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Wo sind die Leichen geblieben?

Fünf Monate nach dem Krieg haben Teams auf der Suche nach Massengräbern in Kosovo KEINE nennenswerten Beweise für serbische Gräueltaten gefunden. Wurde die westliche Öffentlichkeit belogen? – fragt der kanadische General, der die UN-Truppe in Bosnien kommandiert hat. 

von General i.R. Lewis McKenzie

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In der Regel verfügen die Führer der westlichen Demokratien über beste Informationen durch ihre Geheimdienste, auf deren Grundlage sie ihre Entscheidungen treffen. Leider sind diese Informationen oft höchst geheim und können nicht veröffentlicht werden, um ihre Quellen nicht zu gefährden und die Gegenseite nicht zur Verbesserung ihrer Geheimhaltungsstrategien zu bringen. Statt dessen müssen die politischen Führer auf die Stimmung ihrer Wähler reagieren, die ihr „Wissen“ aus den Medien beziehen.

Vor den Verhandlungen in Rambouillet im März 1999, angeblich abgehalten, um eine diplomatische Lösung für den damaligen Bürgerkrieg zwischen den Sicherheitskräften des jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milosevic und der für die Unabhängigkeit kämpfenden UCK herbeizuführen, wurde uns von den Medien gesagt, dass in diesem Krieg von 1998 bis März 1999 ungefähr 2.000 Menschen getötet worden waren. Ca. 650 davon waren Serben, die übrigen Kosovo-Albaner. Diese Zahl erschien glaubhaft und entsprach etwa der Zahl der Toten in den anhaltenden „Wirren“ in Nordirland.

In den Tagen vor dem Ende von Rambouillet 2 und der folgenden NATO-Bombenkampagne gegen die serbischen Kräfte in Serbien, Montenegro und Kosovo erklärte der britische Premierminister Tony Blair, dass die NATO handeln musste, „um tausende unschuldiger Männer, Frauen und Kinder vor dem Tod zu retten“. Das US-Außenministerium sprach häufig von einem „Genozid“ in Kosovo – eine eher überraschende Sache, nachdem Washington sich geweigert hatte, diesen Begriff für den Mord an über 500.000 Tutsis und ihren Sympathisanten 1993 in Ruanda zu verwenden.

Den Krieg hindurch war bei NATO-Pressekonferenzen ständig die Rede von den gewaltigen Todesquoten unter der albanischen Bevölkerung in Kosovo und diese als Rechtfertigung für die Fortsetzung und Intensivierung der Bombenangriffe verwendet. Westliche Reporter in den Flüchtlingslagern in Mazedonien und Albanien verbreiteten eifrig Berichte von Flüchtlingen über Gräueltaten und Massenmorde, ohne im leisesten ihre Zuverlässigkeit zu überprüfen.

Sicher fanden massive Vertreibungen durch die serbischen Sicherheitskräfte statt. Das behauptete Hauptziel der NATO war jedoch die Ermordung unschuldiger Zivilisten. In den ersten Kriegstagen tauchte von irgendwoher die Zahl von 10.000 bis 11.000 ermordeten Kosovo-Albanern auf und wurde in allen NATO-Berichten kolportiert. Ohne diese allgemein benutzte Zahl könnte die Solidarität der Allianz wohl zerfallen sein. Zwangsaussiedlungen, und schon gar in dieser „Nachbarschaft“, hätten keine ausreichende Rechtfertigung für die NATO-Intervention in einer Reihe von deren Mitgliedsländern abgegeben – Frankreich, Deutschland, Griechenland und Italien fallen einem da sofort ein.

Nachdem seit dem Ende des Krieges 15 Untersuchungsteams aus 15 verschiedenen Ländern einschließlich Kanadas gesucht haben, fragen viele Europäer: „Wo sind die Leichen?“

150 der 400 vermuteten Massengräber wurden untersucht. Vom „Internationalen Tribunal für das ehemalige Jugoslawien“ (ICTY) werden als Massengrab alle Grabstätten definiert, die mehr als eine Leiche enthalten. Die Teams wurden zuerst zu den Plätzen geschickt, an denen die größten Massengräber vermutet wurden – von einigen waren bei den täglichen NATO-Auftritten sogar Luftaufnahmen präsentiert worden. Es gab auch viel mehr Zeugen, die die Gräueltaten an diesen Stellen bekundet hatten, sodass angenommen wurde, die erforderlichen Beweise würden leicht gefunden werden.

Bis zum heutigen Tag wurden weniger als 500 Leichen gefunden, von denen hunderte einzeln begraben worden waren – was keineswegs auf eine Massenmordkampagne hinweist. Untersuchungsteams haben sich beschwert, dass sie den Schauergeschichten nachgehen und dann keine Beweise finden.

Zweifelsohne die bekannteste der von der NATO bekanntgegebenen Stätten des Grauens ist die Mine von Trepca, in deren Schächte gemäß den Berichten der westlichen Medien über 700 ermordete Kosovo-Albaner geworfen worden und in Fässern mit Salzsäure gekocht worden sind. Das ICTY selbst untersuchte diesen Ort und fand nicht den leisesten Beweis für diese Behauptungen.

Es gibt einige, die hoffen, dass noch 9.000 Leichen gefunden werden, damit sich die Rechtfertigung der NATO für ihre Bombenangriffe bewahrheitet. Ich gehöre nicht zu diesen. Ich bin froh, dass nur ein kleiner Prozentsatz der ursprünglich behaupteten Zahl getöteter Menschen übrig geblieben ist. Ich hoffe, dass 9.000 Menschen weniger gestorben sind, als man uns glauben machen wollte. Ich möchte hoffen, dass die NATO derselben Meinung ist.

Das ist die gute Nachricht. Extrem störend dabei ist der Gedanke, dass die westliche Öffentlichkeit bewusst in die Irre geführt – angelogen – worden ist, um die NATO zusammenzuhalten und den Bombenüberfall auf eine souveräne Nation zu rechtfertigen.

Dieses Fehlen von Beweisen ist kein großes Thema in Nordamerika, wo wir uns den Luxus erlauben, Kosovo hinter uns zu lassen und das Leben weiterzuleben. Nicht so in Europa, wo viele Regierungen den USA vertraut haben. Wenn bekannt wird, dass sie bewusst ihre Bürger angelogen haben oder von den USA an der Nase geführt worden sind, könnte die Solidarität in der NATO ernsthaft gefährdet sein, mit allen Folgen, die das haben wird.

Vielleicht sollten wir bei dem bleiben, was die Allianz am besten kann – Verteidigung!

Der kanadische General im Ruhestand Lewis MacKenzie berichtete für das kanadische Fernsehen vier Wochen lang während der NATO-Bombenangriffe aus Belgrad. Dieser Artikel von ihm erschien am 9.November 1999 in THE GLOBE AND MAIL.

  • Diesen und weitere Artikel findet Ihr (teilweise auch in deutscher Sprache) bei The Emperor´s New Clothes: http://www.emperors-clothes.com.

  • Ihr seid eingeladen, diesen Artikel weiter zu verbreiten. Es wird jedoch gebeten, die Quellenangabe www.emperors-clothes.com nicht zu vergessen! Danke! 

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