Zu den unmittelbaren ökonomischen Perspektiven Kosovas

Von Max Brym

01/08

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Kosova kennt Armut und Massenelend in erschreckendem Ausmaß. Das Land hat ein geschätztes Bruttonationaleinkommen von 1.100 Dollar pro Kopf. Dieser Wert ist mit Äthiopien oder Sambia vergleichbar. Im Vergleich zu den jüngsten EU- Mitgliedern Bulgarien und Rumänien, ist das Bruttonationaleinkommen zehn Mal niedriger. Der Politologe Behlul Beqaj erklärte: „Unterernährt sind 50 Prozent der Bevölkerung und 15 Prozent haben nichts zum Essen. Rund 330.000 Menschen haben keine Arbeit.“ Große Unzufriedenheit herrscht auch bei den 75.000 Rentnern und 25.000 Lehrkräften . Knapp ein Drittel der knapp zwei Millionen Einwohner Kosovas ist unter 14 Jahre alt. Jedes Jahr melden sich  immer mehr Arbeitssuchende. Die EU Bürokraten sehen in der Geburtenrate eine „große Belastung“. Besonders befürchten sie, dass immer mehr Arbeitssuchende den „ europäischen Arbeitsmarkt belasten könnten“.  Die Agentur Reuters schreibt dazu: -„Rund 375.000 Kosova-Albaner arbeiten in den USA, Deutschland, der Schweiz oder anderen Industriestaaten. Jährlich schicken sie, wie der Ökonom Ibrahim Rexhepi erklärt, “an die 450 Millionen Euro“, nach Hause. „Das macht 50 Prozent des gesamten Haushalts aus.  Ich weiß nicht, wie wir ohne diese Geldquelle überleben würden, da Kosovo Güter im Wert von 1,5 Milliarden Euro einführen muss und mit Exporten nur 150 Millionen Euro einnimmt.“-

 Ökonomische Realitäten 

Trotz oder gerade wegen der brutalen Privatisierungsorgie, ist der öffentliche Sektor immer noch der größte Arbeitgeber des Landes. Dort gibt es einen Mindestlohn von 120 Euro im Monat. In den privatisierten Betrieben wird hingegen nur ein Durchschnittseinkommen von 80 Euro im Monat erzielt. Für die Beschäftigten in diesem Bereich gibt es keinerlei Kündigungsschutzgesetz.  Die Hälfte der privaten Wirtschaft besteht aus Einzelhandel. Die meisten Kleinkapitalisten beschäftigen nur zwei oder drei Leute zu Niedrigstlöhnen. Der große Rest versucht  schwarz zu arbeiten und wartet auf die Geldspritze der im Ausland lebenden Verwandten. 

Die Pläne der EU Bürokratie und ihrer Kollaborateure 

Herr Thaci beschwor bei seiner Regierungserklärung, die Segnungen großer privater Investitionen in Kosova. Angeblich liege die Perspektive  in der Öffnung der Märkte für ernsthafte Auslandsinvestitionen und in der Öffnung der Grenzen. Mit dieser fatalen Perspektive werden mehrere Dinge vollständig ignoriert. Die EU- Beamten in Prishtina werben vehement für den Standort Kosova, unter Hinweis auf die „billigen Arbeitskräfte“ und den Rohstoffreichtum. Zudem werden niedrige Steuern für Investitionen in Kosova in Aussicht gestellt. Ergo dem internationalem Kapital wird die Arbeitskraft der Menschen in Kosova auf der Basis von Hungerlöhnen angeboten. Gleichzeitig bietet man im Rahmen des gegenwärtig auf dem Balkan laufenden Steuersenkungswettbewerbes praktisch dem Kapital das Land und seinen Reichtum umsonst an. Bis vor einigen Monaten prahlte Serbien mit einem Körperschaftssteuersatz für Kapitalgesellschaften von nur 10%. Kurz darauf unterbot Montenegro, Serbien mit einem Satz von 9%. Letzteres führte in Albanien dazu, die Körperschaftssteuer vollständig abzuschaffen.  Selbstverständlich bleibt in diesem ruinösem Wettbewerb fast nichts mehr, um soziale Leistungen durch das Staatsbudget zu finanzieren. Dieser Wettbewerb zugunsten kapitalistischer Extraprofite ist die generelle Strategie der EU. Bekanntlich wird jetzt UNMIKISTAN- Kosova, in EUMIKISTAN-Kosova verwandelt. Die Kosova Treuhandagentur AKM bleibt im Land und wird weiter den Reichtum Kosovas systematisch entwerten und privatisieren. Jetzt geht es um die  großen Filestücke. Die AKM Bürokraten in Prishtina werden nicht müde den „Reichtum an Bodenschätzen“ zu preisen. Mehr als 20 Milliarden Tonen Blei und Zink, rund 15 Milliarden Tonen Braunkohle und ebenso viel Nickel liegen unter der Erde. Weitere Metalle oder Agrarprodukte sollen laut AKM, die Exportschlager sein. Selbstverständlich soll dieser natürliche Reichtum Kosovas, zu Schleuderpreisen auf dem kapitalistischen Weltmarkt angeboten werden.  

