An die VerhandlungsführerInnen des vbm
(Verband der bayerischen Metall- und
Elektroindustrie e. V.), Bertram Brossardt und
Angelique Renkhoff-Mücke, und die
VerhandlungsführerInnen in anderen Tarifgebieten
Sehr geehrte Damen
und Herren,
Wir haben uns entschlossen, Ihre absurden
Argumentationen zur laufenden Tarifrunde
öffentlich zu entkräften.
Wir wollen damit alle Kolleginnen und Kollegen
motivieren, noch aktiver zu kämpfen.
Wir wollen aber auch das Bewusstsein der
Vorstandmitglieder, Betriebsräte, Vertrauensleute
und Mitglieder der IG Metall sensibilisieren.
Wie eure Kapitalistenfreunde verbreitet Ihr
Thesen, welche der Unwahrheit entsprechen und nur
darauf abzielen, die bestehenden
Machtverhältnisse, welche euch weiterhin
garantieren, Gewinner der asozialen Umverteilung
zu sein, mit allen Mitteln zu verteidigen. Euch
stehen immer die Medien zu Dienste, Ihr nutzt sie
immer, aber diesmal doch weit mehr als in den
vergangenen Tarifrunden.
Ganz offensichtlich deshalb, weil dieses Mal das
Thema Arbeitszeit im Mittelpunkt steht.
Die Forderung der IG Metall nach einer
befristeten 28-Stundenwoche mit einem
Teil-Lohnausgleich ist noch lange kein
Instrument, um die dringend notwendige
nachhaltige Umverteilung von oben nach unten
einzuläuten (und leider auch nur eine temporäre
Entlastung für die MitarbeiterInnen), aber Ihr
hegt offensichtlich die Befürchtung, dieses Thema
könnte in den Belegschaften an Dynamik gewinnen,
wie es glücklicherweise aktuell im Osten
geschieht, und eine Forderung nach einer
kollektiven Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn
und vollem Personalausgleich anstoßen.
Zu Euren absurden Argumentationen
„Die Produktivität ist nur geringfügig
gestiegen“, sagt Ihr, und „Die Lohnforderung von
6 % ist zu hoch“
Wie kann es dann sein, dass die deutsche
Wirtschaft Exportweltmeisterin ist und seit
Jahren einen wahnsinnigen Außenhandelsüberschuss
erzielt?
Natürlich sind Euch unsere Löhne immer zu hoch.
Ihr konntet erfolgreich die Lohnstückkosten seit
Anfang der Jahrtausendwende senken und im
europäischen und im internationalen Vergleich
drücken, durch massive Rationalisierung, und
Flexibilisierung und immer mehr Schichten zur
Auslastung der Anlagen. Euch ist die Ausweitung
prekärer Beschäftigung zu Gute gekommen. Das habt
Ihr Gerhard Schröder zu verdanken und, dass die
Gewerkschaften kaum Widerstand gegen seine Agenda
organisiert haben.
Kommt uns nicht damit, dass höhere Löhne Euch
zwingen würden, Arbeitsplätze ins Ausland zu
verlagern. Das macht Ihr eh dauernd. Das habt Ihr
auch oft genug gemacht, nachdem Belegschaften auf
Lohn verzichtet haben oder umsonst länger
gearbeitet haben. Wir wollen nicht nur höhere
Löhne für uns, sondern für alle: Keine
Niedriglöhne und keine Leiharbeit mehr, weder in
Deutschland noch anderswo!
Und überhaupt: Unsere Löhne sind nur ein kleiner
Teil der ganzen Werte, die wir schaffen – und die
Ihr Euch aneignet!
Euer altes Lied vom Fachkräftemangel
Ja, in manchen Branchen/Berufen besteht wirklich
ein Fachkräftemangel, was aber nicht daran liegt,
dass es keine Menschen gibt, die nicht in der
Lage sind, die notwendige Qualifikation zu
erwerben – wie Ihr es behauptet. Das ist eine
echte Beleidigung gegenüber den vielen
Arbeitslosen, prekär Beschäftigten und
Jugendlichen ohne Ausbildung.
Ihr seid nicht bereit, für Qualifizierung,
Umschulung und Weiterbildung wirklich zu zahlen.
Das sollen die Menschen selbst tun oder die
Allgemeinheit. Zudem ist es schon seltsam, dass
in vielen Betrieben TechnikerInnen, MeisterInnen
aber auch IngenieurInnen am Band stehen. Auch
dass Ihr und Eure FreundInnen aus der Politik das
Rückkehrrecht von Teilzeit auf Vollzeit
verhindert habt, zeigt, dass Ihr gezielt vor
allem Frauen aus qualifizierten Jobs heraushalten
wollt.
