Delegationsaufruf nach Istanbul

01/02  trend online zeitung

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IKM
Izolasyon Iskencesine Karsi Mücadele Komitesi
Komitee gegen Isolationshaft
Comitee for Struggle against Torture through Isolation
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Kontoverbindung; Postbank/ Hamburg Kto-Nr: 79 966 205 BLZ: 200 100 20
Internet.: www.noisolation.de  E-Mail.: noisolation@ninebyte.de

Hamburg, den 16.1.2002

Die Revolutionäre in der Türkei werden eingesperrt, nur weil sie gegen Hunger und Unterdrückung sind, und ihre Meinung frei äußern wollen. Auch innerhalb der 4 Wände setzte der Staat seine Massaker fort. Die politischen Gefangenen wollen mit ihren Ansichten leben und dementsprechend ihr Leben gestalten. Was ist denn ein Mensch ohne eigene Meinung, welchen Sinn hat dann das Leben! Tiere leben auch, aber die Frage ist wie! Es muss einen Unterschied geben, damit man sich als Mensch bezeichnen kann. Was ist ein Mensch ohne eine eigene Meinung? Die politischen Gefangenen in der Türkei sagen nein, wir sind Menschen, wir haben bis jetzt mit unserer Würde gelebt und wir wollen auch weiter in Würde leben. Sie sagen: "Sie wollen uns in die Isolationsgefängnisse einsperren, damit wir verrückt werden, sie wollen uns in Menschen ohne eine eigene Meinung verwandeln." Deswegen begannen sie am 20. Oktober 2000 mit dem Todesfasten, weil ihr Körper die einzige Waffe ist, die sie noch zur Verfügung haben.

Der türkische Staat aber kann nicht einmal das Recht auf Widerstand ertragen. Zwischen dem 19. und 22 Dezember 2000 griff der Staat die Todesfastenden in den Gefängnissen an, und ermordete 28 Gefangene durch erschießen, verbrennen und vergiften mit Gasbomben. Alle politischen Gefangenen wurden in die Isolationsgefängnisse (F-Typ Gefängnisse) verlegt. Hier setzen die politischen Gefangenen ihr Todesfasten fort. Der Staat benutzte mehrere Taktiken, um diesen Widerstand zu brechen. Er entließ die Gefangenen unter bestimmten Auflagen aus den Gefängnissen. Die Gefangenen setzten aber ihren Widerstand auch außerhalb der Gefängnisse fort. Um ihren Widerstand zu brechen wurden über hundert Gefangene zwangsernährt, wodurch sie ihr Erinnerungsvermögen verloren haben. Aus ihnen wurden lebende Leichen. Der Widerstand konnte nicht beendet werden. Der Staat griff die Häuser im Istanbuler Stadtteil Armutlu an, wo die unter Auflagen entlassenen Gefangenen und Freiwillige, die sich diesem Widerstand angeschlossen hatten, ihr Todesfasten fortsetzten, mit 3000 maskierten Polizisten, Waffen, Arbeitsmaschinen und Gasbomben. Sie ermordeten 4 Personen, indem sie erschossen, vergiftet und verbrannt wurden. Der Widerstand wurde trotzdem fortgesetzt. Der Staat hat neue Gesetze erlassen, um seine Angriffe zu legitimieren, und einen aufkommenden Protest zu verhindern. So ist jetzt jede Unterstützung des Todesfastens strafbar. Als Unterstützung werden sogar kritische Äußerungen gegenüber der Regierung verstanden.

"Wenn ein Stadium der Lebensgefahr erreicht wird oder das Bewusstsein verloren geht und dies medizinisch festgestellt wird und am befindlichen Ort nicht behandelt werden kann, kann der Betroffene auch gegen seinen Willen in ein Krankenhaus eingeliefert werden, um hier auf der Grundlage der erstellten Diagnose behandelt und ernährt zu werden." Mit solchen Gesetzen wollen sie ihre Folter, mit dem sie die Menschen verkrüppeln, legalisieren.

Wir appellieren an alle fortschrittlichen Kräfte:

  • Seht nicht nur zu, wie diese Menschen im Kampf für Gerechtigkeit sterben.

  • Beteiligt euch an der, von uns geplanten Delegation von 16.-20. Februar nach Istanbul und macht euch ein Bild von der Lage vor Ort.

Wie lange wollen wir noch schweigen? 85 Menschen haben ihr Leben und über hundert ihr Erinnerungsvermögen verloren. Solange wir schweigen, ist der Tod von weiteren Menschen unumgänglich! Der türkische Staat greift mit Massakern an. Solange wir diesen Massakern nur zuschauen, machen auch wir sich mitschuldig.

DIE GEFANGENEN PROTESTIEREN GEGEN DIE ISOLATIONSGEFÄNGNISSE.

FÜR EIN MENSCHLICHES LEBEN WEHREN WIR UNS GEGEN DIE UNTERDRÜCKUNG.

Editoriale Anmerkung:  

Der Aufruf wurde uns am 16. Jan 2002 zum Zwecke der Veröffentlichung zugeschickt.