Produktion und Qualifikation
Einige Überlegungen zum Verhältnis von schulischen Sozialisationsprozessen und kapitalistischem Produktionsprozess
 
Von Daniel Ittermann
01/05

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Einleitung

Im folgenden soll der Frage nachgegangen werden, ob schulische Sozialisationsprozesse unter den Bedingungen kapitalistischer Produktionsverhältnisse systemoptimierende Effekte zeitigen. Es soll der Nachweis geführt werden, daß ein staatlich veranstaltetes Schulsystem aufgrund der in ihm stattfindenden Einübung von Arbeitstugenden funktional für die Kapitalverwertung ist. Damit wird ein Strang polit-ökonomischer Argumentation aufgegriffen, der Ende der 70er Jahre abriss. Die damaligen Analysen standen im Kontext der damals stattfindenden Bildungsreform und beanspruchten, eine Bestimmung der Rolle der Intelligenz im Klassenkampf zu liefern (vgl. Altvater/Huisken 1971, Becker 1976). Mit dem Abebben der Studentenrevolte und ihrer  Nachfolgeorganisationen verschwand das Interesse an einer Politischen Ökonomie des Ausbildungssektors. Die damals diagnostizierte Subsumtion des Bildungsbereichs unter die Imperative der Kapitalverwertung hat sich in der heutigen Zeit indes drastisch verschärft. Nicht nur aufgrund der zunehmenden Limitation öffentlicher Mittel, sondern auch aufgrund einer sich sukzessiv verschärfenden Überakkumulationskrise des Kapitals findet eine umfassende Ökonomisierung von Bildungsprozessen statt. Grund genug, den damals versandeten Strang der Argumentation wieder aufzunehmen und die analytischen Waffen für die derzeit ablaufenden Umstrukturierungsprozesse im Bildungssektor zu schärfen.  

Nach Marx ist das Kapital sich verwertender Wert, d.h. das Kapital zeichnet sich dadurch aus, daß vermittels einer Summe vorgeschossener Arbeitsquanta versucht wird, ein Maximum an unbezahlter Arbeit zu absorbieren. Legt man die Prämisse intrasektoraler Konkurrenz der Kapitale zugrunde, dann kommt es für die Kapitale darauf an, vermittels der Steigerung der Produktivkraft der Arbeit eine überdurchschnittliche Masse an Mehrwert zu erzielen („Extramehrwert“) . Diese Steigerung der Produktivkraft der Arbeit kann auf zweierlei Weise geschehen: Erstens durch die Einführung neuer Produktionsverfahren, zweitens durch die Intensivierung und Effektivierung des Arbeitseinsatzes. Legt man diese beiden Methoden der Produktion des relativen Mehrwerts zugrunde, dann sind zwei Typen von Qualifikation für den kapitalistischen Produktionsprozess funktional. Der kapitalistische Produktionsprozess setzt erstens voraus, daß die Arbeiter in der Lage sind, Gebrauchswerte zu produzieren. D.h. die Arbeiter müssen über ein Produktionswissen- und können verfügen, das dem jeweils gegebenen Stand der eingesetzten Produktionsverfahren entspricht („inhaltliche Qualifikationen“). Da die Anwendung der lebendigen Arbeit im Rahmen des kapitalistischen Produktionsprozesses ausschließlich Mittel der Kapitalverwertung ist und die Arbeit somit stets entfremdete Züge aufweist, ist für die Kapitalverwertung zweitens eine spezifische motivationale Strukturiertheit der Arbeitskräfte funktional, die sicherstellt, daß mit den gegebenen Mitteln ein maximaler Output produziert wird („formale Qualifikationen“).[1]  

Die motivationale Strukturiertheit der Arbeitskräfte lässt sich in zweifacher Weise differenzieren. Ein Typ besteht darin, daß sich die Arbeiter nach den Regeln zweckrationalen Handelns den Verwertungsimperativen des Kapitals subsumieren („Unterordnungsbereitschaft“). Voraussetzung hierfür ist, daß die Kapitalisten Sanktionssysteme generieren, die das erwünschte Arbeitsverhalten zur Folge haben. Der zweite Typ der motivationalen Strukturiertheit der Arbeitskräfte besteht darin, daß die Arbeiter im Rahmen von Sozialisationsprozessen erlernt haben, sich mit den Zielen der kapitalistischen Organisationseinheit zu identifizieren und somit auch beim Fehlen externer Kontrollen die geforderte Arbeitsleistung erbringen („Arbeitsbereitschaft“). Dieser Typ motivationaler Strukturiertheit dürfte insbesondere dann von Relevanz sein, wenn die Kontrollkosten für die Arbeitskräfte nicht durch den durch die Kontrollen induzierten Zuwachs des wertmäßigen Outputs überkompensiert werden. Dies ist v.a. dann der Fall, wenn die intraindustrielle Arbeitsteilung wie auch die Betriebsgröße zunehmen. Mit der Zunahme beider Größen nimmt der Kontrollbedarf überproportional zu, während die Effekte der einzelnen Kontrolleinheiten konstant bleiben, so daß ab einem bestimmten Punkt die Verstärkung der Kontrollen dysfunktional wird, also die Mehrwertmasse schmälert anstatt sie zu erhöhen (vgl. a. Offe 1970)    

Die Aktualisierung der beiden motivationalen Strukturen dürfte von der Strukturiertheit des Arbeitsprozesses abhängen. Insbesondere stark dequalifizierte Arbeitsprozesse dürften den Typ Unterordnungsbereitschaft begünstigen, während im Falle höher qualifizierter Arbeitsprozesse der Typ Arbeitsbereitschaft dominiert. Die Qualifikation Arbeitsbereitschaft wird vermittels einer systematischen Frustrierung der Bedürfnisse der Heranwachsenden generiert (s.u.). Der Grad der Repressivität des Sozialisationsprozesses ist dabei entscheidend für den Grad der Frustrationstoleranz. Im Falle stark dequalifizierter Arbeitsprozesse dürfte die Grenze des tolerablen Maßes an Frustration überschritten werden, so daß hier der Typ zweckrationalen Handelns einsetzt. Im Falle höher qualifizierter Arbeitsprozesse hingegen dürfte sich das Maß der Frustration innerhalb der tolerablen Grenzen halten, so daß hier der Typ der Arbeitsbereitschaft dominiert.[2]  

