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Notwendige Ergänzungen zur Textsammlung Aufruhr & Revolte

AGIT 883, Nr. 37, 23. Oktober 1969 S. 4, OCR-Scan by red. trend

WAS IST ANTISEMITISMUS?


Ist Antisemitismus die Folge des Fluches Gottes über das jüdische Volk? Ist er die Antwort der Bauern und des Kleinbürgertums auf die Wuchergeschäfte der jüdischen Händler? War er eine Erfindung der Nationalsozialisten? Oder stimmt es was die Zionisten sagen, daß es gleichgültig sei, warum die Juden verfolgt würden, antisemitisch seien im Grunde alle Völker mit Ausnahme des jüdischen Volkes. Deshalb bliebe den Juden in Europa» Asien, Amerika usw. gar nichts anderes übrig» als in den jüdischen Staat Israel umzusiedeln. Juden, die nicht nach Israel kommen wollten, um dort zu arbeiten und zu kämpfen, seien selbst daran schult, wenn sie eines Tages wieder verfolgt würden. Warum gibt es heute noch ein jüdisches Volk» obwohl die Juden vor fast 2000 Jahren aus Israel vertrieben wurden?

Die gängige Erklärung der Juden selbst ist die daß die jüdische Religionsgemeinschaft genügend stark gewesen sei um eine völlige Angleichung an andere Volker zu verhindern« Eine weitere genauso häufige Erklärung für die Erhaltung der Juden besagt, daß die Umwelt» in der die Juden seit ihrer Vertreibung oder Auswanderung aus Palästina lebten, sich ständig ihrer Integrierung (Eingliederung) widersetzt habe» Dieses Argument trifft nur für ganz bestimmte Perioden und auch dann nicht für grundsätzlich alle Juden zu.

Bevor wir auf den Antisemitismus eingehen werden» wollen wir anhand einer kurzen historischen Skizze nachweisen, daß die Juden nicht trotz der Geschichte» sondern gerade; wegen der Geschichte als Juden sich haben erhalten können* Dazu teilen wir die Geschichte der Gesellschaften, in denen die Juden lebten/ in historische Perioden auf: Antike, Mittelalter Neuzeit. Für jede Periode müssen wir die Frage stellen: Wie war die gegebene Gesellschaft strukturiert und welches war die genaue Stellung, die die Juden in ihr einnahmen?

Zunächst wollen wir noch die Behauptung vieler Religionslehrer widerlegen, die endgültige Vertreibung der Juden aus Palästina sei eine Folge der Verfluchung. Schon lange bevor die Römer Jerusalem eroberten, lebten etwa 700 der Juden nicht mehr in Palästina. Sie kamen zum größten Teil aus der babylonischen Gefangenschaft im 6. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung nicht mehr nach Palästina zurück, sondern blieben entweder in Mesopotamien oder gingen in andere große Städte der damaligen Zeit. Warum gingen die Juden nicht mehr nach Palästina zurück?

1. Die geographischen Bedingungen Palästinas, ein Land mit viel Gebirge und Wüstenland und mangelhaften Wasserreserven machte es der sich vermehrenden jüdischen Bevölkerung zunehmend schwieriger, ihren Unterhalt in diesem Land zu besorgen.

2. Die geographische Lage Palästinas: Gelegen zwischen den beiden mächtigen Wasserströmen des Nil und des Euphrat, war das damalige Palästina als Handelsknotenpunkt ständig Kriegen ausgesetzt (Einfälle der Persers Griechen und Römer.) Völker, die in bestimmten historischen Epochen zur Auswanderung gezwungen werden und von mächtigen, schon mehr oder minder stabilen Bevölkerungen umkreist sind, stehen vor der Alternative, sich als Söldner an mächtigere Reiche zu verkaufen (wie die Schweizer im Mittelalter oder die Albanier im 19.Jahrhundert) oder sich als Händler im Ausland niederzulassen (wie es die Juden und Armenier getan haben).

Trotz der Auswanderung der Juden bildeten sie bis zur arabischen Invasion Palästinas im 7.Jahrhundert immer noch die Mehrheit in diesem Land. Erst danach vollzog sich - im Unterschied zu den ausgewanderten Juden - unter den Zurückgebliebenen eine vollkommene Arabisierung, und Palästina verlor endgültig seinen israelitischen Charakter, Der Grund hierfür ist in der Tatsache zu sehen, daß die Juden Palästinas innerhalb der damaligen Gesellschaft des Landes keine besondere ökonomische Funktion ausgeübt hatten.

