Krieg in Gaza

Stellungnahme von JD/L Berlin zur Lage in Gaza

01/09

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onlinezeitung

JungdemokratInnen/Junge Linke Berlin zeigen sich entsetzt angesichts der jüngsten Zuspitzung der Gewalthandlungen im Nahen Osten und der humanitären Situation im Gazastreifen.

Was dieser Krieg an physischem und psychischem Leid für die dort lebende Bevölkerung bedeutet, lässt sich schwerlich in Worte fassen. Wir erachten es aus antimilitaristischer und friedenspolitischer Sicht als erforderlich, dass die israelische Regierung unverzüglich die Bombenangriffe wie auch den Bodeneinsatz einstellt, eine politische Lösung verfolgt und ernsthafte Friedensverhandlungen mit den Palästinensern anstrebt.
Ebenso muss die Hamas umgehend den stetigen Raketenangriffen aus dem Gazastreifen auf israelische Ortschaften und Städte Einhalt gebieten. Diese bedeuten für die Bevölkerung in Israels Süden eine unvertretbare Gefährdung und darüber hinaus eine permanente psychische Belastung.


Ohne Zweifel hat Israel als souveräner Staat ein Recht auf Selbstverteidigung.

Allerdings bieten die Angriffe der Hamas keine Legitimation für das unverhältnismäßig harte militärische Vorgehen der israelischen Armee. Nicht nur scheint es mehr als fragwürdig, dass Israel seine politischen und militärischen Ziele mit diesem Krieg erreichen kann. Vielmehr befördert dieser Krieg in keiner Weise die berechtigten Sicherheitsinteressen beider Gesellschaften. Für JungdemokratInnen/Junge Linke ist das Eintreten für eine sichere Existenz Israels und der palästinensischen Gesellschaft
nur durch eine friedenspolitische Lösung des Konflikts erreichbar.


Entgegen dem israelischen Interesse profitiert vorrangig die Hamas von dem aktuellen Krieg, denn sie gewinnt in den militärischen Auseinandersetzungen mehr und mehr an palästinensischer und arabischer Solidarität. Israels Politik verliert dagegen insbesondere durch die hohe Zahl ziviler Opfer international an Legitimität.
Dabei kann die Bedrohung Israels durch religiös-fundamentalistische Strömungen nicht militärisch abgeschwächt werden. Dies hatte sich zuletzt im Libanonkrieg 2006 gezeigt, bei dem es Israel nicht gelang, die militärische Infrastruktur der Hisbollah nachhaltig zu zerschlagen. (Bis zum letzten Kriegstag gelang es der Hisbollah, den Raketenbeschuss nach Israel fortzusetzen.) So wird es auch während dieses Krieges nicht gelingen, den Beschuss von Israels Süden zu stoppen.

Dagegen scheint eine diplomatische Lösung durchaus greifbar, da sich Hamas im Vorfeld des Krieges an eine Waffenruhe hielt und durchaus Gesprächsbereitschaft signalisierte. So scheint es gerade mehr denn je möglich, ihre Radikalität durch eine Einbindung in politische Verhandlungen zu entschärfen.

Das würde gegenüber der palästinensischen Seite darüber hinaus
zeigen, dass seitens der israelischen Regierung ein wirkliches Interesse an einer Friedenslösung besteht. Ein Motiv der derzeitigen israelischen Regierungsparteien ist hingegen, sich gegenüber dem Likud und dem Siedlerblock – mit bereits erkennbarem Erfolg – durch ein unnachgiebiges Auftreten gegenüber der Hamas einen Stimmenvorteil bei den anstehenden Wahlen zu verschaffen.


Aus palästinensischer Perspektive führte die seit 18 Monaten andauernde und zunehmend verschärfte Abriegelung des Gazastreifens und das Wirtschafts-Embargo zu absolut desolaten Lebensumständen der
dort lebenden Bevölkerung in humanitärer wie ökonomischer Hinsicht. So knüpfte die palästinensische Seite eine Verlängerung des Waffenstillstands an eine konkrete Verbesserung der eigenen Lage. Dabei ist fraglich, ob die Gesprächsangebote der Hamas hinreichend ausgeschöpft wurden. Da die israelische Regierung weiterhin die Situation im Gazastreifen durch die Grenzhoheit kontrolliert, wäre es auch in ihrer Macht, die humanitäre Lage zu verbessern.

Dieser Krieg war nicht nur vermeidbar, sondern verstellt auch ein weiteres Mal die Perspektive auf friedenspolitische Lösungen des Konflikts. Deshalb ist internationale Einflussnahme für eine sofortige Beendigung der Gewalthandlungen geboten und eine einseitige Schuldzuweisung, wie sie Bundeskanzlerin Angela Merkel zu Kriegsbeginn äußerte, verantwortungslos wie kontraproduktiv.

In diesem Sinne und mit Blick auf die innerlinke Debatte bezüglich des Nahost-Konflikts möchten wir hiermit den Beschluss der JD/JL Berlin der 2. ordentlichen Landeskonferenz vom 23.02.2002 bekräftigen, der bereits damals herausstellte, dass sich antisemitische Tendenzen nicht durch die uneingeschränkte Solidarität mit der je gegenwärtigen Sicherheitspolitik der israelischen Regierung zurückdrängen lassen, sondern nur durch die Entlarvung von Argumentationsstrukturen als antisemitisch.

Editorische Anmerkungen

Den Text erhielten wir von der JD/L Berlin mit Bitte um Verbreitung.