Es ist davon auszugehen, daß diese beiden Motivationsstrukturen unterschiedliche Sozialisationsmodi voraussetzen. Da die Qualifikation Unterordnungsbereitschaft 

von ihrer Struktur her sich am Modell zweckrationalen Handelns orientiert, dürfte die Stabilität der Objektbeziehungen wie auch die Gewöhnung an ein gewisses Maß an Frustration im Rahmen des Sozialisationsprozesses von Relevanz sein. Es ist davon auszugehen, daß dieser Qualifikationstypus im Rahmen familiärer Sozialisation vermittelt wird. Die Qualifikation Arbeitsbereitschaft setzt hingegen Persönlichkeitseigenschaften voraus, die nicht auf die  unmittelbaren Interessen der Subjekte bezogen sind. Die kontinuierliche Ausführung unlustvoller Tätigkeiten im Produktionsprozess unter den Bedingungen von Kontrolldefiziten setzt voraus, daß die Subjekte erlernt haben von ihren unmittelbaren Interessen zugunsten des Organisationsziels zu abstrahieren. Die Qualifikation Arbeitsbereitschaft hat daher erstens ein hohes Maß an Selbstkontrolle wie auch zweitens die Identifikation mit der betrieblichen Hierarchie zur Voraussetzung. Entscheidend in der Sozialisation dürfte daher die systematische Frustration der Subjekte wie auch die Gewöhnung an hierarchische Verhältnisse sein, die einem Organisationsziel dienen und die somit weitestgehend unabhängig von der Subjektivität der in der Hierarchie übergeordneten Personen sind. Dieser Typ von Qualifikation ist im Gegensatz zum ersten Qualifikationstyp nicht oder nur sehr partiell im Rahmen familiärer Sozialisation zu vermitteln; dies v.a. deswegen, da die Familie weder die zeitlichen noch die materiellen Ressourcen aufzubringen vermag, die notwendig sind, damit dieser Typus von Qualifikation erlernt werden kann. Ferner dürfte die Familie, da sie primär Reproduktionseinheit der Arbeitskraft, aber nicht Produktionseinheit ist, Schwierigkeiten haben, ein Organisationsziel zu definieren, das die notwendigen Abstraktionsleistungen von der Subjektivität der Akteure legitimiert. Die Qualifikation Arbeitsbereitschaft, so kann zunächst einmal festgehalten werden, muß daher außerhalb der Familie vermittelt werden.    

Diese Überlegungen bilden die Grundlage meiner Ausführungen. Im folgenden soll es erstens darum gehen, zu zeigen, daß die durch die Instanzen der sekundären Sozialisation vermittelte Qualifikation Arbeitsbereitschaft aus gesamtwirtschaftlicher Sicht positive Auswirkungen auf die  Profitrate hat.  In einem zweiten Schritt soll gezeigt werden, daß  nur in einer vom Staat verwalteten Institution diese Qualifikation erlernbar ist, wobei auch hier der Aspekt der Rentabilität zugrunde gelegt wird. In einem dritten Teil werden die Bedingungen, die zur Konstitution staatlich veranstalteter Sozialisationsprozesse führen, erörtert.

Vorgeschaltet ist diesen Überlegungen eine kurze Skizze der Grundstrukturen kapitalistischer Vergesellschaftung im Anschluss an die Ausführungen von Marx im ersten Band des „Kapital“. Im Schlussteil werde ich die bereits bestehenden Ansätze, in denen der Zusammenhang zwischen formalen Qualifikationen und schulischen Sozialisationsprozessen thematisch ist, kritisch diskutieren. Dabei geht es mir nicht darum, die Diskussion in ihrer ganzen Breite zu präsentieren, sondern ich habe diejenigen Autoren herausgegriffen, die m.E. repräsentativ für den jeweiligen Ansatz sind.  

Der Zugriff auf den Gegenstand der Effekte schulischer Sozialisation erfolgt hier primär über den Versuch, möglichst plausible Funktionsmodelle zu erstellen und nicht so sehr – wie es im Rahmen einer Kritik der Politischen Ökonomie zu fordern wäre – über eine Auseinandersetzung mit den jeweiligen Theorien über diesen Komplex, die dann in eine dialektische Rekonstruktion nicht nur des Erkenntnisobjekts, sondern auch der kritisierten Theorien mündet.[3] Ferner ist die Modellation bewusst recht allgemein gehalten, d.h. die Effekte schulischer Sozialisation werden primär im Rahmen eines Kapitalismusmodells verhandelt, das weitestgehend historisch unspezifiziert ist. Diese beiden Beschränkungen haben nicht nur arbeitsökonomische Gründe. Vielmehr ist es so, daß die Aufarbeitung der bereits existierenden Theorien zumindest eine grobe Vorstellung von der Strukturiertheit des zu verhandelnden Gegenstandes voraussetzt. In diesem Sinne ist auch die zweite Beschränkung zu verstehen. Der Marxsche Zugriff auf das Objekt kapitalistische Produktionsweise erfolgt nicht nur mittels einer immanenten Kritik von Theorien, sondern die auf diese Weise gewonnenen Aussagen sind zugleich im Rahmen empirischer Untersuchungen zu konkretisieren. Das Gelingen der Konstruktion eines „Verweisungszusammenhangs“ (Ritsert) entscheidet mithin darüber, ob die strukturtheoretischen Aussagen Gültigkeit beanspruchen können (vgl. Ritsert 1973). Ein historisch unspezifiziertes Modell hat also auch in diesem Zusammenhang den Status einer Arbeitshypothese, die einen strukturierteren Zugriff auf das empirische Material ermöglicht. 

I) Die Anatomie kapitalistischer Produktionsverhältnisse

a) Die Wirkungsweise des Wertgesetzes unter den Bedingungen der einfachen Warenzirkulation

Nach Marx sind die Austauschrelationen der Waren durch die zu ihrer Produktion aufgewandten Arbeitsquanta determiniert. Dies leitet Marx in folgender Weise ab: Im Austauschprozess werden differente Güter, die der Bedürfnisbefriedigung dienen („Gebrauchswerte“) gleichgesetzt. Da die Gebrauchswerte heterogen sind, kann nur die zu ihrer Produktion verausgabte Arbeitszeit die Austauschrelationen determinieren. Die die Austauschrelationen determinierende Arbeit nennt Marx „abstrakte Arbeit“; ihre Vergegenständlichung bezeichnet er als „Wert“.

