken sich hinter Gelaber wie "es gibt keinen gerechten Krieg", und wenden sich dabei vorzugsweise gegen amerikanische Militärschläge. Durch die Darstellung von "unschuldigen deutschen Opfer, Zivilbevölkerung, Frauen und Kinder oder eben Flüchtlingstrecks" werden nicht nur die Deutschen entschuldet, sondern der 2. Weltkrieg in seinem gesamten Ausmass negiert. Wir danken den Alliirten für die Zerschlagung Nazideutschlands, Krieg war eine notwendige Antwort auf den Vernichtungskrieg.

all in all: experience yourself...

Das deutsche Opferkollektiv in Hochform gibt's also wieder mal zu erleben, wer's sich noch nicht vorstellen kann, dann ist das der Termin, sich das mal anzuschauen. Es gibt Überlegungen, vor diesen Zuständen nicht zu kapitulieren. Eventuell soll es eine Demonstration geben, die Anmeldung ist aber noch unsicher. Ansonsten habt Ihr vielleicht coole Ideen - how to destroy a volksfest?

Möglich wird aber nur was, wenn ihr euch zurückmeldet. Wär nett, wenn's ein paar mehr als letztes Jahr werden. Übrigens: am Abend gibt's dann noch eine Brit-Pop-Party.
Bomber Harris - Do it again!

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Editoriale Anmerkung:

Dieser Artikel ist eine Spiegelung von
http://venceremos.antifa.net/13februar/wirdankentext.html
Gedruckt erschien er in der Interim 543 vom 7.2.2002