Der europäische Grüne Deal
Mitteilungen der europäischen Kommission

und ausgewählte Kommentare

01/2020

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Kommentare

Naturschutzbund Deutschland e.V.
Viel Deal, viel zu wenig Green

Brüssel – Der NABU bewertet den am heutigen Mittwoch von der EU-Kommission vorgestellten „European Green Deal“ als unzureichend im Kampf gegen das Massenartensterben. „Im Papier steckt viel Deal, aber viel zu wenig Green. Ausgerechnet beim Schutz unserer Lebensgrundlagen fehlt die Substanz. Die Kommission verkennt, wie wichtig gesunde Wälder, Moore und Meere für den Klimaschutz sind“, so NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger.

Damit die Funktionsfähigkeit der Natur erhalten bleibt, fordert der NABU, dass jeder EU-Staat bis 2030 geschädigte Ökosysteme wiederherstellt. Und zwar auf mindestens 15 Prozent seiner Fläche. Wiedervernässte Moore, fischereifreie Zonen im Meer und naturnahe Wälder sind notwendige Verbündete im Kampf gegen das Artensterben und die Klimakrise. All diese Punkte fehlen in den heute vorgestellten Plänen. Und das, obwohl die EU weltweit Vorreiter im Naturschutz werden möchte. Die geplante Waldstrategie könnte sich gar als Rückschritt für den Naturschutz erweisen. „Vor allem auf Aufforstungen zu setzen ist der falsche Schritt, um die Klima- und Artenkrise zu stoppen. Viel wichtiger wäre jetzt der Umbau der vorhandenen Wälder hin zu klimawandelsicheren, gemischten Wäldern, die Kohlenstoff und Wasser speichern“, so Krüger.

Weitgehend unbeantwortet lässt die Kommission auch, wie sie die Meere vor Überfischung, Verschmutzung und den Folgen der Klimakrise schützen möchte. Zwar erkennt sie Meere als natürliche Kohlenstoffsenken an, betont aber zugleich ihre Bedeutung für den Ausbau von Aquakultur, erneuerbarer Energien und den Abbau mariner Ressourcen. Ein Bekenntnis zur Rettung der Artenvielfalt unter Wasser und Schutzgebieten fehlt völlig. „Europas Meere dürfen nicht zum Industriestandort verkommen“, so Krüger.

Vergleichsweise positiv bewertet der NABU das geplante EU-weite Klimaschutzgesetz. Mit ihm will die EU festschreiben, bis 2050 klimaneutral zu werden. Der Weg dorthin bleibt jedoch unklar. Fatal ist die Ankündigung der Kommission, bis 2030 nur 50 Prozent der Treibhausgase reduzieren zu wollen. „Das ist zu wenig, um die Erderhitzung auf 1,5 Grad zu begrenzen“, kritisiert Krüger. Problematisch sei auch, dass die EU ihr 2030-Ziel erst bis Sommer 2020 erhöhen will. „Damit verschwendet die Kommission wertvolle Zeit. Der Druck auf schnelle, wirksame Klimaschutzmaßnahmen steigt.“

Auch das klare Signal für eine zukunftsfähige Landwirtschaft fehlt. Der NABU begrüßt den Vorschlag für eine „Nahrungsmittelstrategie“ vom Acker bis zum Teller („farm to fork“) und den erklärten Willen zur Reduzierung der Anwendung chemischer Pestizide. Ein konkretes Reduktionsziel von 50 Prozent wurde jedoch offenbar in letzter Minute gekippt. Gleichzeitig hält die Kommission am bisherigen, weitgehend umweltschädlichen Subventionssysten fest. „Wir brauchen jetzt eine Agrarpolitik, die klima- und naturverträglicheres Wirtschaften belohnt und für Landwirte, Natur und künftige Generationen gleichermaßen fair ist. Es ist daher kein gutes Signal, dass die EU-Kommission weiter an den Grundsätzen ihrer Subventionspolitik festzuhalten scheint“, so Krüger. Zudem fehle ein klares Ziel, den zu hohen Konsum von Tier- und Milchprodukten zu reduzieren. Mit Blick auf die weltweiten Folgen für Natur und Klima sowie die menschliche Gesundheit sei dies überfällig.

Insgesamt mangelt es nach Ansicht des NABU auch an Mechanismen zur Kontrolle und Nachschärfung des „Green Deals“. Ursula von der Leyen, Frans Timmermans sowie die Kommissarinnen und Kommissare seien jetzt gefordert, den Green Deal mit konkreteren Strategien zu unterlegen. „Die Kommission ist erst elf Tage im Amt. Noch kann es in den ersten hundert Tagen gelingen konkretere Maßnahmen vorzulegen, sodass die EU tatsächlich zum globalen Vorreiter im Umwelt- und Klimaschutz wird“, so Krüger.