Wie wird nun die Wertgröße eines Produktes gemessen? „Durch das Quantum der in ihnen enthaltenen ‚wertbildenen Substanz‘, der Arbeit. Die Quantität der Arbeit selbst mißt sich an ihrer Zeitdauer, und die Arbeitszeit besitzt wieder ihren Maßstab an bestimmten Zeitteilen, wie Stunde, Tag usw..“(Marx 1987: 53)

Entscheidend für die Austauschrelation ist aber nicht die auf die jeweilige Ware verwandte Arbeitszeit, sondern die Austauschrelation der Waren, ihr Marktwert, ist bestimmt durch die Produktivitätsklasse, die numerisch überwiegt.[4]

b) Das Kapitalverhältnis

Bisher wurde gezeigt, daß beim Warenaustausch ein Austausch gleicher Arbeitsquanta stattfindet. Dieser Schritt der Argumentation ist bei Marx eine Abstraktion von der Struktur kapitalistisch verfasster Gesellschaften. Dort findet faktisch ein Austausch ungleicher Arbeitsquanta statt. Der Kapitalist schießt in Form von Geld einen kleineren Wertbetrag vor als er aus der Produktion zieht; der Arbeiter gibt ein höheres Arbeitsquantum als er in Form des Lohnes entgolten bekommt. Dies scheint der Annahme eines Äquivalententausches nach den Regeln der Arbeitswertlehre zu widersprechen. Es findet kein Austausch gleicher, sondern ungleicher Arbeitsquanta statt.

Spezifikum des Marxschen Ansatzes ist es jedoch, daß er zu zeigen versucht, daß die Existenz eines Mehrwerts die Regeln der Arbeitswertlehre nicht verletzt. Entscheidend für den Marxschen Ansatz ist, daß der Kapitalist nicht „Arbeit“ kauft, sondern die Arbeitskraft des Arbeiters, die er dann im Produktionsprozess anwendet. Der Mehrwert resultiert nach Marx daraus, daß die Arbeitskraft ein höheres Wertprodukt schafft als sie selber Wert ist. Der Wert der Arbeitskraft bestimmt sich genauso wie der jeder anderen Ware durch die zu ihrer Produktion, aber auch Reproduktion  notwendigen Arbeitszeit. Der Wert der Arbeitskraft ist daher bestimmt durch den Wert der zu ihrer Reproduktion notwendigen Lebensmittel, deren Quantität und Qualität zum Teil biologisch vorgegeben, zum Teil kulturell bestimmt sind, durch den Wert der Lebensmittel zur Aufzucht des Nachwuchses wie auch durch die Kosten, die für die Qualifikation des Arbeitsvermögens notwendig sind. Der Mehrwert entsteht dadurch, daß der Kapitalist den Arbeiter ein größeres Wertquantum produzieren lässt als zu dessen Reproduktion notwendig ist. Der Arbeitstag zerfällt somit in zwei Segmente. Erstens in denjenigen Zeitabschnitt, wo der Arbeiter den Wert schafft, den er sich dann in Form der von ihm konsumierten Reproduktionsmittel aneignet; zweitens denjenigen Zeitabschnitt, wo er für den Kapitalisten die Mehrwertmasse schafft.

II) Staatlich institutionalisierte Sozialisationsprozesse und kapitalistischer Produktionsprozess

Im folgenden soll gezeigt werden,  daß sich die Qualifikation Arbeitsbereitschaft  auf die Komponenten der Profitrate positiv auswirkt. Ferner soll die spezifische Form der Vermittlung derselben plausibilisiert werden; es geht also darum zu zeigen, warum die Qualifikation Arbeitsbereitschaft nicht durch die Kapitalisten vermittelt werden kann, sondern daß deren Erstellung staatlich institutionalisierter Sozialisationsprozesse bedarf. Dabei handelt es sich zunächst einmal um eine Funktionsanalyse. Die Frage, ob sich die Konstitution eines allgemeinverbindlichen Schulsystems auch aus diesen Gründen vollzieht ist eine Frage, der ich mich versuchen werde im dritten Teil zu nähern.

a) Effekte von Qualifikationen auf die Profitrate 

Der systematische Imperativ, dem das kapitalistische System nach Marx unterliegt, ist die maximale Verwertung des Kapitals. Die zentrale Variable, von der die Kapitalverwertung abhängt, ist die Profitrate. Sie ist der Quotient der Mehrwertmasse zu den Auslagen für Löhne und Produktionsmittel (variables und konstantes Kapital in Marxscher Terminologie). Die Profitrate ist durch zwei Faktoren determiniert: durch die Mehrwertrate und den Quotienten der vorgeschossenen (also des Wertes des konstanten Kapitals) zur eingesetzten Arbeit (also des Wertes des variablen Kapitals und des Wertes des Mehrprodukts).[5] Unter Mehrwertrate versteht Marx den Quotienten der produzierten Mehrwertmasse zum variablen Kapital. Die Mehrwertrate gibt die Aufteilung des Arbeitstages in bezahlte Arbeit, also die Arbeitszeit, in der der Arbeiter das Äquivalent für seinen Lohn produziert, und unbezahlte Arbeit, also die Arbeitszeit, in der der Arbeiter den Mehrwert produziert, an.

Die Qualifikation Arbeitsbereitschaft ist zunächst einmal für die Profitratensteigerung relevant aufgrund der Verbilligung der Kapitalvorschüsse. Da der Wert der Waren und damit auch des konstanten und variablen Kapitals durch die aufgewandten Arbeitsquanta determiniert sind, hat die Qualifikation Arbeitsbereitschaft den Effekt, daß deren Wert sinkt und somit –ceteris paribus – die Profitrate steigt. Die Qualifikation Arbeitsbereitschaft führt erstens zur Verbilligung der Konsumtionsmittel der Arbeiter, so daß die Mehrwertrate steigt. Sie führt zweitens zur Verbilligung des konstanten Kapitals, so daß der Quotient der vorgeschossenen zur eingesetzten Arbeit abnimmt. In beiden Fällen führt dies zu einer Steigerung der Profitrate.

