Sechs Monate Streik bei Gate Gourmet
Ein Streik ist ein Streik ist ein Streik
Von Axel Köhler-Schnura

01/07

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„Arbeiten oder Streiken? Vom Finanziellen her ist Arbeiten besser - aber vom Arbeiten her: Streiken!“ sagte eine Küchenhilfe bei Gate Gourmet Düsseldorf. - Wenn von Streik die Rede ist, wird es Linken warm ums Herz. Endlich, endlich wehrt sich die Arbeiterklasse und handelt. „Wenn dein starker Arm es will, stehen alle Räder still.“ - Doch in Zeiten des globalisierten Kapitalismus erweisen sich solche Vorstellungen mehr oder weniger als realitätsferne Romantik. Zwar sind Streiks tatsächlich die stärkste Waffe in der Hand der Arbeiterklasse, nur noch übertroffen von Betriebsbesetzung und Revolution, aber die Wirklichkeit eines Streiks heutzutage entspricht kaum mehr der Vorstellung, dass ein Streik den Betrieb still legt, dem Unternehmer die Daumenschrauben anlegt oder gar das Kapital in die Enge treibt.

Von einem Streik, der weltweit Bekanntheit erlangte, erzählt ein Buch mit dem trockenen Titel „Sechs Monate Streik bei Gate Gourmet“. So unspektakulär der Titel ist, so spannend ist das Buch zu lesen, so lehrreich ist der Inhalt. Diese Wirkung resultiert aus der Tatsache, dass die Texte nicht den Überlegungen von JournalistInnen, PolitikerInnen oder gar SozialwissenschaftlerInnen folgten, sondern der Feder der Streikenden und der in den Streik hineingerutschten „UnterstützerInnen“ entsprangen.

Unverfälscht und authentisch

Hunderte Stunden Interviews mit den Streikenden und das Streiktagebuch eines kämpfenden Kollegen bilden die Basis des Buches. Dazu mehrere namentlich gezeichnete Beiträge von (für den Streik verantwortlichen) Gewerkschaftern und einigen UnterstützerInnen. Das Ganze illustriert mit einer Menge von Fotos. Unverfälscht und authentisch werden so nicht nur die Entwicklung des Kampfes, sondern auch die ganze Breite der persönlichen und politischen Schwierigkeiten, der Gegenmaßnahmen des Konzerns und des dahinter stehenden Kapitals, der vielen Probleme mit den Medien und der Polizei, der widersprüchlichen Entwicklung des Bewußtseins der Streikenden und der StreikbrecherInnen, des Handelns und Wirkens der zuständigen Gewerkschaft NGG bzw. der ebenfalls betroffenen Schwestergewerkschaft verdi, der Komplikationen der lokalen, bundesweiten und der internationalen Solidarität usw.usf. beleuchtet.

In 150 Jahren Kampf haben die Konzerne und das hinter ihnen stehende Kapital jede Menge Strategien entwickelt, um Maximalprofite bzw. die Auspressung der Ware Arbeitskraft (und nebenbei auch der natürlichen Ressourcen) und die Abwehr von Gegenwehr erfolgreich zu gewährleisten. Dazu gehören neben klassischen Waffen wie der „Reservearmee der Arbeitslosen“ (Marx) u.a. die Aufspaltung der großen Belegschaften in kleine, kampfschwache Einheiten; die Korrumpierung, Integration, Entmündigung etc. der Gewerkschaften; die direkte Steuerung der Politik; die internationale Lohn- und Standortkonkurrenz; die Medienmacht und die Verdummung der Massen; der Ersatz des Solidarprinzips durch den (auf eigenen Vorteil orientierten) Egoismus, der juristische, soziale, politische und polizeiliche Repressionsapparat usw. usf. Wie das im Ernstfall aussieht und funktioniert, davon erzählt das Buch der Gate-Gourmet-Streikenden und -UntertützerInnen. Konkret, anfassbar, verständlich.

„Ohne Streik ist alles nichts!“

Dieses Buch ist ein Muss. Ein Muss für alle, die abhängig beschäftigt oder arbeitslos oder ohne Arbeit sind. Insbesondere gehört dieses Buch in die Hände und Hirne aller, die politisch und beruflich mit den Kämpfen der Arbeiterklasse verbunden sind. Denn: Dieses Buch zeigt nicht nur, warum wir da sind, wo wir sind, und warum es so ist, wie es ist; es gibt auch eine Fülle von Hinweisen, was getan und geändert werden muss, damit Streiks wirksamer und erfolgreicher werden. Und was das Tolle dabei ist: Das Buch beweist, das ein Streik ein Streik ein Streik ist. Ein Streik ist nicht alles, aber ohne Streik ist alles nichts!
 

Streik

Flying Pickets (Hg.)
„Sechs Monate Streik bei Gate Gourmet“

 Paperback 164 Seiten, 12 Euro, zahlreiche vierfarbige Fotos, Berlin/Hamburg 2007, Verlag Assoziation A
Erhältlich bei: bestellung@j5A.net  (www.j5A.net)

Editorische Anmerkungen

Der Text wurde übernommen von NRhZ-Online - Neue Rheinische Zeitung