Entsprechend ihrem Anteil an der Gesamtbevölkerung waren sie in allen Berufen zu finden. - Die Tatsache, daß die Juden außerhalb Palästinas zu einer VOLKSKLASSE wurden (d.h. zu einem Volk mit einer fast 100 % einheitlichen ökonomischen Position) war der Grund für ihre Erhaltung durch die Jahrhunderte hindurch. Überall, wo sie diese ökonomische Position nicht einnahmen, würden sie vollständig assimiliert.

Die Juden in der Antike

Die soziale Struktur des griechischen und römischen Reiches bot den Einwanderern viele Möglichkeiten. Die immer mehr im Luxus lebenden Oberschichten» v. a. in Rom zur Zeit der Kaiser, bedurften einer Händlerschicht, die vor allem die Güter aus dem Osten zugänglich machen sollte. Die großen Händler der damaligen Zeit waren die Syrier (Phönizier), Ägypter (vor allem aus Alexandria) und Juden. - Schon während der hellenistischen (griechischen) Periode kam es in Städten wie Alexandria, Selucia, Cyrene zu Kämpfen zwischen dieser wirtschaftlich privilegierten Schicht und dem Volk. Vor allem in Alexandria waren die Juden im Handel stark vertreten. Die Dokumente der Antike beweisen, daß schon in den ersten Jahrhunderten n. Chr. die Juden zu einem Volk wurden, in dem kaumnoch eine Klassendifferenzierung feststellbar war, (Bedeutende Ausnahmen bildeten nur die Juden in Palästina, auch in anderen Teilen Arabiens und Nordafrikas) - Der Untergang des römischen Reiches hängt eng zusammen mit dem immer mehr stagnierenden Handel, der im 3. Jh. fast vollkommen zum Erliegen kam) und dem allmählichen Übergang zur Naturalienwirtschaft, die typisch sein sollte für das heranreifende Mittelalter.

Die Juden im Mittelalter

Diese Periode, die sich vom 5. Jahrhundert bis ungefähr zum 12. erstreckt, stellt ohne jeden Zweifel eine Glanzperiode für die Juden dar. - Dokumente dieser Jahrhunderte erwähnen das Vorhandensein jüdischer Kolonien in Spanien und Frankreich, Länder, die zum damaligen Zentrum jüdischen Lebens wurden. Die Juden trieben hier den Haupthandel zwischen Ost- und Westeuropa, der aufgrund der feudalen Wirtschaftsstruktur nur Handel mit Luxusgütern sein konnte. Ihre soziale Stellung war für die Verhältnisse des Mittelalters außerordentlich privilegiert; sie gehörten zu den oberen Gesellschaftsschichten und ihre juristische Lage war kaum von der des Adels zu unterscheiden. - Ihre ökonomische Funktion als Händler erlaubte es den Juden, in dieser Periode Handelskapital anzusammeln (d.h. Kapital, das gewonnen wird durch den Unterschied zwischen der billigen Produktion im Herstellungsland und dem Verkauf als Luxusware in einem anderen Land). Der jüdische Händler investierte »ein Kapital nicht in der Produktion, wie es einige Jahrhunderte später das aufkommende Bürgertum der mittelalterlichen Stadt tun sollte. Die Ansammlung von Handelskapital durch die Juden machte sie noch im Mittelalter zu dem einzigen Element in der damaligen Gesellschaft, das den finanziell bedrängten Königen und Fürsten Geld leihen konnte, damit diese ihr Luxusleben und ihre Kriege finanzieren konnten. So kam zu der Rolle des Händlers eine zweite: der Wucherer. (Heute würde man Kreditgeber sagen). Handelskapital und Wucherkapital sind die einzigen Kapitalformen, die in allen vorkapitalistischen Gesellschaftsformen zu finden sind.

Ausgang des Mittelalters und Anfänge der Neuzeit

Mit dem Aufkommen bürgerlicher Schichten, die allmählich die Naturalienwirtschaft durch die Produktion von Tauschgütern, (d.h. von Gütern, die für den Tausch auf dem Markt bestimmt sind) ersetzen, ist für die Juden ihre wirtschaftliche Glanzperiode endgültig vorbei. Christlicher Handel (das erstarkende Bürgertum zwang die katholische Kirche, ihre ablehnende Haltung gegen Handelsgeschäfte aufzugeben) auf Tausch und Entfaltung der eigenen Produktion ausgerichtet, gerät in einen unversöhnlichen Widerspruch mit den veralterten Formen jüdischen Handels, der auf Konsum und nicht auf Entfaltung der Produktion beruhte.