Darüber hinaus dürfte die Qualifikation Arbeitsbereitschaft einen positiven Effekt auf die Profitrate haben, wenn man den „moralischen Verschleiß“ (Marx) des Kapitals berücksichtigt. „Moralischer Verschleiß“ bedeutet, daß die Produktionsmittel nicht wie im Falle des „natürlichen Verschleißes“ vollständig physisch vernutzt werden, sondern bereits vorher aus dem Produktionsprozess ausscheiden. Der Grund dafür ist in der kapitalistischen Konkurrenz zu suchen. Führt ein Kapitalist eine neue Technologie ein, dann zwingt er seine Konkurrenten nachzuziehen, so daß die alten Produktionsmittel bereits vor ihrer vollständigen physischen Vernutzung aus dem Produktionsprozess ausscheiden. Durch „moralischen Verschleiß“ wird die Profitrate des Kapitals gesenkt. Um eine gegebene Masse an Mehrwert zu erzielen, bedarf es größerer Auslagen an konstantem Kapital als dies bei „natürlichem Verschleiß“ der Fall wäre. Der Kapitalist kann jedoch vermittels einer Erhöhung des Kapazitätsauslastungsgrades die Profitrate erhöhen. Werden die Produktionsmittel intensiver oder extensiver als zuvor genutzt, dann wird in einer gegebenen Periode mehr konstantes Kapital auf das Produkt übertragen, so daß die Profitrate steigt. Auch hier ist die Qualifikation Arbeitsbereitschaft von Relevanz. Sie führt zu einer intensiveren Vernutzung der Produktionsmittel, so daß der Kapazitätsauslastungsgrad zunimmt und die Profitrate steigt.

b) Die Funktionalität staatlich institutionalisierter Sozialisationsprozesse

Bisher habe ich zu zeigen versucht, daß die Qualifikation Arbeitsbereitschaft funktional für das Kapital ist. Darüber, ob diese Qualifikation im Rahmen des kapitalistischen Produktionsprozesses vermittelt werden kann oder ob es dazu einer gesonderten, vom Staat verwalteten Institution bedarf,  ist noch keine Aussage gemacht worden. Dieser Frage soll im folgenden nachgegangen werden. Wie ich bereits angedeutet habe, soll gezeigt werden, daß die Vermittlung der Qualifikation  Arbeitsbereitschaft außerbetrieblicher, vom Staat organisierter Lernprozesse bedarf. Um dies zu zeigen, werde ich die spezifischen Restriktionen, denen die Vermittlung dieses Typs von Qualifikation auf betrieblicher Ebene unterliegt, herausarbeiten. Die Argumentation erfolgt auch hier im Rahmen eines rentabilitätstheoretischen Modells.

Grundsätzlich gilt zunächst einmal, daß Qualifikationsprozesse zu leisten für das Kapital deswegen problematisch ist, weil die Arbeitskraft Warencharakter besitzt. Dies beinhaltet die Möglichkeit, daß die Arbeitskraft kündigen kann wie auch, daß sie kündbar ist. Die Möglichkeit, daß die Arbeitskraft kündigen kann, wäre nur dann kein Hindernis für Prozesse der Qualifikation, wenn sich die Fluktuationsraten gleich qualifizierter Arbeitskräfte innerhalb eines Sektors ausgleichen würden. Gleichen sich diese nicht aus, dann sind die Ausgaben für Qualifikationsprozesse Abzug von der Mehrwertmasse, so daß für die Kapitalisten wenig Anlass besteht, diese zu tätigen. Ferner hätten die ungleichen Fluktuationsraten zur Konsequenz, daß die Stellung der einzelnen Kapitale in der intrasektoralen Konkurrenz gestärkt bzw. geschwächt würde. Die Kapitale, die mehr qualifizierte Arbeitskräfte attrahieren als sie produziert haben, würden auf Kosten der anderen Kapitale ihre Stellung  ausbauen.

Die Möglichkeit, daß die Arbeitskraft kündbar ist, wäre nur dann kein Hindernis, wenn die wirtschaftliche Entwicklung langfristig stabil wäre. Nur dann könnten die Kapitalisten davon ausgehen, daß die Kosten der Qualifizierungsmaßnahmen der Arbeitskraft durch deren produktive Tätigkeit überkompensiert werden. Ansonsten müssten sie davon ausgehen, daß die Arbeitskraft vor dem Erreichen dieses Zeitpunkts zu kündigen ist, so daß die Qualifizierungsmaßnahmen ausschließlich einen Kostenfaktor darstellen. Da unter den Bedingungen von Privatproduktion Voraussagen über die künftige wirtschaftliche Entwicklung nur sehr bedingt angestellt werden können, so daß sich die Erwartungen der Kapitalisten über die künftige wirtschaftliche Entwicklung lediglich auf kürzere Zeiträume beziehen können, handelt es sich hier ebenfalls um einen unwahrscheinlichen Fall.

Diese Überlegungen gelten zunächst einmal für alle Formen betrieblicher Qualifikation, also auch für inhaltliche Qualifikationen. Zu beachten ist hier jedoch ein wesentlicher Unterschied zwischen diesem Qualifikationstyp und dem Typ Arbeitsbereitschaft: Während die Kosten für den ersteren zumindest partiell durch produktive Tätigkeit kompensiert werden können, gilt dies für den zweiten nicht oder nur sehr bedingt und zwar aus mehreren Gründen. Erstens ist die Qualifikation Arbeitsbereitschaft bereits in einem relativ frühen Lebensalter zu vermitteln, da zu diesem Zeitpunkt die sozialisatorischen Einflüsse am nachhaltigsten wirken (vgl. Tillmann 1976). Letzteres bedeutet, daß den spezifischen Entwicklungsbedürfnissen der Subjekte Rechnung zu tragen ist, so daß von den Sozialisanden nicht die Leistungen eines erwachsenen Arbeiters verlangt werden können (vgl. a. Lessing/Liebel 1974). Zweitens dürfte es für eine konforme Sozialisation der Arbeiter von Belang sein, daß das Netz der Kontrolle feinmaschiger gestrickt ist als in der Produktion, was bedeutet, daß sich die Kosten des Kapitals für diesen Typ von Qualifikation erhöhen. Das Verhältnis der Kosten zum Ertrag dürfte sich daher in diesem Falle ungünstiger gestalten als bei denjenigen Qualifikationen, die auf die Inhalte der Arbeitsverausgabung bezogen sind.

Stellt man zudem drittens in Rechnung, daß die Qualifikation Arbeitsbereitschaft langer Anlernzeiten bedarf, da es sich hier um Eigenschaften handelt, die tief in der Charakterstruktur zu verwurzeln sind (vgl. Tillmann 1976), dann dürfte sich die Wahrscheinlichkeit, dass die Kosten der Qualifizierungsmaßnahmen durch die produktive Tätigkeit der bereits qualifizierten Arbeiter kompensiert bzw. überkompensiert werden, noch geringer werden.

