Betrieb & Gewerkschaft

BMW kündigt die Streichung von 8.000 Stellen an

Von Markus Salzmann

01/08

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Der bayrische Automobilhersteller BMW kündigte am Freitag die Streichung von mehreren tausend Arbeitsplätzen deutschlandweit an. Der Stellenabbau ist Teil eines umfangreichen Sparprogramms, mit dem das Unternehmen seine Rendite deutlich steigern will. Bis 2012 sollen damit Einsparungen in einem Volumen von etwa 6 Milliarden Euro erreicht werden.

Nach Angaben des Nachrichtenmagazins Der Spiegel sollen bereits im kommenden Jahr 8.000 Mitarbeiter weniger auf den Gehaltslisten des Unternehmens stehen. BMW wollte diese Zahl weder bestätigen noch dementieren. Branchenkreise bezeichneten sie aber als "nicht unplausibel".

Den Plänen zufolge sollen vor allem weit weniger Leiharbeiter als bisher beschäftigt werden. Neben den insgesamt 108.000 fest Eingestellten sind in Deutschland auch etwa 8.000 Leiharbeiter an den BMW-Standorten beschäftigt. Neben den Leiharbeitern sollen aber auch rund 1.000 Mitarbeiter aus der Stammbelegschaft ihren Arbeitsplatz verlieren.

Das Unternehmen betonte, dies werde "sozialverträglich" geschehen. Betriebsbedingte Kündigungen soll es keine geben. Hauptsächlich sollen frei werdende Stellen nicht mehr nachbesetzt werden. Darüber hinaus rechnet BMW mit mehreren hundert Abfindungsverträgen.

Besonders stark ist der Standort Leipzig betroffen. Dort arbeiten fast halb so viele Leiharbeiter wie fest Angestellte. Auch die Werke in München, Dingolfing und Regensburg werden künftig mit weniger Mitarbeitern in Produktion und Fertigung betrieben.

Der Wegfall mehrerer tausend Mitarbeiter soll wegen der ausgelasteten Produktion von den Verbleibenden kompensiert werden. Diese sollen für weniger Geld härter arbeiten. Auf einer Betriebsversammlung in München erläuterte der Vorstandsvorsitzende Norbert Reithofer die diesbezüglichen Ziele des Managements. Da "die Wettbewerber innerhalb kurzer Zeit deutlich produktiver und leistungsfähiger geworden" seien, müsse das nun auch BMW schaffen. "Wir werden künftig für das gleiche Geld länger arbeiten müssen", erklärte er. Die Mitarbeiter sollen auf bezahlte Pausen und Überstundenzuschläge verzichten. Darüber hinaus soll der Arbeitsdruck erhöht und der Krankenstand gesenkt werden.

Die BMW-Aktie legte unmittelbar nach der Ankündigung der Pläne deutlich zu und schnellte um fast 4,5 Prozentpunkte nach oben. Damit war sie vergangene Woche der große Gewinner unter den deutschen Aktienwerten. Obwohl Konzernchef Reithofer noch vor wenigen Monaten die Arbeitsplätze in den "wie ein Uhrwerk" laufenden Werken für sicher erklärt hatte, war von Analysten mit den Sparmaßnahmen gerechnet worden. Die Meldung über den Abbau von 8.000 Stellen komme nicht überraschend, kommentierte beispielsweise die NordLB.

Schon als das Management im September ein neues Strategiepapier vorlegt hatte, war in der Finanzwelt mit deutlichen Einschnitten gerechnet worden. In dem Papier war bereits von "nachhaltiger Profitabilitätssteigerung" die Rede. Enttäuscht reagierten die Analysten dann Anfang November, als die Zahlen des dritten Quartals vermeldet wurden. Der Kurs fiel um 3,7 Prozent, weil der Gewinn nur auf 765 Millionen Euro gestiegen war und nicht, wie erwartet, auf über 900 Millionen Euro.

Dies ist auch der Grund für die radikalen Sparmaßnahmen. Mit den angestrebten Einsparungen reagiert die Unternehmensführung nicht etwa auf sinkende Umsatzzahlen oder steigende Produktionskosten. Ganz im Gegenteil: 2006 war der Absatz gegenüber dem Vorjahr um über acht Prozent gestiegen. In den USA ist BMW der verkaufsstärkste deutsche Anbieter, und auch in China steigen die Absätze kontinuierlich.

Andere Autobauer, wie Volkswagen, Ford, Opel und Daimler, haben mit dem Abbau von zigtausenden Arbeitsplätzen in den letzten Jahren die Marschroute vorgegeben. Trotz der kontinuierlich wachsenden Absätze gibt BMW vor, ein "Kostenproblem" zu haben. Doch das Problem liegt wohl eher darin, dass die Konzernführung und die großen Aktionäre schlichtweg nicht genügend Profit einstreichen. "Wir richten die BMW Group konsequent auf Profitabilität" aus, sagte Reithofer dazu.

Daimler beispielsweise konnte nach den Entlassungen und Sparprogrammen der letzten Jahre die Gewinne deutlich erhöhen. Die Rendite liegt gegenwärtig fast doppelt so hoch wie bei BMW. Da die jetzt geplanten Maßnahmen bei weitem nicht ausreichen, um die Renditen auf ein ähnliches Niveau zu heben, ist zu erwarten, dass der eingeleitete Jobabbau erst der Anfang ist.

