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Bericht einer Teilnehmerin
Bericht über die Proteste in Davos am 27. Januar 

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Heute fuhren wir per Auto von Klosters nach Davos. Davos ist ca 7 km von  Klosters entfernt, eine richtige Festung, die leicht gegen unerwuenschtes  Eindringen durch den Zugang durch einen einzigen kleinen Pass verteidigt  werden kann. Als wir zum Wolfgang-Pass hochfuhren, mussten wir durch einen  Polizei-Checkpoint. Den beiden Autos vor uns wurde die Weiterfahrt  verweigert. In diesen Wagen sassen vier Erwachsene; sie sahen nicht aus  wie Unruhestifter. Wir fuhren ein Stueck weiter und sahen einen geparkten  LKW und mehrere Maenner mit Gewehren, mit denen Gummigeschosse und  Traenengas verschossen werden kann. Diese Maenner kletterten auf den  Huegel beim LKW, um einen besseren Aussichtspunkt auf den Berg  hochfahrenden Autos zu erhalten. An der naechsten kleinen Kreuzung trafen  wir auf einen Polizisten in voller Riot-Ausruestung, der dort stand.

Als wir nach Davos kamen, sahen wir dort auf jeder Kreuzung Polizei. Viele  Strassen waren voellig durch Sperren blockiert, um zu verhindern, dass  Autos durch die Stadt fahren konnten. Die gesamte Stadt wurde von massiven  Polizeikraeften bewacht und ueberall in der Stadt standen schwere  Fahrzeuge. Wir sollten spaeter herausfinden, wofuer die gedacht waren.

Als wir zur Hollaendischen Asthmaklinik fuhren, wo unsere alternative (und  von den Behoerden genehmigte) Konferenz stattfand, sahen wir, dass die  Polizei FussgaengerInnen anhielt, die auf dem Weg zur Konferenz waren (und  die daher uebrigens in eine voellig andere Richtung gingen als in die der  WEF-Konferenz). Die Polizei kontrollierte Ausweise, notierte Namen,  fragte, was die Leute hier wollten -- arbeiten Sie fuer eine Organisation,  fuer die Medien etc. Das Ganze war sehr beunruhigend. Die Leute waren  fassungslos darueber, wie ihre Rechte missachtet wurden.

Der Saal in der Asthmaklinik war voll; cirka 150 Leute hoerten einer  Podiumsdiskussion zu. Weitere Leute waren in der Halle. Alle nett  angezogen, wenige juenger als 30 Jahre.

Die Gesamtzahl der DemonstrantInnen, die spaeter am Nachmittag nach Davos  kommen konnten, lag ungefaehr bei 300 Personen. Die offiziellen  Schaetzungen lagen noch darunter. Cirka 600 wurden bereits in Landquart am  Fuss des Berges gestoppt; auch viele Busse wurden dort angehalten. Sie  protestierten dort, besetzten die Autobahn und blockierten auch fuer  einige Zeit die Bahngleise. Die Polizei setzte Traenengas gegem sie ein.  Nach der Abfahrt aus Landquart machten ca 300-400 von diesen Personen auf  der Rueckfahrt abends eine weitere Demonstration in Zuerich, wo am selben  Tag auch eine alternative Konferenz stattfand.

In Davos war das Wetter schneeig und stuermisch geworden. Nicht gerade  toll draussen in dem Wetter. Diejenigen von uns, die in Davos demonstriert  hatten, bestanden hauptsaechlich aus zwei Gruppen: junge AktivistInnen und  kirchliche Gruppen. Die jungen Leute riefen Parolen, die aelteren Leute  sangen Friedenslieder. Es gab nur wenige Transparente, weil es fast  unmoeglich war, durch die Sicherheitsmassnahmen durchzukommen. Ich hatte  ein paar Sachen auf Notizpapier geschrieben, die oft fotografiert wurden,  z.B.: "Die Demokratie wurde in Davos aufgehoben" (dieser Slogan kam von  Tony Juniper von Friends of the Earth-UK), "Keine globale Herrschaft ohne  Transparenz, Verantwortlichkeit und Demokratie". Ich wurde vom Time- Magazin interviewt und sagte dem Reporter, ich sei Mitglied von Reclaim  Democracy und Alliance for Democracy und dass ich aus Boulder/Colorado  komme.

Wir konnten vom Bahnhof ungefaehr die halbe Strecke zum Kongresszentrum  demonstrieren, wo das WEF-Treffen stattfand. Die Polizei hatte das WEF die  ganze Woche ueber so gut abgeriegelt, dass die Strasse vor dem  Kongresszentrum voellig menschenleer war. Ich glaube, die meisten Leute da  drin hatten keine Ahnung, dass fuer heute ueberhaupt eine Demonstration  geplant war und bekamen sie auch nicht mit.

Die Polizei stoppte uns an einer Sperre mehrere Strassen vom  Kongresszentrum entfernt. Sie warnten in mehreren Sprachen, sie wuerden  mit Wasserwerfern gegen uns vorgehen und taten das dann: 15 m hohe, gut  gezielte Weitschuesse in alle Richtungen. Der arme Typ vom Time-Magazin,  der mich interviewt hatte, wurde voellig durchnaesst. Wir zogen uns etwas  zurueck und standen eine halbe Stunde herum. Es gab Redebeitraege, aber um  uns herum war einiges los. Noch ein Wasserwerfer fuhr aus der  entgegengesetzten Richtung auf uns los und ich befuerchtete, jetzt waeren  wir dran. Aber er zog sich bald zurueck und fuhr weg und die Demo kehrte  zum Bahnhof zurueck. Jetzt kam die Sonne durch. Nachdem einige  Schneebaelle auf eine Bullenketter geworfen wurden, die mit Waffen und  Rattenschilden vor einem Hotel stand, loeste sich die Demo schliesslich  auf. Die Zuege und Busse fuhren immer noch nicht, als R. und ich uns  trafen und aus der Stadt fuhren, aber die Polizei fing an, einiger ihrer  Sperren abzubauen.

Um der Polizei und den Einwohnern von Davos gerecht zu werden, muss gesagt  werden, dass sich an der Organisation der Proteste auch Leute beteiligten,  die nicht gewaltlos waren und die Polizei hatte natuerlich die Aufgabe  sicherzustellen, dass es keine Gewalt gab. Aber die Stadt total zu sperren  und hunderte von Leuten daran zu hindern, ihre Besorgnis zum Ausdruck zu  bringen, kann nicht als angemessene Reaktion betrachtet werden. Dies ist  ein weiteres eindeutiges Beispiel, wie der Staat (mit Hilfe seiner Polizei  und Armee) die besitzende Klasse stuetzt und sie davor in Schutz nimmt,  abweichende Meinungen zur Kenntnis nehmen zu muessen. [...]

Sharon

Somos la misma familia, Doc