Im Falle eines staatlich veranstalteten Schulsystems hingegen würden die Qualifizierungsmaßnahmen unabhängig von den Verwertungsimperativen der einzelnen Kapitale stattfinden. Die Problematik, daß die Kapitalisten nicht qualifizieren, da sie qualifizierte Arbeitskräfte in längerer Frist entlassen müssten, wäre damit gelöst. Auch würde das Problem der Schmälerung der Mehrwertmasse aufgrund der Möglichkeit, dass die durch das einzelne Kapital qualifizierten Arbeiter kündigen könnten, umgangen.  Rentabel ist das vom Staat veranstaltete Schulsystem dann, wenn die Steigerung der Profitrate durch qualifizierende Maßnahmen höher ausfällt als die Senkung der Profitrate durch die für die Errichtung von Schulen einbehaltenen Steuern.

c) Die Konstitution staatlich veranstalteter Sozialisationsprozesse

Bisher wurde auf werttheoretischer Grundlage die Funktionalität schulischer Sozialisationsprozesse versucht zu plausibilisieren. Da das Wertgesetz jedoch ein Modus gesamtgesellschaftlicher Synthesis ist, der sich hinter dem Rücken der Akteure durchsetzt (vgl. a. Fischer 1978), kann es auch nicht in die Entscheidungen der politischen Instanzen eingehen, ob und in welcher Form beschult wird. Die Gründe für die Konstitution staatlich veranstalteter Sozialisationsprozesse sind daher auf einer anderen Ebene zu suchen. Die skizzierten systemoptimierenden Effekte sind dabei ein möglicher Nebeneffekt, der nicht in die Handlungen der politischen Akteure eingeht.

Diese Restriktion gilt für die Generierung inhaltlicher Qualifikationen nicht. Die Bereitstellung inhaltlicher Qualifikationen seitens des Staates ist nicht systemoptimierend, sondern systemreproduktiv, so daß die Problematik fehlender Indikatoren für die Effekte staatlicher Bildungspolitik nicht besteht. Während im Falle der Qualifikation Arbeitsbereitschaft ausschließlich der profitratensteigernde Effekt von Relevanz ist, kommt es hier auf die Anpassung des Arbeitskräftepotentials an die gegebene Produktionsstruktur an.[6] Diese Anpassung kann zwar auch profitratensteigernden Effekt haben; er ist hier aber nicht von Relevanz, da die inhaltlichen Qualifikationen die Voraussetzung dafür sind, daß überhaupt Produktion stattfindet.

Im Kontext dieser Qualifizierungsprozesse findet die Generierung der Qualifikation Arbeitsbereitschaft statt. Vermittels interner Sanktionssysteme findet eine Anpassung des vorhandenen Arbeitskräftepotentials an die gegebene Produktionsstruktur statt. Begünstigt wird dieser Anpassungsprozess durch den externen Mechanismus der Abschlusszertifikate. Da alle Arbeitskräfte gleichermaßen beschult worden sind, gleichwohl die Arbeitskräfte im unterschiedlichen Grade zur Mehrwertproduktion taugen, bedarf es für das Kapital eines Indikators, der diese Differenzen reflektiert.[7] Die differenten Bewertungen innerhalb der Abschlusszertifikate wie auch diese selbst werden für die Beschulten –sei es vermittels elterlicher Repression, sei es vermittels Eigeninitiative- zur handlungsleitenden Maxime, so daß auch hier die systemoptimierende Qualifikation Arbeitsbereitschaft generiert wird.[8]

Der systemoptimierende Effekt schulischer Sozialisation ist  somit eine nichtintendierte Folge systemreproduktiven staatlichen Handelns. Dies schließt allerdings nicht aus, daß das Thema der Arbeitsdisziplin im Rahmen der Bildungspolitik präsent ist. Insbesondere in der Frühphase kapitalistischer Industrialisierung war dies der Fall (vgl. a. Otten 1973, Schumann/Korff/Schumann 1976). Diese Thematisierungen sind aus der konkret historischen Situation heraus zu begreifen, wobei der Stand der Produktivkraftentwicklung wie auch der der Klassenauseinandersetzungen keine unerhebliche Rolle spielen dürften. Im Rahmen dieses Modells wird hingegen auf einer systematischen Ebene gezeigt, daß der systemoptimierende Effekt schulischer Ausbildung auch dann eintreten kann, wenn er durch die bildungspolitischen Instanzen nicht thematisiert wird. Es handelt sich somit um strukturell verbürgte Minimalbedingungen des repressiven Modus schulischer Sozialisation, die zwar die Thematisierung dieses Modus nicht ausschließen, ihn aber auch nicht notwendig machen.  

III) Der Stand der Diskussion über die formalen Qualifikationen

a)       Kontrolldefizittheoretische Ansätze (Offe)[9]

Das Buch „Leistungsgesellschaft und industrielle Arbeit“ von Claus Offe stellt den Versuch dar, zu zeigen, wie sich spätkapitalistische Gesellschaftssysteme versuchen zu legitimieren. Spezifisch für diese ist ein Typus von Hierarchie, in dem dispositive Funktionen und Partizipation am gesellschaftlichen Reichtum auseinanderfallen. Waren im klassischen Kapitalismus nach Offe die Funktionsanforderungen der jeweils untergeordneten Positionen in den übergeordneten Positionen enthalten („aufgaben-kontinuierliche Status-Organisation“), so daß die Bedingungen für die Wirksamkeit der ideologischen Figur einer „Leistungsgesellschaft“  gegeben waren, so tritt nun an deren Stelle ein Typ von Hierarchie, in dem die Funktionsanforderungen der untergeordneten Positionen nicht mehr in den übergeordneten Positionen enthalten sind („aufgaben-diskontinuierliche Status-Organisation“). Dies hat zur Folge, daß an die Stelle des Ideologems einer „Leistungsgesellschaft“ ein verinnerlichtes Leistungsprinzip tritt, das  nicht nur ideologisch, sondern auch praktisch die Berufsrolle stützt. 

Offe verhandelt die These einer aufgaben-diskontinuierlichen Status-Organisation zunächst einmal im Rahmen der spezifischen Struktur spätkapitalistischer Gesellschaftssysteme. Diese zeichnen sich dadurch aus, daß der Staat und die organisierten Interessengruppen den ökonomischen Prozeß regeln. Damit wächst die Größe der Organisationseinheiten. Zugleich findet eine Diffusion des Entscheidungssubjekts statt. Dispositive Funktionen sind immer weniger ausschließlich auf der Führungsebene angesiedelt, sondern sie werden im zunehmenden Maße an untere Ebenen delegiert. Diese beiden Prozesse zusammengenommen begünstigen den für die spätkapitalistischen Gesellschaftssysteme spezifischen Typus von Hierarchie.