Betriebsrat und Gewerkschaften stellen sich hinter das Management

Wer gedacht hatte, ein derart massiver Stellenabbau würde zu Protesten seitens der Gewerkschaft und des Betriebsrates führen, der hatte sich getäuscht. Beide unterließen nicht nur jede Kritik, sondern stellten sich ausdrücklich hinter Reithofer und die Konzernführung.

"Wir sind vollkommen unaufgeregt", erklärte Matthias Jena, Sprecher der IG Metall Bayern. Seit Mai seien die Umbaupläne, vor allem in der 7er-Produktion, bekannt. "Wenn die Produktion umgebaut wird, werden weniger Leute gebraucht. Das ist völlig normal", sagte Jena.

Die Kaltschnäuzigkeit, mit welcher der IG-Metall-Sprecher einen Stellenabbau dieser Größenordnung kommentiert, könnte einem die Sprache verschlagen. Jena machte deutlich, dass die Gewerkschaft für die von der Entlassung Bedrohten keinen Finger krumm machen wird. "Leiharbeiter werden eingestellt, um Produktionsspitzen abzudecken", so Jena gegenüber der Süddeutschen Zeitung. "Wenn es diese Spitzen, wie jetzt bei BMW, nicht mehr gibt, werden ihre Stellen eben wieder abgebaut."

Dies ist ebenso zynisch wie die Aussage des BMW-Sprechers, der behauptete, der Stellenabbau betreffe eigentlich niemanden, da die Leiharbeiter ja immer noch bei ihrer Zeitarbeitsfirma beschäftigt seien.

IG-Metall und Betriebsrat sind seit langem in die Pläne des Vorstandes eingeweiht. Hinter den Kulissen haben Management, Gewerkschaft und Betriebsrat seit Monaten die Entlassungen ausgehandelt und beschlossen.

Auch deshalb ließ sich der bayrische IG-Metall-Chef Werner Neugebauer durch die Nachricht in seinem Weihnachtsurlaub weder zu einer Stellungnahme noch gar zum Abbruch seines Urlaubs hinreißen. Neugebauer sitzt im Aufsichtsrat von BMW und war bereits im Mai vom Vorstand über die anstehenden Maßnahmen informiert worden.

Anfang Dezember - ein halbes Jahr nachdem er von der geplanten Entlassung fast aller Leiharbeiter bei BMW erfahren hatte - stellte sich Neugebauer dann zusammen mit dem stellvertretenden Betriebsratschef Hans Haumer vor die Presse und erklärte, man habe im Rahmen der Kampagne "Gleicher Lohn für gleiche Arbeit" gegenüber dem Management Lohnverbesserungen von bis zu 50 Prozent für die Leiharbeiter herausgeholt. Verbesserungen für Beschäftige, deren Stellen nun gestrichen werden!

Auch der Regensburger Betriebsrat Werner Zierer musste eingestehen: "Im Rahmen der angekündigten Verbesserung der Effizienzziele wurde der Betriebsrat vom Unternehmen informiert, dass hierzu auch der Abbau von Arbeitsplätzen im Leiharbeitsbereich geplant sei."

Seit langem pflegen die IG Metall und der Betriebsrat eine sehr enge Zusammenarbeit mit der Geschäftsführung von BMW. Der Betriebsrat begrüßte nicht nur ausdrücklich die Übernahme der Geschäftsleitung durch Reithofer vor gut einem Jahr, obwohl der seit langem bei BMW tätige Manager als knallharter Sanierer bekannt war, sondern unterstützte auch vorbehaltlos das im September vorgelegte Strategiepapier.

Kurz danach, im Oktober, forderte Gesamtbetriebsratschef Manfred Schoch, Zulieferer wie Conti oder Bosch sollten stärker unter Druck gesetzt werden, ihre Preise zu senken, um den Gewinn für BMW zu erhöhen. Dabei wusste er, dass in diesen Unternehmen seit Jahren Personal abgebaut wird, und dass veränderte Konditionen sich unmittelbar negativ auf die Beschäftigten dort auswirken.

Das Co-Management von Betriebsrat und Gewerkschaft ist in Deutschland üblich. Aber nur in wenigen Unternehmen ist es so ausgeprägt wie bei BMW. Hier wurden Sparmaßnahmen von der Arbeitnehmerseite nicht nur abgenickt, sondern selbst vorgeschlagen. Die völlige Flexibilisierung der Arbeitszeit, die für die meisten Beschäftigten ein halbwegs geregeltes Alltagsleben fast unmöglich macht, wurde seit den 90er Jahren durch den Betriebsrat und dessen Vorsitzenden Schoch ausgearbeitet und eingeführt. Neben Samstagsarbeit wurde auch ein Arbeitszeitkonto eingeführt, Mitarbeiter arbeiten nun teilweise mehr als 200 Überstunden pro Jahr ohne Zuschläge. Stolz erklärte der Betriebsrat, damit den Aktionären über vier Prozent mehr Gewinn verschafft zu haben.

Dieser Logik folgend unterstützen Gewerkschaft und Betriebsrat heute im globalen Rennen um den maximalen Profit den massiven Stellenabbau und kritisieren ihn nicht einmal mehr oberflächlich.

Editorische Anmerkungen

 Dieser Artikel stand auf der

World Socialist Web Site (www.wsws.org)

 Wir spiegelten von dort.