Geschichte der bürgerlichen politischen Ökonomie
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Die Weiterentwicklung der klassischen bürgerlichen Lohntheorie durch David Ricardo

Ricardo:
„Wie alle anderen Dinge, die gekauft und verkauft werden und deren Menge sich vergrößern und verringern kann, hat auch die Arbeit ihren natürlichen und ihren Marktpreis. Der natürliche Preis der Arbeit ist jener, der notwendig ist, um den Arbeitern, einen wie den anderen, zu ermöglichen, sich zu erhalten und die Existenz ihres Standes [race] ohne Vermehrung oder Verminderung weiterzuführen. Die Fähigkeit des Arbeiters, sich und seine Familie, die zur Aufrechterhaltung der Arbeiterzahl notwendig ist, zu erhalten, hängt nicht von der Summe Geldes ab, die er als Lohn erhält, sondern von der Menge Nahrungsmittel, lebenswichtiger Güter und Annehmlichkeiten, die auf Grund der Gewohnheit für ihn lebensnotwendig geworden sind und die er mit diesem Gelde kaufen kann. Daher hängt der natürliche Preis der Arbeit vom Preise der für den Unterhalt des Arbeiters und seiner Familie erforderlichen Nahrungsmittel, lebenswichtigen Güter und Annehmlichkeiten ab. Der natürliche Preis der Arbeit wird bei einer Erhöhung des Preises der Nahrungsmittel und der lebenswichtigen Güter steigen, bei einem Fall dieser Preise sinken." (Ricardo, D., Über die Grundsätze..., a.a.O. ,5.77 f.)

„Man möge das nicht so auffassen, als ob der natürliche Preis der Arbeit, auch wenn er in Nahrungsmitteln und lebensnotwendigen Gebrauchsgütern ausgedrückt wird, unbedingt feststehend und unveränderlich ist. Er schwankt zu verschiedenen Zeiten im gleichen Land und ist sehr unterschiedlich in verschiedenen Ländern. Er hängt entscheidend von den Sitten und Gebräuchen des Volkes ab. Ein englischer Arbeiter würde seinen Lohn als unter seiner natürlichen Rate stehend und als zu armselig, eine Familie zu ernähren, betrachten, wenn er damit keine anderen Nahrungsmittel als Kartoffeln kaufen und in keiner besseren Behausung als einer Lehmhütte wohnen könnte. Dennoch werden diese bescheidenen Ansprüche oft als ausreichend erachtet in den Ländern, in denen ,das Leben des Menschen billig ist' und seine Bedürfnisse leicht zu befriedigen sind. Viele der Annehmlichkeiten, deren sich heute eine englische Hütte erfreut, hätte man in früheren Zeiten unserer Geschichte für Luxus gehalten." (Ebenda, S. 81 f.)

„Freunde der Menschheit ^können nur wünschen, daß die arbeitenden Klassen in allen Ländern Sinn für Annehmlichkeiten und Genuß haben, und daß sie in ihren Bemühungen, sich diese zu verschaffen, mit allen zulässigen Mitteln angespornt werden." (Ebenda, S. 85.)

„Das also sind die Gesetze, durch die der Lohn bestimmt wird und von denen das Wohlbefinden des weitaus größten Teiles jeder Gesellschaft beherrscht wird. Wie alle anderen Verträge sollten auch die Löhne der gerechten und freien Konkurrenz des Marktes überlassen bleiben und niemals durch Eingriffe der Gesetzgebung kontrolliert werden." (Ebenda, S. 90.)
 

Editorische Anmerkungen

Günter Fabiunke, Geschichte der bürgerlichen politischen Ökonomie  Berlin DDR 1975, S.135/136

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