Dieser Kampf vollzieht sieh während des 11., 12. und 13. Jahrhunderts. In dieser Periode führte das europäische Bürgertum seine ersten Kolonialkriege: die Kreuzzüge, die als eine neue Kampfform für die allmähliche Öffnung Europas und des Ostens (neue Märkte) verstanden werden müssen. In diesem Zusammenhang kommt es zu den ersten gewaltigen Verfolgungen von Juden, die aber keineswegs mit dem Antisemitismus moderner Prägung zu verwechseln sind.

In dem Maße wie der bürgerliche Handel sich ausdehnt, werden die jüdischen Kaufleute in die Rolle der Wucherer gedrängt. So gerieten sie mit allen Gesellschaftsschichten in Konflikt, Trotz der hohen Steuern, die sie an Könige, Fürsten und Bischöfe zahlen mußten, waren diese oft bei den Juden so sehr verschuldet, dass sie sich erst durch die Beschlagnahmung der jüdischen Güter und später durch die gewaltsame Austreibung der Juden ihrer Schulden entledigen konnten. (In England im 13. Jh., in Frankreich im 14. Jh. und in Spanien im 15. Jh.)

Dieser Politik hängten diese Herren ein christliches Mäntelchen um, Bauern und Handwerker litten unter großen Steuerlasten. Deshalb verschuldeten sie sich bei den jüdischen Wucherern, Der daraus entstehende Haß wurde von der Aristokratie und der Kirche gegen die Juden gewendet. Die ersten blutigen Pogrome fanden statt. Die Juden wurden verbrannt und die Fürsten und Bischöfe schmausten weiter.

Exodus

Die Vertreibung der Juden - aus den westeuropäischen Ländern führte sie in die Länder, in denen sich die kapitalistischen Produktionsformen noch nicht durchsetzen konnten, d.h. vor allem in die osteuropäischen Länder. In der Ukraine, in Weißrußland und in Litauen übernehmen die Juden eine Vermittlerrolle zwischen den Feudalherren und den Bauern, (die Kneipen, in denen die Bauern ihren Wodka trinken, um so die Kassen der Feudalherren weiter zu füllen, werden an die Juden verpachtet). Aufgrund der Erfahrungen in Westeuropa siedelte sich ein kleiner Teil der Juden als Bauern in Dörfern an, andere wurden Handwerker, die meisten gingen aber wieder zum Handel über.
Solange der Feudalismus hauptsächlich das gesellschaftliche Leben Osteuropas bestimmte, kam es zu keinen Judenverfolgungen, Erst durch die sich allmählich durchsetzende Industrialisierung und Kapitalisierung dieser Länder setzte für die Juden der gleiche Prozeß ein, den wir in Westeuropa während des 11., 12. und 13. Jahrhunderts kennengelernt haben. Es ist die Periode der blutigen Pogrome in Polen und Rußland während des 19. und 20.Jahrhunderts, bis die Oktoberrevolution die gesellschaftlichen Grundlagen des Antisemitismus umstürzte. (In diesem Artikel können wir auf gewisse antisemitische Tendenzen der spätstalinistischen Phase nicht eingehen.)

Nach der Bauernreform von 1863 in Rußland (die Leibeigenschaft der Bauern wurde durch den zaristischen Staat aufgehoben), die zu den ersten Industrialisierungswellen in diesem Land führten beginnt eine riesige Abwanderung von Bauern in die Städte, Sie verkaufen dort ihre Arbeitskraft an die Kapitalisten.
Die Proletarisierung großer Teile der Bauern (Zerfall der Dörfer) führt auch zu einer Verschlechterung der Lebensgrundlagen vieler jüdischer Händler auf dem Dorfe, und ein Teil von ihnen macht ebenfalls den Prozeß der Proletarisierung durch. Jüdische lohnabhängige Arbeiter sind in dieser Zeit vor allem in der Konsumgüterindustrie zu finden. Es ist also die kapitalistische Produktionsweise, die die Juden als eine einheitliche Volksklasse auflöst.

