Betrieb & Gewerkschaft
DB-Umbau
Entreißt die Bahn den Profiteuren!

Korrespondent Bahn AG

01/2016

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Im Gegensatz zum vergangenen Lokführerstreik wurde von der Öffentlichkeit weitgehend unbeachtet am 16. Dezember 2015 von DB-Vorstandschef Rüdiger Grube im Berliner Bahntower der nächste Umbau des Unternehmens vorgestellt. Hinter dem irreführenden Slogan „Zukunft Bahn” verbirgt sich die Streichung von rund 2600 Stellen bei der Tochter Schenker Rail, die ab Januar wieder DB Cargo heißen soll. Der Güterverkehr wird ausgedünnt und Verladeplätze werden geschlossen. Das bedeutet auch eine Verlagerung des Verkehrs von der Schiene auf die Straße – soviel zur „Zukunft Bahn”.

Hintergründe

Die Entwicklung der DB seit der Zerschlagung der Behördenbahn durch die „Bahnreform” 1994 hin zu einen marktwirtschaftlich ausgerichteten Konzern zeigt, was im Kapitalismus an erster Stelle steht: der Profit. Werden Bereiche oder Strecken marktwirtschaftlich unrentabel, werden sie privatisiert, abgestoßen oder gleich komplett eingestellt.

Gewinne werden zum Teil in das Betreiben von Buslinien (Arriva, IC Bus) oder auch den Zug der englischen Queen investiert statt in den Streckenaus- und -neubau oder die Beschaffung von Zügen. Die Qualität leidet darunter stark: Derzeit ist jeder vierte Fernverkehrszug unpünktlich; häufig gibt es Folgeverspätungen, was auf einen Mangel an Reservezügen deutet. Ebenso häufen sich die „Langsamfahrstellen“ im Netz, also jene Streckenabschnitte, die aufgrund von Verschleiß nicht mehr mit voller Geschwindigkeit befahren werden können. Seit Jahren ist eine Flucht der Regionalbahnen aus der Fläche in dünn besiedelten Regionen zu beobachten. Andernorts sind Strecken wie jene am Rhein massiv überlastet. Das Problem ist freilich auch mit dem Staat verbunden. In den letzten Jahren wurde ein Vielfaches mehr in den Ausbau des Straßennetzes als in die Schiene investiert. Während das Autobahnnetz seit der Wiedervereinigung um ca. 2500 km wuchs, schrumpfte das Schienennetz um ca. 17% (Stand 2010). Hierin drückt sich auch die dominante Stellung des Automobilkapitals im deutschen Imperialismus aus.

Ebenso steigen seit Jahren die Fahrpreise. Erst jetzt, wo die Konkurrenz mit den Billigfernbussen und niedrigen Spritpreisen zu stark zu werden droht, werden mehr Sparpreisangebote eingeräumt und mehr Pünktlichkeit versprochen: auch das ein Symptom eines marktwirtschaftlich organisierten Bahnverkehrs.

Die EisenbahnerInnen haben seit der Bahnreform große Angriffe erleben müssen: sei es die Abschaffung des Beamtenstatus und damit des lebenslangen Kündigungsschutzes für die ehemaligen DB-Beschäftigten – die der Ex-Reichsbahn in der früheren DDR hatten diesen seit Übernahme durch die Bundesbahn gar nicht erst erhalten – oder immer neue Ausgliederungen – und damit Spaltungen der Belegschaft oder Lohnkürzungen. Dies führte nicht zuletzt auch zu den harten Auseinandersetzungen und Streiks in den letzten 15 Jahren. Der letzte Lokführerstreik war in der Lage, den Profit massiv anzugreifen, was wohl auch dazu führte, dass die Konzernspitze die GdL als Tarifpartner akzeptieren musste und sie noch nicht mit dem Tarifeinheitsgesetz erwürgte.

Die Betriebsräte und Gewerkschaften (EVG, GdL) müssen dem Konzernumbau noch zustimmen. Mit praktischen Widerstand dagegen ist von deren Seite allerdings kaum zu rechnen. Wie viel von Grubes Versprechen übrigbleibt, die 2600 Stellen konzernintern zu verlagern, wird sich zeigen.

Verkehr auf die Schiene!

