Geschichte der bürgerlichen politischen Ökonomie
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Das Tableau économique von Francois Quesnay
Es handelt sich hier um die von Marx in den „Theorien über den Mehrwert" verwendete Darstellung des Tableau economique. (Vgl. hierzu MEW, Bd. 26.1, FN 91 auf S. 468.)

„Um das tableau deutlicher zu machen, bezeichne ich das, was sich Quesnay jedesmal als Ausgangspunkt einer Zirkulation denkt, mit a, a', a", das folgende Glied in der Zirkulation mit b, c, d und respektive b', b"." (MEW, Bd. 26.1, S. 282).

Durch diese Art der Kennzeichnung gab Marx dem Tableau economique ein wesentlich höheres Maß an Anschaulichkeit, als es in der ihm von Quesnay gegebenen Fassung in Form einfacher fünf Striche hatte. Während Marx die Richtung der Geldbewegungen von Klasse zu Klasse durch die alphabetische Reihenfolge der Buchstaben bestimmt (z. B. a — b), ergeben sich die jeweils gegenlaufenden Warenbewegungen aus deren Umkehrung (z. B. b — a).

Die fünf Zirkulationsakte

(Der Gesamtbewegung voraus geht die Zahlung der Pacht durch die produktive Klasse an die Klasse der Grundeigentümer. Hierbei fungiert das Geld als Zahlungsmittel, wird von der Klasse der Grundeigentümer ohne Äquivalent angeeignet.)

„Eine zwischen nur zwei dieser drei Klassen verlaufende Zirkulation heißt bei den Physiokraten eine unvollkommne, eine durch alle drei Klassen verlaufende heißt eine vollkommne Zirkulation." (Marx, in: MEW, Bd. 20, S. 233.)

Die von Francois Quesnay im Tableau economique unterstellten Voraussetzungen

1. Die Gesellschaft besteht aus drei Grundklassen: der produktiven Klasse, der Klasse der Grundeigentümer, der sterilen Klasse.
2. Sämtliche Austauschbeziehungen, die innerhalb der einzelnen Klassen (z. B. zwischen viehzüchtenden und getreidebauenden Pächtern, zwischen Tischlern und Schneidern) stattfinden, bleiben unberücksichtigt.
3. Nur die im Laufe eines Betriebsjahres vor sich gehenden Austauschbeziehungen zwischen den Klassen - und damit die ökonomischen Beziehungen als Klassenbeziehungen — werden erfaßt und in einer einzigen Gesamtsumme ausgedrückt.
4. Ein vollentfaltetes kapitalistisches Pachtsystem wird unterstellt, wobei der Pächter der wirkliche Leiter der landwirtschaftlichen Produktion ist und dem Grundeigentümer eine Rente in Geld zahlt.
5. Es herrschen konstante Preise.
6. Die gesamte Reproduktion erfolgt auf gleichbleibender Stufenleiter (einfache Reproduktion).
7. Die Gesamtheit der Pächter verfügt über ein Anlagekapital von 10 Mrd. Livres, davon ein Fünftel (2 Mrd.) jährlich zu ersetzendes Betriebskapital (jährliche Vorschüsse, zirkulierendes Kapital).
8. Das jährliche Bruttoprodukt beträgt 5 Mrd. Livres (in Naturalform) und befindet sich in der Hand der produktiven Klasse.
9. Die zum Ersatz der jährlichen Vorschüsse notwendigen 2 Mrd. werden in Naturalform für die Weiterführung der Produktion zurückbehalten und gehen nicht in die Zirkulation ein.
10. Der nach dem Ersatz des jährlichen Betriebskapitals aus dem Bruttoprodukt verbleibende Überschuß (Nettoprodukt) von 3 Mrd. besteht aus 2 Mrd. Lebensmitteln und 1 Mrd. Rohstoffen, die in die allgemeine Zirkulation eingehen.
11. Vor Beginn des Gesamtaustausches verfügt die produktive Klasse noch über 2 Mrd. Livres in barem Geld, die die Gesamtsumme des in der Gesellschaft umlaufenden Geldes darstellen und zur Zahlung der Rente dienen.
12. Die sterile Klasse verausgabt ein jährliches Betriebskapital im Werte von 1 Mrd., das aus Rohmaterial besteht und steh im Laufe des Jahres in Waren zum Gesamtwert von 2 Mrd. verwandelt. Der Zuwachs ergibt sich aus dem Wert der von der sterilen Klasse während des Jahres verzehrten Lebensmittel.
(Von weiteren dem Tableau économique zugrundeliegenden Annahmen wird abgesehen.)

Die ökonomischen Grundkategorien des Tableau économique

Karl Marx zur Bedeutung des Tableau economique in der Geschichte der politischen Ökonomie:

„In der Tat aber, dieser Versuch, den ganzen Produktionsprozeß des Kapitals als Reproduktionsprozeß darzustellen, die Zirkulation bloß als die Form dieses Reproduktionsprozesses, die Geldzirkulation nur als ein Moment der Zirkulation des Kapitals, zugleich in diesen Reproduktionsprozeß einzuschließen den Ursprung der Revenue, den Austausch zwischen Kapital und Revenue, das Verhältnis der reproduktiven Konsumtion zur definitiven, und in die Zirkulation des Kapitals die Zirkulation zwischen Konsumenten und Produzenten (in fact zwischen Kapital und Revenue) einzuschließen, endlich als Momente dieses Reproduktionsprozesses die Zirkulation zwischen den zwei großen Teilungen der produktiven Arbeit — Rohproduktion und Manufaktur — darzustellen, und alles dies in einem Tableau, das in fact immer nur aus 5 Linien besteht, die 6 Ausgangspunkte oder Rückkehrpunkte verbinden — im zweiten Drittel des 18ten Jahrhunderts, der Kindheitsperiode der politischen Ökonomie — war ein höchst genialer Einfall, unstreitig der genialste, dessen sich die politische Ökonomie bisher schuldig gemacht hat." (MEW, Bd. 26.1,S. 319)

Editorische Anmerkungen

Günter Fabiunke, Geschichte der bürgerlichen politischen Ökonomie  Berlin DDR 1975, S.69ff