Geschichte der bürgerlichen politischen Ökonomie
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David Ricardo zur begrenzten Wirkung
des Gesetzes von Angebot und Nachfrage

Ricardo:

„Es sind die Produktionskosten, die letztlich die Preise der Waren bestimmen müssen und nicht, wie oft behauptet worden ist, das Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage. Das Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage kann allerdings zeitweise den Marktpreis einer Ware beeinflussen, bis sie in größerer oder geringerer Menge geliefert wird, je nachdem, ob die Nachfrage gestiegen oder zurückgegangen ist. Das wird aber nur eine Wirkung von zeitweiliger Dauer sein.

Man verringere die Produktionskosten von Hüten, und ihr Preis wird schließlich auf ihren neuen natürlichen Preis zurückgehen, obwohl sich die Nachfrage verdoppelt, verdrei-oder vervierfacht haben mag. Man verringere die Unterhaltskosten der Arbeiter, indem man den natürlichen Preis der Nahrungsmittel und der Kleidung, die das Leben erhalten, senkt, und die Löhne werden schließlich sinken, trotzdem die Nachfrage nach Arbeitern sehr erheblich gestiegen sein mag." (Ricardo, D., Über die Grundsätze . . ., a. a. 0., S. 376.)

„Wenn sich die Nachfrage nach Hüten verdoppelt, wird der Preis sofort steigen, aber diese Erhöhung ist nur zeitweilig, sofern sich nicht die Produktionskosten für Hüte oder deren natürlicher Preis erhöht haben. Sollte der natürliche Preis des Brotes infolge einer großen Entdeckung der Agrarwissen-schaften um 50 Prozent fallen, so wird die Nachfrage nicht erheblich steigen, denn niemand wird mehr verlangen als seinem Bedürfnis genügt, und da die Nachfrage nicht steigt, wird es auch das Angebot nicht tun; denn eine Ware wird nicht lediglich angeboten, weil sie produziert werden kann, sondern weil eine Nachfrage dafür existiert. Hier haben wir also einen Fall, in dem sich Angebot und Nachfrage kaum geändert haben, oder, falls sie gestiegen sind, dann im gleichen Ausmaß; und doch wird der Brotpreis um 50 Prozent gesunken sein . . . Von einer Gesellschaft oder einem einzelnen monopolisierte Waren schwanken entsprechend dem von Lord Lauderdale dargelegten Gesetz: sie sinken entsprechend dem Verhältnis, in dem die Verkäufer ihre Mengen vermehren und steigen proportional zu dem Bestreben der Käufer, sie zu kaufen. Ihr Preis hat keine notwendige Beziehung zu ihrem natürlichen Wert. Die Preise der Waren hingegen, die der Konkurrenz ausgesetzt sind und deren Menge in irgendwelchem mäßigen Umfang vermehrt werden kann, werden letztlich nicht vom Stand von Angebot und Nachfrage, sondern von ihren höheren oder geringeren Produktionskosten abhängen." (Ebenda, S. 379 f.)

„Es gibt einige Dinge, deren Wert nur von ihrer Seltenheit abhängt. Keine Arbeit kann ihre Zahl vermehren, und daher kann ihr Wert nicht durch ein vermehrtes Angebot herabgesetzt werden. Einige auserlesene Statuen und Bilder, seltene Bücher und Münzen, Wein von spezieller Qualität, der nur aus Trauben gekeltert werden kann, die auf besonderem Boden beschränkter Ausdehnung gedeihen, gehören zu dieser Kategorie. Ihr Wert ist völlig unabhängig von der zu ihrer Produktion ursprünglich erforderlichen Menge Arbeit, und er verändert sich mit dem Wechsel des Wohlstandes und der Neigungen derer, die sie zu besitzen wünschen.
Allerdings stellen diese Dinge nur einen sehr kleinen Teil der Warenmasse dar, die täglich auf dem Markt ausgetauscht wird. Der weitaus größte Teil der Gegenstände, für die ein Bedürfnis besteht, wird durch Arbeit gewonnen. Sie können nicht nur allein in einem, sondern in vielen Ländern in fast unbegrenzter Menge vermehrt werden, wenn wir dazu bereit sind, die für ihre Erzeugung notwendige Arbeit aufzuwenden. Wenn wir also von Waren, ihrem Tauschwert und den Prinzipien reden, die ihre relativen Preise bestimmen, so haben wir stets nur solche im Auge, deren Menge durch menschliche Arbeit vermehrt werden kann und deren Produktion durch uneingeschränkte Konkurrenz beherrscht wird." (Ebenda, S. 10)

Editorische Anmerkungen

Günter Fabiunke, Geschichte der bürgerlichen politischen Ökonomie  Berlin DDR 1975, S.133/134

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