Ukraine
Brüssel und Berlin kollaborieren mit Rechtsextremisten zum Sturz der Regierung

von "Solidar-Werkstatt"

01-2014

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Die rechtsextreme und offen antisemitische Partei Swoboda („Freiheit“), eine Partnerorganisation der neofaschistischen NPD, gehört zu den tragenden Kräften der Pro-EU-Demonstrationen in der Ukraine. Das deutsche Außenamt und Vertreter der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton kollaborieren mit ukrainischen Rechtsextremisten, um einen Regime-Change in Kiew im Sinne Brüssels und Berlins herbeizuführen. Ein Überblick, der auf Informationen des deutschen Nachrichtenportals www.german-foreign-policy.com beruht (1)

Bündnis mit Rechtsextremen für EU-Anbindung

Berichte aus Kiew und Lwiw bestätigen, dass die gegenwärtigen Proteste, mit denen die ukrainische Opposition die Regierung des Landes zwingen will, das Assoziierungsabkommen mit der EU zu unterzeichnen, von der rechtsextremen Partei Swoboda mitorganisiert werden. In deutschen Medien wird Swoboda meist als "rechtspopulistisch" verharmlost. Tatsächlich hat Parteiführer Oleh Tiahnybok als Ziel seiner Partei angegeben, man wolle die Ukraine von einer "Moskau-jüdischen Mafia" befreien, um sie nach Europa zu führen - ein Beispiel für den krassen Antisemitismus der Organisation. Über enge Beziehungen nach Deutschland verfügen auch die anderen Parteien, die die aktuellen Pro-EU-Demonstrationen tragen. So kooperiert die Partei Batkiwschtschina („Vaterland“) der inhaftierten Politikerin Julia Timoschenko mit der CDU. Die Partei UDAR des Profi-Boxers Vitali Klitschko ist nach Auskunft eines CDU-Politikers im Auftrag der Konrad-Adenauer-Stiftung (CDU) gegründet worden. Batkiwschtschina und UDAR arbeiten seit letztem Jahr eng mit der Antisemiten-Partei Swoboda zusammen - in einer Art Bündnis für die Anbindung der Ukraine an die EU.

In der Tradition von NS-Kollaborateuren

Swoboda ist 2004 aus einer älteren, offen neofaschistischen Organisation heraus entstanden - aus der "Sozial-Nationalen Partei der Ukraine" (SNPU) Dabei knüpft Swoboda unmittelbar an die Tradition westukrainischer NS-Kollaborateure an, die im Zweiten Weltkrieg an der Seite der Deutschen in der okkupierten Sowjetunion zahlreiche Massaker verübten. Swoboda ehrt den OUN-Anführer Stepan Bandera, dessen Truppen sich beim deutschen Überfall auf die Sowjetunion unter anderem am Massenmord an der jüdischen Bevölkerung von Lviv (Lemberg) beteiligten. Die OUN („Organisation Ukranischer Nationalisten“) war – ähnlich der kroatischen Ustascha und der slowakischen Hlinka-Garde – eine der vielen damaligen Spielarten des Faschismus, die mit dem deutschen NS-Regime kollaborierten bzw. von diesem gegründet wurden.

Gemeinsam mit der EU gegen „Moskau-jüdische Mafia“

Als exemplarisch für Auffassungen, die Swoboda vertritt, können Äußerungen von Parteichef Oleh Tjahnybok gelten. Tjahnybok bezeichnet die Ukrainer als "soziale Nationalisten", die in Kürze eine "dritte Revolution" beginnen könnten. Die ukrainische "Nation" definiere sich dabei als "Einheit von Blut und Geist". Um die Ukraine von der – wie es Swoboda wörtlich nennt - "Moskau-jüdischen Mafia" zu befreien, müsse die Anbindung der Ukraine an die EU durchgesetzt werden. Die Rechtsextremen scheuen dabei auch vor körperlicher Gewalt nicht zurück. Berichten zufolge haben Swoboda-Anhänger jüngst "unter den Augen eines ihrer Parlamentsabgeordneten ein Zelt des Unabhängigen Gewerkschaftsbundes demoliert und Aktivisten durch Schläge und Pfefferspray verletzt".(2)

Swoboda ist in der Westukraine keine zu vernachlässigende Größe. In der Region Lwiw wurde Swoboda bei den Parlamentswahlen 2012 mit rund 38 Prozent der Stimmen sogar die stärkste Kraft. Neben der NPD kooperiert unter anderem mit der British National Party sowie der ungarischen Partei Jobbik.