Rückwanderung nach Westeuropa

Hunderttausende von Juden beginnen erneut nach dem Westen auszuwandern, um so den Pogromen oder dem Proletarisierungsprozeß zu entgehen. Die wenigen Juden, die in Deutschland und Österreich geblieben waren, hatten sich bis zum Ende des 19. Jahrhunderts immer stärker in Wirtschaft und Kultur der Gastländer integriert. In diesen Ländern spielte der alte christliche Antisemitismus fast keine Rolle mehr.

Durch die Masseneinwanderung der Ostjuden entstand im Bürgertum und Kleinbürgertum der Antisemitismus aufs Neue. Am deutlichsten wurde dies in Wien, wo Anfang des 19. Jahrhunderts nur ein paar hundert Juden lebten, ihre Zahl aber bis Anfang des 20. Jahrhunderts auf etwa 147000 anstieg.

Der Hauptträger dieses Antisemitismus das durch die monopolkapitalistische Entwicklung wirtschaftlich stark gefährdete Kleinbürgertum.(Immer mehr Kleinbürger wurden proletarisiert) die Konkurrenz der zuströmenden kleinbürgerlichen jüdischen Händler machte diese Situation noch deutlicher. Nicht die Großindustrie war damals Trägerin des Antisemitismus moderner Prägung, sondern das einheimische Kleinbürgertum.

Als nach dem Ende des ersten Weltkrieges sich die kleinbürgerlichen Massen immer stärker gegen den Monopolkapitalismus wandten, entdeckte das
Großkapital den Antisemitismus. Durch den Mythos vom "Jüdischen Kapitalismus" gelang es der Großindustrie vor allem in Deutschland, den anti-kapitalistischen Geist des Kleinbürgertums in die Bahnen des Rassismus zu lenken (nicht das kapitalistische Kaufhaus sei schuld am Bankrott der kleinen Händler, sondern das jüdische Kaufhaus).

Um den Antisemitismus moderner Prägung in Deutschland und Österreich zu verstehen, muß an zwei Punkten unbedingt festgehalten werden:

1 . Die durch die Jahrhunderte hindurch erworbene kleinbürgerliche Gesellschaftsposition der Juden,

2. Die Angst des einheimischen Kleinbürgertums, in der Phase des Monopolkapitalismus proletarisiert zu werden.

Denn das Kleinbürgertum stellt eine kapitalistische Klasse dar, d.h. eine Klasse, die auf der Beibehaltung von Privateigentum beharrt, andrerseits begreifen die Kleinbürger, daß gerade die Dynamik des Monopolkapitalismus das Kleinbürgertum zerstört. Im Rassismus findet das Kleinbürgertum nun seinen letzten Ausweg. Der Glaube an die Überlegenheit der eigenen Rasse spiegelt genau die Interessen und Illusionen dieser Klasse wieder. Fasziniert starrt das Kleinbürgertum auf die faschistischen Plakate» Dort wird die Zerschlagung von "Big-Business" Börsen, Trusts, Warenhäusern gefordert und versprochen. (All diese Einrichtungen stellt die faschistische Ideologie als der eigenen Rasse wesensfremd bzw. verjudet dar). Das Kleinbürgertum schlägt sich auf die Seite der durch die Großindustrie finanzierten Faschisten. Es glaubt so, seinem eigenen Proletarisierungsprozeß zu entrinnen und außerdem noch die Gefahr einer proletarischen Revolution zu verhindern.

Das Kleinbürgertum will nicht begreifen, daß es weder im Monopolkapitalismus noch im Kommunismus eine Zukunftschance hat.

Im nationalsozialistischen Deutschland fand durch die Beschlüsse der Wannseekonferenz (Endlösung- Massenmord der Juden durch die technologischen Mittel des Spätkapitalismus - die Einführung des Fließbandes in die KZs) ein qualitativer Sprung statt. In den früheren Perioden der Verfolgung veranstalteten die Herrschenden ab und zu ein Pogrom, um die angestaute Wut des Volkes abzureagieren. Im nationalsozialistischen Deutschland wurde ein ganzes Volk abgeschlachtet. Die Schlächter dieses Volkes und ihre Helfershelfer haben sich heute eine philosemitische Ideologie zugelegt und sind zur Hauptstütze des aggressiven Zionismus in Israel geworden.

