Geschichte der bürgerlichen politischen Ökonomie
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Die vulgärökonomische Konzeption von der „Leistungsgesellschaft"
 auf Basis der „Sozialpartnerschaft"

Paulsen:

„Das Entgelt für die in Unternehmungen erbrachten Faktorleistungen stellt für die Empfänger (,Faktorhaushalte') Einkommen dar. Durch die Preisbildung für diese Leistungen wird daher zugleich die Höhe der Einkommen der Faktoren bzw. ihr Anteil am Gesamteinkommen bestimmt (,Funktionelles Einkommen'). Von den möglichen Prinzipien für die Verteilung des Sozialprodukts (etwa: jedem das Gleiche -jedem nach seinem Bedarf — jedem nach seiner Leistung -etc.) verwirklicht die verkehrswirtschaftliche Ordnung demnach eine besondere Form des Leistungsprinzips': der Anteil soll dem ,Beitrag' zum Sozialprodukt entsprechen, wobei dieser Beitrag am erzielten Preis für die Leistung gemessen wird. Bildung und Verteilung des Sozialprodukts geschehen so im einheitlichen Vorgang der durch Preise für Leistungen und Güter gesteuerten Produktion. Das Entgelt für die Leistungen der sachlichen Produktionsmittel (Kapital, Boden) fällt in der verkehrswirtschaftlichen Ordnung deren Eigentümern oder Verfügungsberechtigten zu ... Wenn auch die Entgelte der Faktoren als .Kontrakteinkommen' zeitlich vor der Verwertung der mit ihrer Hilfe erstellten Produkte vereinbart werden, so ist doch der Produkterlös ihre Quelle, da ihr Einsatz durch die Unternehmer in Erwartung ausreichenden Produkterlöses durchgeführt wird." (Paulsen, A., Allgemeine Volkswirtschaftslehre, a. a. 0., S. 12 f.)

Kommentar:

Gestützt auf Says Produktionsfaktorentheorie begründet die gegenwärtige vulgäre bürgerliche politische Ökonomie ihre Konzeption von der auf „Sozialpartnerschaft" und „Tarifautonomie" beruhenden „modernen bürgerlichen Leistungsgesellschaft", erklärt sie Arbeitslohn, Profit und Rente, Unternehmergewinn und Zins als durch Leistung begründete und daher unantastbare, weil „gerechte" Einkommen. Es handelt sich hierbei um eine zutiefst apologetische Konzeption, die alle wesentlichen sozialökonomischen Zusammenhänge und Widersprüche des Kapitalismus verschleiert und insbesondere auf die Leugnung der Existenz von Klassen und des Klassenkampfes in der heutigen bürgerlichen Gesellschaft gerichtet ist.

Wenn die reformistische kleinbürgerliche politische Ökonomie von heute die „gleichberechtigte Mitwirkung" des Verbrauchers als sogenannten dritten Sozialpartner bei der Verteilung des Sozialproduktes (irisbesondere bei der Gestaltung der Preise) fordert, so handelt es sich hierbei schon deshalb um eine Fiktion, weil es den „Verbraucher schlechthin" nicht gibt, die sozialökonomische Differenziertheit der Verbraucher unberücksichtigt bleibt. Die Unterschiede zwischen Verbrauchern von Produktionsmitteln und Verbrauchern von Konsumtionsmitteln sowie die Tatsache, daß Verbraucher von Konsumtionsmitteln sowohl Lohnarbeiter als auch Kapitalisten, Grundeigentümer, kleine Warenproduzenten usw. sind, werden z. B. nicht erfaßt.

Editorische Anmerkungen

Günter Fabiunke, Geschichte der bürgerlichen politischen Ökonomie  Berlin DDR 1975, S. 207/8

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