11. Dezember 2019
https://www.nabu.de/

DKP Parteivorstand
Green Deal der EU ist Betrug an Mensch und Umwelt

Zum sogenannten „Green Deal“ von Ursula von der Leyen erklärt Patrik Köbele, Vorsitzender der DKP: „Dieser sogenannte „Green Deal“ ist ein Betrug an Mensch und Umwelt. Frau von der Leyen führt mit ihrer Kommission das weiter, was ihre gesamte politische Laufbahn prägt: Banken und Konzerne werden zu Lasten der Arbeiter, Angestellten, Rentner und Arbeitslosen subventioniert. Umweltschutz dient dabei nur als Vorwand. Den Verursachern der Umweltzerstörung, der Automobil- und Energieindustrie sollen Milliarden Euro Steuergelder zugeschoben werden, damit sie ihre Profite erhalten können. Ein Zauberwort heißt E-Mobilität, daran können beide verdienen, die Umweltschädigung wird nur verlagert. Und auch bei der Zielsetzung der sogenannten CO2-Neutralität der EU darf man sicher sein, dass ein Hauptmittel die Verlagerung der Emissionen in ärmere Länder sein wird. Die sogenannte CO2-Grenzsteuer ist in diesem Zusammenhang nichts anderes als die Fortsetzung der neokolonialen Ausbeutung mit anderen Mitteln. Dieser Green Deal muss bekämpft werden. Die DKP fordert das Verursacherprinzip. Das heißt zum Beispiel, die notwendige Verkehrswende muss mit den Profiten der Automobilindustrie finanziert werden, die Energiewende mit denen der Energiekonzerne.“

12. Dezember 2019
blog.unsere-zeit.de/?p=3112

Rote Fahne News
Von der Leyens „Green Deal“ – eine imperialistische Mogelpackung

Voll des Lobes sind die meisten bürgerlichen Medien für den von der neuen EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen vorgestellten "Green Deal". Europa könne damit nun den Kampf gegen die Erwärmung des Planeten "anführen".

Mit einem Machwerk, das lediglich aus der unverbindlichen Ankündigung einer Vielzahl von Gesetzen und Programmen besteht, die irgendwann noch ausgearbeitet werden sollen? Während Hunderttausende europa- und weltweit auf die Straße gehen und längst überfällige Sofortmaßnahmen zur Rettung des Weltklimas fordern, ist der "Green Deal" das genaue Gegenteil eines wirksamen Sofortprogramms. Was ist das anderes als eine Beruhigungspille für die massenhaft unzufriedenen und teils demonstrierenden Menschen? 

Statt sich gegen die Hauptverursacher des beschleunigten Übergangs in eine globale Umweltkatastrophe in den Chefetagen der internationalen Monopole zu richten, sollen diese mit einem gigantischen Subventionsprogramm auch noch belohnt werden.

Lukrativer Zertifikatehandel wird ausgeweitet

Die bisher für die Autoindustrie von der EU festgelegten Flottengrenzwerte zur Reduzierung des klimaschädlichen CO2, aufgrund derer ab 2020 voraussichtlich hohe Strafzahlungen fällig geworden wären, sollen in den lukrativen Emissionshandel eingebunden werden. Die Konzerne sollen dafür zusätzliche CO2-Zertifikate kaufen, mit denen sie gewinnbringend handeln können, deren Kosten sie aber auf die Verbraucher abwälzen werden. 

Der Emissionshandel soll unter anderem auf den Seeverkehr ausgeweitet werden, so dass auch Reedereien davon profitieren können. Die Preise von CO2-Zertifikaten für Flugkonzerne will von der Leyen erhöhen. Beides insbesondere mit der Folge, dass sich Flug- und Seereisen verteuern werden. Es werden also die Massen in der einen oder anderen Weise dafür bezahlen, während die Konzernprofite in jedem Fall verschont bleiben.

Auftragsförderung für EU-Konzerne

Zusätzliche Subventionen sind insbesondere auch für neue Umwelttechnologien vorgesehen, unter anderem durch die Finanzierung entsprechender Projekte in sogenannten Entwicklungsländern durch die Europäische Investitionsbank (EIB). Sie soll dafür in den nächsten zehn Jahren rund eine Billion Euro bereitstellen. Die Aufträge erhalten selbstredend EU-Konzerne. 

Angeblich soll mit dieser "neuen Wachstumsstrategie", die vor allem die internationalen Monopole mit Sitz in der EU im Konkurrenzkampf fördert, zugleich die Umwelt gerettet werden. Mit dem „Green Deal“ werde Europa bis 2050 angeblich als erster Kontinent "klimaneutral". Er werde die Treibhausgas-Emissionen senken, zugleich Arbeitsplätze schaffen und die Lebensqualität der Menschen verbessern, so von der Leyen großmundig bei der Klimakonferenz in Madrid. Kurzum: Eine eierlegende Wollmichsau!