Gleichzeitig ist dieser Typus für Offe aber auch im Kontext kapitalintensiver Produktionsverfahren von Relevanz. Für diese ist erstens spezifisch, daß eine stärkere Spezialisierung der Arbeitsfelder statthat wie auch zweitens, daß die Größe der Produktionseinheiten zunimmt. In der Optik der Offeschen Spätkapitalismustheorie mag es sich hier um verschiedene Aspekte des gleichen Zusammenhangs handeln, müsste doch der Übergang zu einem auch durch die Interessengruppen gesteuerten Kapitalismus aus wirtschaftlichen Monopolisierungsprozessen folgen und damit die Einführung kapitalintensiver Produktionsformen zur Voraussetzung haben.  M.E. läßt sich der von Offe beschriebene Typus von Hierarchie aber auch unter werttheoretischen Prämissen verhandeln[10]: Sowohl das Wachstum der Größe der Produktionseinheiten wie auch die Spezialisierung der Arbeitsfelder sind nicht zwangsläufig mit einer sukzessiven Zunahme des Wertes des fixen Kapitals verbunden, so daß wirtschaftliche Monopolisierungsprozesse nicht notwendigerweise vorausgesetzt werden müssen. Die Offeschen Überlegungen lassen sich daher in eine materialistische Analyse des Ausbildungssektors integrieren.

Vor dem Hintergrund der beiden oben skizzierten Typen von Hierarchie unterscheidet Offe zwei Regeln, aus denen sich die Arbeitsrolle in der aufgaben-diskontinuierlichen Status-Organisationen zusammensetzt:

„1. ‚technische Umgangs- oder Verfahrensregeln‘: unter diesem Begriff soll die Gesamtheit von physischer Leistungsfähigkeit, aus Erfahrung und Übung gewonnenem Leistungskönnen und Leistungswissen verstanden werden, die an einem bestimmten Arbeitsplatz notwendig sind, damit die entsprechende Arbeitsaufgabe erfüllt werden kann;

2. ‚normative Orientierungen‘: hierunter sind sämtliche Normen, Werte, Interessen und Motive zu verstehen, von denen erwartet wird, daß sie im institutionellen Rahmen des Arbeitsprozesses befolgt werden.“(Offe 1970: 29)

Die „normativen Orientierungen“ zerfallen nach Offe wiederum in zwei Momente: in „regulative Normen“ und „extrafunktionale Orientierungen“. Unter „regulativen Normen“ versteht Offe  Regeln, die sich von den „technischen Umgangs- und Verfahrensregeln“ dadurch unterscheiden, daß sie weniger spezifisch als diese auf die einzelnen Arbeitsvollzüge bezogen sind, die aber dennoch funktional für die Zielstruktur der Produktion sind. Hierunter faßt Offe solche Normen wie Vorsicht und Sparsamkeit (vgl. ebda.).

Im Gegensatz hierzu zeichnen sich „extrafunktionale Orientierungen“ dadurch aus, daß sie zwar in der Arbeitssituation erwartet werden, aber nicht funktional für das Ziel der Produktion sind. Hierunter fallen Einstellungsmuster, die die hierarchische Struktur der Produktion stützen (z.B. bestimmte ideologische Muster, die die ökonomische Struktur legitimieren) (vgl. ebda.).

„Technische Umgangs- oder Verfahrensregeln“ sind eine Konstante aller Produktion. Spezifisch für den Spätkapitalismus sind hingegen „regulative Normen“ und „extrafunktionale Orientierungen“. Sie sind Ausdruck des verinnerlichten Leistungsprinzips und liefern somit funktionale Äquivalente für die Defizite der aufgaben-diskontinuierlichen Status-Organisation.

Offe beschreibt mit der Kategorie der „regulativen Normen“ keine systemstabilisierende Ideologie, sondern Verhaltensweisen, die für die Erreichung des Organisationszieles notwendig sind. Die Verinnerlichung des Leistungsprinzips stellt mithin eine systemoptimierende Qualifikation der Arbeitenden dar. Löst man den Offeschen Ansatz aus dem Kontext einer Theorie eines „organisierten Kapitalismus“,  dann lässt sich dieser wie folgt reformulieren: Mit dem Aufkommen moderner Technologien wie auch dem Wachstum der Größe der Produktionseinheiten sind die Arbeitsschritte durch das Kapital nicht mehr vollständig kontrollierbar. Das hat zur Folge, daß sowohl der Druck betriebsinterner Gratifikationssysteme wie auch  der der industriellen Reservearmee auf die Arbeitenden abnimmt. Es bedarf daher eines funktionalen Äquivalents, das den Druck der jeweiligen Sanktionssysteme substituiert. Dies besteht in der Vermittlung einer abstrakten Leistungsbereitschaft, die insbesondere in der  sekundären Sozialisation vermittelt wird.

b)       Kontrolltheoretische Ansätze (Altvater)[11] 

Altvater versucht in seinem Aufsatz „Der historische Hintergrund des Qualifikationsbegriffs“ die historischen Bedingungen des in der Bildungsökonomie verwendeten Qualifikationsbegriffs anzugeben. Damit ist zugleich eine Kritik der Bildungsökonomie intendiert, die nicht nach den Konstitutionsbedingungen ihres Gegenstandes fragt.

Altvaters Aufsatz gliedert sich in zwei Teile. Der erste Teil geht der Frage nach, unter welchen Bedingungen die Qualifizierung der Arbeitenden zu einem qualitativen Problem wird, und zielt somit auf die Konstitutionsbedingungen staatlich organisierter Ausbildungsprozesse. Der zweite Teil geht der Frage nach, wann Ausbildung zu einem quantitativen Problem wird und zielt somit auf die Konstitutionsbedingungen des Gegenstandes der Bildungsökonomie. Ich werde mich im folgenden auf den ersten Teil konzentrieren. 

Problematisch wird nach Altvater die Qualifizierung der Arbeitenden insbesondere dann, wenn die gesamtgesellschaftliche Reproduktion vollständig durch das Wertgesetz vermittelt ist. Neben den „konkreten Qualifikationen“, die durch die stoffliche Ausrüstung der Arbeitsplätze definiert sind (vgl. Altvater 1971: 84), werden dann nämlich „abstrakte“ oder „prozeßunabhängige Qualifikationen“ notwendig, die durch den Verwertungsprozeß des Kapitals definiert sind (vgl. ebda.). Sie umfassen solche Verhaltensweisen wie Regelmäßigkeit, Kontinuität usw. (vgl. Altvater 1971: 88, 90) und sind somit auf der Ebene der quantitativen Effekte der Arbeit angesiedelt. Da die „abstrakten Qualifikationen“ nicht im Interesse ihrer Träger liegen, bedarf es staatlich veranstalteter Ausbildungsprozesse, in denen sie vermittelt werden (vgl. Altvater 1971: 84).     