Die EisenbahnerInnen sind an einer Schlüsselstelle des deutschen Imperialismus beschäftigt, denn alle großen Industrien sind auf sie angewiesen. Beim letzten Bahnstreik äußerte sich das darin, dass man vor allem darum bemüht war, den Regelgüterverkehr, welcher mittlerweile ohnehin zu großen Teilen von Privatunternehmen gestellt wird, aufrechtzuerhalten. Dementsprechend bietet die Bahn objektiv ein besonders günstiges Kampffeld für den politischen Streik, kann die ArbeiterInnenklasse hier Forderungen an das gesamte deutsche Großkapital richten und erkämpfen.

Denn es geht nicht nur um den Erhalt von Arbeitsplätzen, sondern auch um die Organisierung des Verkehrs insgesamt bei wachsender Bedeutung des schnellen Nachschubs für die moderne Industrieproduktion („just in time“). Damit ist direkt auch die Umweltfrage bzw. die Frage des Verbrauchs fossiler Rohstoffe verbunden.

Für uns ergibt sich daraus die strategische Notwendigkeit des Kampfes um eine Branchengewerkschaft Transport/Logistik, die die Beschäftigen der gesamten Branche umfassen sollte. Das würde erstens dazu dienen, gegenseitigen Streikbruch zu verhindern, zweitens aber vor allem, ein koordiniertes, gemeinsames Vorgehen zu ermöglichen.

Wir fordern eine entschädigungslose Rückverstaatlichung der gesamten Eisenbahn wie aller anderen privatisierten Transportunternehmen unter demokratischer ArbeiterInnenkontrolle. Viele der EisenbahnerInnen kennen die Probleme, die im Netz auftreten. Das sollte dazu genutzt werden, die zahlreichen Lügen und marktwirtschaftlichen Mythen zu entlarven, die behaupten, dass die Lösung der Probleme des Verkehrswesens in mehr Markt und mehr Konkurrenz liege.

Die Beschäftigten bei der Bahn und in anderen Unternehmen können ihr Wissen jedoch einsetzen, um für eine vernünftige, an den Interessen der Fahrgäste ausgerichtete Verkehrsplanung einzutreten. In Zusammenarbeit mit Fahrgastkomitees sollten sie für eine solche Neuorganisation des Verkehrssystems eintreten, was sicher auch eine Ausweitung des Bahnverkehrs beinhalten würde. All das wären dringende Aufgaben der Gewerkschaften bei der Bahn und im Transportwesen. Sie müssten nicht nur demokratisch vereinheitlicht werden, um die ganze Branche zu erfassen. Sie brauchen vor allem eine politische Neuausrichtung, eine klassenkämpferische Politik und klare politische, gesellschaftliche Zielsetzungen.

Zentrale, aktuell notwendige Forderungen sind:

  • Keine Stellenstreichung, keine Schließung von Verladestätten im Güterzugverkehr!

  • Massive Investitionen in den Netzausbau auf dem Land und – wo sinnvoll - bei Schnellfahrstrecken, um eine Alternative zu Fernbussen und Flugzeugen darzustellen, für Neuanschaffungen usw.!

  • Für einen kostenlosen ÖPNV und Berufsverkehr, finanziert durch eine hohe Besteuerung des Kapitals!

  • Finanzierung der Maßnahmen durch die Besteuerung der großen Konzerne und VermögensbesitzerInnen!

Gegen die aktuellen „Reformpläne“ der Konzernspitze sollten gewerkschaftsübergreifende Belegschaftsversammlungen organisiert werden. Diese sollten Kampfmaßnahmen gegen die neusten „Reformpläne“ der Konzernspitze diskutieren und beschließen und der Basis verantwortliche Aktionsausschüsse wählen, um diese zu organisieren und zu koordinieren. Solche gemeinsamen Versammlungen und Ausschüsse könnten zugleich auch ein Schritt sein, um die Grundlagen für die Erneuerung der Gewerkschaften zu schaffen, sie auf demokratischer und klassenkämpferischer Basis zu vereinheitlichen.

Editorischer Hinweis
Wir erhielten den Bericht von ARBEITERMACHT-INFOMAIL, Nummer 857, 2. Januar 2016,  www.arbeitermacht.de