"Green Deal" völlig untauglich für Klimaschutz

Der „Green Deal“ ist in Wirklichkeit völlig untauglich, den Übergang in die globale Umweltkatastrophe zu stoppen. Konkrete Maßnahmen zur Reduktion des CO2-Ausstoßes sucht man vergeblich. Und "klimaneutral" bedeutet keineswegs, dass der Ausstoß der Treibhausgase bis 2050 auf Null gesenkt wird. Vielmehr sollen "Ausgleichsmaßnahmen" wie Aufforstung der Wälder "gegengerechnet" und soll der Ausstoß auch durch CO2-Speicherung reduziert werden. 

Das überschüssige CO2 würde dann mit der Methode des Carbon Capture Storage (CCS) einfach in die Erde verpresst. Was nichts anderes bedeutet, als seinen Ausstoß auf die Zukunft zu verschieben, denn es kann niemand absichern, dass es dort dauerhaft gebunden bleibt. Die Aufforstung neuer Wälder ist zwar sinnvoll, kann aber die tatsächliche Reduzierung des Ausstoßes klimaschädlicher Gase durch Einstellung der Kohleverbrennung und Umstellung auf ein umweltfreundliches Verkehrswesen nicht ersetzen. Sonst sterben die Wälder nur noch schneller ab als sie wiederaufgeforstet werden. 

Selbst die groß verkündete und völlig unzureichende Erhöhung des allgemeinen Reduktionsziels der EU auf 40 bis 55 Prozent gegenüber dem Wert von 1990 ist Augenwischerei. Wieso ist denn der CO2-Ausstoß in den letzten 30 Jahren nicht annähernd entsprechend den bisherigen Zielen gesunken, sondern seit 1990 sogar um über 60 Prozent gestiegen? Der CO2-Ausstoß müsste bis 2030 um 70 bis 90 Prozent reduziert werden, um eine weitere drastische Erderwärmung zu verhindern. 

Was Ursula von der Leyen und die neue EU-Kommission damit vor allem erreichen wollen, ist eine neu verpackte Neuauflage des mehrfach gescheiterten imperialistisch-ökologistischen Betrugs von der Vereinbarkeit von kapitalistischer Ökonomie und Ökologie.

Gegensätze in der EU nur notdürftig überdeckt

Ob der „Green Deal“ überhaupt Wirklichkeit wird, steht in den Sternen. Zwar haben sich die EU-Staaten in der Nacht auf Freitag auf einen Kompromiss geeinigt. Polen verweigerte allerdings auch dem seine Zustimmung. 

Aufgrund der wachsenden zwischenimperialistischen Widersprüche in der EU werden auch schon weitere Einzelzugeständnisse an verschiedene Länder in Aussicht gestellt. So will Frankreich seine Atomkraftwerke aus dem „Green Deal“ heraushalten, während Polen als aufstrebendes neuimperialistisches Land auf keinen Fall seine Kohlekraftwerke abschalten möchte. Solche Gegensätze werden durch den „Green Deal“ nur notdürftig überdeckt.

BDI beschwert sich

Dem Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) gehen selbst die völlig unzureichenden Pläne von der Leyens schon zu weit. Neue Klimavorschriften führten zu einer Verunsicherung der Unternehmen, behauptet BDI-Präsident Dieter Kempf. Das sei "Gift für langlebige Investitionen". Der European Round Table for Industry (ERT) forderte, dass die Pläne von der Leyens die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie nicht gefährden dürfen. 

Diese beeilte sich dann auch, zu erklären, dass der „Green Deal“ die Wirtschaft nicht „übermäßig belasten“ dürfe. Sie will deshalb an den Außengrenzen der Europäischen Union (EU) eine Art Öko-Zoll einführen, um Importe teurer zu machen, bei deren Produktion mehr CO2 ausgestoßen wird als bei europäischen Produkten. Solch ein Öko-Zoll könnte allerdings den Handelskrieg vor allem mit den USA und China weiter anstacheln.

Sinnvolle Sofortmaßnahmen sehen anders aus

Es sind die industriellen Hauptverschmutzer, die mit strengen Forderungen zu einer jährlicher Absenkung der CO2-Belastung verpflichtet werden müssen. Bei Nichteinhaltung müssen sie drakonische Strafen bekommen. Das wären sinnvolle Sofortmaßnahmen. Sie können nur auf Kosten der Profite erkämpft werden. 

Aber um die Umwelt zu retten, reicht auch das nicht! Denn in der weltweit organisierten kapitalistischen Produktion mit ihrem zum gegenseitigen Vernichtungskrieg gesteigerten Konkurrenzkampf ist die Zerstörung unserer natürlichen Umwelt zu einer systembedingten Gesetzmäßigkeit geworden. Für eine wirkliche Systemänderung muss der Kapitalismus mit seiner immer verheerenderen Ausbeutung von Mensch und Natur revolutionär überwunden und ein echter Sozialismus aufgebaut werden.

13. Dezember 2019
https://www.rf-news.de