Ein Merkmal des Zionismus ist die Übernahme des kleinbürgerlichen Anti-Semitismus, Die Zionisten hassen nichts mehr als den jüdischen Intellektuellen im Ausland, der nachts nicht auf einem Feldbett schläft und tagsüber mit der Maschinenpistole in der Hand sein Feld bestellt oder Araber verjagt. In jeder Rede betont Ben Gurion aufs neue, daß alle Juden im Ausland, die Geschäfte machen, Bücher schreiben oder dort in die Fabrik gehen und nicht nach Israel zurückkommen, Verräter seien.

EINE FUSSNOTE VOM GENOSSEN LENIN

Wir wissen nicht, wer die halbverrostete Bombe in das Jüdische Gemeindehaus gelegt hat. Wir wissen aber, daß die bürgerliche Presse, die Polizei und die Justiz ihren Schuldspruch schon gefällt haben. Ihr braucht nur die BZ zu lesen, (siehe auch Bericht auf S.2) Der Vorfall im Jüdischen Gemeindehaus wird von Springer und Konsorten zum Anlaß genommen, Lügen über die Sozialistische Bewegung verstärkt zu verbreiten. Der exemplarische Faschist Springer und der ehemalige NS-Propagandist Lemmer behaupten, daß die Sozialistische Bewegung gar nicht sozialistisch sei sondern antisemitisch und linksfaschistisch. Kein Wunder, daß sie nicht zwischen Antisemitismus und Antizionismus unterscheiden können» Denn schließlich haben sie alle mittelbar oder unmittelbar am Verbrechen der Judenvernichtung mitgewirkt. Um diesen Lügen entgegen zu treten, müssen wir uns genau mit der Geschichte des Antisemitismus und seinen gesellschaftlichen Ursachen beschäftigen. Jede Genossin und jeder Genosse muß in der Lage sein, den Hintergrund dieser Lügen zu entlarven. Wir müssen die Diskussion in der Schule, in der Universität und im Betrieb offensiv führen.

Manche Genossen werden den Versuch einer materialistisch-dialektischen Analyse des Antisemitismus für zu theoretisch halten. Er ist nicht in der Sprache des "Zentralrates“ geschrieben. Das kann er auch nicht, denn hier hilft uns kein Verbalradikalismus weiter, sondern nur die Werke der Klassiker Marx, Engels, Lenin, Luxemburg und Mao-Tse-Tung. Lenin polemisierte in "was tun“ gegen folgende These von K. Kautskys "Der Träger der Wissenschaft ist aber nicht das Proletariat? sondern die bürgerliche Intelligenz."


Lenins "Dies heißt selbstverständlich nicht, daß die Arbeiter an der Ausarbeitung (der marxistischen Theorie) nicht teilnehmen. Aber sie nehmen daran nicht als Arbeiter teil, sondern als Theoretiker des Sozialismus, als die Proudhon und Weitling (französischer und deutscher Sozialist), mit anderen Worten, sie nehmen nur dann und soweit daran teil, als es ihnen in höherem oder geringerem Maße gelingt sich das Wissen ihres Zeitalters anzueignen und dieses Wissen zu bereichern. Damit aber den Arbeitern dies häufiger gelinge,ist es notwendig, alles zu tun, um das Niveau der Bewußtheit der Arbeiter im Allgemeinen zu heben; ist es notwendig, daß die Arbeiter sich nicht in dem künstlich eingeengten Rahmen einer "Literatur für Arbeiter abschließen, sondern immer mehr lernen, sich die allgemeine Literatur zu eigen machen. Es wäre sogar richtiger, anstatt "sich nicht abschließen" zu sagen nicht abgeschlossen werden, denn die Arbeiter selbst lesen alles und wollen alles lesen, auch das, was für die Intelligenz geschrieben wird, und nur einige (schlechte) Intellektuelle glauben "für Arbeiter" genüge es, wenn man ihnen von den Zuständen in der Fabrik erzählt, und längst bekannte Dinge widerkäut!“ Lenin, Ausgewählte Werke Bd.I, S.175 Fußnote 1

Die Grundlage für die folgende Analyse ist ein Referat des Palästinakomittees, welches am letzten Sonntag im RC vorgetragen und diskutiert wurde.

Editorische Anmerkungen

Die "Leninsche Fußnote" war eine redaktionelle Anmerkung der 883-MacherInnen, um sich in dem ideologischen Geflecht der sich seit Sommer 16969 gründenden K-Gruppen zu positionieren. Der Redaktion gehörte zu diesem Zeitpunkt auch Tilman Fichter an. Er verfasste das Referat, hielt es im RC und gab es in der 883 unter dem Namen des Palästinakomitees heraus. (KHS)