Mit dieser Funktionsbestimmung  fällt Altvater hinter die Einsichten zurück, die durch Offes Ansatz nahegelegt werden. Wenn die Vermittlung von „abstrakten Qualifikationen“ insbesondere dann notwendig wird, wenn die Arbeit dem Kapital  subsumiert ist, dann bedeutet dies, daß der Ausbildungsprozess und der Arbeitsprozess von ihrer Struktur her gleich oder zumindest ähnlich sind. In beiden Fällen ist der Auszubildende bzw. der Arbeiter Objekt eines Verhältnisses, das ihm keinen Spielraum lässt, den jeweils übergeordneten Instanzen die in den jeweiligen Situationen geforderten Tätigkeiten vorzuenthalten . Es stellt sich dann die Frage nach der von Altvater den Ausbildungsprozessen unterstellten Funktionalität.  Unter der Prämisse vollständiger Kontrolle des Arbeitsprozesses würde die Qualifikation Unterordnungsbereitschaft ausreichen, um den Output zu maximieren. Im Gegensatz dazu habe ich oben im Anschluß an Offe gezeigt, daß der Druck betriebsinterner und/oder -externer Sanktionssysteme  dann vermindert wird, wenn den Kapitalisten die Arbeitsvollzüge nicht voll durchsichtig sind. Als funktionales Äquivalent bedarf es, so habe ich gefolgert, innerer Kontrollen, die die adäquate Ausführung der Arbeitsaufgaben auch dann gewährleisten, wenn die äußeren Kontrollen nicht mehr greifen. 

Der Ansatz von Altvater bleibt darüber hinaus in zweierlei Hinsicht unbefriedigend. Erstens nennt Altvater keine Gründe, warum die Existenz von Arbeitstugenden funktional für das Kapital sein soll. Hier hätte es einer Untersuchung der Auswirkungen von Arbeitstugenden auf die Profitrate bedurft. Zweitens unterbleibt eine Erörterung der Auswirkungen von unabhängig von der Produktion  institutionalisierten Erziehungsprozessen auf die Profitrate, womit die Frage nach der spezifischen Form von qualifikatorischen Prozessen unbeantwortet bleibt. 

c) Mobilitätstheoretische Ansätze (Reichwein)[12]

Reichwein leitet die formalen Qualifikationen aus der Notwendigkeit der Flüssigkeit des Arbeitsvermögens, also aus dem Tatbestand, daß der Arbeiter sich wechselnden Arbeitsanforderungen der Kapitale unterzuordnen hat, ab.

Er begeht dabei nicht nur den Fehler, daß er subsumtionstheoretisch argumentiert, sondern er kontaminiert inhaltliche und formale Qualifikationen. Diese Unklarheit wird deutlich, wenn man sich Reichweins Differenzierung des Qualifikationsbegriffes vor Augen hält: „Daraus folgt, (...) daß auch die schulische Qualifikation des individuellen Arbeitsvermögens eine doppelte, zweiseitige zu sein hat: einerseits eine praktisch brauchbare, auf den besonderen, konkreten Arbeitsprozess und die sich in ihm durchsetzende Produktivkraftentwicklung bezogene; andererseits eine vielfältig verwertbare und austauschbare, allgemeine und abstrakte, die sich den wechselnden Bedingungen des Arbeitsmarktes und den konstanten Produktions- und Herrschaftsverhältnissen im Produktionsprozess flexibel und variabel anpassen, einfügen und unterordnen kann.“(Reichwein 1982: 282) Das Abgrenzungskriterium, das Reichwein hier zunächst einmal wählt, ist das, daß es Qualifikationen gibt, die ausschließlich von den einzelnen Kapitalen nachgefragt werden aufgrund der spezifischen Struktur der jeweiligen Produktionsprozesse und denjenigen, die die Gesamtheit der Kapitale nachfragen. Die Gruppe der zweiten Qualifikationen zerfällt dann noch einmal in zwei Untergruppen: Erstens in diejenigen, die die allgemeine Mobilität der Arbeitskräfte ermöglichen und die somit notwendige Bedingung kapitalistischer Produktion sind. Zweitens verhandelt Reichwein hier diejenigen Qualifikationen, die optimierende Funktion haben. Es wäre daher plausibler gewesen, wenn Reichwein die erste Untergruppe dem ersten Qualifikationstyp zugerechnet hätte. Die Fähigkeit zur Subsumtion unter die Verwertungsimperative des Kapitals ist zwar auch eine Anforderung aller Kapitale, aber sie ist nicht notwendige Voraussetzung der Produktion, sondern sie dient der Zielstruktur der Maximierung des Outputs.

Literaturverzeichnis

Altvater, Elmar/Huisken, Freerk (Hg.): Materialien zur Politischen Ökonomie des Ausbildungssektors. Erlangen 1971.

Altvater, Elmar/Huisken, Freerk: Einleitung: Programmatische Aspekte einer politischen Ökonomie des Ausbildungssektors, in: Altvater, Elmar/Huisken, Freerk 1971. S. 11-32. 

Altvater, Elmar: Zum historischen Hintergrund des Qualifikationsbegriffs, in: Altvater, Elmar/Huisken, Freerk 1971. S. 77-90.

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Anmerkungen

[1] Diese Zuordnung gilt –wenn man so will- nur idealtypisch. Denkbar sind Fälle, in denen das Produktionswissen und -können outputmaximierend wirken (vgl. a. Dahrendorf 1956, Offe 1970). Andererseits dürfte insbesondere in Prozessindustrien nicht nur das Produktionswissen und -können von Relevanz sein, sondern auch die motivationale Strukturiertheit der Arbeitskräfte (vgl. a. Bowles/Gintis 1978).

[2] Die Qualifikation Arbeitsbereitschaft ist daher für den einzelnen Kapitalisten eine operable Größe. Vermittels Modifikationen im Anspruchsniveau der Arbeit kann er die Ausgaben für die Kontrolle der Arbeitskräfte manipulieren. Dies ist allerdings nicht das einzige Kriterium, das über den Einsatz stark dequalifizierter Arbeitskräfte entscheidet. Dem Nachteil steigender Ausgaben für deren Kontrolle bzw. geringerer Produktivität stehen zwei Vorteile gegenüber. Erstens werden die Anlernzeiten für die Arbeitskräfte verkürzt (vgl. Brenner/Glick 1991). Zweitens fallen die Ausgaben für Löhne geringer aus als bei qualifizierten Arbeitern (vgl. Braverman 1977). Möglicherweise sind dies Gründe dafür, daß entgegen voreiligen Prognosen vom „Ende der Massenproduktion“ (Piore/Sabel 1989) die reelle Subsumtion bestimmter Tätigkeitsbereiche unter das Kapital persistiert (vgl. Dörre 2001).