Privatisierung der  Energieversorgung geplant 

Verschiedene Konzerne haben die Absicht sich den Energiesektor Kosovas unter den Nagel zu reißen.. Der Kosova  Energie-Konzern KEK produziert in Moment nur 800 Megawatt Strom täglich. Die Provinz alleine verbraucht 1.000 Megawatt. Dies wurde durch jahrelanges Missmanagement durch die UNMIK Manager erreicht. Dahinter verbirgt sich eine gezielte Entwertungsstrategie, gegenüber den Energieblöcken Kosova A und Kosova B. Die Agentur Reuters bemerkt dazu: „In diesem Jahr soll aber der Auftrag für den Bau eines dritten Kohlekraftwerks international ausgeschrieben werden. KEK-Sprecher Nezir Sinanin sagt: „Kosovo A, das alte Kraftwerk, gebaut in den Sechzigern, sollte nur noch sieben Jahre am Netz bleiben. Kosovo B sollte bis 2024 funktionsfähig sein. Kosovo sollte dank großer Kohlevorkommen Strom exportieren können. Dies sollte das neue Kraftwerk Kosovo C ermöglichen. Es soll bis 2014 fertig gestellt werden und 2.100 Megawatt produzieren können. Kosovo C wird nur die Kohle aus der Nähe des Kraftwerks nützen, nicht die aus dem Norden.” Was den Menschen nicht gesagt wird ist, dass hinter dem Projekt die Absicht steht aus Kosova den Stromproduzenten in der Region zu machen. Letzteres geben die Braunkohlevorkommen auch her. Natürlich wird diese Möglichkeit- Einkommen zu erzielen privatisiert. Dies wird mit weiteren Verlusten von Arbeitsplätzen und weiteren Preissteigerungen verbunden sein. Es geht schließlich um den Profit, den verarmten Menschen Kosovas  wird dann einfach der Strom aus betriebswirtschaftlichen Gründen abgedreht. Die eventuellen energietechnischen Möglichkeiten werden nur noch zahlungskräftige Kunden in Kosova, Mazedonien Bulgarien usw. nutzen können. Außerdem akzeptiert das Projekt Kosova C die Teilung Kosovas. Denn das Projekt verzichtet auf die  nördlichen Zipfel des Landes und die  dortigen Ressourcen. 

Handelspartner Serbien 

Auf absehbare Zeit bleibt Serbien, neben Mazedonien und Kroatien der wichtigste Handelspartner Kosovas. Gegenwärtig droht Belgrad mit einem Wirtschaftsembargo sollte Kosova formal die Unabhängigkeit erhalten. Dies würde einen Preisanstieg von mindestens 10 Prozent vor allen Dingen für Grundnahrungsmittel auslösen. Reuters bemerkt dazu: „.  Die Preise in Pristina sind jetzt schon auf EU-Niveau. Und bezahlt wird offiziell in Euro“. 

Fazit 

Die ökonomische Perspektive Kosovas unter den Prämissen des kapitalistischen Neoliberalismus und Kolonialismus sind mehr als düster. Notwendig ist ein wahrhaft sozialistisches Programm um den Menschen eine Perspektive bieten zu können. Ansätze dazu gibt es in Kosova genug. Die Unzufriedenheit mit der politischen Kaste ist enorm angestiegen. Die „ Internationalen“ werden als Feinde begriffen und der Widerstand gegen die Privatisierungspolitik wird größer. Wirkliche Unabhängigkeit und Freiheit kann es nur auf antikapitalistischer Basis geben.

Editorische Anmerkungen

Den Text erhielten wir vom Autor zur Veröffentlichung in dieser Ausgabe.