Der Westfälische
Friede besiegelte die Zersplitterung Deutschlands
in etwa 350 Fürstentümer und weit über 1000
kleinste Herrschaften, Reichsstädte und
Reichsdörfer. In keinem anderen Lande Europas gab
es eine solche unbeschreibliche Zerrissenheit. Der
Kaiser, dem Namen nach das Reichsoberhaupt, besaß
nur noch wenige Befugnisse. Zum Beispiel konnte er
in den Adelsstand erheben. Im Reich verfügte er
aber über keinerlei Regierungsorgane oder nur ihm
verpflichtete Truppen. Da es keine Reichssteuern
gab, hätte er die Soldaten und Beamten auch gar
nicht bezahlen können.
Die einzige
Einrichtung, die alle Reichsglieder umfaßte und
noch notdürftig zusammenhielt, war der Reichstag.
Seit 1663 tagte er als „Immerwährender Reichstag"
in Regensburg, das heißt die Gesandten der Fürsten
und Reichsstädte blieben ständig zusammen. Dennoch
war der Reichstag beinahe bedeutungslos. Ein
Beschluß kam nur zustande, wenn der Kaiser und die
drei Kurien (Gruppen) des Reichstages
übereinstimmten. Das gab es aber höchst selten, und
auch dann blieb es den Fürsten überlassen, ob oder
wie sie den Beschluß in ihrem Lande durchführten.
Die Schaffung einer starken Zentralgewalt war von
einem solchen Reichsorgan deshalb nicht zu
erwarten, weil es fast vollständig in der Hand der
Partikulargewalten lag.
Der Absolutismus
in den deutschen Fürstentümern
Während in Frankreich
und Rußland der Absolutismus die Herausbildung
eines starken Nationalstaates
förderte, konnte auf Grund der Zersplitterung des
Reiches und der Ohnmacht des Kaisers in
Deutschland kein nationalstaatlicher Absolutismus
entstehen. Hier verfügten nur die Fürsten über
genügend Machtmittel, um in ihren Gebieten eine
absolute Herrschaft zu errichten. Wir sprechen
deshalb vom landesfürstlichen Absolutismus in
Deutschland. Durch ihn wurde die politische
Zersplitterung erneut vertieft.
Einen wesentlichen
Anreiz zur Errichtung der absolutistischen
Herrschaft übte das französische Vorbild aus. Die
einzelnen deutschen Fürsten strebten danach, es
Ludwig XIV. gleichzutun. Sie wollten eine solche
überragende Machtstellung wie er einnehmen und eine
ähnlich prunkhafte Hofhaltung führen. Selbst
kleine, unbedeutende Landesherren eiferten dem
bewunderten Vorbild nach, riefen aber oft mehr
Spott als Achtung hervor.
In den meisten
Territorien war das Bürgertum wirtschaftlich nicht
so kräftig, daß es dem absoluten Herrscher als
Stütze hätte dienen können, wie das anfangs in
Frankreich geschah. So beruhte der landesfürstliche
Absolutismus vor allem auf dem Bunde des Fürsten
mit Teilen des wirtschaftlich erstarkten Adels.
Auch dadurch besaß er von vornherein einen betont
reaktionären Charakter.
Bei der Herausbildung
des Absolutismus büßte der Adel weitgehend seine
politische Selbständigkeit ein und mußte sich der
fürstlichen Gewalt fügen. Doch vermochte der
absolutistische Landesfürst mit seinen staatlichen
Machtmitteln das feudale Eigentum gegen drohende
Aufstände, wie sie hier und da bereits ausgebrochen
waren, weit besser zu schützen, als das dem
einzelnen Adligen jemals möglich war. Der
landesfürstliche Absolutismus diente der Sicherung
der feudalen Klassenherrschaft.
Verwaltung und
Heer im Dienste der absoluten Fürsten
In den
absolutistischen Fürstentümern lag überwiegend die
Staatsgewalt in den Händen des Herrschers. Er
entschied alle wichtigen Fragen der Politik und
der Verwaltung in seinem „Kabinett", nur umgeben
von wenigen „geheimen Räten". Beamtentum und
stehendes Heer waren die hauptsächlichsten
Machtmittel des absolutistischen Fürsten. Die
Verwaltungsbehörden mußten seine Weisungen strikt
ausführen. Den Städten wurde beinahe jede
Selbstverwaltung genommen. In ihnen hatten allein
die fürstlichen Beamten Befehlsgewalt. Hohe Beamte
waren zumeist Adlige. Bürger zog man nur für solche
Posten heran, die besondere Kenntnisse oder, wie in
der Finanzverwaltung, persönlichen Reichtum
erforderten. An den Höfen selbst gab es oft
Hunderte von Stellen, deren Inhaber keine
nützlichen Tätigkeiten verrichteten, aber doch
bezahlt wurden. Auf diese Weise erhielt der Adel
einen hohen Anteil an den Staatsgeldern.
Nach dem
Dreißigjährigen Kriege war es auch in den deutschen
Territorien üblich geworden, daß die Heere ständig
unter Waffen blieben. Die Macht der Fürsten wurde
an der Größe ihrer stehenden Heere gemessen. Viele
kleine Fürsten hatten aber nur wenige Tausend, oft
bloß einige Hunderte Soldaten, denen angesichts
der übermächtigen Nachbarstaaten kaum militärische
Bedeutung zukam. Mit ihren bunten Uniformen, ihren
Wachaufzügen und Manövern gehörten sie zum Bilde
des Lebens am Fürstenhofe. Freilich sollten sie
auch die Untertanen einschüchtern und konnten
notfalls kleinere Empörungen verhindern. Außerdem
erzielte der Adel auch hier seine Einkünfte, da
die meisten Offiziere aus dieser Klasse stammten.
Quelle:
Geschichte 7, hrg.v.
Autorenkollektiv der Martin-Luther-Universität
Halle-Wittenberg, Berlin 1968, S. 91-93 |