[3] Folgt man Marx, dann nötigt die spezifische Strukturiertheit des Erkenntnisobjekts kapitalistische Produktionsweise  zu einem Theorietypus, in dem die dialektische Rekonstruktion der kapitalistischen Produktionsweise und die Kritik der über die Produktionsweise existierenden Theorien wechselseitig vermittelt sind. Dialektisch ist die kapitalistische Produktionsweise nur deswegen rekonstruierbar, da der Wert eine Abstraktion ist, die sich zwar im Fortgang der Rekonstruktion verdinglicht, zugleich aber strukturierendes Prinzip bleibt, das den Gang der Darstellung vorantreibt. Mit der Verdinglichung des Wertes verkehrt sich zugleich im Bewusstsein der Akteure der Wert als gesellschaftliches Verhältnis in eine Eigenschaft der Dinge; die naturalistischen Prämissen der Gesellschaftswissenschaften, insbesondere der Ökonomie als Fachdisziplin, sind mithin „objektive Gedankenformen“, die aus der Strukturiertheit der kapitalistischen Produktionsweise resultieren. Als solche sind sie allerdings nicht ausschließlich „falsches Bewusstsein“, sondern bilden –wenngleich in verkehrter Form- Struktureigenschaften des Objekts kapitalistische Produktionsweise ab, so dass es möglich wird, vermittels des Verfahrens immanenter Kritik Aussagensysteme über diesen Objektbereich zu gewinnen (vgl. a. Schmidt 1974). Für den vorliegenden Fall würde das bedeuten, daß der Zugriff auf die Effekte schulischer Sozialisation auf die Profitrate auf der Ebene einer Thematisierung von Theorien über diesen Komplex erfolgen müßte. Ein Zugriff hingegen, der bestimmte Aussagen der Marxschen Theorie zugrundelegt, um die Funktionalität schulischer Sozialisationsprozesse zu plausibilisieren, würde sich des Vowurfes einer apriorischen Konstruktion aussetzen und somit die spezifische Verfaßtheit des Erkenntnisobjekts kapitalistische Produktionsweise verfehlen (vgl. a. Becker 1976).

[4] Diese Deduktion des Marktwertes unterscheidet sich von der Herleitung der gesellschaftlich notwendigen Arbeit aus der Wertsubstanz, also der abstrakten Arbeit, im ersten Band des „Kapital“. Ich habe diese Deduktion gewählt, da ich die andere, wie ich bereits an anderer Stelle gezeigt habe (vgl. Ittermann 2001), für nicht schlüssig halte. Die Deduktion des Marktwertes aus der Produktivitätsklasse, die numerisch überwiegt, ist eine Argumentationsfigur, die Marx, zeitlich gesehen, früher wählt, nämlich in den „Theorien über den Mehrwert“ und dem dritten Band des „Kapital“.

[5] Marx wählt hier eine andere Größe. Die Profitrate ist für ihn durch die Mehrwertrate und die organische Zusammensetzung des Kapitals bestimmt. Organische Zusammensetzung meint bei Marx den durch den Stand des Quotienten der eingesetzten Produktionsmittel zur angewandten Arbeit („technische Zusammensetzung“) determinierten Stand des Quotienten des variablen zum konstanten Kapitals („Wertzusammensetzung“). (vgl. Marx 1987) Diese Größe hat den Nachteil, daß die technische Zusammensetzung sich nicht quantifizieren lässt. Das konstante Kapital ist seiner stofflichen Struktur nach heterogen, so daß keine gemeinsame Größe existiert, die den Vergleich differenter Kapitale erlaubt.  

[6] Diese Anpassung findet in der Regel in Form grundlegender Qualifikationen statt. Dies aus zwei Gründen: Erstens ist eine unmittelbare Subsumtion der Schule unter die Imperative der Kapitalverwertung aufgrund der Länge der schulischen Ausbildung problematisch. Möglicherweise sind die erlernten Qualifikationen bei Berufsantritt bereits veraltet (vgl. a. Gröll 1975, Masuch 1972, Offe 1975). Zweitens erlaubt ein Set grundlegender Qualifikationen die Mobilität der Arbeitskräfte (vgl. a. Marx 1987).

[7] Von weiterführenden Ausbildungsgängen wie auch von der Existenz segregierter Schulsysteme wird hier abstrahiert. Sie würden aber an dem Sachverhalt auch nichts ändern.

[8] Die repressive Binnenstruktur der Schule und die Effekte der Abschlusszertifikate auf das Ausbildungsverhalten stehen in einem substitutionalen Verhältnis zueinander. Ist der Grad der Selektivität der Abschlusszertifikate hoch, dann dürften liberalere pädagogische Umgangsformen dominieren, die auf die Eigeninitiative der Subjekte setzen. Bei einem geringen Grad der Selektivität dürften Umgangsformen dominieren, die auf die unmittelbare Repression der Subjekte zielen. Der Grad der Selektivität der Abschlusszertifikate dürfte indes nicht die einzige Variable sein, die in das Ausbildungsverhalten eingeht. Entscheidend dürfte auch das Nachfrageverhalten des Kapitals nach Arbeitskräften sein. Insbesondere in Zeiten von Massenarbeitslosigkeit dürfte der Grad der Eigeninitiative der Beschulten steigen. Insofern stellt die gegenwärtig beobachtbare Lockerung pädagogischer Umgangsformen auch keine Liberalisierung des pädagogischen Verhältnisses dar, sondern eine effektvolle Verdeckung der mit Beschulung verbundenen Zwänge.   

[9] Vgl. a. Dahrendorf 1956.

[10] Ansätze zu einer alternativen Erklärung des der Offeschen Analyse zugrundeliegenden Nachkriegsmodells liefern auf werttheoretischer Grundlage Lipietz (Lipietz 1985) und Mandel (Mandel 1983). 

[11] Vgl. a. Bowles/Gintis 1978, Deutschmann 1974, Masuch 1972, Tillmann 1976, wobei Deutschmann auch mobilitätstheoretische Argumente (s.u.) bemüht.

[12] Vgl. a. Becker 1976 und Schrader/Schrader-Wälke 1974.

Editorische Anmerkungen

Der Autor stellte uns diesen Artikel am 01.01.2005 zur Veröffentlichung zur Verfügung.