Nach dem deutschen Botschafter zur NPD

Doch auch offizielle Stellen der deutschen Regierung und der EU pflegen intensive Kontakte mit den ukrainischen Rechtsextremisten. Wie aus Mitteilungen von Swoboda selbst hervorgeht, hat ihr Anführer Oleh Tiahnybok bereits Ende April 2013 Kontakt zum Botschafter Deutschlands in der Ukraine, Christof Weil, aufgenommen, bei denen der Sturz der ukrainischen Regierung thematisiert wurde. Demnach sei es bei einem gemeinsamen Gespräch zunächst allgemein um die "politische Situation in der Ukraine" gegangen. Man habe sich zudem über "die Notwendigkeit" ausgetauscht, dass die Ukraine "das Assoziierungsabkommen mit der EU" unterzeichnen müsse. Es sei dann auch über "Auswege aus der politischen Krise" diskutiert worden. Tiahnybok, der dem Botschafter explizit versichert haben will, Swoboda werde "ihr Bestes geben, um den Weg für das Assoziierungsabkommen freizumachen", habe sodann weiterreichende Vorschläge gemacht, teilt Swoboda mit. Er habe "betont", "die internationale Gemeinschaft" solle "die derzeitige Politik der Janukowitsch-Administration verurteilen", um dazu beizutragen, "die Herrschaft des Volkes durchzusetzen und das anti-ukrainische Regime (in Kiew, d. Red.) zu stürzen".(3) Rund einen Monat nach Tiahnyboks Zusammenkunft mit Botschafter Weil besuchte eine Swoboda-Delegation die NPD in Sachsen, einer Hochburg der neofaschistischen Partei.

Kontakt mit Ashton-Stellvertreterin

Ähnliche Kontakte pflegt die oberste Führungsebene der EU-Außenpolitik mit den ukrainischen Rechtsextremen in der Ukraine. Bereits im Frühjahr 2013 fanden erste Treffen des Swoboda-Chefs Tiahnybok mit EU-Diplomaten statt. Ende August nahm der Swoboda-Beauftragte Osaulenko an der Eröffnung eines Swoboda-Büros in Brüssel teil, das die Beziehungen zur EU und zur NATO pflegen soll. Ende August nahm der Swoboda-Beauftragte Osaulenko an der Eröffnung eines Swoboda-Büros in Brüssel teil, das die Beziehungen zur EU und zur NATO pflegen soll. Die Stellvertreterin der EU-Außenbeauftragten Ashton, Helga Schmid, verhandelte vor wenigen Tagen wieder mit dem Chef der extrem rechten Partei. Man habe sich "über die aktuelle Situation in der Ukraine" und insbesondere über die Zukunftspläne der Oppositionsparteien ausgetauscht, teilt Swoboda mit (4).

Quellen:

(1)   Siehe dazu unter anderem: „Unser Mann in Kiew“ (10.12.2013), „Zukunftspläne für die Ukraine“ (7.12.2013), „Termin beim Botschafter“ (5.12.2013), „Ein breites antirussisches Bündnis“ (3.12.2013), „Probleme der Ostexpansion“ (27.11.2013), auf: www.german-foreign-policy.com
(2)   Reinhard Lauterbach: Braune Schläger in Kiew; Junge Welt, 09.12.2013
(3)   Oleh Tyahnybok meets with Germany's ambassador; en.svoboda.org.ua 29.04.2013
(4) „Zukunftspläne für die Ukraine“, 7.12.2013, www.german-forgein-policy.com

Editorische Hinweise

Wir spiegelten den Artikel von der Website der Solidar-Werkstatt, wo er im Dezember 2013 erschien.

Dort heißt es:

Liebe Leserin, lieber Leser! Liebe Freundin, lieber Freund!

Die Solidar-Werkstatt hat maßgeblichen Anteil daran, dass der Protest gegen den EU-Fiskalpakt auf die Straße getragen wurde. Auch wenn diese Aktionen nicht groß waren, so waren sie doch enorm wichtig. Dadurch haben wir in einer größeren Öffentlichkeit manifestiert: Dieser Vertrag ist ein Handstreich gegen die Verfassung. Ohne Volksabstimmung erlangt er keine Rechtswirksamkeit. Das wird für die Auseinandersetzungen, die unzweifelhaft auf uns zukommen, noch wichtig werden.

Für uns ist die Unabhängigkeit vom Machtestablishment und seinen Geldern wichtig. Die AktivistInnen der Solidar-Werkstatt haben sich u.a. im vergangenen Halbjahr enorm gegen den EU-Fiskalpakt engagiert. Wir haben – für unsere Verhältnisse – auch viel Geld dafür ausgegeben, um die Menschen über diesen Wahnsinn zu informieren und für Widerstand zu mobilisieren. Unsere finanziellen Mittel sind dadurch ziemlich geschrumpft. All jene, denen unabhängige Organisationen wie die Solidar-Werkstatt wichtig sind, ersuchen wir uns auch finanziell zu unterstützen! Die wichtigste Unterstützung ist freilich, Mitglied zu werden und sich mit uns zu engagieren!

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