Teil–Lohnausgleich:
,,Der Teil –Lohnausgleich für manche Beschäftigte
würde zu einer Zwei-Klassenbelegschaft
führen“, was ja euer Freund und Arbeitsrechtler
Clemens Höpfner mit seinem Gutachten bestätigen
will.
Eure Aussage ist zynisch, ja zynisch – denn würde
es Euch wirklich um Gerechtigkeit in den
Belegschaften gehen, hätten wir u. a. keine
asozialen Beschäftigungsverhältnisse wie Leih-und
Zeitarbeit, Werkverträge, befristete
Arbeitsverhältnisse sowie ausufernde
Flexibilisierung. Dann würdet Ihr – trotz
Tarifverträgen – nicht den Frauen über 20 %
weniger bezahlen als den Männern.
Eure Verweigerung des Rückkehrrechts aus Teilzeit
schafft schon heute Ungerechtigkeit: Den einen
gewährt Ihr die Rückkehr, den anderen nicht.
Eure Vorstellung von Gerechtigkeit ist, dass alle
Beschäftigten gleich rechtlos sind und Ihr alle
Rechte und alle Macht besitzt.
Gebt doch das Rückkehrrecht und den
Teillohnausgleich allen!
Arbeitszeit
Ihr verlangt eine Flexibilisierung der
Arbeitszeit noch oben und argumentiert, es gebe
schon genügend Regelungen, sowohl gesetzlich,
tariflich als auch betrieblich, um den
Bedürfnissen der ArbeiterInnen gerecht zu werden.
Für einzelne Beschäftigungsgruppen/ArbeiterInnen
mag das zutreffen, aber für einen Großteil der
Belegschaften sieht die Wahrheit anders aus. Da
werden Betriebsvereinbarungen, tarifliche und
gesetzliche Regelungen teils dauerhaft
missachtet, was größtenteils nicht kontrolliert
und folglich nicht sanktioniert wird. Ausufernde
Arbeitszeiten in indirekten und direkten
Bereichen – besonders Nacht-, Schicht-und
Wochenendarbeit sind für viele ArbeiterInnen
nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Es ist
mittlerweile wissenschaftlich erwiesen, dass
solche Beschäftigungen nicht nur krank machen
können, sondern auch die Lebenserwartung der
betroffenen ArbeiterInnen deutlich verkürzen.
Was Ihr damit anrichtet, ist Euch entweder nicht
bewusst oder es ist Euch schlichtweg einfach
egal. Ihr seid ja nicht davon betroffen – nein,
Ihr profitiert ja noch davon…
An den Vorstand der IG Metall
Die einzige logische Konsequenz kann jetzt nur
sein:
Den Arbeit„geber“Innen mit der Gegenforderung
einer ,,kollektiven Arbeitszeitverkürzung bei
vollem Lohn- und vollem Personalausgleich auf
Basis der 30-Stundenwoche“ entgegenzutreten.
So wäre ihre zynische Argumentation entkräftet
und alle ArbeiterInnen würden davon profitieren.
Zudem würde es die asozialen
Beschäftigungsverhältnisse zurückdrängen, die
Gewerkschaften auf Dauer stärken, den Druck auf
die Politik erhöhen und eine Umverteilung von
oben nach unten würde eingeläutet werden, was
wiederum den RechtspopulistInnen den Nährboden
entziehen würde.
Zudem müssen Arbeitszeitkorridore mit klar
definierten Grenzen (die sowohl den
gesundheitlichen und sozialen Aspekt beinhalten –
Dauer, Lage, Länge, Verteilung, Pausen) für
SchichtarbeiterInnen gefordert und durchgesetzt
werden, welche auch eine max. Anzahl von
Arbeitswochenenden beinhalten müssen: höchstens
1/3 der Jahresarbeitswochen je MitarbeiterIn,
also max. 18…
An alle Kolleginnen und Kollegen:
Wir sollten die
dummen und arroganten Argumente der
Arbeit„geber“vertreterInnen zum Anlass nehmen,
uns wirklich für unsere Interessen einzusetzen:
-
Arbeitszeitverkürzung ist nötig!
- Kein Einknicken, kein billiger Kompromiss!
- Bezahlte 24 Stunden-Streiks in allen Betrieben,
die das wollen!
- Einbeziehung der LeiharbeiterInnen und anderen
prekär Beschäftigten!
- Für eine aktive Basis in der IG Metall!
Schreibt uns, was Ihr darüber denkt!
Gegenwehr! Betriebs- und Gewerkschaftsinfo der
Gruppe ArbeiterInnenmacht zur Metall-Tarifrunde
Nr. 1/18, Kontakt:
ufmetaller[a]gmail.com
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