Eine Ausstellung in Schweden,der israelische Botschafter und die "Junge Welt"

von Max Brym

01/04  
  
 
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Die Junge Welt ist eine Tageszeitung mit linkem Anspruch, die in Berlin erstellt wird. Neben interessanten Artikeln zum sozialen Kahlschlag in Deutschland ist die Berichterstattung zum Neonazismus und Rassismus relativ beachtenswert, dennoch haben die letzten beiden Felder nur einen quantitativ geringen Stellenwert. Der aktuelle Antisemitismus und antisemitische Tendenzen werden in dem Blatt fast vollständig ignoriert. Schlimmer noch: Die Junge Welt erkannte weder bei Möllemann oder Walser Antisemitismus, noch kann sie sich auf ein Existenzrecht Israels festlegen. Alle Chefkommentatoren des Blattes bilden sich eine Menge auf ihren „Antizionismus ein, dass ist für eine „linke“ Zeitung in diesem Land absolut bedenklich. Denn es gibt einen rassistischen Konsens und einen weitverbreiteten Antisemitismus in Deutschland, der verschiedene soziale Gruppen (bzw. Klassen) miteinander verbindet. Der rassistisch ideologische Kitt ist stärker in den Köpfen der Menschen vorhanden, als die Erkenntnis über den objektiv gegebenen sozialen Gegensatz.

Diesem Problem stellt sich die Junge Welt in ihrer Berichterstattung nicht. Die Kommentare und Debatten in der „Jungen Welt“ haben oft die Tendenz deutsche Sonderwege und reale nationalistische Massenbefindlichkeiten zu bedienen. Einer der Hauptkommentatoren der Jungen Welt, Werner Pirker, veröffentlichte kürzlich zusammen mit einem Herrn Langthaler aus Wien das Buch „ Ami Go Home “. In dem Buch des JW Kommentators Pirker und des AIK (Antiimperialistische Koordination) Gurus Langthaler, wird dem deutschen Bierbauch nahegelegt, in den USA den Hauptgegner zu sehen. Eine an sich überflüssige Aufforderung, denn nicht umsonst hat US- kritische Literatur Hochkonjunktur. Vergleichbare Literatur über soziale Mißstände in Deutschland ist hingegen nicht gefragt. Natürlich wird in dem Buch gegen den Zionismus Front gemacht. Die AIK aus Wien behandelt demzufolge den HAMAS- Terror gegen israelische Zivilisten als antiimperialistische Aktionen. Das Buch paßt hervorragend zur mentalen Haltung vieler Zeitgenossen. Verschwörungstheorien und Rechtfertigungsszenarien für faschistoide Selbstmordattentäter liegen im Trend. Neben kleinen Gruppen, die einen verständlichen Antikapitalismus propagieren, ist nationalistischer und antisemitischer „Antikapitalismus“ ziemlich weit verbreitet. Meist wird letztere Haltung in der Jungen Welt bewußt oder unbewußt gefüttert. Im Staate Israel vermutet die Junge Welt, wie die meisten Deutschen den „Weltbösewicht“. Gegen diesen Gegner sind, wenn es nach der Jungen Welt geht, alle Mittel erlaubt. Ein Artikel unter der Überschrift „ Irrsinn“ vom 19.1.04 in der JW belegt dies.

Der israelische Botschafter in Schweden

Bekanntlich kam es in Stockholm am 16.1.04 zu einem Eklat, nachdem der israelische Botschafter Zvi Mazel anläßlich einer Austellungseröffnung zu einer internationalen Konferenz zur „Vermeidung von Völkermord“ im Historischen Museum eine „Kunstinstallation“ demolierte. Die Installation hat den Titel- „Schneewittchen und der Irrsinn der Wahrheit“ Das „Werk“ stammt von dem gebürtigen Israeli Dror Feiler und zeigt ein Foto der lächelnden Palästinenserin Hanadi Dschadarat , die vor einigen Monaten bei einem barbarischen Anschlag in Haifa 21 Menschen umbrachte. Ihr Bild schwimmt auf rot gefärbten Wasser in einem Boot. Die Erregung des israelischen Botschafters und sein Handeln muß man nicht richtig finden, dennoch ist der Ausraster verständlich. In der Tat war die Aktion keine diplomatische Spitzenleistung wie es die Likud Regierung in Israel darstellt. Die Aktion des Botschafters war nicht berechnet und kalkuliert, er fühlte sich schlicht provoziert. Für diese menschliche Regung des Botschafters (ist ja aus Israel), hat die Junge Welt nur Verachtung und Spott übrig.

Böse kommentiert sie den „Vandalismus“ des Botschafters und dessen „Irrsinn“. Die dargestellte Attentäterin Hanadi Dschaderat wird in dem Junge Welt Artikel moderat entschuldigt und verklärt. Die Junge Welt schreibt bezüglich der Tat der Dschaderat: „Sie hatte mit ansehen müssen, wie ihr Bruder von israelischen Soldaten erschossen wurde“. Ergo der Botschafter ist ein „Irrer“ und die faschistoide palästinensische Terroristin führte eine verständliche Aktion durch. Die getöteten Israelis und Palästinenser in dem Lokal in Haifa (vor einigen Monaten), fallen in der JW Betrachtung durch den Rost. Für sie gibt es kein Mitgefühl, sie werden abgehakt. Der faschistoide Akt in Haifa der 21 Zivilisten das wertvollste, nämlich das Leben nahm, wird an bundesdeutschen Schreibtischen unter der Rubrik „antiimperialistischer Widerstand“ abgelegt. Die Junge Welt liebt es sich als progressiv und „antiimperialistisch“ darzustellen, in Wahrheit haben solche Artikel in der JW mit dem Menschenbild von Marx soviel gemein, wie die Zehn Gebote mit dem Tanz um das Goldene Kalb.

Editorische Anmerkungen

Max Brym stellte uns diesen Artikel zur Veröffentlichung zur Verfügung. Er lebt als freier Journalist in München. Im Partisan.net hat er seine Homepage.